S 18 R 78/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Gelsenkirchen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
S 18 R 78/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 20.06.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2013 wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2012 bei der Klägerin nicht in einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis gestanden hat. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens sowie die außergerichtlichen Kosten von der Klägerin und Beigeladenen. Der Streitwert wird auf 5.000 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht in den Zweigen der Sozialversicherung (Kranken- Pflege-, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung) für die Tätigkeit der Beigeladenen für die Klägerin in der Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2012 streitig.

Am 27.01.2012 stellte die Beigeladene einen Statusfeststellungsantrag nach§ 7a Abs. 1 SGB IV. Sie gab darin an, eine Tätigkeit als freiberufliche Operationsfachkrankenschwester durchzuführen. Die Auftragsausführung werde nicht kontrolliert. Es würden keine Vorgaben zur Auftragsdurchführung gemacht. Die Anwesenheit werde von den vom Auftragnehmer geführten Stundennachweisen bestätigt. Der Auftraggeber müsse 7,5 Std./Tag während der Auftragszeit garantieren, könne jedoch keine Anwesenheit anordnen oder Vorgaben bezüglich der Zeit machen. Auch könne der Auftraggeber keine regelmäßigen Arbeitszeiten anordnen. Eine Teilnahme an Dienstbesprechungen, Schulungsmaßnahmen, Abteilungsbesprechungen usw. erfolge nicht. Beim Ausfall durch Krankheit oder Urlaub erfolge keine Entschädigung. Die Beigeladene fügte zudem ein Bewilligungsbescheid über die Förderung der Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bezüglich eines Gründungszuschusses der Bundesagentur für Arbeit vom 16.09.2011 bei. In ihrem Antrag fügte die Beigeladene den von ihr dem Auftrag zugrunde gelegten Honorarvertrag und die auf der Grundlage dieses Vertrages von ihr erstellten Abrechnungen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen,

Mit Schriftsatz vom 04.04.2012 hörte die Beklagte die Klägerin zu Ihrer Absicht an, einen Bescheid über das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung zu erteilen.

Mit Bescheid vom 20.06.2012 stellte die Beklagte fest, dass die Tätigkeit der Beigeladenen als Operations-Fachschwester bei der Klägerin vom 01.09.2011 bis 31.01.2012 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde und stellte Versicherungspflicht in der Kranken- Pflege-, der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Sie begründete das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung mit der Vereinbarung eines pauschalen Stundenhonorars, das kein Gewinn- und Verlustrisiko erkennen lasse, mit der Tätigkeit in den Räumen des Auftraggebers, mit der kostenlosen Zurverfügungstellung der notwendigen Arbeitsmittel, mit der fehlenden freien Gestaltung der Arbeitszeit, die vertraglich vorgegeben sei und an Klinikzeiten gebunden sei, der Weisungsberechtigung der Ärzte der Klägerin, die Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers, damit, dass festangestellte Mitarbeiter die gleiche Tätigkeit ausübten und die Stundennachweise von der Stationsleitung bestätigt werden müssten.

Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin, der bei der Beklagten am 23.07.2012 eingegangen ist, begründete sie sinngemäß damit, dass die Beigeladene für verschiedene Auftraggeber arbeite, hygienische Vorschriften den Einsatz eigener Arbeitskleidung im Operationssaal ausschlössen, der Arbeitsort infolge seiner Eigenheiten lediglich in einem Krankenhaus sein könne und die Arbeitszeit im Rahmen der Abläufe einer Operation nicht verändert werden könnten. In ihrem Tätigkeitsbereich außerhalb der konkreten Operation sei die Beigeladene weisungsfrei. Das Unternehmerrisiko ergebe sich für die Beigeladene aus der Kalkulation konkurrenzfähiger Angebote.

Mit Widerspruchsbescheid vom 03.01.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie vertrat die Auffassung, dass die Beigeladene dem Operationsteam zur Hand gehe und es sich um insofern um eine Tätigkeit handele, die bis in die kleinste Abfolge mit anderen Tätigkeiten verzahnt sie. Die Verzahnung verschiedener Tätigkeit und verschiedener Mitarbeiter führe zwangsläufig zu einer Eingliederung in den betrieblichen Arbeits- und Organisationsablauf der Arbeitgeberin. Das Weisungsrecht in Bezug auf Zeit, Ort, Art und Weise der Tätigkeit ergab sich aus dem jeweils erteilten Auftrag, tatsächlich habe die Verpflichtung bestanden, die übertragenen Aufgaben zu einem bestimmten Zeitpunkt auszuführen. Die Möglichkeit der Ablehnung eines Auftrags sei irrelevant. Eine Ablehnung von angebotenen Aufträgen sei im gleichen Maße möglich wie ein Arbeitnehmer die Möglichkeit habe, ihm einen angebotenen Arbeitsplatz abzulehnen. Es sei auch kein Unternehmensrisiko erkennbar, denn die Vergütung erfolge nach geleisteten Arbeitsstunden in Form des pauschalen Honorars von 42 EUR/Std ... Eine freie Gestaltung sei der Beigeladenen danach nicht möglich gewesen. Auch wenn sie ihre eigene Berufskleidung für die ausgeübte· Tätigkeit benutze, werde dadurch ein unternehmerisches Risiko mit eigenständigen Gewinn- und Verlustchancen nicht begründet. Der Annahme eines Arbeitsverhältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Beigeladene für mehrere Auftraggeber tätig werden könne, Daneben ausgeübte Tätigkeiten für andere Auftraggeber seien nicht Inhalt der Beurteilung des konkreten Beschäftigungsverhältnisses und stünden der Feststellung einer abhängigen Beschäftigungsverhältnisses zu einem oder mehreren Auftraggebern gegenüber nicht entgegen,

Hiergegen richtet sich die am 30.01.2013 beim Sozialgericht Gelsenkirchen eingegangen Klage der Klägerin, mit der sie geltend macht, dass das Vertragsverhältnis zur Beigeladenen ein versicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis nicht begründet habe. Sie hält an Ihrer bereits im Verwaltungsverfahren vorgetragenen Auffassung fest.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 20.06.2012 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 03.01.2013 aufzuheben und festzustellen, dass die Beigeladene in der Zeit vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2012 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt und nicht in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Die Beklagte hält an ihrer Auffassung im Verwaltungsverfahren fest.

Das Gericht hat im Erörterungstermin vom 03.07.2013 die Beigeladene und die Klägerin zu Einzelheiten des Einsatzes der Beigeladenen angehört. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift der nichtöffentlichen Sitzung der 18. Kammer vom 03.07.2013 Bezug genommen, Das Gericht hat den Honorarvertrag der Beigeladenen über ihren Einsatz und die von ihr benutzten "Allgemeinen Beschäftigungsbedingungen für Honorarverträge", die Gegenstand des Vertragshältnisses zwischen Klägerin und Beigeladenen waren, beigezogen. Insofern wird auf die eingereichten Unterlagen Bezug genommen. Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vereinbarungen und des Honorarvertrages Bezug genommen.

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten ihres Sachvortrages wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig und begründet

Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechtswidrig. Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheides beschwert (§ 54 Abs. 2 SGG (Sozialgerichtsgesetz)).

Die Beigeladene war im Zeitraum vom 01.09.2011 bis zum 31.01.2012 nicht in einem versicherungspflichtigen Verhältnis in Bezug auf die Klägerin tätig, Es handelt sich insoweit nicht um ein abhängiges dem Grunde nach versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis.

Gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung sind versicherungspflichtig. Nach § 7 Abs. 1 S, 1 SGB (Sozialgesetzbuch) IV ist Beschäftigung die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dabei unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, der Versicherungspflicht der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie den der Arbeitslosenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, § 20 Abs. 1 S, 1 und 2 Nr. 1 SGB XI, § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI sowie§ 24 Abs. 1 und § 25 Abs. 1 SGB III) ... Nach§ 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisung und Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung seiner Tätigkeit einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmensrisiko, dass Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit Ober die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist das Gesamtbild der· Arbeitsleistung. Diese bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu den die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zu dem Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben (BSG, Urteil vom 11.03.2009, B 12 KR 21/07 R m. w. N.).

Ob eine Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlichen zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine (formlose) Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig ·von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (vgl. BSG, Urteil vom 08.08.1990, 11 RAR 77/89). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse Ausschlag geben wird, wenn sie von Vereinbarung abweichen (vgl. BSG, Urteil vom 10.08.2000, B 12 KR 21/89 R). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist.

Im vorliegenden Fall liegt ein schriftlicher Vertrag zwischen der Klägerin und der Beigeladenen vor. Dabei ist der Umstand von maßgebender Bedeutung, dass die Klägerin, die ihr von der Beigeladenen vorgelegten Geschäftsbedingungen akzeptiert hat, so dass bereits bei Vertragsschluss die typische inhaltliche Fallgestaltung eines Arbeitsvertrages, in dem etwa bei angestellten medizinischen Personal im Einzelnen Vorschriften über Arbeitszeiten, Umfang der Pausen, Urlaubsansprüche usw. gemacht werden, nicht vorhanden war. Hingegen liegen Merkmale vor, die im Vergleich zum Arbeitsvertrag eines abhängig Beschäftigten typisch für eine selbständige Tätigkeit sind: So enthalten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen für Honorarverträge keine Regelungen über Pausen, Urlaub, Anwesenheitszeiten, Kündigungsfristen, Arbeitsunfähigkeitszeiten usw ... Auch ist nach diesem Vertrag die Beigeladene verpflichtet, eine Berufshaftpflichtversicherung vorzuhalten und der Gerichtsland ist von der Beigeladenen bestimmt worden. Sowohl die Klägerin als auch die Beigeladene hatten dabei die vertraglich bekundete Absicht, kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu begründen. In dieser Form war das Vertragsverhältnis nicht nur ausgestaltet worden, sondern auch tatsächlich so gelebt worden. Die Belgeladene hat, wie sie anlässlich ihrer Anhörung in den Terminen vor dem Sozialgericht Gelsenkirchen glaubhaft ausführte, was auch von der Klägerin bestätigt worden ist, sich im Rahmen der vertraglichen Honorarvereinbarung selbst die Operationen ausgesucht, an denen sie teilnahm. Dies stellt einen wesentlichen Unterschied zu der Tätigkeit einer angestellten Operationsschwester dar, der maßgeblich gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis spricht. Hinzukommt, dass die Beigeladene die Operationsvorbereitungen, die einen wesentlichen Teil der Arbeit der Operationsschwester darstellen, völlig selbständig und nach eigenem Gutdünken vorgenommen hat. Die von der Beklagten vorgetragene "Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin" erfolgte lediglich in der Weise, dass die Beigeladene an den Tagen und bei den Gelegenheiten anwesend sein musste, für die Beteiligten sich auf eine Dienstleistung der Beigeladenen geeinigt hatten. Die Beigeladene war auch sonst nicht in den Betrieb der Klägerin eingeordnet, denn sie war in betriebliche Veranstaltungen, Besprechungen usw. nicht integriert bzw. zur Teilnahme verpflichtet.

Demgegenüber vermögen die Argumente der Beklagten nicht zu überzeugen. Dass keine freie Wahl des Arbeitsortes möglich ist, ist kein Argument gegen die selbständige Tätigkeit der Beigeladenen. Auch ein selbständiger Fliesenlieger kann sich den Arbeitsort nicht frei aussuchen, sondern muss seine Leistung dort erbringen, wo seine Dienstleistung gewünscht wird. Aus sachlichen Gründen (Durchführung von Operationen) kann die von der Beigeladenen angebotene Dienstleistung lediglich in einem Krankenhaus erbracht werden. Dabei ist es unerheblich, dass dabei keine fachlichen Unterschiede zur Tätigkeit einer angestellten Operationsschwester bestehen. Es ist nichts besonders, dass Dienstleistungen sowohl in selbständiger als auch in unselbständiger Form erbracht werden. Dies ist bei der Operationsschwester der Fall, ebenso etwa wie bei einem Architekten oder einem Rechtsanwalt. Soweit die Beklagte darauf abstellt, dass die Anwendbarkeit der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beigeladenen und die für mehrfach Beschäftigte charakteristische Notwendigkeit zur zeitlichen Abstimmung der Arbeitseinsätze zu keinem anderen Ergebnis führe, da dadurch die tatsächliche Eingliederung in die fremdgeplanten und verantwortenden Arbeitsabläufe in der Klinik icht aufgehoben würden, verkennt die Beklagte, dass das Bundessozialgericht zum Vorliegen einer Beschäftigung zunächst auf das Vertragsverhältnis der Beteiligten so wie es im Rahmen des rechtlichen zusätzlich tatsächlichen vollzogen worden ist, abstellt. Die Ansicht der Beklagten würde dazu führen, dass die rechtlich zulässige Vereinbarung zwischen den Beteiligten entgegen der höchstrichterlichen Rechtsprechung ihre maßgebliche Bedeutung verlöre. überdies wurden die für die Tätigkeit der Beigeladenen maßgebliche Arbeitsabläufe (Aussuchen einer Operation, Vorbereitung des Operationstisches) gerade nicht im Rahmen eines fremdgeplanten Arbeitsablaufs vorgenommen, vielmehr konnte die Klägerin gar nicht wissen, an welcher Operation die Beigeladene teilnehmen würde und sie somit auch nicht für eine konkrete Operation einplanen.

Soweit die Beklagte glaubt, ihre Rechtsauffassung auf das Urteil des Landessozialgericht Niedersachsen Bremen vom 19.12.2012, S 34 R 440/07 stützen zu können, ist diese Entscheidung für den hier vorliegenden Fall nicht einschlägig. Im dort entschiedenen Fall hatte die beschäftigte Operationsschwester Rufbereitschaften wahrzunehmen und war schon daher in die Arbeitsorganisation und den Ablauf des Betriebs der Beklagten fest eingebunden. Ihr stand, zumindestens geht dies aus dem dortigen Sachverhalt nicht hervor, nicht das Recht zu, einzelne Operationen abzulehnen so Wie es im vorliegenden Fall auch von der Beigeladenen im Verhältnis zur Klägerin geschehen ist. Auch geht aus der von der Beklagten für ihre Auffassung in Anspruch genommene Entscheidung hervor, inwieweit zwischen der dortigen Schwester und dem Krankenhaus Geschäftsbedingungen vereinbart worden und welche Geschäftsbedingungen dem Vertragsverhältnis zugrunde gelegt worden sind. Im Unterschied zu dem in Niedersachsen entschiedenen Fall hatte die Klägerin Entscheidungsspielräume hinsichtlich Zeit und inhaltlicher Ausgestaltung der Arbeitsleistung sowie bezüglich der Erbringung der Arbeitsleistung überhaupt. So hat sie auch die Assistenz bei einer Operation abgelehnt, ein Verhalten, dass bei einer abhängigen Operationsschwester im Regelfall zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen geführt hätte.

Auch die übrigen Argumente der Beklagten sprechen nicht für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Nicht zutreffend ist, dass die Beigeladene kein Gewinn- und Verlustrisiko trägt. Das Gewinn- und Verlustrisiko besteht, wenn infolge fehlender Auftragseingänge, z.B. aufgrund nicht marktgerechter Angebotsgestaltung, Gewinne ausbleiben. Ein Verlustrisiko besteht hinsichtlich der bei der Tätigkeit eingesetzten Arbeitsmittel, z. B. PC, Büromaterialien, Aufwendungen für Arbeitskleidung außerhalb des Operationssaals.

Das Argument, dass die Beigeladene kein eigenes Operationsbesteck verwendete, ist nach der Auffassung der Kammer nicht zielführend. Bereits aus hygienischen Gründen dürfte es Schwierigkeiten geben, wenn die Operationsschwester eigenes Operationsbesteck verwendet, für dessen Keimfreiheit das Krankenhaus die Verantwortung trägt. Hinzu kommt, dass der Operateur sich desjenigen Werkzeugs bedient, das er kennt und das er selbst ausgesucht hat. Die Eigenart der spezifischen Dienstleistung lässt gerade die Verwendung eigener Arbeitsmittel nicht zu.

Das Gesamtbild der Tätigkeit zeigt bei genauer Prüfung keine überwiegenden Anhaltspunkte dafür, dass die Beigeladene bei der Klägerin abhängig beschäftigt war. Vielmehr ließ sich eine selbständige Tätigkeit nach Befragung der Beteiligten und unter Einbeziehung der eingereichten Dokumente feststellen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus§ 197a Abs. 1 S. 1 SGG i. V. m. § 54 Abs. 1 VwGO,.§ 193 SGG.

Der Streitwert war gemäߧ 52 Abs. 2 GKG auf 5.000 EUR anzusetzen.

Rechtsmittelbelehrung:

Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.

Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem

Sozialgericht Gelsenkirchen, Ahstraße 22, 45879 Gelsenkirchen,

schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.

Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen se·1n. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.

Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg gelsenkirchen.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im lande Nordrhein-Westfalen (ERWO SG) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBI. 1, 876) in der jeweils gelt,a0den Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.

Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.

Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen,

Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.

Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Rechtskraft
Aus
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