L 3 U 29/03

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 403/99
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 U 29/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2003 abgeändert. Der Bescheid der Beklagten vom 11. September 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1999 wird aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. März 1998 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung bis einschließlich 15. April 1998 zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung des Ereignisses vom 25. März 1998 als Arbeitsunfall und die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen dessen Folgen streitig.

Der im 1954 geborene Kläger ist als selbständiger Taxifahrer bei der Beklagten versichert. Am 25. März 1998 erlitt er bei seiner beruflichen Tätigkeit einen Verkehrsunfall. Während er mit seinem Taxi am rechten Fahrbandrand einer Straße hielt, um seine beiden Fahrgäste aussteigen zu lassen, fuhr ein anderes Fahrzeug aus einem am gegenüber liegenden Fahrbandrand befindlichen Parkplatz rückwärts heraus und prallte im Bereich der linken hinteren Tür und der linken B-Säule gegen das Taxi. Nach Angaben des Klägers hatte er sich gerade zu dem rechts hinten im Fahrzeug sitzenden Fahrgast umgedreht, als er von diesem auf den herannahenden PKW aufmerksam gemacht wurde. Er habe sich nach links hinten umgewandt, das herannahende Fahrzeug jedoch nur noch unmittelbar vor dem Aufprall wahrnehmen können. Nach dem Ereignis habe er sofort seine Arbeit eingestellt. Dem ihn am 26. März 1998 erstbehandelnden Orthopäden B. berichtete der Kläger von Beschwerden in Form von Schwindel, Kopf- und Rückenschmerzen. Der Arzt stellte eine um die Hälfte eingeschränkte Seit- und Rückneigung der Halswirbelsäule, Schmerzen im Bereich der gesamten Wirbelsäule und - trotz freier Beweglichkeit - der linken Hüfte fest. Röntgenologisch fanden sich keine Frakturzeichen. Der Orthopäde B. diagnostizierte ein Halswirbeldistorsionstrauma sowie ein Kontusionstrauma der Brust- und Lendenwirbelsäule sowie der linken Hüfte und bescheinigte dem Kläger unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 19. Mai 1998. In seinem vom Kläger der Beklagten eingereichten, für die Haftpflichtversicherung des Unfallgegners erstellten Gutachten vom 24. Juni 1998 stellte der Orthopäde Prof. Dr. von T. als Unfallfolge eine Distorsion der Halswirbelsäule entsprechend Schweregrad I fest. Beschwerden der Brustwirbelsäule und der Hüfte hätten nur für wenige Tage bestanden. Bei den erlittenen Verletzungen sei regelhaft eine Arbeitsunfähigkeit von zwei Wochen, somit bis zum 09. April 1998 anzunehmen. Danach habe noch bis zum 20. April 1998 eine teilweise Erwerbsunfähigkeit von 20 % und bis zum 07. Mai 1998 von 10 % bestanden. Die über den Zeitpunkt hinaus geklagten Beschwerden seien durch die Unfallfolgen nicht zu erklären.

Nachdem der Kläger darauf hingewiesen hatte, sich zum Aufprallzeitpunkt in einer verdrehten und stark angespannten Körperhaltung befunden zu haben, kam der von der Beklagten beauftragte Diplomingenieur H. in seinem technisch-physikalischen Gutachten vom 24. Juli 1998 zu dem Ergebnis, der Kläger sei bei dem Ereignis lediglich einer Querbeschleunigungsbelastung von 1,7 g ausgesetzt gewesen, da die Geschwindigkeit des anstoßenden Fahrzeugs maximal 5 – 8 Kilometer/Stunde betragen habe.

Unter Berücksichtigung dieser Beurteilung empfahl der Chirurg M. in seinem Gutachten vom 17. August 1998, das Ereignis nicht als Arbeitsunfall anzuerkennen. Die anzunehmende Beschleunigungsbelastung sei derart gering, dass sie mit einem Anrempeln im Gedränge zu vergleichen sei. Dementsprechend seien auch keine verletzungstypischen Befunde erhoben worden. Die aufgetretenen Beschwerden könnten auf die erkennbare Fehlhaltung der Halswirbelsäule zurückgeführt werden.

Mit Bescheid vom 11. September 1998 lehnte daraufhin die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen der Folgen des Ereignisses vom 25. März 1998 ab.

Der dagegen erhobene Widerspruch, mit welchem der Kläger auf das eingereichte Attest des Orthopäden B. vom 04. August 1998 verwies, wurde nach Einholung von Stellungnahmen des Diplomingenieurs H. vom 16. Dezember 1998 sowie des Chirurgen Dr. K. vom 18. März 1999 durch Widerspruchsbescheid vom 28. Juli 1999 zurückgewiesen.

Während des nachfolgenden Klageverfahrens hat das Sozialgericht das chirurgische Gutachten vom 15. Mai 2000 durch Frau Dr. G. erstatten lassen. Darin hat diese darauf verwiesen, dass bei einer Anstoßgeschwindigkeit von unter 11 Kilometer/Stunde keine Distorsion der Halswirbelsäule auftreten könne. Im Übrigen sei eine solche bei einem seitlichen Aufprall, wie er hier vorliege, ohnehin sehr selten. Dies gelte umso mehr, wenn der Aufprall erwartet werde, weil das herannahende Fahrzeug – wie hier – gesehen werde. Da nach dem technischen Gutachten die bei dem Ereignis auf den Kläger einwirkende Gewalt nicht groß genug gewesen sei, um einen Körperschaden herbeizuführen, könnten die geklagten und behandelten Beschwerden nicht auf den Unfall vom 25. März 1998 zurückzuführen sein.

Demgegenüber ist der Orthopäde Dr. R. in dem auf Antrag des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz ( SGG ) eingeholten Gutachten vom 09. April 2002, in welchem insbesondere der Krankheitsverlauf während der ambulanten Behandlung bei dem Orthopäden B. detailliert beschrieben wird, zu dem Ergebnis gelangt, unfallabhängig habe beim Kläger eine mittlerweile ausgeheilte Halswirbelsäulendistorsion mit hauptsächlicher Beteiligung der mittleren und unteren Segmente vorgelegen. Arbeitsunfähigkeit habe wegen der Unfallfolgen vorgelegen vom 25. März bis 19. Mai 1998. Danach habe noch bis zum 19. August 1998 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 v. H. und bis zum 19. November 1998 eine solche von 10 v. H. bestanden.

Nachdem die Chirurgin Dr. G. in ihrer ergänzenden Stellungnahme vom 07. Oktober 2002 bei ihrer Beurteilung geblieben war, hat das Sozialgericht die Klage durch Urteil vom 24. Februar 2003 abgewiesen. Es sei nicht feststellbar, dass der Kläger einen Arbeitsunfall erlitten habe. Voraussetzung für eine derartige Feststellung sei, dass auch ein durch das angeschuldigte Ereignis verursachter Erstkörperschaden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachzuweisen sei. Dies sei nur möglich, wenn er mit Strukturverletzungen einhergehe. Ein derartiger Gesundheitsschaden könne beim Kläger nicht belegt werden.

Gegen das seinen Prozessbevollmächtigten am 19. März 2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. April 2003 Berufung unter Hinweis auf verschiedene Entscheidungen in Zivilrechtssachen eingelegt. Zu Unrecht habe das Sozialgericht die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass es an dem Nachweis eines durch das Ereignis ausgelösten Gesundheitsschadens fehle. Dabei habe das Sozialgericht die Anforderungen insoweit über die gesetzlichen Regelungen hinaus ausgedehnt, als es einen nachgewiesenen Erstkörperschaden mit Strukturverletzungen gefordert habe. Es sei nicht gerechtfertigt, zu Lasten eines Anspruchstellers über den gesetzlichen Tatbestand hinaus Anforderungen zu erheben, zumal es unter Medizinern unstreitig sei, dass es auch Halswirbelsäulendistorsionen ohne Strukturverletzungen gebe, die somit der Bild gebenden Diagnostik von vornherein nicht zugänglich seien. Im Übrigen habe der behandelnde Orthopäde unmittelbar nach dem Ereignis eine eingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule und damit einen Körperschaden festgestellt. Insoweit sei zusätzlich zu berücksichtigen, dass weder die behandelnden Ärzte noch die tätig gewordenen Sachverständigen konkrete Hinweise auf eine vorbestehende degenerative Veränderung im Bereich der Halswirbelsäule gefunden hätten.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2003 sowie den Bescheid der Beklagten vom 11. September 1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28. Juli 1999 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 25. März 1998 Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung für die Zeit bis einschließlich 15. April 1998 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. Februar 2003 zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, das Sozialgericht habe die Klage zu Recht abgewiesen. Die Kausalitätslehre in der gesetzlichen Unfallversicherung unterscheide sich nicht unerheblich von derjenigen im Zivilrecht. Der Körperschaden müsse wie das Unfallereignis voll bewiesen sein. Die Wahrscheinlichkeit reiche nur für die Frage des Zusammenhanges zwischen den einzelnen Gliedern der Kausalkette. Nach den eingeholten Gutachten sei der Vorfall vom 25. März 1998 nicht rechtlich wesentlich kausal für die beim Kläger bestehenden Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule. Das entgegenstehende Gutachten des Dr. R. setze sich nicht ausreichend mit den geltenden Kriterien zur Kausalität auseinander.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme am 10. August 2004 hat das Gericht den Orthopäden Dr. N. als weiteren medizinischen Sachverständigen gehört, der zuvor den Kläger am 24. Juni 2004 untersucht und das schriftliche Gutachten vom gleichen Tag eingereicht hatte. Darin führt er unter anderem aus, dass das nach einer Distorsion der Halswirbelsäule ohne strukturelle Verletzungen typischerweise auftretende Beschwerdebild unspezifisch sei und sich nicht von dem eines Halswirbelsäulen-Syndroms unterscheide. Daraus dürfe aber nicht der Schluss gezogen werden, dass ohne Strukturverletzungen ein Körperschaden überhaupt nicht eingetreten sei. Es müsse aufgrund der vom behandelnden Orthopäden erhobenen Befunde und gestellten Diagnose davon ausgegangen werden, dass der Kläger durch das Ereignis vom 25. März 1998 eine Gewalteinwirkung auf die Halswirbelsäule in Form einer Distorsion erlitten habe. Allerdings sei die Dauer der vom behandelnden Arzt festgestellten unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit problematisch. Zumindest die am 16. April 1998 von ihm beschriebene Blockierung C4/C5 stelle keinen unfallinduzierten Befund dar. Unter Berücksichtigung der im Schrifttum niedergelegten Erkenntnisse zu Schleuderverletzungen sei von einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit bis zum 15. April 1998 auszugehen. Danach sei ein unfallunabhängiger Befund erhoben und behandelt worden. Im Termin am 10. August 2004 hat der medizinische Sachverständige sein Gutachten erläutert und unter anderem darauf hingewiesen, dass nach einer wissenschaftlichen Untersuchung im Zusammenhang mit Distorsionen der Halswirbelsäule lediglich in 10 % aller Fälle weiterführende diagnostische Maßnahmen wie Computertomographie oder Magnetresonanztomographie durchgeführt würden, da sich in der Regel auch mit ihnen bei einer leichten Distorsion ein verletzungsspezifisches Substrat nicht nachweisen lasse. Selbst wenn aber der Nachweis etwa einer Einblutung in die Muskulatur gelinge, ziehe dies keine therapeutische Konsequenz nach sich. Deshalb sei in Fällen, in denen die Beschwerdeschilderung und der klinische und röntgenologische Erstbefund eine strukturelle Verletzung nicht nahe lege, eine weiterführende diagnostische Maßnahme entbehrlich, ohne dass daraus der Schluss gezogen werden könne, dass nicht vom Vorliegen eines Verletzungsbildes auszugehen sei.

Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und des Sachverhalts im Übrigen wird Bezug genommen auf den Inhalt der in der Sitzungsniederschrift vom 10. August 2004 aufgeführten Akten und Unterlagen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung des Senats gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers ( §§ 143, 144, 151 SGG ) ist begründet. Das Sozialgericht hat die auf Gewährung von Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung wegen der Folgen des Ereignisses vom 25. März 1998 gerichtete Klage zu Unrecht abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind nicht rechtmäßig. Entgegen der Auffassung der Beklagten und des Sozialgerichts hat der Kläger Anspruch auf Entschädigungsleistungen für den von ihm im Berufungsverfahren allein noch geltend gemachten Zeitraum bis einschließlich 15. April 1998.

Nach §§ 26 ff des Siebten Sozialgesetzbuches, Gesetzliche Unfallversicherung, ( SGB VII ) werden die dort näher bezeichneten Leistungen, unter anderem auch Heilbehandlung ( §§ 27 ff SGB VII ) und Verletztengeld ( §§ 45 ff SGB VII ) nach Eintritt des Versicherungsfalls in Form eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit ( § 7 SGB VII ) gewährt. Arbeitsunfall ist nach § 8 SGB VII ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in §§ 2, 3 und 6 SGB VII genannten Tätigkeiten erleidet. Neben dem inneren Zusammenhang des versicherten Tätigkeitsbereichs mit dem unfallbringenden Verhalten und dessen Ursächlichkeit für das Unfallereignis setzt der Arbeitsunfall als Versicherungsfall darüber hinaus eine dadurch verursachte gesundheitliche Schädigung voraus. Dabei muss das Unfallereignis gegenüber anderen Mitursachen zumindest als rechtlich wesentliche Teilursache zu werten sein ( vgl. Schulin in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd. 2, Unfallversicherungsrecht, § 27 Rdn. 23, 84 m.w.N. ). Während die einzelnen Glieder der Kausalkette ( versicherte Tätigkeit, Unfallereignis, Gesundheitsschaden ) mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, genügt für den - doppelten – Ursachenzusammenhang eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, d. h. es müssen deutlich mehr Gesichtspunkte dafür als dagegen sprechen; die bloße Möglichkeit reicht nicht aus ( vgl. Schulin, aaO, § 32 Rdn. 25 ).

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat der Kläger am 25. März 1998 einen Arbeitsunfall erlitten. Er gehörte aufgrund seiner Tätigkeit als selbstständiger Taxifahrer zu dem in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Personenkreis. Das Unfallereignis hat in der dargestellten Form unstreitig tatsächlich stattgefunden. Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts steht auch mit dem erforderlichen Grad an Sicherheit fest, dass der Kläger sich bei diesem Ereignis einen Körperschaden zugezogen hat. Insoweit bemängelt der Kläger zu Recht die Forderung des Sozialgerichts nach dem Nachweis eines Erstschadens mit Strukturverletzungen. Eine gesetzliche Grundlage dafür ist nicht ersichtlich. Außerdem würden bei dieser Forderung Zerrungen und ähnliche Gesundheitsstörungen als Unfallfolge immer ausscheiden. Noch deutlicher wäre dies bei neurologischen ( z. B. der Enzephalopathie ) und psychischen Unfallfolgen, bei denen nie Strukturveränderungen durch Bild gebende Verfahren oder messtechnisch nachgewiesen werden können. Darüber hinaus ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass – worauf der medizinische Sachverständige Dr. N. bei seinen Erläuterungen im Termin zutreffend hingewiesen hat – in dem Großteil aller Fälle eine weitergehende Diagnostik aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist und schon deshalb nicht durchgeführt wird. Diese aus medizinischer ( und finanzieller ) Sicht vernünftige Handhabungsweise kann nicht unter rechtlichen Gesichtspunkten zu Lasten des Versicherten gehen. Zur Überzeugung des Senats ist deshalb richtigerweise davon auszugehen, dass lediglich der Gesundheitsschaden nachgewiesen werden muss, nicht jedoch zusätzlich auch durch Bild gebende Verfahren sichtbar gemachte Strukturverletzungen. Somit sieht er in Übereinstimmung mit der Beurteilung des medizinischen Sachverständigen Dr. N., die im Einklang steht mit der Bewertung des Orthopäden Prof. Dr. von T., die vom behandelnden Orthopäden B. beim Kläger unmittelbar nach dem Unfallereignis festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen der Halswirbelsäule in Form einer Einschränkung der Beweglichkeit und einer Schmerzhaftigkeit als ausreichend für den – nachgewiesenen - Gesundheitsschaden an. Dieser Gesundheitsschaden ist zur Überzeugung des Senats auch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ursächlich auf das Unfallereignis zurückzuführen. Das wäre anders zu beurteilen, wenn das Ereignis unter keinem Gesichtspunkt geeignet wäre, zu derartigen Gesundheitsstörungen zu führen, wie dies die von der Beklagten eingeschalteten Chirurgen M. und Dr. K. und auch die vom Sozialgericht gehörte Sachverständige Dr. G. aufgrund des Ergebnisses des technischen Gutachtens des Diplomingenieurs H. angenommen haben. Abgesehen von der – von Dr. N. unter Hinweis auf entsprechende wissenschaftliche Erkenntnisse verneinten - Frage, ob es für Halswirbelschleudertraumen überhaupt eine Harmlosigkeitsgrenze bezüglich der Anstoßgeschwindigkeit gibt und inwieweit es dabei auf die Sitzposition des Verletzten ankommt, haben diese Sachverständigen übersehen, dass das technische Gutachten nicht zu überzeugen vermag. Auch unter Berücksichtigung der im Widerspruchsverfahren eingeholten Ergänzung lässt sich ihm nämlich in keiner Weise entnehmen, wie es zu der Annahme einer Anstoßgeschwindigkeit von 5-8 Kilometer/Stunde kommt. Weder sind die Schäden am Fahrzeug des Unfallgegners in die Bewertung eingeflossen, noch ist dieser zu der von ihm gefahrenen Geschwindigkeit befragt worden. Eine Erkenntnis, dass ein rückwärts fahrendes Fahrzeug keine höhere Geschwindigkeit erreichen kann, gibt es zur Überzeugung des Senats nicht. Ob die festgestellten Schäden am Fahrzeug des Klägers unzweifelhaft die Anstoßgeschwindigkeit belegen, unterliegt erheblichen Zweifeln, zumal der technische Sachverständige in dem Gutachten vom 17. August 1998 von einem unrichtigen Unfallhergang ausgegangen ist und eine auf das Fahrzeug des Klägers nach hinten gerichtete Stoßbelastung angenommen hat. Jedenfalls enthält das Gutachten dazu keinerlei Ausführungen. Da die auf den Kläger wirkende Beschleunigungsbelastung aber in erster Linie von der Anstoßgeschwindigkeit abhängig ist, erscheint der von dem Diplomingenieur H. ermittelte Belastungswert von 1,7 g nicht schlüssig und kann einer Beurteilung nicht zu Grunde gelegt werden. Da beim Kläger unstreitig eine Vorschädigung der Halswirbelsäule nicht bestanden hat, entfällt auch dieses Argument gegen die Wahrscheinlichkeit des Ursachenzusammenhanges. Für einen solchen sprechen demgegenüber die im zeitlichen Zusammenhang mit dem Ereignis vom behandelnden Orthopäden erhobenen Befunde, die nach Aussage aller medizinischen Sachverständigen zwar grundsätzlich unspezifisch, aber doch typisch für eine Halswirbelsäulendistorsion sind. Da auch der vom Kläger geschilderte und besonders in dem Gutachten Dr. R. dezidiert dargestellte Beschwerdeverlauf nach den Ausführungen von Dr. N. bis einschließlich 15. April 1998 gut mit einer erlittenen Halswirbelsäulendistorsion zu vereinbaren ist, ist zur Überzeugung des Senats mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit von einem Ursachenzusammenhang auszugehen.

Der Kläger war wegen der unfallbedingten Gesundheitsstörungen über den gesamten noch streitigen Zeitraum bis einschließlich 15. April 1998 nach der Bescheinigung des behandelnden Orthopäden arbeitsunfähig krank. Erst am 16. April 1998 wurden von diesem nur noch Befunde erhoben, die nach den überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen Dr. N. nicht mehr in einem ursächlichen Zusammenhang mit dem Unfallereignis standen, was mittlerweile auch zwischen den Beteiligten unstreitig geworden ist. Die ab diesem Zeitpunkt (fort-) bestehende Arbeitsunfähigkeit war somit nicht mehr dem Unfall zuzurechnen, so dass auch kein Anspruch auf Entschädigung mehr bestand. Für den Zeitraum der unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit stehen dem Kläger demgegenüber Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung dem Grunde nach zu.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und entspricht im Ergebnis dem Ausgang des Rechtsstreits in der Hauptsache.

Der Senat hat die Revision gegen das Urteil nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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