Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 36 U 262/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 2 U 30/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2017 sowie der Bescheid vom 9. September 2015 in der Fassung des Bescheids vom 17. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2016 werden aufgehoben, soweit mehr als 1.491,15 Euro einbehalten worden sind, und die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 210 Euro zu zahlen. 2. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. 3. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klage- und Berufungsverfahren zu 12 Prozent. Im Übrigen sind keine Kosten zu erstatten. 4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Auszahlung einer Rentennachzahlung streitig.
Der Kläger erlitt am 9. September 2011 als technischer Mitarbeiter einen Arbeitsunfall. Für März 2015 bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 533,74 Euro (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2015), für April 2015 in Höhe von 668,37 Euro (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2015), für Mai 2015 in Höhe von 405,87 Euro (Änderungsbescheid vom 29. September 2015), für Juni 2015 in Höhe von 330,06 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015), für Juli 2015 in Höhe von 473,46 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015), für August 2015 in Höhe von 553,63 Euro (Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2015) und für September 2015 in Höhe von 406,44 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015). Eigenes Einkommen wurde bei ihm nicht angerechnet. Mit Bescheid vom 9. September 2015 stellte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 6. März 2015 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. fest. Zugrunde gelegt werde ein Jahresarbeitsverdienst von 21.300 Euro. Der monatlich auszuzahlende Betrag betrage 251,66 Euro, so dass sich für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 30. September 2015 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.701,15 Euro ergebe. Der Nachzahlungsbetrag werde wegen eventueller Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger vorerst einbehalten.
Der Beigeladene machte mit Schreiben vom 16. September 2015 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.701,15 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Der Kläger habe im März 2015 Leistungen in Höhe von 533,74 Euro, im April 2015 in Höhe von 2.421,37 Euro, im Mai 2015 in Höhe von 1.156,44 Euro, im Juni 2015 in Höhe von 406,44 Euro, im Juli 2015 in Höhe von 406,44 Euro, im August 2015 in Höhe von 406,44 Euro und im September 2015 in Höhe von 406,44 Euro bezogen. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf die mit Bescheid vom 9. September 2015 festgestellten Leistungen nach § 107 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Höhe des Erstattungsanspruchs als erfüllt gelte. Das bedeute, dass ein Anspruch auf Auszahlung der angegebenen Nachzahlung in Höhe von 1.701,15 Euro nicht mehr bestehe.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 4. Januar 2016 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2016 zurückwies. Die festgestellte Nachzahlungssumme gelte nach § 107 SGB X in Höhe von Erstattungsansprüchen als erfüllt. Nach § 104 SGB X sei der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch habe oder hatte, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 SGB X vorgelegen hätten. Aufgrund der Feststellung der Rentennachzahlung sei die Leistungspflicht des Beigeladenen in Höhe der Rentenfeststellung entfallen, so dass dieser gegen sie einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X habe. Somit sei der Rentennachzahlungsbetrag für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 30. September 2015 an den Beigeladenen zu zahlen.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Oktober 2016 Klage erhoben. Die Beklagte habe verkannt, dass zwar im voraussichtlichen Nachzahlungsmonat September 2015 ein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II entfallen wäre, dass aber die Differenz zwischen dem Betrag des entfallenen Leistungsanspruchs für September 2015 und dem Betrag des Nachzahlungsanspruchs nicht gemäß § 11 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) auf die Folgemonate hätte verteilt werden dürfen. § 11 Abs. 3 SGB II setze voraus, dass eine Einnahme in Form einer Einmalzahlung eine echte einmalige Einnahme darstelle. Dies sei bei einer Zusammenfassung von Einnahmen, die an sich laufend erzielt und nur aufgrund von Verzögerungen der auszahlenden Stelle zu einer Einmalzahlung zusammengefasst würden, entgegen der bis 2015 bestehenden Praxis der Jobcenter nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R) nicht mehr der Fall. Der Erstattungszeitraum habe nach dieser Rechtsprechung nur einen Monat betragen dürfen. Der Erstattungsrest sei nicht mehr verteilungsfähig. Das Urteil des Bundessozialgerichts gelte nicht nur für Einmal-Arbeitsentgelt, sondern für Einnahmen jeder Art, die als Einmal-Nachzahlungen erfolgten.
Die Beklagte ist ebenso wie das vom Sozialgericht beigeladene Jobcenter der Auffassung gewesen, dass ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X bestanden habe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Dezember 2017 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Nach § 104 SGB X sei der Beklagte verpflichtet, den gegenüber dem Beigeladenen bestehenden Erstattungsanspruch zu befriedigen. Danach sei der Leistungsträger gegenüber dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger, welcher Sozialleistungen erbracht habe, erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch auf Sozialleistungen habe. Der Beigeladene habe für den Zeitraum von März bis September 2015 an den Kläger Leistungen nach dem SGB II ausgezahlt. Für diesen Zeitraum habe der Kläger jedoch vorrangig einen Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, welche unstreitig auf SGB II Leistungen angerechnet werden müsse, gehabt. Da der Beigeladene bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung der Beklagten ab März 2015 in Höhe der Unfallrente nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X), habe dieser einen Anspruch gegenüber dem anderen Sozialleistungsträger auf entsprechende Erstattung. Entgegen der Auffassung des Klägers komme es daher auch nicht auf die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB II an, da es an einem tatsächlichen Zufluss der Rentennachzahlung auf das Konto des Klägers fehle. Darüber hinaus sei anzumerken, dass § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II zwar anordne, dass auch Nachzahlungen laufender Leistungen, die nicht für den Monat des Zuflusses gezahlt würden, – nur – als Einmaleinkommen anzurechnen seien. Diese Regelung reagiere auf die Rechtsprechung des BSG vom 24. April 2015 (B 4 AS 32/14 R), wonach Nachzahlungen einer laufenden Leistung den Charakter einer nur im Monat des Zuflusses anzurechnenden, laufenden Leistung nicht verlieren und somit im Folgemonat des Zuflusses als Vermögen zur berücksichtigen seien. Die Regelung lasse aber offen, ob dem Jobcenter ein Wahlrecht zwischen der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach §§ 104, 107 SGB X oder einer Anrechnung als Einmaleinkommen zustehe. Unter dem Gesichtspunkt der effektiven Durchsetzung des Nachranggrundsatzes werde man dem Jobcenter hier jedoch ein Wahlrecht zubilligen müssen, was den Betroffenen nur dann zum Nachteil gereiche, wenn ein Teil der Nachzahlung auf einen Zeitraum vor Eintritt in den Hilfebezug falle, was hier nicht der Fall gewesen sei, so dass vorliegend von einem zu Recht geltend gemachten Erstattungsanspruch zum Nachteil des Klägers ausgegangen werde.
Der Kläger hat am 11. Januar 2018 Prozesskostenhilfe beantragt und einen Entwurf seiner Berufungsbegründung gegen das ihm am 13. Dezember 2017 zugestellte Urteil beigefügt. Der Bevollmächtigte hat die etwaige Berufung damit begründet, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass kein tatsächlicher Zufluss der Rentennachzahlung vorliege. Zuflüsse könnten jedoch auch durch Verrechnung, Aufrechnung oder Tilgungsfiktionen erfolgen. Das Sozialgericht habe ausgeführt, dass der Beigeladene ein Wahlrecht gehabt habe, ob er seinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend mache oder eine Anrechnung der Einmalzahlung vornehme. Der Beigeladene habe aber keine Ermessenserwägungen getroffen. Das Sozialgericht verkenne, dass der Erstattungsanspruch nach §§ 104, 107 SGB X nur so geltend gemacht werden könne, wie der Beigeladene den zugrunde liegenden Anspruch gegenüber dem Kläger, also nur unter Anrechnung von Freibeträgen, durchgesetzt hätte.
Dem Kläger ist mit Beschluss vom 31. Juli 2018 Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Am 3. August 2018 hat der Bevollmächtigte des Klägers Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Diese ist ihm mit Beschluss vom 8. Oktober 2018 gewährt worden.
Der Kläger trägt vor, dass sich seine neue Berufungsbegründung nunmehr wesentlich von der vorangegangenen unterscheide. Ob es zutreffe, dass inzwischen nicht mehr ein Vorrang der §§ 103, 107 SGB X, wohl aber ein Wahlrecht bei der Anwendung von § 11 SGB II bzw. § 107 SGB X bestehe, könne nicht beurteilt werden. Mit der Einfügung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II habe aber auch das Anwendungsverhältnis zwischen den Normkomplexen eine Änderung der Beurteilung erfahren. Das Sozialgericht Hamburg habe verkannt, dass § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. (jetzt S. 3) schon vor dem BSG-Urteil aus 2015 nach herrschender Meinung als Ausnahme vom Prinzip des tatsächlichen Zuflusses dasjenige des normativen Zuflusses verkörpere. Wäre § 107 SGB X auch in diesem Fall anwendbar, wäre ein Anwendungsfall des § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II außer im Falle versehentlich unterlassener Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus § 103 SGB X nicht mehr vorstellbar. Denn er regele ja gerade den Fall der Einmalzahlung mit Nachzahlungscharakter. Ein Bedarf an Nachzahlung im Falle pflichtwidrig aufgestauter Sozialleistung werde aber in der Regel mit dem Einsatz nachrangiger Leistungen einhergehen, was wiederum der typische Anwendungsfall der §§ 104, 107 SGB X sei. Ob der Fall des § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II vorliege, könne der Kläger nicht sagen. Soweit die Leistungsberechtigung wegfalle, entstehe wegen der Pflichtversicherungslücke eigene Krankenversicherungsbeitragspflicht des Klägers. Diese hätte er selbst statt des Beigeladenen von März 2015 bis August 2015 zu erfüllen gehabt, was wiederum höhere Regelbedarfe und somit womöglich wieder eine Leistungsberechtigung bewirkt hätte. Selbst wenn §§ 103, 107 SGB X die Anwendung des § 11 Abs. 2 und 3 SGB II immer noch vollständig verdränge oder jedenfalls im Rahmen eines Wahlrechts mit Ausnahmen angewendet werden solle, wende der Kläger ein, dass der Beigeladene möglicherweise die Personenkongruenz nicht beachtet habe. Möglicherweise sei nicht der auf seine Ehefrau entfallende Betrag monatlich abgesetzt worden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2017 sowie den Bescheid vom 9. September 2015 in der Fassung des Bescheids vom 17. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 1.701,15 Euro zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beklagte und Beigeladener, der keinen Antrag stellt, halten das Urteil des Sozialgerichts Hamburg für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 2019 und den weiteren Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rentennachzahlung für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 16. September 2015 in Höhe von 210 Euro. Im Übrigen gilt der Anspruch des Klägers nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt, da ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte in dieser Höhe besteht.
Nach § 40a Abs. 1 S. 1 SGB II steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger zu, wenn einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen nach dem SGB II erbracht hat, eine andere Sozialleistung bewilligt wird. Der Beigeladene hat einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X gegen die Beklagte in Höhe von 1.491,15 Euro. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger nach § 104 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.
Wäre die Verletztenrente rechtzeitig geleistet worden, hätte der Beigeladene geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbringen müssen. Es liegt auch kein Fall des § 103 Abs. 1 SGB X vor. Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist nach § 103 Abs. 1 SGB X der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Die Leistungspflicht der Beigeladenen ist für die Zeit vom 6. März bis 30. September 2015 nicht nachträglich entfallen. Die Verletztenrente ist dem Kläger in den maßgeblichen Monaten nicht zugeflossen, so dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rechtmäßig erbracht worden sind.
Für eine Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 SGB II ist kein Raum, da dem Kläger die Rentennachzahlung gerade nicht als Einmalleistung zugeflossen ist. Der Anspruch des Klägers galt nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Der Gesetzgeber hat mit §§ 104 ff. SGB X eine Erstattungsmöglichkeit zugunsten der Leistungsträger geschaffen, die durch die Rechtsgrundverweisung in § 40a SGB II auch noch einmal ausdrücklich bestätigt worden ist.
Nach § 104 Abs. 1 S. 3 SGB X besteht ein Erstattungsanspruch aber nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Entsprechend sind auch die Freibeträge bei der Höhe des anrechenbaren Einkommens zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Mai 2011 – B 11 AL 24/10 R, juris). Hätte die Beklagte die Verletztenrente rechtzeitig geleistet, hätte der Kläger gegenüber dem Beigeladenen monatlich eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V) von der Verletztenrente in Abzug bringen können. Ausweislich der Bescheide für den maßgeblichen Zeitraum hat der Kläger auch kein anderweitiges Einkommen bezogen, so dass die Versicherungspauschale auch nicht bereits angerechnet worden ist.
Der Beigeladene durfte auch Aufwendungen geltend machen, die er an die mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Ehegattin erbracht hat. Nach § 34b SGB II a.F. (§ 34c SGB II n.F.) gelten als Aufwendungen auch solche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die an die mit der leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Person erbracht worden sind, wenn sich das Recht des Beigeladenen, Ersatz seiner Aufwendungen von einem anderen Leistungsträger zu verlangen, gegen den die Leistungsberechtigten einen Anspruch haben, nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften, die dem § 33 SGB II vorgehen, bestimmt. Die Unfallrente des Klägers wäre zwar zum Teil auch bei seiner Ehefrau angerechnet worden, so dass der Beigeladene auch für die Ehefrau des Klägers Aufwendungen erbracht hat. Der Beigeladene hat aber auch hinsichtlich dieser Aufwendungen einen Erstattungsanspruch und der Anspruch des Klägers gilt insoweit als erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist die Auszahlung einer Rentennachzahlung streitig.
Der Kläger erlitt am 9. September 2011 als technischer Mitarbeiter einen Arbeitsunfall. Für März 2015 bezog er Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 533,74 Euro (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2015), für April 2015 in Höhe von 668,37 Euro (Änderungsbescheid vom 9. Juni 2015), für Mai 2015 in Höhe von 405,87 Euro (Änderungsbescheid vom 29. September 2015), für Juni 2015 in Höhe von 330,06 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015), für Juli 2015 in Höhe von 473,46 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015), für August 2015 in Höhe von 553,63 Euro (Änderungsbescheid vom 21. Oktober 2015) und für September 2015 in Höhe von 406,44 Euro (Änderungsbescheid vom 25. September 2015). Eigenes Einkommen wurde bei ihm nicht angerechnet. Mit Bescheid vom 9. September 2015 stellte die Beklagte eine Rente auf unbestimmte Zeit ab dem 6. März 2015 nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v.H. fest. Zugrunde gelegt werde ein Jahresarbeitsverdienst von 21.300 Euro. Der monatlich auszuzahlende Betrag betrage 251,66 Euro, so dass sich für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 30. September 2015 ein Nachzahlungsbetrag in Höhe von 1.701,15 Euro ergebe. Der Nachzahlungsbetrag werde wegen eventueller Erstattungsansprüche anderer Sozialleistungsträger vorerst einbehalten.
Der Beigeladene machte mit Schreiben vom 16. September 2015 einen Erstattungsanspruch in Höhe von 1.701,15 Euro gegenüber der Beklagten geltend. Der Kläger habe im März 2015 Leistungen in Höhe von 533,74 Euro, im April 2015 in Höhe von 2.421,37 Euro, im Mai 2015 in Höhe von 1.156,44 Euro, im Juni 2015 in Höhe von 406,44 Euro, im Juli 2015 in Höhe von 406,44 Euro, im August 2015 in Höhe von 406,44 Euro und im September 2015 in Höhe von 406,44 Euro bezogen. Mit Bescheid vom 17. Dezember 2015 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Anspruch auf die mit Bescheid vom 9. September 2015 festgestellten Leistungen nach § 107 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) in Höhe des Erstattungsanspruchs als erfüllt gelte. Das bedeute, dass ein Anspruch auf Auszahlung der angegebenen Nachzahlung in Höhe von 1.701,15 Euro nicht mehr bestehe.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 4. Januar 2016 Widerspruch ein, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2016 zurückwies. Die festgestellte Nachzahlungssumme gelte nach § 107 SGB X in Höhe von Erstattungsansprüchen als erfüllt. Nach § 104 SGB X sei der Leistungsträger erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch habe oder hatte, wenn ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht habe, ohne dass die Voraussetzungen des § 103 SGB X vorgelegen hätten. Aufgrund der Feststellung der Rentennachzahlung sei die Leistungspflicht des Beigeladenen in Höhe der Rentenfeststellung entfallen, so dass dieser gegen sie einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X habe. Somit sei der Rentennachzahlungsbetrag für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 30. September 2015 an den Beigeladenen zu zahlen.
Hiergegen hat der Kläger am 6. Oktober 2016 Klage erhoben. Die Beklagte habe verkannt, dass zwar im voraussichtlichen Nachzahlungsmonat September 2015 ein Anspruch des Klägers auf Leistungen nach dem SGB II entfallen wäre, dass aber die Differenz zwischen dem Betrag des entfallenen Leistungsanspruchs für September 2015 und dem Betrag des Nachzahlungsanspruchs nicht gemäß § 11 Abs. 3 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) auf die Folgemonate hätte verteilt werden dürfen. § 11 Abs. 3 SGB II setze voraus, dass eine Einnahme in Form einer Einmalzahlung eine echte einmalige Einnahme darstelle. Dies sei bei einer Zusammenfassung von Einnahmen, die an sich laufend erzielt und nur aufgrund von Verzögerungen der auszahlenden Stelle zu einer Einmalzahlung zusammengefasst würden, entgegen der bis 2015 bestehenden Praxis der Jobcenter nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 24. April 2015 – B 4 AS 32/14 R) nicht mehr der Fall. Der Erstattungszeitraum habe nach dieser Rechtsprechung nur einen Monat betragen dürfen. Der Erstattungsrest sei nicht mehr verteilungsfähig. Das Urteil des Bundessozialgerichts gelte nicht nur für Einmal-Arbeitsentgelt, sondern für Einnahmen jeder Art, die als Einmal-Nachzahlungen erfolgten.
Die Beklagte ist ebenso wie das vom Sozialgericht beigeladene Jobcenter der Auffassung gewesen, dass ein Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X bestanden habe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Dezember 2017 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten seien rechtmäßig. Nach § 104 SGB X sei der Beklagte verpflichtet, den gegenüber dem Beigeladenen bestehenden Erstattungsanspruch zu befriedigen. Danach sei der Leistungsträger gegenüber dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger, welcher Sozialleistungen erbracht habe, erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch auf Sozialleistungen habe. Der Beigeladene habe für den Zeitraum von März bis September 2015 an den Kläger Leistungen nach dem SGB II ausgezahlt. Für diesen Zeitraum habe der Kläger jedoch vorrangig einen Anspruch auf Rente aus der gesetzlichen Unfallversicherung, welche unstreitig auf SGB II Leistungen angerechnet werden müsse, gehabt. Da der Beigeladene bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung der Beklagten ab März 2015 in Höhe der Unfallrente nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre (§ 104 Abs. 1 Satz 2 SGB X), habe dieser einen Anspruch gegenüber dem anderen Sozialleistungsträger auf entsprechende Erstattung. Entgegen der Auffassung des Klägers komme es daher auch nicht auf die Vorschrift des § 11 Abs. 3 SGB II an, da es an einem tatsächlichen Zufluss der Rentennachzahlung auf das Konto des Klägers fehle. Darüber hinaus sei anzumerken, dass § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II zwar anordne, dass auch Nachzahlungen laufender Leistungen, die nicht für den Monat des Zuflusses gezahlt würden, – nur – als Einmaleinkommen anzurechnen seien. Diese Regelung reagiere auf die Rechtsprechung des BSG vom 24. April 2015 (B 4 AS 32/14 R), wonach Nachzahlungen einer laufenden Leistung den Charakter einer nur im Monat des Zuflusses anzurechnenden, laufenden Leistung nicht verlieren und somit im Folgemonat des Zuflusses als Vermögen zur berücksichtigen seien. Die Regelung lasse aber offen, ob dem Jobcenter ein Wahlrecht zwischen der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nach §§ 104, 107 SGB X oder einer Anrechnung als Einmaleinkommen zustehe. Unter dem Gesichtspunkt der effektiven Durchsetzung des Nachranggrundsatzes werde man dem Jobcenter hier jedoch ein Wahlrecht zubilligen müssen, was den Betroffenen nur dann zum Nachteil gereiche, wenn ein Teil der Nachzahlung auf einen Zeitraum vor Eintritt in den Hilfebezug falle, was hier nicht der Fall gewesen sei, so dass vorliegend von einem zu Recht geltend gemachten Erstattungsanspruch zum Nachteil des Klägers ausgegangen werde.
Der Kläger hat am 11. Januar 2018 Prozesskostenhilfe beantragt und einen Entwurf seiner Berufungsbegründung gegen das ihm am 13. Dezember 2017 zugestellte Urteil beigefügt. Der Bevollmächtigte hat die etwaige Berufung damit begründet, dass das Sozialgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, dass kein tatsächlicher Zufluss der Rentennachzahlung vorliege. Zuflüsse könnten jedoch auch durch Verrechnung, Aufrechnung oder Tilgungsfiktionen erfolgen. Das Sozialgericht habe ausgeführt, dass der Beigeladene ein Wahlrecht gehabt habe, ob er seinen Erstattungsanspruch gegenüber der Beklagten geltend mache oder eine Anrechnung der Einmalzahlung vornehme. Der Beigeladene habe aber keine Ermessenserwägungen getroffen. Das Sozialgericht verkenne, dass der Erstattungsanspruch nach §§ 104, 107 SGB X nur so geltend gemacht werden könne, wie der Beigeladene den zugrunde liegenden Anspruch gegenüber dem Kläger, also nur unter Anrechnung von Freibeträgen, durchgesetzt hätte.
Dem Kläger ist mit Beschluss vom 31. Juli 2018 Prozesskostenhilfe bewilligt worden. Am 3. August 2018 hat der Bevollmächtigte des Klägers Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg eingelegt und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Diese ist ihm mit Beschluss vom 8. Oktober 2018 gewährt worden.
Der Kläger trägt vor, dass sich seine neue Berufungsbegründung nunmehr wesentlich von der vorangegangenen unterscheide. Ob es zutreffe, dass inzwischen nicht mehr ein Vorrang der §§ 103, 107 SGB X, wohl aber ein Wahlrecht bei der Anwendung von § 11 SGB II bzw. § 107 SGB X bestehe, könne nicht beurteilt werden. Mit der Einfügung des § 11 Abs. 2 Satz 2 SGB II habe aber auch das Anwendungsverhältnis zwischen den Normkomplexen eine Änderung der Beurteilung erfahren. Das Sozialgericht Hamburg habe verkannt, dass § 11 Abs. 3 Satz 2 SGB II a.F. (jetzt S. 3) schon vor dem BSG-Urteil aus 2015 nach herrschender Meinung als Ausnahme vom Prinzip des tatsächlichen Zuflusses dasjenige des normativen Zuflusses verkörpere. Wäre § 107 SGB X auch in diesem Fall anwendbar, wäre ein Anwendungsfall des § 11 Abs. 3 Satz 2 und 3 SGB II außer im Falle versehentlich unterlassener Geltendmachung des Erstattungsanspruchs aus § 103 SGB X nicht mehr vorstellbar. Denn er regele ja gerade den Fall der Einmalzahlung mit Nachzahlungscharakter. Ein Bedarf an Nachzahlung im Falle pflichtwidrig aufgestauter Sozialleistung werde aber in der Regel mit dem Einsatz nachrangiger Leistungen einhergehen, was wiederum der typische Anwendungsfall der §§ 104, 107 SGB X sei. Ob der Fall des § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II vorliege, könne der Kläger nicht sagen. Soweit die Leistungsberechtigung wegfalle, entstehe wegen der Pflichtversicherungslücke eigene Krankenversicherungsbeitragspflicht des Klägers. Diese hätte er selbst statt des Beigeladenen von März 2015 bis August 2015 zu erfüllen gehabt, was wiederum höhere Regelbedarfe und somit womöglich wieder eine Leistungsberechtigung bewirkt hätte. Selbst wenn §§ 103, 107 SGB X die Anwendung des § 11 Abs. 2 und 3 SGB II immer noch vollständig verdränge oder jedenfalls im Rahmen eines Wahlrechts mit Ausnahmen angewendet werden solle, wende der Kläger ein, dass der Beigeladene möglicherweise die Personenkongruenz nicht beachtet habe. Möglicherweise sei nicht der auf seine Ehefrau entfallende Betrag monatlich abgesetzt worden.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 7. Dezember 2017 sowie den Bescheid vom 9. September 2015 in der Fassung des Bescheids vom 17. Dezember 2015 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 14. September 2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen an den Kläger 1.701,15 Euro zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Beklagte und Beigeladener, der keinen Antrag stellt, halten das Urteil des Sozialgerichts Hamburg für zutreffend.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die Sitzungsniederschrift vom 27. Februar 2019 und den weiteren Inhalt der Prozessakte und der Verwaltungsakte der Beklagten und des Beigeladenen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die statthafte (§§ 143, 144 SGG) und auch im Übrigen zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte (§ 151 SGG) Berufung ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Rentennachzahlung für die Zeit vom 6. März 2015 bis zum 16. September 2015 in Höhe von 210 Euro. Im Übrigen gilt der Anspruch des Klägers nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt, da ein Erstattungsanspruch des Beigeladenen gegen die Beklagte in dieser Höhe besteht.
Nach § 40a Abs. 1 S. 1 SGB II steht dem Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende unter den Voraussetzungen des § 104 SGB X ein Erstattungsanspruch gegen den anderen Sozialleistungsträger zu, wenn einer leistungsberechtigten Person für denselben Zeitraum, für den ein Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende Leistungen nach dem SGB II erbracht hat, eine andere Sozialleistung bewilligt wird. Der Beigeladene hat einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X gegen die Beklagte in Höhe von 1.491,15 Euro. Hat ein nachrangig verpflichteter Leistungsträger Sozialleistungen erbracht, ohne dass die Voraussetzungen von § 103 Abs. 1 SGB X vorliegen, ist der Leistungsträger nach § 104 Abs. 1 SGB X erstattungspflichtig, gegen den der Berechtigte vorrangig einen Anspruch hat oder hatte, soweit der Leistungsträger nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Nachrangig verpflichtet ist ein Leistungsträger, soweit dieser bei rechtzeitiger Erfüllung der Leistungsverpflichtung eines anderen Leistungsträgers selbst nicht zur Leistung verpflichtet gewesen wäre.
Wäre die Verletztenrente rechtzeitig geleistet worden, hätte der Beigeladene geringere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts erbringen müssen. Es liegt auch kein Fall des § 103 Abs. 1 SGB X vor. Hat ein Leistungsträger Sozialleistungen erbracht und ist der Anspruch auf diese nachträglich ganz oder teilweise entfallen, ist nach § 103 Abs. 1 SGB X der für die entsprechende Leistung zuständige Leistungsträger erstattungspflichtig, soweit dieser nicht bereits selbst geleistet hat, bevor er von der Leistung des anderen Leistungsträgers Kenntnis erlangt hat. Die Leistungspflicht der Beigeladenen ist für die Zeit vom 6. März bis 30. September 2015 nicht nachträglich entfallen. Die Verletztenrente ist dem Kläger in den maßgeblichen Monaten nicht zugeflossen, so dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts rechtmäßig erbracht worden sind.
Für eine Anwendbarkeit des § 11 Abs. 3 SGB II ist kein Raum, da dem Kläger die Rentennachzahlung gerade nicht als Einmalleistung zugeflossen ist. Der Anspruch des Klägers galt nach § 107 Abs. 1 SGB X als erfüllt. Der Gesetzgeber hat mit §§ 104 ff. SGB X eine Erstattungsmöglichkeit zugunsten der Leistungsträger geschaffen, die durch die Rechtsgrundverweisung in § 40a SGB II auch noch einmal ausdrücklich bestätigt worden ist.
Nach § 104 Abs. 1 S. 3 SGB X besteht ein Erstattungsanspruch aber nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungen auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers hätte erbringen müssen. Entsprechend sind auch die Freibeträge bei der Höhe des anrechenbaren Einkommens zu berücksichtigen (vgl. BSG, Urteil vom 12. Mai 2011 – B 11 AL 24/10 R, juris). Hätte die Beklagte die Verletztenrente rechtzeitig geleistet, hätte der Kläger gegenüber dem Beigeladenen monatlich eine Versicherungspauschale in Höhe von 30 Euro (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 ALG II-V) von der Verletztenrente in Abzug bringen können. Ausweislich der Bescheide für den maßgeblichen Zeitraum hat der Kläger auch kein anderweitiges Einkommen bezogen, so dass die Versicherungspauschale auch nicht bereits angerechnet worden ist.
Der Beigeladene durfte auch Aufwendungen geltend machen, die er an die mit dem Kläger in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Ehegattin erbracht hat. Nach § 34b SGB II a.F. (§ 34c SGB II n.F.) gelten als Aufwendungen auch solche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, die an die mit der leistungsberechtigten Person in einer Bedarfsgemeinschaft lebende Person erbracht worden sind, wenn sich das Recht des Beigeladenen, Ersatz seiner Aufwendungen von einem anderen Leistungsträger zu verlangen, gegen den die Leistungsberechtigten einen Anspruch haben, nach sonstigen gesetzlichen Vorschriften, die dem § 33 SGB II vorgehen, bestimmt. Die Unfallrente des Klägers wäre zwar zum Teil auch bei seiner Ehefrau angerechnet worden, so dass der Beigeladene auch für die Ehefrau des Klägers Aufwendungen erbracht hat. Der Beigeladene hat aber auch hinsichtlich dieser Aufwendungen einen Erstattungsanspruch und der Anspruch des Klägers gilt insoweit als erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ausgang des Rechtsstreits.
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
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