L 1 KR 18/01

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 23 KR 228/96
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 18/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. September 2000 wird zurückgewiesen. 2. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beklagten im Berufungs- verfahren. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Feststellung der Unwirksamkeit der zum 30. Juni 1996 erfolgten Kündigung eines nach § 132 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) geschlossenen Vertrags.

Die Ehefrau des Klägers betrieb als Kauffrau den Pflegedienst U. Z., nachdem sie mit den Beklagten Verträge nach § 132 Abs. 1 SGB V geschlossen hatte. Mit am 24. Januar 1996 eingegangenen, auch vom Kläger unterzeichneten Schreiben vom 17. Januar 1996 erklärte sie gegenüber den Krankenkassen, sich aus gesundheitlichen Gründen aus ihrem Betrieb, den der Kläger weiterführen werde, zurückzuziehen. Die Struktur des Betriebes bleibe erhalten, lediglich sein Name werde in "P.- und B.-Zentrum Z." geändert. Die Beklagten wurden gebeten, die bestehenden Verträge entsprechend abzuändern/anzupassen.

Daraufhin schlossen die beklagten Krankenkassen, vertreten durch den Verband der Angestelltenkrankenkassen e. V. und den Verband der Arbeiter-Ersatzkassen e. V. (VdAK/AEV), mit Wirkung vom 1. März 1996 mit dem "P.- und B.-Zentrum Z." einen Vertrag nach § 132 Abs. 1 SGB V.

Nachdem der Landesverband der Betriebskrankenkassen NORD den Kläger zum Zwecke der Klärung möglicher Abrechnungsunregelmäßigkeiten am 5. Juni 1996 angehört hatte, weil aufgefallen war, dass der Pflegedienst U. Z. bezüglich der am 24. Januar 1996 verstorbenen Versicherten T. M. mit deren Unterschrift versehene Bestätigungen vom 31. Januar und 29. Februar 1996 vorgelegt hatte, nach deren Inhalt sie vom Pflegedienst sach- und fachgerecht zu ihrer vollsten Zufriedenheit gepflegt worden war, vertrat der VdAK/AEV für die beklagten Krankenkassen gegenüber dem Kläger unter dem 10. Juni 1996 die Auffassung, die Anhörung habe einen schweren Vertragsverstoß erkennen lassen, sodass der bestehende, am 1. März 1996 geschlossene Vertrag zum 30. Juni 1996 gekündigt werde.

Am 12. Juni 1996 gab die Landesvertretung Hamburg des VdAK/AEV eine Presseerklärung heraus, nach der sich seine Mitgliedskassen wegen des Verdachts des Abrechnungsbetruges in einem Falle an das Landeskriminalamt gewandt hätten und der Vertrag über häusliche Krankenpflege mit dem betreffenden Unternehmen - das nicht namentlich erwähnt wurde - gekündigt worden sei. Nach Angaben des Klägers erschien am 13. Juni 1996 in einer Zeitung eine entsprechende Meldung, im Juni 1996 außerdem ein Artikel "Pflegegeld für Tote kassiert".

Per 30. Juni 1996 betrug der monatliche Umsatz des Klägers auf der Basis des bereinigten Patientenstammes bei den Ersatzkassen 21.109,00 DM, bei den Betriebskrankenkassen 27.672,50 DM und bei der AOK Hamburg 67.333,00 DM (Schreiben des Beratenden Betriebswirts (BB) L. vom 25. Oktober 1996).

Mit seinem am 19. Juni 1996 beim Sozialgericht gestellten Eilantrag (S 22 KR 213/96) hatte der Kläger Erfolg. Das Sozialgericht verpflichtete die Beklagten durch Beschluss vom 7. August 1996 im Wege einstweiliger Anordnung, über den 30. Juni 1996 hinaus bis zur Entscheidung in der Hauptsache auf der Grundlage des Vertrages nach § 132 Abs. 1 SGB V bei Versicherten der Beklagten erbrachte ambulante Pflegeleistungen zu vergüten bzw. mit dem Kläger abzurechnen und seine bei den Beklagten versicherten Patienten davon zu unterrichten, dass die vertraglichen Beziehungen mit ihm fortgeführt und Pflegeleistungen weiterhin über die Beklagten abgerechnet würden. Die beklagten Krankenkassen rechneten in der Folge, soweit ihre Versicherten vom Pflegebetrieb des Klägers behandelt worden waren, entsprechende Leistungen bis in den November 1996 hinein auch weiterhin ab.

Am 9. November 1996 berichteten die B1-Zeitung, das H.-Blatt und andere Zeitungen über eine polizeiliche Durchsuchung der Geschäftsräume eines Pflegedienstes in H. und H1. Auf den Inhalt dieser Berichte (Blatt 30-33 Gerichtsakten), die der Kläger zu den Akten gereicht hat, wird Bezug genommen.

Am 15. November 1996 teilte der Kläger den Beklagten u. a. mit, dass sein Pflegeunternehmen den Betrieb am 11. November 1996, an dem eine Mitarbeiterversammlung stattgefunden hatte, eingestellt habe und die Verträge mit ihnen gekündigt würden. Die Patienten würden inzwischen von verschiedenen anderen Pflegediensten betreut.

Das gegen die Ehefrau des Klägers wegen des Verdachts des Betruges eingeleitete Ermittlungsverfahren 202 Js 174/96 wurde am 20. Januar 2000 von der Staatsanwaltschaft bei dem Landgericht Hamburg nach § 170 Abs. 2 Strafprozessordnung eingestellt.

Mit der Klage vom 28. Juni 1996 hat der Kläger geltend gemacht, die Vertragskündigung sei unwirksam gewesen. Da er den Betrieb erst zum 1. März 1996 übernommen habe und ihm ein ab diesem Zeitpunkt begangener Vertragsverstoß nicht zur Last gelegt werde, gehe die Kündigung ins Leere. Er habe bei seiner Anhörung am 5. Juni 1996 keine abschließende Stellungnahme abgeben können, weil er noch nicht über ausreichende Kenntnisse der Geschäftsvorgänge aus der Zeit vor der Betriebsübernahme verfügt habe. Obwohl er sich bereit erklärt habe, eine abschließende Stellungnahme bis zum 14. Juni 1996 abzugeben, habe die Gegenseite diese nicht abgewartet, sondern schon vorher gekündigt. Die Beklagten hätten die Betriebsschließung zum 11. November 1996 zu vertreten, weil der Landesausschuss des VdAK/AEV "gegen ihn" Anzeige erstattet und seinen Pflegebetrieb im Juni und November 1996 zum Gegenstand von Presseberichten gemacht habe. Auf Grund dieser "Pressekampagne" hätten seine Patienten und die mit ihm zusammenarbeitenden Ärzte und Angehörigen das Vertrauen in ihn verloren. Kündigungen von Patienten seien die Folge gewesen; neue Patienten habe er nicht gewinnen können. Der bei ihm eingetretene Schaden - Vernichtung seiner wirtschaftlichen Existenz auf Grund der Anzeigeerstattung, Presseerklärungen und hierdurch hervorgerufenen Kündigungen von Verträgen - belaufe sich auf zumindest zwei Millionen DM.

Die Beklagten haben die Kündigung der Verträge für rechtmäßig erachtet. Der Kläger habe in Ansehung von § 419 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a. F. für Unregelmäßigkeiten auch vor dem 1. März 1996 gehaftet. Die Anzeigeerstattung und Benachrichtigung der Presse durch den VdAK/AEV sei zu Recht erfolgt, weil ein begründeter Verdacht auf Betrugshandlungen bestanden habe. Bei den Presseerklärungen habe der VdAK/AEV den Namen des Klägers bzw. den Namen seines Betriebes nicht offenbart. Den Rückgang der Patientenzahl des Klägers hätten sie, die Beklagten, nicht zu vertreten. Im Übrigen habe der Versichertenanteil der Ersatzkassen beim Pflegebetrieb des Klägers im Jahre 1996 nur bei ca. 14 bis 15 Prozent gelegen, sodass selbst eine Kündigung sämtlicher Pflegeverträge durch die Ersatzkassenversicherten keinen Grund für die Betriebseinstellung habe geben können.

Durch Urteil vom 21. September 2000 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung des Vertrages vom 10. Juni 1996 und der Verpflichtung der Beklagten zur Bewilligung und Abrechnung bis zum 11. November 1996 erbrachter ambulanter Pflegeleistungen auf der Grundlage des Vertrages gerichtete Klage sei unzulässig, die Schadensersatzklage unbegründet. Die Beklagten hätten einen wichtigen Grund zur Kündigung gehabt, zumal der Kläger eine die Störung des Vertrauensverhältnisses genügend behebende Erklärung nicht abgegeben habe. Die Strafanzeige vom 12. Juni 1996 habe den Verlust von Patienten nicht verursacht. Dafür, dass die Beklagten bzw. der VdAK/AEV für die Presseberichte und die Namensnennung im November 1996 initiativ bzw. verantwortlich waren, fehle jeder Anhalt.

Gegen das ihm am 12. April 2001 zugestellte Urteil richtet sich die am 3. Mai 2001 eingelegte Berufung des Klägers, die er im Termin vom 22. September 2004 insoweit zurückgenommen hat, als er bisher auch den VdAK und den AEV verklagt hatte. Er wiederholt seine Rechtsauffassung. Der Klagantrag zu 1) sei zulässig. Es gehe um die Ersatzpflicht eines zu erwartenden Schadens, der mit dem Klagantrag zu 2) konkretisiert werde. Die Kündigung des Versorgungsvertrags sei unwirksam gewesen. Ein wichtiger Grund für seine fristlose Kündigung habe nicht bestanden. Der Umstand, dass der Behandlungsfall der Versicherten M. zur Abrechnung bei den Leistungsträgern aufgetaucht sei, habe von Beginn an für einen schlichten (Computer-) Fehler gesprochen. Die Information in der Zeitungsnotiz vom 9. November 1996 (Scheitern der Kündigung gegenüber dem Betrieb der Ehefrau wegen Umschreibens des Pflegebetriebes auf den Kläger) könne nur von den Beklagten stammen. Die Höhe des Schadensersatzanspruches sei mit betriebswirtschaftlichen Auswertungen (Schreiben des BB L. vom 6. November und 4. Dezember 1998) unter Beweis gestellt. Im Übrigen sei das Gericht gem. § 287 Abs. 1 Zivilprozessordnung verpflichtet, die Schadenshöhe zu schätzen, sofern der entgangene Gewinn nicht in voller Höhe beweisbar sei. Zum 1. Juli 1996 hätten 9 Versicherte ihre Pflegeverträge gekündigt. Zu diesem Zeitpunkt habe sein Betrieb ca. 200 Pflegeberechtigte versorgt.

Der Kläger legt die seinen ehemaligen Pflegebetrieb betreffenden Kündigungsschreiben der Versicherten A. H2, E. H3, M. B. und R. F. vom Juni 1996 sowie eidesstattliche Versicherungen des T. S. und der B. M. vom 18. Juni und 6. Juli 1996 vor und beantragt,

1. das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 21. September 2000 aufzuheben und 2. festzustellen, dass die Kündigung des Vertrages gem. § 132 Abs. 1 SGB V vom 10. Juni 1996 unwirksam war und die Beklagten verpflichtet waren, mit dem Kläger auf der Grundlage vorgenannten Vertrags bis zur Betriebsschließung am 11. November 1996 ambulante Pflegeleistungen abzurechnen sowie zu bewilligen, 3. die Beklagten zu verurteilen, dem Kläger Schadensersatz in Höhe von mindestens 1 Million EUR zu zahlen.

Die Beklagten zu 2) und 3) sowie 5) bis 7) beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Einstellung der Betriebstätigkeit des Klägers hätten sie nicht zu verantworten. Das Vertrauensverhältnis zum Kläger sei durch die Abrechnungsunregelmäßigkeiten tief erschüttert und ihnen die Fortsetzung des Versorgungsvertrags nicht zumutbar gewesen. Es komme nicht darauf an, dass der Kläger den Betrieb erst ab 1. März 1996, also nach dem Vorkommen der Unregelmäßigkeiten, geführt habe. Er sei in die Rechte und Pflichten des ursprünglichen Versorgungsvertrages eingetreten, Struktur und personelle Ausstattung des Betriebs seien erhalten geblieben, nur der Name habe sich geändert. Sie hätten den Kläger in Presseerklärungen nicht verunglimpft, seinen Namen und den Namen seines Betriebes nicht genannt. Durch die Erklärung, dass es sich wohl um einen EDV-Fehler handele, habe der Kläger den Tatverdacht für vorsätzliches Fehlverhalten nicht auszuräumen vermocht.

Die übrigen Beklagten haben keinen Antrag gestellt.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Gerichtsakten I EABs 65/97 (22 KR 221/96 EA) Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft, form- und fristgerecht eingelegt und auch im Übrigen zulässig (§§ 143, 151 Sozialgerichtsgesetz ( SGG )).

Sie ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Es haben weder die Feststellungsklagen noch die Schadensersatzklage Erfolg.

Soweit der Kläger die Feststellung begehrt, dass die Beklagten verpflichtet waren, mit ihm auf der Grundlage des Vertrages vom 1. März 1996 bis zur Betriebsschließung am 11. November 1996 ambulante Pflegeleistungen abzurechnen, ist die Klage hinsichtlich der Beklagten zu 4) und 9) bzw. der in dieser zum 1. Januar 2004 aufgegangenen Neptun-Berufskrankenkasse bereits unzulässig, weil Versicherte dieser Krankenkassen vom Kläger im Zeitraum vom 1. Juli bis 11. November 1996 nicht behandelt worden sind. Dies ergibt sich aus den Schreiben dieser Krankenkassen vom 13. Januar, 7. April und 11. Juni 1997. Es verhält sich auch nicht etwa so, dass Versicherte dieser Krankenkassen nur deshalb nicht vom Kläger behandelt werden konnten, weil die Beklagten den Versorgungsvertrag gekündigt hatten. Vielmehr war trotz der Kündigung auf Grund des Beschlusses des Sozialgerichts vom 7. August 1996 die Bewilligung und Abrechnung potenzieller Leistungsfälle auch für Versicherte dieser Krankenkassen - wie im Übrigen auch für sämtliche Versicherten der Primärkassen (vgl. Schreiben des BKK-Landesverbandes NORD vom 2. Juli 1996 im Verfahren 22 KR 221/96) - möglich. Für die Feststellung, dass die Behandlung potentieller Patienten nach dem Vertrag vom 1. März 1996 hätte bewilligt und abgerechnet werden müssen, fehlt es demnach am Rechtsschutzbedürfnis.

Soweit sich die entsprechende Feststellungsklage gegen die übrigen Beklagten richtet, ist sie ebenfalls mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Diese Beklagten haben aufgrund des Beschlusses des Sozialgerichts vom 7. August 1996 (22 KR 221/96 EA) alle vom Kläger noch nach dem 30. Juni 1996 (mutmaßliches Wirksamwerden der Kündigung) abgerechneten ambulanten Pflegeleistungen vergütet. Sie fordern diese Vergütung von ihm nicht zurück. Ob sie auf Grund des "bestehenden Vertrages vom 1. März 1996" verpflichtet waren, diese Vergütungen zu entrichten, bedarf keiner gerichtlichen Feststellung. Denn sie verhülfe dem Kläger über die schon erhaltene Vergütung hinaus zu keinem weiteren Rechtsvorteil.

Die Feststellungsklage, dass die Kündigung des am 1. März 1996 geschlossenen - zumindest am 15. November 1996 durch klägereigene Kündigung beendeten - Vertrages durch die Beklagten zum 30. Juni 1996 rechtswidrig war, ist iS einer Fortsetzungsfeststellungsklage gem. § 131 Abs. 1 Satz 3 SGG nicht zulässig. Denn es hat sich kein Verwaltungsakt der Beklagten durch Zurücknahme oder anders erledigt. Es hat lediglich der Vertrag vom 1. März 1996, gegen dessen Kündigung sich die Feststellungsklage vom 28. Juni 1996 richtete, (spätestens) mit der klägereigenen Kündigung vom 15. November 1996 seine Erledigung gefunden. Für die beantragte Feststellung des Bestehens dieses Vertrages für die Zeit vom 1. Juli bis 15. November 1996 – sog. positive Feststellungsklage iSd § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG – besteht kein Rechtsschutzbedürfnis. Unmittelbare Ansprüche macht der Kläger aus Vertrag nicht geltend; für ihre Verfolgung wäre ohnehin die Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) gegeben. Da der Kläger einen Amtshaftungsanspruch gem. Art. 34 Grundgesetz iVm § 839 BGB ausdrücklich nicht verfolgt (vgl. Schriftsatz vom 14. September 2000), liegt für die auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung gerichtete Klage auch insoweit ein Rechtsschutzbedürfnis nicht vor. Denn die Klage dient nicht der Durchführung bzw. Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses vor den ordentlichen Gerichten.

Soweit der Kläger aus positiver Vertragsverletzung einen mittelbaren vertraglichen Schadensersatzanspruch einklagt, bedarf es hierfür ebenfalls nicht der isolierten Feststellung, dass die Kündigung vom 10. Juni 1996 unwirksam war. Denn falls es für die Begründetheit der Schadensersatzforderung auf das Bestehen des Vertrages über den 30. Juni 1996 hinaus bis zum 15. November 1996 ankäme, hätte das Gericht diese Frage inzident zu prüfen. Eine feststellende Entscheidung iSd klägerischen Antrags ist hingegen nicht notwendig, weil auch die tragenden Gründe eines Urteils in Rechtskraft erwachsen können. Schon deshalb erübrigt sich ein Feststellungsurteil.

Für die erhobene Schadensersatzklage sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zwar zuständig (vgl. § 51 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGG a. F.). Denn zu den Streitigkeiten "auf Grund von Verträgen der Krankenkassen" gehören nicht nur Ansprüche auf Erfüllung, sondern auch Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung einer Vertragsnebenpflicht (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl., § 51 Rdnr 35a, 13a, 24). Jedoch ist die Schadensersatzklage unbegründet. Ein Schadensersatzanspruch erwächst dem Kläger weder aus der Vertragskündigung vom 10. Juni 1996 bzw. der Strafanzeige vom 12. Juni 1996 noch aus den Presseberichten vom November 1996 über das gegen seine Ehefrau gerichtete Ermittlungsverfahren bzw. über Durchsuchungen des klägerischen Pflegebetriebes. Die Beklagten haben weder eine Vertragstreuepflicht schuldhaft verletzt noch den Vertragszweck schuldhaft beeinträchtigt.

Die Vertragskündigung vom 10. Juni 1996 war rechtmäßig. Sie hatte ihren Grund in nicht bestreitbaren und vom Kläger auch nicht bestrittenen objektiven Falschbeurkundungen/Falschabrechnungen im Zusammenhang mit den unzutreffenden Erklärungen des Pflegedienstes U. Z. in Bezug auf die am 24. Januar 1996 verstorbene Versicherte T. M. vom 31. Januar und 29. Februar 1996. Diese Erklärungen können nicht von dieser stammen. Dass dieser Umstand einen wichtigen Grund für die Kündigung des Vertrages vom 10. Juni 1996 zum 30. Juni 1996 darstellte, zumal der Kläger zum Kündigungszeitpunkt den Verdacht nicht ausgeräumt hatte, dass die Ursache solcher erheblichen und schwerwiegenden Vertragsstörung, die nicht bei dem für den Pflegedienst tätigen "Z1 A. GmbH" liegen konnte, in dem von ihm übernommenen Betrieb noch nicht beseitigt worden war, hat das Sozialgericht überzeugend ausgeführt. Zu Recht hat es darauf abgestellt, dass ungeachtet der Frage, ob der Kläger wegen der Übernahme des Pflegebetriebs seiner Ehefrau für deren Verbindlichkeiten (aus Vertrag oder unerlaubter Handlung) haftete, den Beklagten allein wegen der im Falle der Versicherten T. M. offensichtlichen Falschabrechnung ein Festhalten am Vertrag mit dem Kläger nicht zuzumuten war. Auf die den Senat insoweit überzeugenden Ausführungen des Sozialgerichts wird, um Wiederholungen zu vermeiden, Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 SGG).

In der Pressemitteilung vom 12. Juni 1996 und den Pressemeldungen vom 9. November 1996 liegen ebenfalls keine einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung gegen die Beklagten begründenden Tatbestände. Ein von der Rechtsordnung im Hinblick auf die bisherige Vertragsbeziehung der Beteiligten zu missbilligendes schuldhaftes Verhalten, das schädigende Auswirkungen auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Klägers hatte, kann den Beklagten und den für sie handelnden Verbänden – sei es nach den Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung oder nach dem Recht der unerlaubten Handlung gem. §§ 823ff BGB - nicht vorgeworfen werden. Die Beklagten waren zwar, insbesondere unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens auf einstweiligen Rechtsschutz, gehalten, jede unnötige Beeinträchtigung des klägerischen Betriebes bei der Wahrnehmung eigener rechtlicher Interessen zu unterlassen. Entgegen der Behauptung des Klägers haben sie sich daran jedoch ausgerichtet. Die Pressenotiz vom 12. Juni 1996 lässt nicht die Feststellung zu, dass die Beklagten diese Grenzen überschritten haben. Der Pflegebetrieb des Klägers wird in der Pressenotiz nicht namentlich erwähnt. Der Bericht der B1-Zeitung vom 9. November 1996 nennt als Verdächtige "U. Z." als Chefin eines Pflegedienstes in H. und H1 und mit der H1 Straße und der K. Straßen, in denen sich der Betrieb der Ehefrau (wie auch der spätere Betrieb des Klägers) befand. Der Bericht zitiert zwar eine Äußerung von Frau K1 vom VdAK. Diese bezieht sich aber nicht auf den Kläger oder dessen Betrieb. Der Kläger wird im Bericht des H.-Blatts allerdings als Inhaber des P.- und B.-Zentrum Z." erwähnt. Gleichzeitig wird aber klar gestellt, dass nicht er, sondern der Vorgänger dieses Dienstes (Inhaberin: U. Z.) im Verdacht stehe, Abrechnungen manipuliert und die Kassen betrogen zu haben. Zudem wird in diesem Bericht eine Äußerung der Prozessbevollmächtigten des Klägers wiedergegeben, die als Anwältin "des jetzigen Inhabers" Wert auf die Feststellung gelegt habe, dass alle Vorwürfe nicht gegen ihren Mandanten, sondern gegen seine Ehefrau gerichtet seien. Frau K1 vom VdAK hat sich nach diesem Bericht nur insoweit geäußert, als die Kassen mit einer Kündigung des Versorgungsvertrages vor Gericht (im einstweiligen Anordnungsverfahren) gescheitert seien und die Kündigung hätten zurückziehen müssen, weil die "Geschäftsleitung kurzerhand auf den Ehemann umgeschrieben wurde". Ein anderer Bericht notiert lediglich, dass der VdAK bereits Mitte 1996 Anzeige gegen einen Pflegedienst in H1 erstattet habe, die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen seien, dort aber auch Rechnungen für eine Tote eingereicht worden sein sollen. In dem weiteren Zeitungsbericht vom 9. November 1996 über einen ambulanten Pflegedienst in H1 und eine Durchsuchung in H. und H1 wird der Kläger als "Geschäftsführer A1 Z." erwähnt. Er habe die Vorwürfe als unwahrscheinlich geschäftsschädigend und aus der Luft gegriffen zurückgewiesen. Diesen Presseberichten, die zum großen Teil auf Angaben der Staatsanwaltschaft fußen, ist insgesamt nichts dafür zu entnehmen, was gegenüber den Beklagten zum Vorwurf berechtigte, sich geschäftsschädigend über den Kläger und sein Unternehmen geäußert und hierdurch negativ auf den Pflegebetrieb eingewirkt zu haben. Das Verhalten der Beklagten entsprach vielmehr ihren eigenen – berechtigten – Interessen, war in jeder Hinsicht maßvoll und der Situation angemessen und ist deshalb nicht zu beanstanden.

Im Übrigen hat der Kläger auch nicht schlüssig dargetan, dass es bei ihm durch die Kündigung vom 10. Juni 1996, die Strafanzeige vom 12. Juni 1996 und die Verlautbarung beider Geschehnisse in der Pressemitteilung vom 12. Juni 1996 zu dem behaupteten finanziellen Schaden durch Schwund im Patientenstamm gekommen ist. Die vier vorgelegten Kündigungsschreiben vom Juni 1996 können einen solchen Schaden nicht bewirkt haben. Ob für sie die Vorgänge vom 10. bis 13. Juni 1996 ursächlich waren, geht aus ihnen nicht hervor. Der BB L. hat in seinem an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gerichteten Schreiben vom 25. Oktober 1996, in welchem er ihr die monatlichen Umsätze auf der Basis des bereinigten Patientenbestandes per 30. Juni 1996 aufgab, mitgeteilt, dass Patienten, die die Pflegeaufträge vor dem 1. Juli 1996 gekündigt hatten, in der Aufstellung nicht berücksichtigt seien, da die Kündigungsgründe nicht nachweislich im Zusammenhang mit den von der Prozessbevollmächtigten vertretenen Rechtsstreiten stünden. Zwar ergibt sich aus der eidesstattlichen Versicherung der B. M. vom 6. Juli 1996, dass die Versicherten R. F. und E. H3 im Zusammenhang mit den fraglichen Vorgängen den Pflegevertrag mit dem Kläger gekündigt und sich einem anderen Pflegedienst zugewandt haben. Auch dürfte es – wie es auf dem Gebiet der Primärkassen vorgekommen ist - in dem einen oder anderen Fall dazu gekommen sein, dass Versicherte der Beklagten von ihrer jeweiligen Krankenkasse angerufen und unter Hinweis auf die erfolgte Kündigung gebeten wurden, sich einem anderen Pflegedienst zuzuwenden. Damit ist die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes jedoch noch nicht nachvollziehbar dargelegt. Angesichts vom Pflegebetrieb des Klägers noch im Juli behandelter 200 Patienten und im Hinblick auf die von den Beklagten bis November 1996 noch vorgenommenen Abrechnungen ist auch kaum anzunehmen, dass die Vorgänge vom Juni 1996 bewirkt haben, dass der Pflegebetrieb des Klägers ihretwegen in der Zeit bis Ende Oktober/Anfang November 1996 keine neuen Patienten aus dem Kreis der bei den Beklagten Versicherten mehr hat gewinnen können und es deswegen zur Betriebsschließung gekommen ist. Zudem hat der Senat bereits in seinen Beschlüssen vom 13. April 1999 (I EABs 73/97) und 16. Februar 2000 (I EABs 65/97) ausgeführt, dass die von U. Z. aus ihrem Pflegebetrieb erzielten Einkünfte keine brauchbare Grundlage für eine Schätzung der vom Kläger aus dem übernommenen Betrieb zu erwartenden eigenen Einkünfte boten. Vielmehr hatte der Kläger, der über keine einschlägige Berufserfahrung im Pflegebereich verfügte, sondern zuvor in der Baubranche tätig und von seiner Ehefrau angelernt worden war, ein wirtschaftlich angeschlagenes und in seiner Prosperität nicht abschätzbares Unternehmen übernommen.

Nach alledem hat die Berufung keinen Erfolg und ist sie zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in der bis einschließlich 1. Januar 2002 geltenden Fassung.

Der Senat hat die Revision gem. § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen hierfür fehlen.
Rechtskraft
Aus
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