L 3 R 4/18

Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 11 R 1386/12
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 3 R 4/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hamburg vom 16. November 2017 wird zurückgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. 3. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über eine Rente wegen Erwerbsminderung.

Hinsichtlich des Sachverhalts bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Verfahrens wird auf den Tatbestand des Urteils des Sozialgerichts Hamburg vom 16. November 2017 verwiesen. Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf die be-gehrte Rente, denn er sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass der Kläger noch mindestens sechs Stunden einer leichten Arbeit mit qualitativen Einschränkungen unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeits-marktes nachgehen könne. Auch seien die Wegefähigkeit und die Fähigkeit, Hemmungen ge-genüber einer Arbeitstätigkeit zu überwinden, erhalten. Dies ergebe sich aus allen vom Ge-richt bestellten ärztlichen Gutachten. Dem Gutachten gemäß § 109 SGG des Sachverständi-gen Dr. D., der ein aufgehobenes Leistungsvermögen annehme, sei nicht zu folgen.

Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Die erstinstanzliche Entschei-dung sei unzutreffend. Tatsächlich leide er (der Kläger) an ständigen Schmerzen, welche ihn an jeglicher Tätigkeit hinderten. Zu den Schlafproblemen kämen noch vor allem nächtliche Panikattacken hinzu. Er sei auf Rollator und Rollstuhl angewiesen und auf die Pflege durch seine Frau. Die behandelnde Ärztin Dr. W. sehe auch kein Leistungsvermögen mehr. Zu den vielen körperlichen Erkrankungen sei jetzt noch eine Hauterkrankung hinzugetreten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts vom 16. November 2017 und den Bescheid der Beklagten vom 22. März 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. September 2012 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm eine Erwerbsminderungsrente gemäß § 43 SGB VI zu gewähren. Weiter beantragt der Kläger, die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Kläger zurückzuweisen.

Die erstinstanzliche Entscheidung sei zutreffend. Nach wie vor liege nach Einschätzung des Facharztes für Innere Medizin Dr. J. kein Befund vor, der die begehrte Rente begründen könnte.

Im Berufungsverfahren ist der Arzt für Innere Medizin, Arbeitsmedizin, Lungen- und Bronchi-alheilkunde sowie Umweltmedizin Dr. S. nach Untersuchung des Klägers ausweislich des Gutachtens vom 13. Oktober 2018 zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne trotz Adipositas, einer koronaren Herzerkrankung mit mehrfacher Stentversorgung, eines Diabe¬tes mellitus mit Polyneuropathie und einer medikamentös kompensierten Schilddrüsenun-terfunktion noch leichte körperliche Tätigkeiten mit qualitativen Einschränkungen sechs Stunden und mehr täglich verrichten. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Es gebe keinen Anhalt für eine das Leistungsvermögen zusätzlich einschränkende psychische Erkrankung.

In seinem Gutachten vom 1. April 2019 und seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 2. April 2019 hat der Neurologe/Psychiater Dr. N. dargelegt, der Kläger sei noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen regelmäßig voll¬schichtig, also sechs Stunden und mehr täglich, zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei erhal¬ten. Auch sei der Kläger in der Lage, etwaige Hemmungen gegenüber einer Arbeitstätigkeit zu überwinden. In der Untersuchung sei auffällig gewesen, dass der vom Kläger demon¬strierte Tremor genau im richtigen Moment der Untersuchung dieser Störung aufgetreten, jedoch ansonsten nicht zu beobachten gewesen sei. Der Kläger habe eine auffällige, vielfäl¬tige Gangstörung gezeigt, die sich aus den eher geringen körperlichen Einschränkungen gar nicht, aber auch psychisch so nicht erklären ließe. Es sprächen überwiegende Gesichts¬punkte für eine bewusstseinsnahe Ausgestaltung im Sinne eines "Vorspielens". Einen Geh¬stock, Rollator oder gar einen Rollstuhl bedürfe der Kläger zur Fortbewegung nicht. Die von Dr. D. angenommene Unfähigkeit, am sozialen Leben teilzunehmen wegen eines Gefangenseins in der Schmerzwahrnehmung sie nicht nachvollziehbar und auch aus den von ihm erhobenen Befunden nicht ableitbar. Wenn die behandelnde Ärztin Dr. W. einen Rückzug aus dem (Arbeits-)Leben für unausweichlich halte, übersehe sie die bewusstseins¬nahe Ausgestaltung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung des Gerichts gewesen.

Entscheidungsgründe:

Über die Berufung konnte die Berichterstatterin an Stelle des Senats entscheiden, weil sich die Beteiligten damit einverstanden erklärt haben (§ 155 Abs. 4 in Verbindung mit Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte und auch im Übrigen zulässige Berufung des Klägers (vgl. §§ 143, 144, 151 SGG) ist nicht begründet.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht die auf Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gerichtete Klage abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht insoweit Bezug auf die Begründung des sozialge-richtlichen Urteils (§ 153 Abs. 2 SGG).

Im Berufungsverfahren wurde durch zwei weitere Gutachten diese Einschätzung vollauf be-stätigt. Das Berufungsgericht folgt diesen überzeugenden Gutachten. Beim Kläger liegt noch ein für den allgemeinen Arbeitsmarkt ausreichendes Leistungsvermögen vor. Entgegen sei¬ner Darstellung ist er in der Lage sowohl sechs Stunden und mehr täglich leichte Arbeiten mit qualitativen Einschränkungen zu leisten, als auch die Wege zu und von einer Arbeit zu¬rück zu legen und auch öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen. Auch kann er Hemmungen gegenüber einer Arbeitstätigkeit überwinden. Das Gutachten von Dr. D. überzeugt auch das Berufungsgericht nicht, denn er un¬terstellt alle Angaben des Klägers als zutreffend, ohne diese kritisch zu würdigen. Aus sei¬nem Befund lässt sich ein aufgehobenes Leistungsvermögen nicht herleiten. Auch überzeugt seine Begründung, der Kläger, der trotz seiner Persönlichkeitsstörung lange Jahre gearbeitet hat, könne nunmehr keine Energie mehr aufbringen, nicht. Die behandelnde Ärztin Dr. W., die sich für eine Rentengewährung ausspricht, nennt ebenfalls keinen Befund, der auf ein aufgehobenes Leistungsvermögen schließen lassen würde. Insbesondere hat auch sie keine Erklärung für die vom Kläger demonstrierte Gangunsicherheit.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Rechts-streits in der Hauptsache.

Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder Nr. 2 SGG ist nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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