Land
Hamburg
Sozialgericht
LSG Hamburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 6 KR 1666/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 1/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Liposuktion wegen Lipödems bei der Klägerin. Die im Jahr 1991 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin ist von Beruf Hotelfachfrau und auch aktuell als Rezeptionistin in einem Hotel berufstätig. Am 17. November 2014 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage einer fachärztlichen gutachterlichen Stellungnahme der H.-Klinik GmbH vom 11. November 2014, eines ärztlichen Attestes des Z. vom 09. April 2014, einer Fotodokumentation sowie eines Kostenvoranschlags der H.-Klinik GmbH vom 13. November 2014 in Höhe von 3.244,00 EUR die Kostenübernahme für eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Oberarme. Nach der Stellungnahme der H.-Klinik bestehe bei der Klägerin ein Lipödem der Beine und Oberarme im Stadium I. Konservative Maßnahmen eigneten sich bei Lipödemen prinzipiell zur Ödemreduktion und zur Minderung von Druck- und Spannungsgefühl. Bei der Klägerin sei die physikalische Entstauung aber nicht wirksam. Zur Reduzierung der Fettvolumina sei eine Liposuktion in zwei Sitzungen notwendig. Die Beklagte lehnt die Übernahme der Kosten für die Liposuktion mit Bescheid vom 1. Dezember 2014 ab. Eine stationäre Liposuktion gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen – GKV –, da sie nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Die Klägerin legte gegen den Bescheid mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 Widerspruch ein. Sie führte aus, dass sie im vorigen Jahr vier Wochen auf Kur gewesen sei und die dort erzielten Erfolge habe halten können. Sie leide an dem Lipödem seelisch und sei wegen depressiver Stimmungen seit einigen Wochen in psychologischer Behandlung. Mit der Liposuktion könne sie wieder "normal" aussehen und sich besser fühlen. Mit Gutachten vom 15. Januar 2015 führte der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) aus, dass die Liposuktion nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab der Kassenärztlichen Vereinigung – EBM – enthalten sei und auch keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses – G-BA – vorliegen würde. Eine Leistungspflicht der GKV sei nicht gegeben. Mit weiterem Gutachten vom 16. März 2015 ergänzte der MDK diesbezüglich, dass bei dem vorliegenden Lipödem der Beine und Arme im Stadium I kein Grund gegeben sei um eine Indikation für eine Liposuktionsbehandlung annehmen zu können. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine medizinische Notwendigkeit der Liposuktion sei nach den Ausführungen des MDK nicht gegeben. Die Methode der Liposuktion sei eine noch nicht evidenzbasierte Therapieoption zur Behandlung eines Lipödems. Auch die von der Klägerin angeführte psychische Belastung eröffne der Beklagten keine Möglichkeit zu einer anderen Entscheidung, da grundsätzlich nur solche Maßnahmen von der Leistungspflicht der GKV umfasst seien, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit (hier der psychischen Belastungssituation) ansetzten. Der Heilbehandlungsanspruch sei daher auf die Behandlung mit den Mitteln der Psychiatrie und der Psychotherapie beschränkt. Am 16. Oktober 2015 erhob die Klägerin hiergegen Klage. Sie trug vor aufgrund des Lipödems sowohl in psychischer, als auch in physischer Hinsicht zu leiden. Depressive Schübe und Selbstwertstörung würden seit 2013 zunehmen. Eine Behandlung in einer zugelassenen Fachklinik bzw. einer Klinik mit speziell dafür ausgebildeten Ärzten sei ihr auch recht, sie bestehe nicht auf einer Behandlung in der H.klinik. Die Beklagte wies daraufhin, dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele. Diese sei im stationären Bereich zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, jedoch müsse Sie den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – entsprechen. Diese Voraussetzungen erfülle die Liposuktion im Fall der Klägerin nicht. Das Gericht erhob Beweis durch ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung durch Dr. W., Facharzt für Innere Medizin. Dieser führte in seinem Gutachten vom 17. Mai 2018 im Wesentlichen aus, die Klägerin entspreche mit einem Body-Maß-Index – BMI – von 34,1 kg/qm einer Adipositas im Schweregrad I nach WHO. Sie befände sich in einem altersentsprechenden guten Allgemein- und Kräftezustand. Im Bereich der Oberarme wenden sich gering vermehrte Unterhaut-Fetteinlagerungen. In der Hüftregion und Oberschenkel befände sich eine vermehrte Fetteinlagerung im Unterhautgewebe mit Dellenbildung (sogenanntes Matratzenphänomen). Seit dem 16. Lebensjahr sei es bei der Klägerin zu einer vermehrten Fetteinlagerung und Umfangzunahme im Bereich der Hüften und der Oberschenkel geringer auch im Bereich der Oberarme gekommen. Die Untersuchung bestätige das Vorliegen eines Lipödems, dass nach der Ausdehnung als Typ I-II (an späterer Stelle beurteilt der Sachverständige den Schweregrad des Lipödems mit dem Stadium I) zu bezeichnen sei. Eine kausale Behandlung der Erkrankung gäbe es nicht. Es könne lediglich durch verschiedene Maßnahmen die Ödemneigung und auch die zunehmende Fettvermehrung im Unterhautgewebe beeinflusst werden. Zur Ödembekämpfung sei die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen notwendig ebenso wie eine kombinierte physikalische Entstaubungsanlage. Es bestehe auch die Möglichkeit einer operativen Behandlung, die heute mit geringeren Risiken einhergehe als früher. Je nach Ausmaß des Lipödems müsse diese Behandlung mehrfach im Abstand von Monaten wiederholt werden. Darunter komme es zu einer deutlichen Verminderung des Fettgewebes, der Schwellneigung und auch der Schmerzempfindlichkeit des Gewebes. Allerdings seien die anschließende Kompressionsbehandlung und die Lymphdrainagen weiterhin erforderlich. Die Liposuktion werde auch als Behandlungsverfahren in der S1-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Phlebologie aufgeführt. Es gäbe allerdings nur kleine Behandlungszahlen, die einen Behandlungserfolg über längere Zeiträume dokumentierten. Größere Untersuchungsreihen mit randomisiertem Vergleich der Behandlungsverfahren seien bisher nicht durchgeführt worden. Eine abschließende Beurteilung des Nutzens der Liposuktion bei Lipödem sei bisher nicht möglich gewesen. Insbesondere sei für diese Behandlung bisher kein hinreichender Nachweis der Wirksamkeit erbracht worden, weshalb der Gemeinsame Bundesausschuss –G-BA – eine Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion und beim Lipödem beschlossen habe. Im Fall der Klägerin seien die Auswirkungen und Folgen der Erkrankung bisher noch begrenzt. Es bestehe eine deutliche Schmerzempfindlichkeit, besonders bei Belastung durch längeres Stehen. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung seien bisher nicht ausgenutzt worden. Insbesondere könne die Häufigkeit der manuellen Lymphdrainage über eine wöchentliche einmalige Frequenz hinaus gesteigert werden. Der Sachverständige attestierte der Klägerin überdies eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung, Neigung zu depressiven Episoden. Das Lipödem führe bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung ihres Selbstwertgefühls ohne dass hieraus Arbeitsunfähigkeit oder Beeinträchtigung der Körperfunktionen resultiere. Es bestehe eine operative Behandlungsmöglichkeit des Lipödem. Diese könne – ohne statistisch abgesicherten Vergleich gegenüber konservativen Behandlungsformen – die Beschwerden lindern und eine Verschlimmerung aufhalten. Der Sachverständige schließt das Gutachten mit der Feststellung das im fraglichen Fall eine operative Behandlung mit Liposuktion medizinisch nicht indiziert und nicht notwendig sei. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung umfassten eine manuelle Lymphdrainage, die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen, eine Bewegungstherapie und Hautpflege. Diese könnten noch intensiver angewendet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Versicherte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung haben, wenn sie notwendig sei um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Unter Krankheit sei ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer Heilbehandlung, die Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat, zu verstehen. Als regelwidrig sei ein Zustand anzusehen, der vom Leitbild des gesunden Menschen abweiche. Die Klägerin leide nach den vorliegenden Befunden und Diagnosen an Lipödemen im Bereich beider Oberschenkel und beider Knie, was als Krankheit im oben genannten Sinne zu qualifizieren sei. Versicherte hätten gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne.
Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Sachverständige habe überzeugend dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes nicht erforderlich und angesichts der Risiken und des Stadiums der Erkrankung der Klägerin kaum vertretbar sei. Als alternative Behandlung sei vielmehr eine konsequente physikalische Entstauungstherapie (KPE) in einer Spezialklinik zu erwägen. Die Klägerin habe nach eigenen Angaben bisher keine Kompressionsstrümpfe tragen können und eine Lymphdrainage sei nur intermittierend toleriert worden. Der Arzt habe daher zutreffend festgestellt, dass die KPE bisher lückenhaft ausgeführt worden sei.
Ergänzend wies das Gericht daraufhin, dass unabhängig von den Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit, auch kein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Liposuktion bestehen dürfte, da davon auszugehen sei, dass die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit für die fragliche Behandlung nicht erfüllt seien. Anders als im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung, bedürfe es bei der Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen zwar keiner ausdrücklichen positiven Beurteilung durch den G-BA. Vielmehr bestimme § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V, dass neue stationäre Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen, bis der G-BA diese negativ bewertet und dies in einer Richtlinie geregelt habe. Eine solche negative Beurteilung des G-BA liege für die Liposuktion nicht vor. Allerdings führe dies noch nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Krankenhausbehandlung. Auch im stationären Bereich gelte, dass die begehrte Behandlung den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V entsprechen müßten (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2009, B 6 A 1/08 R; Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R). Es spreche einiges für die Annahme, dass derzeit zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion keine dem Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen möglich seien. Es fehlten bislang wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 29.01.2015, L 8 KR 339/11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, L 5 KR 199/14; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.04.2015, L 6 KR 1935/12 B). Das ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten des MDK vom 15. Januar 2015. Aus diesem gehe hervor, dass bei den in diesem Gutachten untersuchten Hauptindikationen unabhängig vom Versorgungssektor, keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, da die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllt seien. Nach umfangreicher Recherche habe die Expertengruppe keine Evidenzbelege aus klinisch kontrollierten Studien finden können. Vielmehr sei der Literatur zu entnehmen, dass sich die Liposuktion noch im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befinde und sich im Alltag insbesondere das Krankheitsbild des Lipödems oft nur unzureichend abgrenzen lasse. Auch der Sachverständige sei hier zu keinem anderen Ergebnis gekommen.
Schließlich greife auch nicht der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V – wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, eine abweichende Leistung beanspruchen könnten, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe –, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handele.
Da eine ambulante Liposuktion weder von der Klägerin beantragt noch vom Sachverständigen als realisierbar angesehen worden sei, müsse auf diese Behandlungsform nicht eingegangen werden. Das Gericht wies noch darauf hin, dass eine solche daran scheitere, dass es sich hierbei um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V handele, auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R).
Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 25. Oktober 2019 zugestellt. Am 8. November 2018 hat sie hiergegen Berufung erhoben.
Zur Begründung betont sie noch einmal, dass das Tragen der Kompressionsstrümpfe ein Fortschreiten der Krankheit zwar bisher habe aufhalten können, nicht aber die Schmerzen habe lindern können. Die konservative Behandlung hätte zu keiner Besserung geführt daher bestehe bei ihr die Überzeugung, dass die Beklagte verpflichtet sei, eine Liposuktion zu genehmigen und die Kosten dafür zu übernehmen. Sie verstehe die Notwendigkeit, dass Leistungen der Krankenkassen wirtschaftlich zu sein hätten, hier gehe es aber um die Wiederherstellung eines schmerzfreien Lebens für die Klägerin und damit die Aussicht noch einige Jahrzehnte im Beruf tätig sein zu können.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 16. Oktober 2018 und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2015 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Oberarme zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids und macht diese zum Gegenstand ihrer Berufungserwiderung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten und den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in der Besetzung mit der Vorsitzenden zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da das Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG entschieden hatte und das Landessozialgericht die Entscheidung über die Berufung durch Beschluss vom 28. Januar 2019 der Berichterstatterin übertragen hatte, die in der Besetzung mit dem kleinen Senat am 3. April 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholung wird diesbezüglich zunächst gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts verwiesen.
Wie schon das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, haben Versicherte gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der gerichtliche Sachverständige Dr. W. hat überzeugend dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Krankheitsstadium der Klägerin (Stadium I-II) angesichts des fehlenden hinreichenden Wirksamkeitsnachweises für diese Behandlungsmethode nicht erforderlich ist. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung seien bisher nicht hinreichend intensiv genutzt worden; insbesondere könne die Häufigkeit der manuellen Lymphdrainage über eine wöchentlich einmalige Frequenz hinaus gesteigert werden.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass unabhängig von den medizinischen Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit, auch kein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Liposuktion bestehen dürfte, da derzeit wohl davon auszugehen ist, dass die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit – noch – nicht erfüllt sind. Anders als im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung, bedarf es bei der Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen zwar keiner ausdrücklichen positiven Beurteilung durch den G-BA. Vielmehr bestimmt § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V, dass neue stationäre Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen, bis der G-BA diese negativ bewertet und dies in einer Richtlinie regelt. Eine solche negative Beurteilung des G-BA liegt für die Liposuktion auch nicht vor. Allerdings führt das Fehlen noch nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Krankenhausbehandlung. Auch im stationären Bereich gilt, dass die begehrte Behandlung den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V entsprechen muss (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2009, B 6 A 1/08 R; Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R). Es spricht einiges für die Annahme, dass derzeit zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion keine dem Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen möglich sind. Es fehlen bislang wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 29.01.2015, L 8 KR 339/11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, L 5 KR 199/14; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.04.2015, L 6 KR 1935/12 B). Das ergibt sich aus dem Grundsatzgutachten des MDK vom 15. Januar 2015. Aus diesem geht hervor, dass bei den in diesem Gutachten untersuchten Hauptindikationen unabhängig vom Versorgungssektor, keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, da die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit für die begehrte Behandlungsmethode nicht erfüllt sind. Nach umfangreicher Recherche konnte die Expertengruppe keine Evidenzbelege aus klinisch kontrollierten Studien finden. Vielmehr ist der Literatur zu entnehmen, dass sich die Liposuktion noch im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befindet und sich im Alltag insbesondere das Krankheitsbild des Lipödems oft nur unzureichend abgrenzen lässt. Auch der Gerichtssachverständige kommt hier zu keinem anderen Ergebnis.
Schließlich greift auch nicht der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V – wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine abweichende Leistung beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht –, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handelt.
Da eine ambulante Liposuktion weder von der Klägerin beantragt noch von Dr. W. als realisierbar angesehen worden ist, muss auf diese Behandlungsform nicht eingegangen werden. Es sei auch hier nur darauf hingewiesen, dass eine solche daran scheitern würde, dass es sich hierbei um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V handelt, auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R).
Schließlich weist der Senat noch darauf hin, dass nicht zuletzt aus dem Eindruck der mündlichen Verhandlung (Hinweise darauf ergeben sich auch aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten (Gutachtenabdruck S. 13 unten, wo der Sachverständige die chronische Schmerzstörung auf somatische und psychische Faktoren zurückführt und der Klägerin eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung mit Neigung zu depressiven Episoden attestiert)) eine starke psychische Fixierung der Klägerin auf die begehrte Behandlungsform besteht ebenso wie die Klägerin darauf besteht, dass die Beklagte diese zu leisten hat. Letzteres sei auch der Grund, erklärte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, weshalb sie die fragliche Behandlung nicht bereits privat finanziert und durchgeführt hat. Der Vorschlag des Senats, die Klägerin in die vom G-BA beschlossene Erprobungsstudie nach § 137e SGB V bezüglich der Liposuktion bei Lipödem (Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Liposuktion bei Lipödem vom 20. Juli 2017) einzubeziehen, indem die Beklagte die Klägerin bei der Auswahl der Probanden für die Erprobungsstudie vorschlägt und begleitet, wurde von der Klägerin insbesondere deshalb abgelehnt, weil sie die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Studie, wonach eine allgemeine Adipositas einen Ausschlussgrund darstellt, aus ihrer Sicht nicht erfüllen könne. Eine Reduzierung ihres BMI sei nicht möglich aber – abgesehen von dem durch das Lipödem verursachten Körpergewicht – auch nicht nötig. Sie halte sich nicht für adipös, allein die Lipödeme seien für ihren BMI von 34,1 ursächlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Liposuktion wegen Lipödems bei der Klägerin. Die im Jahr 1991 geborene und bei der Beklagten gesetzlich krankenversicherte Klägerin ist von Beruf Hotelfachfrau und auch aktuell als Rezeptionistin in einem Hotel berufstätig. Am 17. November 2014 beantragte sie bei der Beklagten unter Vorlage einer fachärztlichen gutachterlichen Stellungnahme der H.-Klinik GmbH vom 11. November 2014, eines ärztlichen Attestes des Z. vom 09. April 2014, einer Fotodokumentation sowie eines Kostenvoranschlags der H.-Klinik GmbH vom 13. November 2014 in Höhe von 3.244,00 EUR die Kostenübernahme für eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Oberarme. Nach der Stellungnahme der H.-Klinik bestehe bei der Klägerin ein Lipödem der Beine und Oberarme im Stadium I. Konservative Maßnahmen eigneten sich bei Lipödemen prinzipiell zur Ödemreduktion und zur Minderung von Druck- und Spannungsgefühl. Bei der Klägerin sei die physikalische Entstauung aber nicht wirksam. Zur Reduzierung der Fettvolumina sei eine Liposuktion in zwei Sitzungen notwendig. Die Beklagte lehnt die Übernahme der Kosten für die Liposuktion mit Bescheid vom 1. Dezember 2014 ab. Eine stationäre Liposuktion gehöre nicht zum Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenkassen – GKV –, da sie nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche. Die Klägerin legte gegen den Bescheid mit Schreiben vom 23. Dezember 2014 Widerspruch ein. Sie führte aus, dass sie im vorigen Jahr vier Wochen auf Kur gewesen sei und die dort erzielten Erfolge habe halten können. Sie leide an dem Lipödem seelisch und sei wegen depressiver Stimmungen seit einigen Wochen in psychologischer Behandlung. Mit der Liposuktion könne sie wieder "normal" aussehen und sich besser fühlen. Mit Gutachten vom 15. Januar 2015 führte der von der Beklagten eingeschaltete Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) aus, dass die Liposuktion nicht im Einheitlichen Bewertungsmaßstab der Kassenärztlichen Vereinigung – EBM – enthalten sei und auch keine positive Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses – G-BA – vorliegen würde. Eine Leistungspflicht der GKV sei nicht gegeben. Mit weiterem Gutachten vom 16. März 2015 ergänzte der MDK diesbezüglich, dass bei dem vorliegenden Lipödem der Beine und Arme im Stadium I kein Grund gegeben sei um eine Indikation für eine Liposuktionsbehandlung annehmen zu können. Mit Widerspruchsbescheid vom 17. September 2015 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Eine medizinische Notwendigkeit der Liposuktion sei nach den Ausführungen des MDK nicht gegeben. Die Methode der Liposuktion sei eine noch nicht evidenzbasierte Therapieoption zur Behandlung eines Lipödems. Auch die von der Klägerin angeführte psychische Belastung eröffne der Beklagten keine Möglichkeit zu einer anderen Entscheidung, da grundsätzlich nur solche Maßnahmen von der Leistungspflicht der GKV umfasst seien, die unmittelbar an der eigentlichen Krankheit (hier der psychischen Belastungssituation) ansetzten. Der Heilbehandlungsanspruch sei daher auf die Behandlung mit den Mitteln der Psychiatrie und der Psychotherapie beschränkt. Am 16. Oktober 2015 erhob die Klägerin hiergegen Klage. Sie trug vor aufgrund des Lipödems sowohl in psychischer, als auch in physischer Hinsicht zu leiden. Depressive Schübe und Selbstwertstörung würden seit 2013 zunehmen. Eine Behandlung in einer zugelassenen Fachklinik bzw. einer Klinik mit speziell dafür ausgebildeten Ärzten sei ihr auch recht, sie bestehe nicht auf einer Behandlung in der H.klinik. Die Beklagte wies daraufhin, dass es sich bei der Liposuktion um eine neue Behandlungsmethode handele. Diese sei im stationären Bereich zwar nicht von vornherein ausgeschlossen, jedoch müsse Sie den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – SGB V – entsprechen. Diese Voraussetzungen erfülle die Liposuktion im Fall der Klägerin nicht. Das Gericht erhob Beweis durch ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung durch Dr. W., Facharzt für Innere Medizin. Dieser führte in seinem Gutachten vom 17. Mai 2018 im Wesentlichen aus, die Klägerin entspreche mit einem Body-Maß-Index – BMI – von 34,1 kg/qm einer Adipositas im Schweregrad I nach WHO. Sie befände sich in einem altersentsprechenden guten Allgemein- und Kräftezustand. Im Bereich der Oberarme wenden sich gering vermehrte Unterhaut-Fetteinlagerungen. In der Hüftregion und Oberschenkel befände sich eine vermehrte Fetteinlagerung im Unterhautgewebe mit Dellenbildung (sogenanntes Matratzenphänomen). Seit dem 16. Lebensjahr sei es bei der Klägerin zu einer vermehrten Fetteinlagerung und Umfangzunahme im Bereich der Hüften und der Oberschenkel geringer auch im Bereich der Oberarme gekommen. Die Untersuchung bestätige das Vorliegen eines Lipödems, dass nach der Ausdehnung als Typ I-II (an späterer Stelle beurteilt der Sachverständige den Schweregrad des Lipödems mit dem Stadium I) zu bezeichnen sei. Eine kausale Behandlung der Erkrankung gäbe es nicht. Es könne lediglich durch verschiedene Maßnahmen die Ödemneigung und auch die zunehmende Fettvermehrung im Unterhautgewebe beeinflusst werden. Zur Ödembekämpfung sei die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen notwendig ebenso wie eine kombinierte physikalische Entstaubungsanlage. Es bestehe auch die Möglichkeit einer operativen Behandlung, die heute mit geringeren Risiken einhergehe als früher. Je nach Ausmaß des Lipödems müsse diese Behandlung mehrfach im Abstand von Monaten wiederholt werden. Darunter komme es zu einer deutlichen Verminderung des Fettgewebes, der Schwellneigung und auch der Schmerzempfindlichkeit des Gewebes. Allerdings seien die anschließende Kompressionsbehandlung und die Lymphdrainagen weiterhin erforderlich. Die Liposuktion werde auch als Behandlungsverfahren in der S1-Leitlinie der deutschen Gesellschaft für Phlebologie aufgeführt. Es gäbe allerdings nur kleine Behandlungszahlen, die einen Behandlungserfolg über längere Zeiträume dokumentierten. Größere Untersuchungsreihen mit randomisiertem Vergleich der Behandlungsverfahren seien bisher nicht durchgeführt worden. Eine abschließende Beurteilung des Nutzens der Liposuktion bei Lipödem sei bisher nicht möglich gewesen. Insbesondere sei für diese Behandlung bisher kein hinreichender Nachweis der Wirksamkeit erbracht worden, weshalb der Gemeinsame Bundesausschuss –G-BA – eine Richtlinie zur Erprobung der Liposuktion und beim Lipödem beschlossen habe. Im Fall der Klägerin seien die Auswirkungen und Folgen der Erkrankung bisher noch begrenzt. Es bestehe eine deutliche Schmerzempfindlichkeit, besonders bei Belastung durch längeres Stehen. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung seien bisher nicht ausgenutzt worden. Insbesondere könne die Häufigkeit der manuellen Lymphdrainage über eine wöchentliche einmalige Frequenz hinaus gesteigert werden. Der Sachverständige attestierte der Klägerin überdies eine chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung, Neigung zu depressiven Episoden. Das Lipödem führe bei der Klägerin zu einer Beeinträchtigung ihres Selbstwertgefühls ohne dass hieraus Arbeitsunfähigkeit oder Beeinträchtigung der Körperfunktionen resultiere. Es bestehe eine operative Behandlungsmöglichkeit des Lipödem. Diese könne – ohne statistisch abgesicherten Vergleich gegenüber konservativen Behandlungsformen – die Beschwerden lindern und eine Verschlimmerung aufhalten. Der Sachverständige schließt das Gutachten mit der Feststellung das im fraglichen Fall eine operative Behandlung mit Liposuktion medizinisch nicht indiziert und nicht notwendig sei. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung umfassten eine manuelle Lymphdrainage, die regelmäßige Anwendung von Kompressionsstrümpfen, eine Bewegungstherapie und Hautpflege. Diese könnten noch intensiver angewendet werden.
Mit Gerichtsbescheid vom 16. Oktober 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass Versicherte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung haben, wenn sie notwendig sei um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Unter Krankheit sei ein regelwidriger Körper- oder Geisteszustand, der die Notwendigkeit einer Heilbehandlung, die Arbeitsunfähigkeit oder beides zur Folge hat, zu verstehen. Als regelwidrig sei ein Zustand anzusehen, der vom Leitbild des gesunden Menschen abweiche. Die Klägerin leide nach den vorliegenden Befunden und Diagnosen an Lipödemen im Bereich beider Oberschenkel und beider Knie, was als Krankheit im oben genannten Sinne zu qualifizieren sei. Versicherte hätten gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne.
Diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor. Der Sachverständige habe überzeugend dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes nicht erforderlich und angesichts der Risiken und des Stadiums der Erkrankung der Klägerin kaum vertretbar sei. Als alternative Behandlung sei vielmehr eine konsequente physikalische Entstauungstherapie (KPE) in einer Spezialklinik zu erwägen. Die Klägerin habe nach eigenen Angaben bisher keine Kompressionsstrümpfe tragen können und eine Lymphdrainage sei nur intermittierend toleriert worden. Der Arzt habe daher zutreffend festgestellt, dass die KPE bisher lückenhaft ausgeführt worden sei.
Ergänzend wies das Gericht daraufhin, dass unabhängig von den Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit, auch kein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Liposuktion bestehen dürfte, da davon auszugehen sei, dass die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit für die fragliche Behandlung nicht erfüllt seien. Anders als im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung, bedürfe es bei der Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen zwar keiner ausdrücklichen positiven Beurteilung durch den G-BA. Vielmehr bestimme § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V, dass neue stationäre Untersuchungs- und Behandlungsmethoden solange zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen, bis der G-BA diese negativ bewertet und dies in einer Richtlinie geregelt habe. Eine solche negative Beurteilung des G-BA liege für die Liposuktion nicht vor. Allerdings führe dies noch nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Krankenhausbehandlung. Auch im stationären Bereich gelte, dass die begehrte Behandlung den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V entsprechen müßten (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2009, B 6 A 1/08 R; Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R). Es spreche einiges für die Annahme, dass derzeit zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion keine dem Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen möglich seien. Es fehlten bislang wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 29.01.2015, L 8 KR 339/11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, L 5 KR 199/14; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.04.2015, L 6 KR 1935/12 B). Das ergebe sich aus dem Grundsatzgutachten des MDK vom 15. Januar 2015. Aus diesem gehe hervor, dass bei den in diesem Gutachten untersuchten Hauptindikationen unabhängig vom Versorgungssektor, keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe, da die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit nicht erfüllt seien. Nach umfangreicher Recherche habe die Expertengruppe keine Evidenzbelege aus klinisch kontrollierten Studien finden können. Vielmehr sei der Literatur zu entnehmen, dass sich die Liposuktion noch im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befinde und sich im Alltag insbesondere das Krankheitsbild des Lipödems oft nur unzureichend abgrenzen lasse. Auch der Sachverständige sei hier zu keinem anderen Ergebnis gekommen.
Schließlich greife auch nicht der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V – wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung stehe, eine abweichende Leistung beanspruchen könnten, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe –, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handele.
Da eine ambulante Liposuktion weder von der Klägerin beantragt noch vom Sachverständigen als realisierbar angesehen worden sei, müsse auf diese Behandlungsform nicht eingegangen werden. Das Gericht wies noch darauf hin, dass eine solche daran scheitere, dass es sich hierbei um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V handele, auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung bestehe (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R).
Der Gerichtsbescheid wurde der Klägerin am 25. Oktober 2019 zugestellt. Am 8. November 2018 hat sie hiergegen Berufung erhoben.
Zur Begründung betont sie noch einmal, dass das Tragen der Kompressionsstrümpfe ein Fortschreiten der Krankheit zwar bisher habe aufhalten können, nicht aber die Schmerzen habe lindern können. Die konservative Behandlung hätte zu keiner Besserung geführt daher bestehe bei ihr die Überzeugung, dass die Beklagte verpflichtet sei, eine Liposuktion zu genehmigen und die Kosten dafür zu übernehmen. Sie verstehe die Notwendigkeit, dass Leistungen der Krankenkassen wirtschaftlich zu sein hätten, hier gehe es aber um die Wiederherstellung eines schmerzfreien Lebens für die Klägerin und damit die Aussicht noch einige Jahrzehnte im Beruf tätig sein zu können.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts vom 16. Oktober 2018 und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 1. Dezember 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. September 2015 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin eine stationäre Liposuktion im Bereich der Beine und der Oberarme zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids und macht diese zum Gegenstand ihrer Berufungserwiderung.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungsakte des Beklagten und den der Prozessakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Das Gericht konnte gemäß § 153 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz – SGG – in der Besetzung mit der Vorsitzenden zusammen mit den ehrenamtlichen Richtern entscheiden, da das Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs. 2 Satz 1 SGG entschieden hatte und das Landessozialgericht die Entscheidung über die Berufung durch Beschluss vom 28. Januar 2019 der Berichterstatterin übertragen hatte, die in der Besetzung mit dem kleinen Senat am 3. April 2019 eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat.
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholung wird diesbezüglich zunächst gem. § 153 Abs. 2 SGG auf die zutreffenden Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids des Sozialgerichts verwiesen.
Wie schon das Sozialgericht zu Recht ausgeführt hat, haben Versicherte gemäß §§ 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V nur dann Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann.
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Der gerichtliche Sachverständige Dr. W. hat überzeugend dargestellt, dass die Durchführung der Liposuktion im Rahmen eines stationären Aufenthaltes im Krankheitsstadium der Klägerin (Stadium I-II) angesichts des fehlenden hinreichenden Wirksamkeitsnachweises für diese Behandlungsmethode nicht erforderlich ist. Die Möglichkeiten der konservativen Behandlung seien bisher nicht hinreichend intensiv genutzt worden; insbesondere könne die Häufigkeit der manuellen Lymphdrainage über eine wöchentlich einmalige Frequenz hinaus gesteigert werden.
Lediglich ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass unabhängig von den medizinischen Bedenken hinsichtlich der Erforderlichkeit, auch kein Anspruch auf eine stationär durchgeführte Liposuktion bestehen dürfte, da derzeit wohl davon auszugehen ist, dass die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit – noch – nicht erfüllt sind. Anders als im Rahmen der ambulanten Krankenhausbehandlung, bedarf es bei der Kostenübernahme stationärer Krankenhausbehandlungen zwar keiner ausdrücklichen positiven Beurteilung durch den G-BA. Vielmehr bestimmt § 137c Abs. 2 Satz 2 SGB V, dass neue stationäre Untersuchungs- und Behandlungsmethoden so lange zu Lasten der Gesetzlichen Krankenversicherung erbracht werden dürfen, bis der G-BA diese negativ bewertet und dies in einer Richtlinie regelt. Eine solche negative Beurteilung des G-BA liegt für die Liposuktion auch nicht vor. Allerdings führt das Fehlen noch nicht zu einem Anspruch der Klägerin auf die begehrte stationäre Krankenhausbehandlung. Auch im stationären Bereich gilt, dass die begehrte Behandlung den Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitskriterien der §§ 2 Abs. 1, 12 Abs. 1 und 28 Abs. 1 SGB V entsprechen muss (vgl. BSG, Urteil vom 06.05.2009, B 6 A 1/08 R; Urteil vom 28.07.2008, B 1 KR 5/08 R). Es spricht einiges für die Annahme, dass derzeit zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion keine dem Wissenschaftlichkeitsgebot des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V entsprechenden zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen möglich sind. Es fehlen bislang wissenschaftlich einwandfrei durchgeführte Studien über die Zahl der behandelten Fälle und die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode (so auch Hessisches LSG, Urteil vom 29.01.2015, L 8 KR 339/11; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 05.02.2015, L 5 KR 199/14; Thüringer LSG, Beschluss vom 20.04.2015, L 6 KR 1935/12 B). Das ergibt sich aus dem Grundsatzgutachten des MDK vom 15. Januar 2015. Aus diesem geht hervor, dass bei den in diesem Gutachten untersuchten Hauptindikationen unabhängig vom Versorgungssektor, keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung besteht, da die in den §§ 2 und 12 SGB V definierten Anforderungen an Qualität und Wirtschaftlichkeit für die begehrte Behandlungsmethode nicht erfüllt sind. Nach umfangreicher Recherche konnte die Expertengruppe keine Evidenzbelege aus klinisch kontrollierten Studien finden. Vielmehr ist der Literatur zu entnehmen, dass sich die Liposuktion noch im Stadium der wissenschaftlichen Erprobung befindet und sich im Alltag insbesondere das Krankheitsbild des Lipödems oft nur unzureichend abgrenzen lässt. Auch der Gerichtssachverständige kommt hier zu keinem anderen Ergebnis.
Schließlich greift auch nicht der Ausnahmefall des § 2 Abs. 1 a SGB V – wonach Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine abweichende Leistung beanspruchen können, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht –, da es sich bei der Erkrankung der Klägerin nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche und auch nicht eine wertungsmäßig vergleichbare Krankheit handelt.
Da eine ambulante Liposuktion weder von der Klägerin beantragt noch von Dr. W. als realisierbar angesehen worden ist, muss auf diese Behandlungsform nicht eingegangen werden. Es sei auch hier nur darauf hingewiesen, dass eine solche daran scheitern würde, dass es sich hierbei um eine neue Behandlungsmethode im Sinne des § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V handelt, auf die mangels positiver Empfehlung des G-BA nach § 92 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V kein Anspruch zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung besteht (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2008, B 1 KR 11/08 R).
Schließlich weist der Senat noch darauf hin, dass nicht zuletzt aus dem Eindruck der mündlichen Verhandlung (Hinweise darauf ergeben sich auch aus dem gerichtlichen Sachverständigengutachten (Gutachtenabdruck S. 13 unten, wo der Sachverständige die chronische Schmerzstörung auf somatische und psychische Faktoren zurückführt und der Klägerin eine akzentuierte Persönlichkeitsstörung mit Neigung zu depressiven Episoden attestiert)) eine starke psychische Fixierung der Klägerin auf die begehrte Behandlungsform besteht ebenso wie die Klägerin darauf besteht, dass die Beklagte diese zu leisten hat. Letzteres sei auch der Grund, erklärte die Klägerin in der mündlichen Verhandlung, weshalb sie die fragliche Behandlung nicht bereits privat finanziert und durchgeführt hat. Der Vorschlag des Senats, die Klägerin in die vom G-BA beschlossene Erprobungsstudie nach § 137e SGB V bezüglich der Liposuktion bei Lipödem (Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung: Liposuktion bei Lipödem vom 20. Juli 2017) einzubeziehen, indem die Beklagte die Klägerin bei der Auswahl der Probanden für die Erprobungsstudie vorschlägt und begleitet, wurde von der Klägerin insbesondere deshalb abgelehnt, weil sie die Voraussetzungen für die Teilnahme an der Studie, wonach eine allgemeine Adipositas einen Ausschlussgrund darstellt, aus ihrer Sicht nicht erfüllen könne. Eine Reduzierung ihres BMI sei nicht möglich aber – abgesehen von dem durch das Lipödem verursachten Körpergewicht – auch nicht nötig. Sie halte sich nicht für adipös, allein die Lipödeme seien für ihren BMI von 34,1 ursächlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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