L 6/1 Ar 79/96

Land
Saarland
Sozialgericht
LSG für das Saarland
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG für das Saarland (SAA)
Aktenzeichen
S 13 Ar 117/95
Datum
2. Instanz
LSG für das Saarland
Aktenzeichen
L 6/1 Ar 79/96
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Erreichbarkeit und damit Verfügbarkeit im Sinne von § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AFG i.V.m. § 1 der Aufenthalts-Anordnung (hier in der Fassung vom 24. März 1993) ist nicht allein deshalb zu verneinen, wenn unter der vom Arbeitslosen angegebenen Anschrift weder ein mit dem Namen des Arbeitslosen versehener Briefkasten noch ein solches Klingelschild vorhanden ist, sofern sich der Arbeitslose tatsächlich während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm angegebenen Anschrift aufhält und seit Monaten problemlos von der Post auch erreicht wird.
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 02. Mai 1996 wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat auch die dem Kläger im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
3. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger auch für die Zeit vom 27. Dezember 1994 bis zum 22. Januar 1995 Anspruch auf Arbeitslosengeld hat. Streitig ist hierbei insbesondere, ob der Kläger in dieser Zeit verfügbar war.

Mit einem am 27. Dezember 1994 bei der Beklagten eingegangenen Antrag begehrte der am xxxxx geborene Kläger Arbeitslosengeld. Beschäftigt war er zuvor in der Zeit vom 22. Juli 1991 bis zum 10. Februar 1992 und vom 03. Juni 1992 bis zum 30. November 1992 als Verpacker bei einer Firma xx GmbH & Co KG, L ... Vom 27. Oktober 1993 bis zum 20. Dezember 1994 war er in der Justizvollzugsanstalt inhaftiert und hat dort für die Zeit vom 20. Februar bis zum 20. Dezember 1994 beitragspflichtige Zeiträume zurückgelegt.

Zur Zeit der Antragstellung war er unter der Anschrift L. Straße 23 in S. wohnhaft, und zwar wohnte er bei einer Frau G ... Einen eigenen Briefkasten und ein eigenes Namensschild hatte er an dem Anwesen nicht. Bei der Beantragung von Arbeitslosengeld gab er diese Anschrift an, wobei in dem von Bediensteten des Arbeitsamtes ausgefüllten und von ihm unterschriebenen Antragsformular die Rubrik "falls in Untermiete, bei wem" unausgefüllt blieb. Ein an den Kläger unter der oben angegebenen Anschrift gerichtetes Schreiben des Arbeitsamtes kam mit dem Vermerk "unbekannt" am 30. Dezember 1994 zurück. Mit Bescheid vom 16. Januar 1995 lehnte die Beklagte die Gewährung von Arbeitslosengeld ab, da es an der Verfügbarkeit des Klägers für die Arbeitsvermittlung fehle; denn das Arbeitsamt habe ihn unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift nicht erreichen können.

Der hiergegen gerichtete Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 03. März 1995 zurückgewiesen, da es an der Verfügbarkeit des Klägers gefehlt habe; denn eine postordnungsgemäße Zustellung an den Kläger sei damals nicht möglich gewesen.

Arbeitslosengeld wurde ihm wiederbewilligt mit Bescheid vom 17. Februar 1995 für die Zeit ab 06. Februar 1995, nachdem der Kläger ein Namensschild und einen Briefkasten an seiner Wohnung angebracht hatte. Der Leistungssatz der ihm gewährten Arbeitslosenhilfe betrug wöchentlich 260,40 DM. Zuvor, für die Zeit ab 29. Dezember 1994, erhielt der Kläger laut einer Mitteilung des Sozialamtes der Stadt S. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes, da eine rechtzeitige Zahlung durch das Arbeitsamt nicht erfolgt sei.

Im Verlauf des Klageverfahrens hat die Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben, wonach dem Kläger Arbeitslosengeld bereits ab dem 23. Januar 1995 gewährt wird; der Kläger hat das Teilanerkenntnis angenommen.

Der gegen den Ablehnungsbescheid und auf Gewährung von Arbeitslosengeld (zuletzt für die Zeit vom 27. Dezember 1994 bis zum 22. Januar 1995) gerichteten Klage hat das Sozialgericht für das Saarland (SG) durch Urteil vom 02. Mai 1996 stattgegeben.

Es hat seine Entscheidung im wesentlichen darauf gestützt, daß der Kläger entgegen der im Ablehnungsbescheid gegebenen Begründung der Arbeitsvermittlung sehr wohl zur Verfügung gestanden habe; er habe unstreitig durchgehend im Anwesen L.Straße 23 in S. gewohnt, wie er es auch in seinem Leistungsantrag angegeben habe; persönlich sei er somit unter dieser Anschrift durchgehend erreichbar gewesen; er sei entgegen der Auffassung der Beklagten dort auch postalisch erreichbar gewesen; die postalische Erreichbarkeit des Klägers könne nicht deshalb verneint werden, weil der zuständige Briefträger am 30. Dezember 1994 ein von der Beklagten an den Kläger gerichtetes Schreiben mit dem Vermerk "unbekannt" zurück geschickt habe; Grund für diese Rücksendung sei allein die Tatsache gewesen, daß nach Mitteilung der Post vom 07. Februar 1995 der Kläger zwar in der L.Straße 23 in Untermiete bei Frau G. gewohnt habe, bis dahin aber keine Klingel und keinen Briefkasten mit seinem Namen gekennzeichnet habe; bereits zuvor sei aber am 23. Januar 1995 ein Schreiben des früheren Arbeitgebers des Klägers bei der Beklagten eingegangen, auf dem ersichtlich gewesen sei, daß der Kläger bei Frau G. unter der angegebenen Anschrift wohnhaft sei; ab diesem Zeitpunkt sei der Beklagten die vollständige Anschrift des Klägers bekannt gewesen; dementsprechend sei dann auch im Termin vom 02. Mai 1996 ein Teilanerkenntnis abgegeben worden; es sei zwar richtig, daß in dem Antrag des Klägers vom 27. Dezember 1994 bei der Frage "falls in Untermiete, bei wem" keine Angaben eingetragen seien; die Kammer sei jedoch der Auffassung, daß dies dem Kläger nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, zumal die dort eingetragenen Angaben nicht von ihm stammten, sondern mit der Maschine vom Arbeitsamt eingegeben worden seien, und in keiner Weise ersichtlich sei, ob der Kläger dabei nach dem Bestehen eines Untermietverhältnisses befragt worden sei; hierfür bestehe um so mehr Veranlassung, als auch in dem Antrag vom 06. Februar 1995 bei derselben Frage keine Angaben gemacht seien, obwohl der Beklagten gerade zu jenem Zeitpunkt bekannt gewesen sei, daß der Kläger in Untermiete gewohnt habe; bei alldem könne auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß der Kläger italienischer Staatsangehöriger und der deutschen Sprache nicht in vollem Umfange mächtig sei. Des weiteren hat das SG ausgeführt, aus all diesen Umständen könne entgegen der Meinung der Beklagten nicht abgeleitet werden, daß der Kläger postalisch nicht erreichbar gewesen sei, zumal er unwiderlegbar vorgetragen habe, daß er seit dem 01. März 1993 unter der von ihm genannten Anschrift gemeldet und diese Anschrift auch dem Postzusteller bekannt gewesen sei und es daher in der Vergangenheit keine Probleme mit der Zustellung gegeben habe; unverständlich sei daher für das Gericht, daß der Briefträger gerade am 30. Dezember 1994 das Schreiben des Arbeitsamtes vom 28. Dezember 1994 mit dem Vermerk "unbekannt" zurückgeschickt habe; die Kammer gehe vielmehr nach den Umständen des Falles davon aus, daß der Kläger in dem streitigen Zeitraum zweifellos persönlich unter der von ihm angegebenen Anschrift erreichbar gewesen sei und daß dies auch für die postalische Erreichbarkeit gelte.

Gegen dieses ihr am 15. Mai 1996 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem am 13. Juni 1996 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt.

Zur Begründung trägt sie vor, Verfügbarkeit liege nach ihrer Auffassung nur dann vor, wenn das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamtes maßgeblichen Anschrift (Wohnanschrift) täglich erreichen könne; der Kläger sei zwar unter der von ihm angegebenen Adresse wohnhaft, aber nicht postalisch erreichbar gewesen, da weder an der Haustür des Klägers ein Namensschild noch ein Briefkasten mit dem Namen des Klägers angebracht gewesen sei; erst am 23. Januar 1995 sei ihr, der Beklagten, bekannt geworden, daß der Kläger unter der angegebenen Adresse in Untermiete wohne; die im Antragsvordruck dahingehende Frage habe der Kläger nicht beantwortet; der Auffassung des SG, daß dem Kläger dies nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, zumal die gemachten Adreßangaben maschinell vom Arbeitsamt eingegeben worden seien, könne nicht gefolgt werden; letztendlich habe der Kläger mit seiner Unterschrift am 27. Dezember 1994 bestätigt, daß die gemachten Angaben - also ohne Eintrag hinsichtlich des Untermietverhältnisses - zutreffend seien, was sich im nachhinein als nicht richtig erwiesen habe; auch bei Mithilfe durch einen Bediensteten des Arbeitsamtes beim Ausfüllen des Antragsformulars trage letztendlich allein der Unterzeichner die Verantwortung für die Eintragung; es könne auch nicht darauf ankommen, daß der Kläger jedenfalls von einem Teil der Briefträger erreicht worden sei; die postalische Erreichbarkeit dürfe gerade nicht von zufälligen Konstellationen bezüglich des Einsatzes verschiedener Briefträger abhängen; dementsprechend sei es Sache des Klägers gewesen, dafür zu sorgen, daß ein Namensschild an der Haustürklingel bzw. ein Namensschild an dem Briefkasten unter der von ihm benannten Anschrift angebracht würde; dies entspreche auch der Auffassung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz, zum Ausdruck gekommen in einem Urteil vom 22. Februar 1994 - L 1 Ar 56/92 -; in diesem Rechtsstreit sei sowohl auf dem Klingelschild als auch auf dem Briefkasten der Namen des Klägers überklebt worden, wodurch es zu einem Postrücklauf gekommen sei; das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz habe in diesem Rechtsstreit festgestellt, daß der dortige Kläger nicht mehr erreichbar gewesen sei und die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt habe, da zur Verfügbarkeit die ordnungsgemäße Wohn- und Anmeldeverhältnisse gehörten, aber auch eine Beschilderung der Klingel und Briefkasten sowie tägliche Leerung des Briefkastens; das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz habe darüber hinaus in einem Urteil vom 15. September 1995 - L 7 Ar 86/94 - die Auffassung vertreten, um die dem Zweck der Residenzpflicht entsprechende Erreichbarkeit sicherzustellen, sei es erforderlich, daß der Arbeitslose, insbesondere nach einem Umzug, durch ein Namensschild an der Wohnungstür oder einem vorhandenen Briefkasten sicherstellt, daß die Briefpost ihn täglich ohne Verzögerung erreicht; wohne er zur Untermiete und habe kein eigenes Namensschild an der Wohnungstür oder dem Briefkasten, müsse er durch entsprechende Angaben zu seiner Anschrift die reibungslose Postzustellung ermöglichen; die Zustellung von Arbeitsangeboten dürfe nicht zu einem Herumsuchen und Herumrätseln für den Briefträger führen, sondern müsse schnell und effektiv möglich sein; auf die Frage der wirklichen Anwesenheit des Klägers komme es bei dieser Rechtsauffassung nicht mehr an. Zuletzt hat die Beklagte noch ausgeführt, es komme auch nicht darauf an, ob zwischen dem Kläger und der Frau G. tatsächlich ein Untermietverhältnis bestanden oder ob der Kläger umsonst dort gewohnt habe; eventuelle sprachliche Schwierigkeiten bei der Kenntnisnahme des Antragsvordruckes, soweit solche bestanden haben sollten, könnten den Kläger nicht entlasten, da er in jedem Fall den Antrag korrekt auszufüllen habe, eventuell durch Hinzuziehung eines Dolmetschers.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts für das Saarland vom 02. Mai 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger, der dem Termin zur mündlichen Verhandlung ferngeblieben war, begehrt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt das angefochtene Urteil und betont, seine Anschrift sei dem Postzusteller seit März 1993 bekannt gewesen, so daß es in der Vergangenheit auch keinerlei Zustellungsprobleme gegeben habe; auch die Tatsache, daß im Antragsformular die Frage nach einem Untermietverhältnis nicht beantwortet worden sei, könne nicht ausschlaggebend sein; auf keinen Fall könne sie aber ihm, dem Kläger, mit den in Rede stehenden Rechtsfolgen angelastet werden; der Antrag sei seinerzeit maschinell aufgenommen worden; eine Frage nach dem Bestehen eines Untermietverhältnisses sei ihm nicht bewußt; möglicherweise würde er sie auch nicht verstanden haben, da er als italienischer Staatsangehöriger der deutschen Sprache nicht in vollem Umfange mächtig sei und auch nicht erkannt habe, daß diese Frage auf die postalische Erreichbarkeit abziele; rechtlich gesehen habe nämlich kein Untermietverhältnis bestanden, da ihm Frau G. ohne Abschluß eines Mietvertrages unentgeltlich Wohnung gewährt habe; so gesehen habe er das Vorliegen eines Untermietverhältnisses also sogar verneinen müssen.

Hinsichtlich des weiteren Parteivorbringens und des sonstigen Verfahrensganges wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Es wird Bezug genommen auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten zur Stamm-Nr. xxxxxx; die Beiakte war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist auch nicht beschränkt nach § 144 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Angesichts eines streitigen Zeit- raumes von 27 Tagen und eines Leistungssatzes pro Woche von 260,04 DM wird die für die Beschränkung der Berufung maßgebliche 1.000,- DM-Grenze über- schritten. Im übrigen haben sich zur Zulässigkeit keine Bedenken ergeben.

Die Berufung ist hingegen unbegründet. Der Senat sieht, da er die Berufung aus den Gründen der angerufenen Entscheidung als unbegründet zurückweist, gemäß § 153 Abs. 2 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Zur Klarstellung und im Hinblick auf die im Berufungsverfahren dezidierter dargestellte Rechtsauffassung der Beklagten ist lediglich noch folgendes auszuführen:

Der rechtlichen Würdigung liegt § 103 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zugrunde, wonach der Arbeitsvermittlung nur derjenige zur Verfügung steht, der das Arbeitsamt täglich aufsuchen kann und für das Arbeitsamt erreichbar ist. Gemäß § 1 der auf der Ermächtigungsgrundlage der §§ 103 Abs. 5 Satz 1, 191 Abs. 3 AFG erlassenen Anordnung des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeit über den Aufenthalt von Arbeitslosen während des Leistungsbezuges (Aufenthalts-Anordnung) vom 03. Oktober 1979 in der hier maßgeblichen Fassung der 3. Änderungsanordnung zur Aufenthalts-Anordnung vom 24. März 1993 (Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit 1993, S. 769) sind diese Voraussetzungen nur gegeben, wenn das Arbeitsamt den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost unter der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des Arbeitsamts maßgeblichen Anschrift erreichen kann.

Das war hier der Fall. Entscheidend ist, daß ein Arbeitsloser von den Bediensteten des Arbeitsamtes täglich zumindest während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich unter der angegebenen Anschrift angetroffen werden kann (Urteile des Bundessozialgerichts - BSG - vom 11. Januar 1990 - 7 RAr 54/88 - und vom 29. Juli 1992 - 11 RAr 15/92 - sowie SozR 4100 § 103 Nr. 47). Hierbei kommt es auf die Gestaltung des Einzelfalles an mit der Folge, daß je nach Fallage nicht einmal erforderlich ist, daß der Arbeitslose unter der angegebenen Postanschrift wohnt (Urteil des angerufenen Gerichts vom 30. Oktober 1987 - L 2 Ar 5/86 -), wenn er sich in unmittelbarer Nähe aufhält, gerufen werden und sofort erscheinen kann. Maßgeblich ist eben die tägliche Erreichbarkeit zur Zeit des Posteingangs, so daß - umgekehrt - ein gelegentliches Abholen der Post oder der Nachsendeauftrag die oben genannten Voraussetzungen nicht herbeiführen (Urteil des angerufenen Gerichts vom 02. Oktober 1990 - L 2 Ar 12/89 -). Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt es nicht darauf an, ob ein Klingelschild und ein Briefkasten unter der angegebenen Anschrift angebracht sind. So kann ein Leistungsempfänger etwa in einem Hotel oder einem Internat untergebracht sein, wo solche Voraussetzungen zweifelsfrei nicht gegeben sind und Erreichbarkeit gleichwohl zu bejahen ist (vgl. hierzu Steinmeyer in Gagel, AFG, § 103 Anm. 16 ff.). Dem Senat sind auch Fälle bekannt, in denen die Leistungsempfänger auf einem Camping-Platz wohnten - ebenfalls ohne Briefkasten und Klingelschild. Der Beklagten ist allerdings darin zuzustimmen, daß weder ihren Bediensteten noch den Bediensteten der Post langes Suchen zuzumuten ist; jedoch muß es Sinn und Zweck der Vorschrift genügen, daß ein persönliches Antreffen des Leistungsempfängers gewährleistet ist, wenn beispielsweise auf Klingeln geöffnet wird. Daran, daß der Kläger in dieser Weise erreichbar war, haben sich keine Zweifel ergeben, zumal ihm nach seinem schlüssigen, auch von der Beklagten nicht angegriffenen Vortrag die Post seit März 1993 problemlos zuging. Die von der Beklagten herangezogene Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. Februar 1994 kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Der dort gegebene Sachverhalt, daß der - vorhanden gewesene - Name auf dem Klingelschild und dem Briefkasten überklebt wird, war geeignet, den Eindruck zu erwecken, daß der dortige Leistungsempfänger verzogen war, so daß sich sowohl für Bedienstete der Beklagten als auch für solche der Post eine andere Lage darstellte und weitere Ermittlungen über den Aufenthalt erforderlich erscheinen ließ. Bei - wie hier - seit Monaten funktionierendem Postzugang kann auch nicht zusätzlich zur Angabe der richtigen Anschrift das Anbringen eines Klingelschildes und eines Briefkastens zur Auflage gemacht werden. Insoweit folgt der Senat auch nicht der Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 15. September 1995. Eine solche Verpflichtung ist weder in der Aufenthalts-Anordnung noch sonstwo statuiert. Darüber hinaus wäre der Kläger über weitergehende Pflichten zu belehren gewesen. Auch dies war hier nicht der Fall. Selbst wenn man die Frage nach einem Untermietverhältnis (die der Kläger im übrigen bei kostenfreier Überlassung des ihm zur Verfügung gestellten Wohnraums zu Recht verneint hat) auch als eine Belehrung verstehen wollte, wäre damit nichts über eine Pflicht zur Anbringung von Namensschildern pp. ausgesagt.

Die Berufung konnte nach alledem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war zuzulassen. Der Senat hat der Sache sowohl angesichts der entgegenstehenden Rechtsprechung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz grundsätzliche Bedeutung beigemessen als auch im Hinblick darauf, daß höchstrichterliche Rechtsprechung zur Frage des Anbringens von Namensschildern pp. als Voraussetzung für die Erreichbarkeit im Sinne des § 103 AFG nicht vorliegt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).
Rechtskraft
Aus
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