L 1 R 171/06

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 10 RJ 855/04
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 R 171/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. August 2006 aufgehoben und die Klage abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Altersrente unter Berücksichtigung einer Beschäftigung im Ghetto Warschau von Februar 1941 bis September 1942 und von Ersatzzeiten.

Der am XX.XXXXXXX 1926 in M., Polen, geborene, jüdische Kläger lebt seit 1970 in den USA, ist seit 1978 US-amerikanischer Staatsbürger und bezieht dort eine Rente. Zuvor lebte er von 1926 bis 1969 in Polen und von 1969 bis 1970 für kurze Zeit zunächst in Österreich und sodann in Italien.

Am 2. Mai 2003 beantragte der Kläger bei der Beklagten erstmals Rente (Request for Application for German Pension for Work in Ghettos). Er trug vor, Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) zu sein, eine Entschädigung aufgrund des BEG aber nicht beantragt zu haben. Für die Verfolgteneigenschaft und -zeiten beziehe er sich auf die Entschädigungsakten der Claims Conference, die dort auf seinen Antrag auf Leistungen aus dem Artikel 2 Fonds angelegt worden seien. Er habe sich von Februar 1941 bis September 1942 im Ghetto Warschau aufgehalten und dort auf Anraten und durch Vermittlung des Judenrates Reinigungsarbeiten in Büros verrichtet. Er habe die Arbeiten freiwillig verrichtet, um nicht in ein Konzentrationslager deportiert zu werden. Die Tätigkeit sei durch Gutscheine zum Erwerb von Lebensmitteln, ausgegeben vom Judenrat, entlohnt worden. Nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) seien die Beschäftigungszeiten als deutsche Versicherungszeiten anzuerkennen. Zusammen mit diesen Beschäftigungszeiten und den Verfolgtenersatzzeiten erfülle er die Wartezeit für die Gewährung einer Altersrente. Zum Nachweis seines Aufenthalts im Ghetto Warschau von Februar 1941 bis September 1942 legte der Kläger die englische Übersetzung einer Bescheinigung des Jüdischen Historischen Instituts von Polen vom 8. Juli 1998 vor. Mittel der Glaubhaftmachung würde er nachreichen. Aus den durch die Beklagte von der Claims Conference angeforderten Unterlagen ergab sich, dass der Kläger dort im März 1993 im Rahmen seines Leistungsantrags sein Verfolgungsschicksal wie folgt geschildert hatte: Von März 1940 bis September 1942 habe er versteckt gelebt im Untergrund in T. in der Provinz S ... Im September 1942 sei er – mit seiner Familie – verraten und verhaftet worden. Im Oktober 1942 seien er und seine Eltern und Geschwister für etwa zwei Wochen in einem Lager außerhalb des Ghettos Warschau untergebracht worden. Von Oktober 1942 bis Mai 1943 habe er im Ghetto Warschau gelebt. Im Mai 1943 sei ihm die Flucht aus dem Ghetto gelungen. Bis Januar 1945 habe er versteckt gelebt im Untergrund zwischen den drei Dörfern P., Z. und L. in der Provinz S ... Angaben zu einer Beschäftigung im Ghetto enthält der Vortrag des Klägers nicht. Die Claims Conference bewilligte dem Kläger eine monatliche Leistung aus dem Artikel 2 Fonds rückwirkend ab August 1995.

Durch Bescheid vom 16. September 2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Versichertenrente aus der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von Zeiten nach dem ZRBG ab, da keine auf die Wartezeit anrechenbaren deutschen Zeiten vorlägen. Die Zeit von Februar 1941 bis September 1942 könne nicht als Zeit einer Beschäftigung in einem Ghetto anerkannt werden, weil nicht ausreichend glaubhaft gemacht sei, dass es sich hierbei um eine entgeltliche Beschäftigung aus freiem Willensentschluss gehandelt habe. Die Berücksichtigung von Ersatzzeiten für die Zeit der Verfolgung könne aufgrund der fehlenden Versicherteneigenschaft ebenfalls nicht erfolgen, so dass keine auf die Wartezeit anrechenbaren Versicherungszeiten vorlägen.

Der Kläger erhob am 27. Oktober 2003 Widerspruch. Bereits zuvor hatte er am 8. Oktober 2003 zur Glaubhaftmachung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung eine eidesstattliche Versicherung vom 5. August 2003 vorgelegt. Nach dieser sei er von Februar 1941 bis September 1942 zwangsweise im Ghetto Warschau gewesen. Der dortige Judenrat habe empfohlen, dass jede dazu fähige Person arbeiten sollte, um nicht selektiert oder in ein Konzentrationslager deportiert zu werden. Aus seinem freien Willen heraus sei er zur Arbeit gegangen und habe Büros gereinigt. Es sei eine harte Arbeit gewesen, 10 bis 12 Stunden am Tag. Für die Arbeit habe er vom Judenrat als Bezahlung Gutscheine erhalten, für die er Brot und andere Lebensmittel habe kaufen können, um seinen täglichen Lebensunterhalt zu sichern. In seiner Widerspruchsbegründung trug der Kläger vor, er sei zu der von ihm verrichteten Reinigung in Büroräumen nicht durch obrigkeitliche Gewalt oder Anordnung herangezogen worden. Vielmehr habe er sich auf Anraten des Judenrates unter dem Druck der Lebensverhältnisse freiwillig um eine berufliche Tätigkeit bemüht, um auf diese Weise eine Chance zum Überleben zu haben. Die Tätigkeit sei durch den Judenrat entlohnt worden.

Durch Widerspruchsbescheid vom 13. Mai 2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie stellte darauf ab, dass durch Verordnung vom 26. Oktober 1939 für die im Generalgouvernement ansässigen Juden mit sofortiger Wirkung der Arbeitszwang eingeführt worden sei und alle Juden zwischen dem 14. und 60. Lebensjahr sich in Ausführung dieser Verordnung unverzüglich beim Judenrat zur Erfassung hätten melden müssen. Aufgabe des Judenrates sei damit die Registrierung der Juden zur Zwangsarbeit gewesen. Von einer Empfehlung zur freiwilligen Arbeitsleistung könne bei diesem Sachverhalt nicht ausgegangen werden. Bei der vom Kläger im Ghetto Warschau ausgeübten Tätigkeit handele es sich um Zwangsarbeit, die nicht vom ZRBG erfasst werde.

Mit seiner am 21. Juni 2004 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Erneut hat er vorgetragen, sich von Februar 1941 bis September 1942 im Ghetto Warschau aufgehalten zu haben und hierfür Bezug auf die Entschädigungsakten der Claims Conference genommen. Es sei gerichtsbekannt, dass der Judenrat des Ghettos Warschau den Bewohnern dringend empfohlen habe, zum Zwecke der Erhöhung ihrer Lebenschancen und zur Bestreitung des Lebensunterhalts eine berufliche Tätigkeit aufzunehmen. Ihm sei es gelungen, durch Vermittlung des Judenrates eine Beschäftigung für Reinigungsarbeiten in Büros zu erhalten. Die Tätigkeit sei durch Gutscheine des Judenrates zur Bestreitung des gesamten Unterhaltes entlohnt worden. Darauf, ob er diese Umstände bereits im Entschädigungsverfahren angegeben habe, komme es nicht an. Die freiwillige Aufnahme einer Tätigkeit und deren Entlohnung habe er ausschließlich in der Versicherungsangelegenheit geltend und im Sinne des ZRBG glaubhaft zu machen. Dies habe er getan. Entgegen der Auffassung der Beklagten habe es in den Ghettos trotz der generellen Arbeitsverpflichtung nicht ausschließlich Zwangsarbeit gegeben.

Durch Urteil vom 24. August 2006 hat das Sozialgericht die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Altersrente unter Berücksichtigung einer Beschäftigung im Ghetto Warschau von Februar 1941 bis September 1942 und von Ersatzzeiten zu gewähren. Dem Kläger sei es gelungen, glaubhaft zu machen, dass er sich von Februar 1941 bis Mai 1943 im Ghetto Warschau aufgehalten und dort von Februar 1941 bis September 1942 aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt eine Beschäftigung im Sinne des ZRBG ausgeübt habe. Hierfür bestehe eine gute Möglichkeit unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, auch gegenüber der Claims Conference, und der historischen Erkenntnisse, sofern der Kläger die Beschäftigung auf die Zeit von Februar 1941 bis September 1942 beschränke, wie er es in seinem Rentenantrag geltend gemacht habe. Neben der Ghetto-Beitragszeit seien auf die allgemeine Wartezeit für die begehrte Rente auch verfolgungsbedingte Ersatzzeiten anzurechnen. Mit diesen habe der Kläger die Wartezeit erfüllt und Anspruch auf eine Regelaltersrente ab 1. Juli 1997.

Gegen das am 11. September 2006 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 6. Oktober 2006 Berufung eingelegt. Mit dieser trägt sie unter anderem vor, eine entgeltliche Beschäftigung, die aus freiem Willensentschluss zustande gekommen sei, sei nicht überwiegend wahrscheinlich. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger Zwangsarbeit verrichtet habe. Selbst wenn man es als glaubhaft ansehe, dass der Kläger für eine gewisse Zeit im Ghetto eine freiwillige Tätigkeit aufgenommen habe, sei davon auszugehen, dass er nur eine geringfügige Entlohnung in Form von Sachbezügen erhalten habe. Die Gewährung von guter Verpflegung, welche das Überleben sichere, reiche zur Annahme von Entgeltlichkeit im Sinne des ZRBG nicht aus.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 24. August 2006 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt nach Lage der Akten,

die Berufung zurückzuweisen.

Er entgegnet, er habe sich von Februar 1941 bis September 1942 im Ghetto Warschau aufgehalten und beziehe sich hierfür auf die Entschädigungsakten der Claims Conference. Für seine freiwillige Beschäftigung im Ghetto und deren Entgeltlichkeit beziehe er sich auf seine Angaben im Rentenverfahren. Den Ausführungen des Sozialgerichts zu den Voraussetzungen einer gelungenen Glaubhaftmachung schließe er sich an. Auch nach seiner Auffassung sei zur Glaubhaftmachung ein Sachverhalt darzulegen, der den Lebenserfahrungen entspreche und in sich schlüssig sei, zudem dürften keine anderweitigen Widersprüche vorliegen. Dies habe das Sozialgericht mit Blick auf seinen Vortrag und unter Würdigung historischer Quellen zu Recht so gesehen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der zum Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gemachten Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist statthaft (§§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz - SGG) und auch im Übrigen zulässig, insbesondere form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhoben. Sie ist auch begründet. Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Unrecht verurteilt. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Regelaltersrente.

Der Anspruch setzt neben der Vollendung des 65. Lebensjahres nach § 35 Nr. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) voraus, dass die allgemeine Wartezeit erfüllt ist. Auf die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren (§ 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI), die vorliegend aufgrund des Art. 7 Abs. 2 Satz 2 deutsch-amerikanisches Sozialversicherungsabkommen auf 18 Monate verkürzt ist, werden nach § 51 Abs. 1 und 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und mit Ersatzzeiten angerechnet. Beitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 Satz 1, § 247 Abs. 3 Satz 1 SGB VI Zeiten, für die nach Bundesrecht oder nach den Reichsversicherungsgesetzen Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Entsprechende Beiträge sind für den vorliegend allein in Rede stehenden Zeitraum durch oder für den Kläger nicht gezahlt worden.

Pflichtbeitragszeiten sind nach § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB VI jedoch auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Eine besondere Vorschrift in diesem Sinne ist § 2 Abs. 1 ZRBG. Danach gelten für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto Beiträge als gezahlt (Ghetto-Beitragszeiten). Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, liegen vor, wenn 1. die Beschäftigung a) aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist, b) gegen Entgelt ausgeübt wurde und 2. das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom Deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert war, soweit für diese Zeiten nicht bereits eine Leistung aus einem System der sozialen Sicherheit erbracht wird (§ 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG).

Nach § 1 Abs. 2 ZRBG ergänzt dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG). Damit gilt auch für seine Anwendung § 3 Abs. 1 WGSVG. Für die Feststellung der nach dem ZRBG erheblichen Tatsachen genügt es daher, wenn sie glaubhaft gemacht sind. Eine Tatsache ist nach § 3 Abs. 1 Satz 2 WGSVG glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist. Die glaubhaft zu machende Tatsache muss so hinreichend konturiert und konkretisiert und so widerspruchsfrei vorgetragen sein, dass sie bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten nach Gesamtwürdigung aller Umstände die überwiegende, relativ wahrscheinlichste Sachverhaltsvariante ist.

Erste erhebliche, glaubhaft zu machende Tatsache ist der zwangsweise Aufenthalt des Verfolgten in einem Ghetto. Zwar ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger Verfolgter gewesen ist; dies folgt zumal aus dem Bescheid der Claims Conference über Leistungen an den Kläger aus dem Artikel 2 Fonds. Auch entspricht es dem Stand der historischen Forschung, dass in Warschau, das sich im vom Deutschen Reich besetzten polnischen Gebiet, dem sog. Generalgouvernement, befand, am 2. Oktober 1940 ein Zentralghetto errichtet und dieses am 16. Mai 1943 liquidiert worden ist. Der Senat sieht jedoch den Aufenthalt des Klägers im Ghetto Warschau in der Zeit von Februar 1941 bis September 1942 für nicht glaubhaft gemacht an. Er folgt nicht der Bewertung des Sozialgerichts, es bestehe unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers, auch denen gegenüber der Claims Conference, die gute Möglichkeit, er habe sich in der Zeit von Februar 1941 bis September 1942 im Ghetto Warschau aufgehalten. Dies ist deshalb nicht überwiegend wahrscheinlich, weil das, was der Kläger zu seinem Verfolgungsschicksal und hier insbesondere zu der Zeit von Februar 1941 bis September 1942 gegenüber der Claims Conference noch im März 1993 angegeben hatte, dem widerspricht, was er in seinem Rentenantrag im Jahr 2003 gegenüber der Beklagten angab.

Die ausgesprochen differenzierten und detailreichen Angaben des Klägers gegenüber der Claims Conference sind mit seinen kargen Angaben im Rentenverfahren unvereinbar. Nach jenen war er von Oktober 1942 bis Mai 1943, nach diesen von Februar 1941 bis September 1942 im Ghetto Warschau. Nach den Angaben gegenüber der Claims Conference lebte der Kläger in der Zeit von Februar 1941 bis September 1942, für die das Sozialgericht eine Ghetto-Beitragszeit anerkannt hat, versteckt im Untergrund. Es ist für den Senat nicht ersichtlich, warum der Kläger gegenüber der Claims Conference falsche Angaben gemacht haben sollte; denn anspruchsberechtigt wäre der Kläger nach den Regeln des Fonds sowohl bei einem Verstecktleben von mindestens 18 Monaten als auch bei einem zwangsweisen Aufenthalt in einem Ghetto von mindestens 18 Monaten gewesen. Auch fällt auf, dass der deutlich differenziertere und detailreichere Vortrag im Antragsverfahren der Claims Conference keine Anknüpfungspunkte für die Annahme enthält, der Kläger habe im Ghetto – in welcher Zeit auch immer – überhaupt irgendeine Tätigkeit ausgeübt. Der Senat kann daher seinen Angaben im Rentenverfahren, in dem der Kläger eine Beschäftigung im Sinne des ZRBG darlegen und glaubhaft machen musste, keinen Glauben schenken.

Auch die englische Übersetzung einer Bescheinigung des Jüdischen Historischen Instituts von Polen aus dem Jahr 1998 stimmt mit den Angaben des Klägers gegenüber der Claims Conference aus dem Jahr 1993 nicht überein. Die Auskunft, die im Original trotz Aufforderung nicht vorgelegt worden ist, stützt zwar die Angaben des Klägers im Rentenverfahren. Sie vermag jedoch an der Bewertung des Senats hinsichtlich der nicht gelungenen Glaubhaftmachung nichts zu ändern, weil sie ersichtlich nur auf den eigenen Angaben des Klägers beruht, denn die Auskunft gibt dessen Zeiten und Orte des Verstecktlebens während seiner Verfolgung wieder. Der Wert dieser Auskunft geht daher nicht über den der Angaben des Klägers gegenüber der Claims Conference hinaus.

Der Rückgriff des Sozialgerichts auf allgemein-historische Quellen vermag für die zu verlangende Glaubhaftmachung des Aufenthalts im Ghetto während der Zeit der behaupteten Beschäftigung nichts beizutragen. Diese Quellen könnten einem konkreten und im Wesentlichen widerspruchsfreien Vortrag des Klägers Plausibilität verleihen, können diesen aber nicht ersetzen.

Der Kläger, der zur Vorbereitung des Termins zur mündlichen Verhandlung auf den Widerspruch in den Angaben zu seinem Aufenthalt während seiner Verfolgung hingewiesen worden ist, hat zu dessen Erläuterung und Ausräumung nichts vorgetragen. Die danach fortbestehenden Unklarheiten hinsichtlich der anspruchsbegründenden Tatsache eines Aufenthalts im Ghetto Warschau in der Zeit von Februar 1941 bis September 1942, für die das Sozialgericht eine Ghetto-Beitragszeit angenommen hat, gehen nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Klägers.

Aufgrund der schon nicht gelungenen Glaubhaftmachung seines Aufenthalts im Ghetto Warschau in der Zeit von Februar 1941 bis September 1942 kommt die Anerkennung einer Ghetto-Beitragszeit nach dem ZRBG nicht in Betracht.

Ersatzzeiten (§ 51 Abs. 4, § 250 Abs. 1 SGB VI) dürften bei dem Kläger zwar tatbestandlich vorliegen. Für ihre Berücksichtigung als rentenrechtliche Zeiten ist jedoch Voraussetzung, dass zumindest eine Beitragszeit vorliegt, da erst dies die Versicherteneigenschaft begründet, an die § 250 Abs. 1 SGB VI anknüpft. Der Kläger aber hat nicht einen Kalendermonat mit einer Beitragszeit zurückgelegt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang in der Hauptsache.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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