L 1 AL 44/01

Land
Rheinland-Pfalz
Sozialgericht
LSG Rheinland-Pfalz
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Koblenz (RPF)
Aktenzeichen
S 1 AL 337/99
Datum
2. Instanz
LSG Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen
L 1 AL 44/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.01.2001 -S 1 AL 337/99- wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Klageverfahren zu 4/5 und im Berufungsverfahren in voller Höhe zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist, ob die Beklagte ihre Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe (Alhi) zu Recht zurückgenommen hat, weil sie im Rahmen der Bedürftigkeit ein Vermögen des Klägers in Höhe von 30.000,00 DM nicht berücksichtigt hat und ob der Kläger infolgedessen ihm gewährte Leistungen und die von der Beklagten für ihn entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung zu erstatten hat, die sich bei Anrechnung dieses Betrages ergeben.

Der am 29.01.1958 geborene, ledige Kläger ist gelernter Betriebsschlosser. In seinem erlernten Beruf hat er ca. 11 Jahre gearbeitet. Seit vielen Jahren leidet er an Arthritis; wegen diesen gesundheitlichen Problemen hat er bei dem zuständigen Rentenversicherungsträger auch einen Rentenantrag gestellt. Seit über 20 Jahren steht der Kläger bei der Beklagten mit kurzen Unterbrechungen im laufenden Leistungsbezug. Letztmals war er im Jahr 1996 für ein paar Wochen bei der Firma Persona Service GmbH & Co KG in Koblenz als Helfer beschäftigt. Danach bezog er von der Beklagten vom 28.10.1996 bis zum 13.01.1997 Arbeitslosengeld (Alg) nach einem Bemessungsentgelt von 600,00 DM in Höhe von zuletzt 241,80 DM wöchentlich. Anschließend beantragte der Kläger die Gewährung von Anschluss-Alhi. In seinem Antrag gab er an, in Erbengemeinschaft zu gleichen Teilen mit seinen Geschwistern A B , D P C und H K C über mehrere Grundstücksparzellen von 2157 m² in Andernach zu verfügen. Nach der Berechnung des Katasteramtes beträgt der Zuteilungswert für diese Grundstücke 285.950,00 DM. Daraufhin legte die Beklagte hiervon 71.487,50 DM (entspricht ¼) als Vermögen des Klägers zugrunde, zog den Freibetrag in Höhe von 8.000,00 DM gemäß § 6 Abs. 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) ab und berücksichtigte den Restbetrag in Höhe von 63.487,50 DM im Rahmen der Bedürftigkeit. Mit Bescheid vom 23.01.1997 lehnte sie deshalb die Gewährung von Alhi für die Zeit vom 14.01.1997 bis 13.01.1998 zunächst ab. Nachdem der Kläger im Widerspruchsverfahren darauf hingewiesen hatte, dass der vom Katasteramt angesetzte Grundstückswert viel zu hoch sei, tatsächlich kein Kaufinteressent vorhanden sei und zudem die Kreissparkasse Mayen (KSK) bestätigt hatte, dass eine Belastung der Grundstücksparzellen nicht möglich sei, weil die Miteigentümer hierzu ihre Einwilligung nicht erteilt hätten, half die Beklagte dem Widerspruch des Klägers ab und bewilligte ihm mit Bescheid vom 10.03.1997 antragsgemäß Alhi vom 13.01.1997 bis zum 13.01.1998 in Höhe von 213,60 DM und ab dem 01.01.1998 214,69 DM wöchentlich und mit Folgebescheid vom 10.02.1998 ab dem 14.01.1998 bis zum 13.01.1999 in Höhe von 212,10 DM bzw. ab dem 01.01.1999 in Höhe von 214,83 DM. In seinem Fortzahlungsantrag vom 14.12.1997 hatte der Kläger erneut darauf hingewiesen, dass die in seinem Miteigentum stehenden Grundstücke weder verkauft noch belastet werden könnten.

Mit notariellem Kaufvertrag vom 09.01.1998 verkaufte die Erbengemeinschaft ihre Grundstücksparzellen an Herrn M zu einem Gesamtpreis von 220.000,00 DM. Die Verkaufsverhandlungen hatte die Schwester des Klägers im Auftrag ihrer Geschwister geführt; sie erhielt aus dem Verkaufserlös einen Betrag in Höhe von 60.400,00 DM, der Kläger und seine Geschwister D und H K jeweils 53.200,00 DM. Frau A B informierte den Kläger ca. 1 bis 2 Wochen vor dem vereinbarten Notartermin über den bevorstehenden Verkauf. Der Anteil des Klägers wurde ihm auf sein Girokonto bei der KSK Mayen am 06.02.1998 gutgeschrieben. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger auf diesem Konto aus einem ihm von der KSK über mehrere Jahre hinweg eingeräumten Dispositionskredit einen Saldo in Höhe von 9.180,83 DM, den die KSK mit dem Verkaufserlös verrechnete. Von der ihm noch verbliebenen Summe legte der Kläger 8.050,00 DM auf sein Sparbuch und schloss mit Wirkung zum 01.03.1998 bei der Colonia Lebensversicherung eine Rentenversicherung für 30.000,00 DM mit Rentenbeginn 01.03.2018 in Höhe von 330,65 DM oder einer einmaligen Kapitalabfindung in Höhe von 63.011,00 DM ab. Nach der Rentenauskunft der Landesversicherungsanstalt Rheinland - Pfalz vom 28.04.1999 würde die Regelaltersrente des Klägers unter Zugrundelegung des aktuellen Rentenwertes monatlich 459,60 DM betragen.

Nachdem die Beklagte von dem Verkauf der Grundstücksparzellen durch eine anonyme Anzeige erfahren hatte, hob sie mit Bescheid vom 20.07.1999 ihre Entscheidung über die Bewilligung von Alhi ab dem 06.02.1998 bis 13.01.1999 gemäß § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) auf, weil der Kläger wegen des erzielten Verkaufserlöses für 93 Wochen nicht bedürftig sei. Außerdem forderte sie den Kläger gemäß § 50 SGB X in Verbindung mit § 335 Abs 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auf, die überzahlten Leistungen sowie die von ihr entrichteten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in einer Gesamthöhe von 13.872,95 DM zu erstatten. Mit Änderungsbescheid vom 02.09.1999 stellte sie fest, dass der Kläger aufgrund seines Vermögens in Höhe von 53.200,00 DM für einen Zeitraum von 76 Wochen bis zum 22.07.1999 nicht bedürftig gewesen sei; im Übrigen blieb es bei der Ausgangsentscheidung. Den weitergehenden Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 03.09.1999 als unbegründet zurück. Hier führte sie aus, der Kläger verfüge nach Abzug des Freibetrages von 8.000,00 DM noch über ein anrechenbares Vermögen in Höhe von 45.200,00 DM.

Am 15.07.1999 hat der Kläger vor dem Sozialgericht Koblenz (SG) Klage erhoben.

Mit Urteil vom 25.01.2001 hat das SG der Klage stattgegeben und die Bescheide der Beklagte vom 20.07.1999 und 02.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 abgeändert, soweit die Beklagte ihrem Bescheid eine verwertbares Vermögen von mehr als 6.019,17 DM zugrunde gelegt hat.

Gegen das ihr am 27.02.2001 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 16.03.2001 Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 18.11.2002 hat sie ihre Berufung in Höhe von 9.180,83 DM für erledigt erklärt.

Die Beklagte trägt sinngemäß vor:

Der Kläger sei mit einer Anrechnung seines Vermögens in Höhe von 6.019,17 DM einverstanden. Sie erkenne die Schulden, die der Kläger auf seinem Girokonto angesammelt habe, in Höhe von 9.180,83 DM an. Nach Abzug dieser und des Freibetrages in Höhe von 8.000,00 DM hätte sie auch den noch verbliebenen Betrag in Höhe von 30.000,00 DM (53.200,00 DM - 6.019,17 DM - 8.000,00 - 9.180,83 DM) im Rahmen der Bedürftigkeit anrechnen müssen, so dass der Alhi - Bewilligungsbescheid, der diesem Umstand nicht Rechnung trage, insoweit rechtswidrig und daher auch zurückzunehmen sei. Bei den 30.000,00 DM handele es sich auch nicht um ein nicht verwertbares Schonvermögen. Vermögen sei nur dann für die Alterssicherung bestimmt, wenn der Vermögensinhaber eine entsprechende subjektive Zweckbestimmung getroffen habe und diese zudem durch objektive Begleitumstände nachgewiesen werden könne. Eine entsprechende Vermögensdisposition müsse der Vermögensinhaber in jedem Fall vor der Entstehung des Alhi-Anspruchs getroffen haben. Dies sei aber beim Kläger nicht der Fall. Er habe ihr gegenüber auch nie angedeutet, dass er im Falle des Vermögenserwerbs dieses als Alterssicherung anlegen werde. Im Übrigen habe der Kläger seine Mitwirkungspflichten gemäß § 60 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) verletzt und sich zudem arglistig verhalten. Wider besseres Wissen habe er noch bei seiner Antragstellung im Dezember 1997 behauptet, das Grundstück lasse sich weder verkaufen noch belasten.

Die Beklagte beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 25.01.2001 abzuändern und die Klage auch insoweit abzuweisen, als in den Bescheiden vom 20.07.1999 und 02.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 bei der Rücknahme und Festsetzung der Erstattung ein Betrag von 30.000,00 DM nicht als Schonvermögen berücksichtigt worden ist.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor:

Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass im Rahmen der Bedürftigkeit die von ihm in eine private Rentenversicherung eingezahlten 30.000,00 DM angerechnet werden müssten und der diese Summe nicht berücksichtigende Alhi-Bewilligungsbescheid vom 10.02.1999 insoweit rechtswidrig sei. Die 30.000,00 DM seien Schonvermögen und dürften nicht berücksichtigt werden. Es bedürfe in jedem Fall einer zusätzlichen Altersvorsorge, denn durch die bisher erworbenen Rentenanwartschaften bei der LVA Rheinland - Pfalz sei er nicht hinreichend abgesichert. Dass er diese Summe nicht in eine private Lebens- sondern eine Rentenversicherung eingezahlt habe, dürfe ihm nicht zum Nachteil gereichen. Deswegen dürften nach Abzug des zudem zu berücksichtigenden Freibetrages von 8.000,00 DM und der von ihm vorgenommenen Kredittilgung in Höhe von 9.180,83 DM insgesamt nur 6.019,17 DM angerechnet werden. Im Übrigen habe er bis zur Benachrichtigung durch seine Schwester über den bevorstehenden Notartermin von einem anstehenden Verkauf der Grundstücksparzellen nichts gewusst. Die Parzellen habe er auch nicht belasten könne. Dies habe ja auch die KSK bestätigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der den Kläger betreffenden Leistungsakte der Beklagten (Stamm-Nr.54542) Bezug genommen. Er ist Gegenstand der Beratung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Mit Einverständnis der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 124 Sozialgerichtsgesetz - SGG-).

Die zulässige Berufung der Beklagten ist nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht im Ergebnis die angefochtenen Bescheide teilweise abgeändert. Die Bescheide vom 20.07.1999 und 02.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 sind rechtswidrig, soweit die Beklagte bei der Aufhebung des Alhi-Bewilligungsbescheides vom 10.02.1999 und der Festsetzung der Erstattung einen Betrag von über 6.019,17 DM im Rahmen der Bedürftigkeit angerechnet hat. Die Voraussetzungen für die Rücknahme des Alhi–Bewilligungsbescheides sind insoweit nicht erfüllt.

Rechtsgrundlage für die Aufhebungsbescheide vom 20.07.1999 und 02.09.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 03.09.1999 ist § 45 SGB X i.V.m. § 300 Abs 2 SGB III.

Nach § 45 Abs. 1 SGB X darf ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat, im Falle seiner Rechtswidrigkeit nur unter den Einschränkungen der Abs. 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Abs. 2 Satz 1 dieser Vorschrift darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Der Begünstigte kann sich nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X auf sein Vertrauen in den Bestand des Verwaltungsaktes allerdings nicht berufen, wenn der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat.

Die Beklagte durfte den Kläger begünstigenden Bewilligungsbescheid vom 10.02.1998 danach nicht zurücknehmen. Der Bewilligungsbescheid war bei seinem Erlass bezüglich der im Rahmen der Bedürftigkeit vorzunehmenden Anrechnung der hier streitigen 30.000,00 DM nicht teilweise rechtswidrig. Dem Kläger stand Alhi nach Ablauf des sich aus der Anrechnung der 6.019,17 DM ergebenden Zeitraumes von 10 Wochen (6.019,17 DM: 590 ) zu, denn nach Ablauf des ab dem 09.01.1998, also dem Zeitpunkt des Abschlusses des notariellen Kaufvertrages, der dem Kläger einen Anspruch auf 53.200,00 DM zuerkannte, beginnenden Zeitraums von 10 Wochen, war der Kläger wieder bedürftig. Ein über diese Summe von 6.019,17 DM hinausgehendes und bei der Bedürftigkeitsprüfung anzurechnendes Vermögen besaß er nicht.

Deswegen erübrigen sich auch Ausführungen zu der Frage, ob der Verwaltungsakt auf Angaben beruhte, die der Kläger zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X) oder ob er entgegen seiner aus § 60 Abs 1 Nr. 2 SGB I resultierenden Mitwirkungspflicht keine Mitteilung über die sich nach seiner Antragstellung durch den Abschluss des notariellen Kaufvertrages eingetretenen geänderten Sachlage gemacht hat.

Anspruch auf Alhi haben nach § 190 Abs. 1 SGB III Arbeitnehmer, die arbeitslos sind, sich arbeitslos gemeldet haben, keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben, aber die besonderen Anspruchsvoraussetzungen für Alhi im Sinne des § 191 SGB III erfüllen und bedürftig sind. Der Kläger erfüllt sämtliche Anspruchsvoraussetzungen. Auch das zwischen den Beteiligten allein streitige Tatbestandsmerkmal der Bedürftigkeit ist vorliegend erfüllt.

Bedürftig ist nach § 193 Abs. 1 SGB III ein Arbeitsloser, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das zu berücksichtigende Einkommen die Alhi nicht erreicht. Als Einkommen sind nach § 194 Abs. 1 SGB III zu berücksichtigen eigene Einnahmen des Arbeitslosen sowie Einkommen des Ehegatten. Nach § 6 Abs 1 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiVO) in der Fassung der Fünften Verordnung zur Änderung der Arbeitslosenhilfe-Verordnung vom 25.09.1998 ist bei der Bedürfnisprüfung Vermögen des Arbeitslosen zu berücksichtigen, soweit es verwertbar und die Verwertung zumutbar ist und der Wert des Vermögens, dessen Verwertung zumutbar ist, 8.000,00 DM übersteigt. Bedürftigkeit besteht nicht für die Zahl voller Wochen, die sich aus der Teilung des zu berücksichtigenden Vermögens durch das Arbeitsentgelt ergibt, nach dem sich die Alhi richtet (§ 9 AlhiVO).

Für die Frage, welches Vermögen beim Arbeitslosen vorhanden ist, ist auf den gesamten Zeitraum, für den Alhi beansprucht wird, abzustellen (BSG, Urteil vom 25.03.1999 - Az.: B 7 AL 28/98 R = NZS 2000, 152), hier also auf den Zeitraum, der sich nach Ablauf der sich durch die Anrechnung eines Betrages von 6.019,17 DM ablaufenden 10 Wochen, gerechnet ab dem 09.01.1998, ergibt.

Zwar verfügte der Kläger zu diesem Zeitpunkt aus dem Verkauf der in seinem Miteigentum stehenden Grundstücksparzellen über ein Gesamtbarvermögen in Höhe von 53.200,00 DM, denn mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages hatte er einen entsprechenden schuldrechtlichen Anspruch erworben. Hiervon ist jedoch der Freibetrag von 8.000,00 DM gemäß § 6 Abs 1 AlhiVO sowie der - von der Beklagten im Berufungsverfahren auch anerkannte - zur Schuldentilgung bei der KSK Mayen eingesetzte Betrag von 9.180,83 DM abzuziehen, denn mit Abschluss des notariellen Kaufvertrages hatte er einen entsprechenden schuldrechtlichen Anspruch erworben.

Aber auch die danach noch verbliebenen 30.000,00 DM (53.200,00 - 8.000,00 - 9.180,83 - 6.019,17) sind nicht verwertbar, denn hierbei handelt es sich um Schonvermögen im Sinne des § 6 Abs 3 S 2 Nr. 3 AlhiVO. Dieses Vermögen diente der Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung des Klägers.

Die vom Kläger behauptete subjektive Zweckbestimmung steht auch mit den objektiven Begleitumständen in Einklang. Der Kläger hat die streitige Summe unmittelbar nach Erhalt in eine private Rentenversicherung eingezahlt; die Leistungen werden nach Vollendung seines 60. Lebensjahres am 01.03.2018 fällig. Wegen der beruflichen Situation des in seiner Leistungsfähigkeit eingeschränkten Klägers, der allgemeinen Arbeitsmarktsituation und seiner bei der LVA Rheinland-Pfalz erworbenen geringen Rentenanwartschaften von 459,60 DM monatlich bedurfte der Kläger auch einer zusätzlichen Absicherung.

Das der Kläger diese subjektive Zweckbestimmung erst während seiner Arbeitslosigkeit getroffen und einen entsprechenden Vertrag bei der Colonia Lebensversicherung AG abgeschlossen hat, steht der Anerkennung dieser Summe als Schonvermögen im Sinne des § 6 Abs 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiVO nicht entgegen (aA wohl LSG Hessen, Urteil vom 14.03.01 -L 6 AL 108/00-).

Die Auffassung der Beklagten, Schonvermögen in diesem Sinne könne nur dann bejaht werden, wenn der Arbeitslose die entsprechende Vermögensdisposition vor der Entstehung seines Alhi-Anspruchs getroffen habe, teilt der Senat nicht generell. Vielmehr kommt es auf die Umstände des Einzelfalles an. Die Auffassung der Beklagten dürfte für die Fälle gelten, in denen der Arbeitslose bereits vor Eintritt seines Versicherungsfalles über entsprechendes Vermögen verfügt hat und eine alterssichernde Vermögensdisposition hätte treffen können. Nähme er in dieser Fallkonstellation eine entsprechende Vermögensdisposition erst nach oder bei Entstehung seines Alhi-Anspruchs vor, könnte vieles dafür sprechen, dass er seine Bedürftigkeit bewusst herbeiführen möchte. Die Sachlage kann jedoch anders zu beurteilen sein, wenn der Arbeitslose erst im laufenden Leistungsbezug unerwartet beispielsweise durch einen Lottogewinn, Erbschaft, Schenkung oä zu Vermögen kommt, er - wie der Kläger - aufgrund seiner bisherigen beruflichen und sozialen Situation eine entsprechende Altersvorsorge nicht hat treffen können und er unter Zugrundelegung objektiver Maßstäbe einer zusätzlichen privaten Altersvorsorge bedarf.

In diesen Fällen kann auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des BSG vom 25.03.1999 - Az.: B 7 AL 28/98 R - für die Verneinung des Schonvermögens nicht allein mit dem Wortsinn des Begriffs "Aufrechterhaltung" argumentiert werden. Der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt ist mit dem vorliegenden nicht zu vergleichen, denn in diesem Fall verfügte der Kläger über das zum Alterswohnsitz bestimmte Hausgrundstück bereits vor seiner Arbeitslosigkeit.

Eine sich ausschließlich am Wortlaut der Vorschrift orientierende Betrachtung ist zu eng; sie würde zu unbilligen und willkürlichen Ergebnissen führen und den besonderen Lebensumständen des Betroffenen nicht Rechnung tragen. In den zu § 6 AlhiVO ergangenen Entscheidungen hat das BSG insoweit darauf hingewiesen, dass eine die gesetzliche Altersrente ergänzende - private - Alterssicherung einem verbreiteten Bedürfnis entspreche und auch politisch befürwortet werde (vgl ua SozR 3-4220 § 6 Nr. 4 S 7 f; SozR 3-4100 § 137 Nr. 7 S 63). Jeder Einzelne soll sich gegen das Risiko des Alters (und der Invalidität) mehrfach absichern, und zwar durch die Kombination aus privater und sozialer Vorsorge; letztlich soll der Arbeitslose durch die Verwertung seines Vermögens nicht in die Lage gebracht werden, irgendwann einmal staatliche Hilfe zur Aufrechterhaltung seines Unterhalts in Anspruch nehmen zu müssen (so BSG, Urteil vom 22.10.1998 -Az.: B 7 AL 118/97 R-; vgl auch Fuchs, SGb 1994, S 292 f).

Ausgehend von diesen Zielvorgaben kann es indes nicht zu Lasten des Arbeitslosen gehen, wenn er - wie hier - während eines Leistungsfalles aufgrund eines unerwarteten Vermögenszuflusses erstmals in die Lage versetzt wird, jedenfalls einen Teil dieses Vermögens für seine angemessene Alterssicherung anzulegen. Nur diese Auslegung wird dem Sinn und Zweck des privilegierten Schonvermögens und der im Rahmen des § 6 Abs 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiVO zu beachtenden politischen Vorgabe, dass zur angemessenen Alterssicherung allgemein auch eine ergänzende (private) Vorsorge gehöre, gerecht. Dies um so mehr, als eine Forderung nach einer vor Eintritt des Leistungsfalles zu erfolgenden Vermögensdisposition nur dann gerechtfertigt ist, wenn die Lebenssituation des Betroffenen dies zugelassen hätte. Einer in diesen Fällen von der Beklagten durchaus zu Recht befürchteten Missbrauchsgefahr kann regelmäßig durch die erforderliche Prüfung, ob das für die Altersvorsorge bestimmte Vermögen einer "angemessenen" Alterssicherung dient, begegnet werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nach § 160 Abs 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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