L 7 R 182/14

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Itzehoe (SHS)
Aktenzeichen
S 3 R 348/11
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 7 R 182/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Beiträge für eine Nachversicherung sind gemäß § 184 As. 2 Satz 1 SGB VI aufgeschoben, bis die oder der Versicherte aus der nachfolgenden beitragsfreien Beschäftigung mit einer Versorgungsanwartschaft ausscheidet. Die Beurlaubung unter Fortfall der Dienstbezüge ist noch kein Ausscheiden in diesem Sinne.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 23. Oktober 2014 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 einen Anspruch auf Nachversicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung hat.

Die 1949 geborene Klägerin studierte Erziehungswissenschaften und absolvierte im Juli 1976 die erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien. Anschließend wurde sie von der Beigeladenen mit Wirkung zum 1. August 1976 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Wiederruf in den Vorbereitungsdienst und ab 1. Februar 1978 als Beamtin auf Probe zur Studienrätin zur Anstellung ernannt. Zum 31. Januar 1979 schied sie aus dem Landesdienst der Beigeladenen aus. Die Beigeladene teilte der Klägerin und der Beklagten am 29. Januar 1979 mit, dass die Nachversicherung in der Rentenversicherung aufgeschoben werde. Ab 1. Februar 1979 bis 31. Juli 1980 war die Klägerin für das Land S -H als Studienrätin zur Anstellung tätig. Mit Wirkung zum 31. Juli 1992 wurde sie auf ihren Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis bei dem Land S -H entlassen. Das Land S -H versicherte die Klägerin daraufhin für die Zeit vom 01. Februar 1979 bis 31. Juli 1980 nach.

Am 15. Dezember 2010 beantragte die Klägerin die Kontenklärung. Im Rahmen der Prüfung wandte die Beklagte sich an das Zentrum für Personaldienste (ZPD) der Beigeladenen mit der Bitte um Prüfung der Nachversicherung der Klägerin für die Zeit vom 01. August 1976 bis 31. Januar 1979. Die Beigeladene berief sich mit Schreiben vom 07. Juni 2011 auf die Verjährung. Zwar sei die Klägerin infolge einer Versetzung ab dem 01. Februar 1979 unmittelbar in eine versicherungsfreie Folgebeschäftigung bei dem Land S -H übergetreten und es sei auch nach dem damals geltenden § 125 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) eine Aufschubentscheidung getroffen worden. Diese habe jedoch wegen des Ausscheidens aus der Vollbeschäftigung mit Ablauf des 31. Juli 1980 ihre Rechtswirkung verloren, da der Grund für den Aufschub weggefallen sei. Die Fälligkeit der Beiträge sei somit infolge der Aufschubentscheidung am 01. August 1980 eingetreten. Zwischenzeitlich sei auch die 30-jährige Verjährungsfrist abgelaufen. Im Übrigen habe der Rentenversicherungsträger die Verpflichtung, die getroffene Entscheidung über den Aufschub zu prüfen bzw. es hätten die Beiträge durch einen Forderungsbescheid geltend gemacht werden müssen, weil keine weitere Aufschubentscheidung vorgelegen habe.

Mit Bescheid vom 14. Juli 2011 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 nicht als Beitragszeit berücksichtigt werden könne, da der Beitragsanspruch verjährt und der Dienstherr der Klägerin nicht bereit sei, die Nachversicherungsbeiträge zu zahlen.

Dagegen legte die Klägerin am 18. Juli 2011 Widerspruch ein und trug vor, ihr sei nicht verständlich, warum die Beigeladene nicht wie jeder andere Arbeitgeber auch verpflichtet sei Sozialabgaben zu leisten. Sie habe von den Vorgängen keinerlei Kenntnis gehabt.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26. Oktober 2011 zurück. Die Nachversicherung gemäß § 233 Abs. 1 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) in Verbindung mit § 9 AVG für die im Beamtenverhältnis verbrachte Dienstzeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 sei zu Recht abgelehnt worden, da die Beigeladene als ehemaliger Dienstherr der Klägerin die Einrede der Verjährung geltend gemacht habe. Die Nachversicherungsbeiträge würden grundsätzlich mit dem Folgetag des unversicherten Ausscheidens fällig werden. Erteile jedoch der Nachversicherungsschuldner eine Aufschubbescheinigung, werde seine Nachversicherungsschuld erst mit dem unversorgten Ausscheiden beim nächsten Dienstherrn fällig, sofern dieser nicht wiederum eine Aufschubbescheinigung erteile. Nach den vorliegenden Unterlagen sei der Klägerin eine Ausfertigung der Aufschubbescheinigung für die streitige Zeit übersandt worden. Die Nachversicherungsbeiträge für die streitige Zeit seien am Folgetag des Ausscheidens beim letzten Dienstherrn, dem Land S -H , am 1. August 1980 fällig gewesen. Von dem Ausscheiden der Klägerin beim Land S -H hätte die Beigeladene nur durch Mitteilung der Klägerin oder des Landes S -H Kenntnis erlangen können. Daher habe sie die Beiträge nicht vorsätzlich nicht gezahlt. Die vierjährige Verjährungsfrist habe am 31. Dezember 1984 geendet. Selbst wenn die Beiträge seitens der Beigeladenen vorsätzlich vorenthalten worden wären, wäre auch die 30-jährige Verjährungsfrist abgelaufen. Nach § 281 Abs. 2 SGB VI sei eine Anrechnung von Zeiten der Nachversicherung als Beitragszeit ohne tatsächliche Zahlung von Beiträgen nicht zulässig. Daher sei auch eine Nachversicherung im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches nicht möglich.

Dagegen hat die Klägerin mit Schreiben vom 5. November 2011 bei dem Sozialgericht Itzehoe Klage erhoben und diese im Wesentlichen damit begründet, dass die von der Verfassung festgeschriebene Fürsorgepflicht des Staates für seine Beamtinnen und Beamten auch für Zeiten nach dem Ausscheiden aus einem Beamtenverhältnis bestehen bleibe. Die unterbliebene Entrichtung der Beiträge sei zumindest auf ein Organisationsdefizit bei der Beigeladenen zurückzuführen. Die Beigeladene könne sich nach Treu und Glauben nicht auf die Einrede der Verjährung berufen. Es habe Fälle gegeben, in denen die Beigeladene trotz Verjährung Beiträge nachentrichtet und die Beklagte diese angenommen habe. Die Beklagte sei zur Einforderung der Beiträge verpflichtet. Sie – die Klägerin - habe weder eine Renteninformation der Beklagten und noch eine Information der Beigeladenen erhalten. Sie berufe sich auf § 277 Satz 2 SGB VI, wonach vor dem 1.Januar 1992 ausgestellte alte Aufschubbescheinigungen zur Fälligkeit zum 1. Januar 1992 führen würden. Daher gehe die Verjährungseinrede im Hinblick auf die 30-jährige Frist ins Leere. Bis zum 31. Dezember 1991 seien auch Zeiten ohne Zahlung von Beiträgen nachversichert worden. Die Klägerin hat die rückwirkende Änderung der Gesetzeslage beanstandet.

Die Klägerin hat beantragt,

1. den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2011 aufzuheben,

2. die Beklagte zu verpflichten, die für die Nachversicherung notwendigen Beiträge für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 von der Beigeladenen einzuziehen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid wiederholt und vertieft. Sie hat ausgeführt, die Beigeladene habe kein freiwilliges Beitragsangebot unterbreitet. Nur in solchen Fällen hätte sie – die Beklagte - die Möglichkeit, dieses anzunehmen und eine entsprechende Nachversicherung vorzunehmen. Die Regelung des § 277 Satz 2 SGB VI finde schon deshalb keine Anwendung, da die Nachversicherungsbeiträge bereits am 1. August 1980 fällig geworden seien.

Die Beigeladene hat sich den Ausführungen der Beklagten angeschlossen. Sie habe über den Zeitraum von mehr als 30 Jahren keine Kenntnis von dem Ausscheiden der Klägerin aus der versicherungsfreien Folgebeschäftigung gehabt, sodass ihr kein Organisationsdefizit vorgeworfen werden könne. Nunmehr stehe das Leistungsverweigerungsrecht der Verjährung in Verbindung mit den Vorschriften des Landeshaushaltsrechts einer Beitragszahlung entgegen.

Das Sozialgericht Itzehoe hat die Klage mit Urteil vom 23. Oktober 2014 abgewiesen. Es hat ausgeführt, dass sich die Klägerin zu Recht gegen die Beklagte gewandt habe, diese jedoch nicht verpflichtet sei, Nachversicherungsbeiträge von der Beigeladenen anzufordern, da dieser Anspruch wegen Verjährung nicht mehr durchsetzbar sei.

Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 21. November 2014 zugestellte Urteil richtet sich die am 11. Dezember 2014 bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingegangene Berufung der Klägerin. Die Klägerin ist der Auffassung, das Sozialgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Forderung verjährungsfähig sei. Jedenfalls habe sich die Beigeladene rechtsmissbräuchlich auf die Verjährung berufen und damit ihre Fürsorgepflicht verletzt. Das ihr für die Verjährungseinrede eingeräumte Ermessen habe die Beigeladene nicht ausgeübt. Sie behandele offenbar gleiche Sachverhalte ungleich.

Die Klägerin beantragt schriftlich sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe vom 23. Oktober 2014 sowie den Bescheid der Beklagten vom 14. Juli 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26. Oktober 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die für die Nachversicherung notwendigen Beiträge für die Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 von der Beigeladenen einzuziehen.

Die Beklagte beantragt schriftlich,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie beruft sich auf ihre Ausführungen im Verwaltungsverfahren und hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Sie hält die Entscheidung des Sozialgerichts Itzehoe ebenfalls für zutreffend. Die von der Klägerin angenommenen Grundsätze der beamtenrechtlichen Fürsorge, die zu einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung führen müssten, gebe es nicht. Hierzu legt sie die einschlägigen Dienstanweisungen für die Nachversicherung vor. Ferner trägt sie vor, sie habe als einzige Verfahrensbeteiligte nichts vom Ausscheiden der Klägerin aus der versicherungsfreien Beschäftigung gewusst; die Klägerin habe die Möglichkeit gehabt, die Durchführung der Nachversicherung zu beantragen.

Am 24. Oktober 2017 und 13. März 2018 fanden mündliche Verhandlungen statt. Die Beteiligten bemühten sich vergeblich um eine vergleichsweise Einigung. Sie haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung einverstanden erklärt.

Dem Senat lagen die Verwaltungsvorgänge der Beklagten, die noch vorhandenen die Klägerin betreffenden Personalvorgänge der Beigeladenen sowie die Gerichtsakten vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Akteninhalte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat war gemäß § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) berechtigt, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung über den Rechtsstreit zu entscheiden, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben.

Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz statthaft und form- und fristgerecht eingegangen (§ 151 Abs. 1 SGG). Sie ist aber nicht begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Itzehoe ist nicht zu beanstanden. Dieses hat die Entscheidung der Beklagten zu Recht bestätigt und die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte von der Beigeladenen Beiträge einzieht.

Nach § 233 Abs. 1 S. 1 SGB VI in der seit 1. Januar 1992 geltenden Fassung des Rentenreformgesetzes vom 18. Dezember 1989 (BGBl I, 2261) werden Personen, die vor dem 1. Januar 1992 aus einer Beschäftigung ausgeschieden sind, in der sie nach dem jeweils geltenden, den § 5 Abs. 1, § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 230 Abs. 1 Nr. 1 und 3 oder § 231 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sinngemäß entsprechenden Recht nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit waren, weiterhin nach den bisherigen Vorschriften nachversichert, wenn sie ohne Anspruch oder Anwartschaft auf Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden sind. Der nach diesen Vorschriften versicherungsfreie Personenkreis wird nach § 277 Satz 1 SGB VI in der seit 1. Januar 1992 bestehenden Fassung zu den ab diesem Zeitpunkt geltenden Bedingungen nachversichert.

Die Klägerin war in der Zeit vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2 AVG bei der Beigeladenen als Referendarin und Studienrätin z.A. versicherungsfrei beschäftigt (jetzt § 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI). Mit ihrem Ausscheiden aus dieser Beschäftigung war grundsätzlich gemäß § 9 Abs. 1 AVG die Nachversicherung durchzuführen (entsprechend § 8 Abs. 2 SGB VI). Nach § 277 Abs. 1 Satz 1 SGB VI ist die Durchführung der Nachversicherung nach dem ab dem 1. Januar 1992 geltenden Recht, also den Bestimmungen des SGB VI, vorzunehmen. D. h. auch, dass die Bewertung der Zeiten nach neuem Recht erfolgt. § 277 Abs. 1 Satz 1 SGB VI, der am 1. Januar 1992 in Kraft getreten ist, ist keine Fälligkeitsregelung für die nachzuzahlenden Beiträge, sondern eine Bestimmung über das auf die Nachversicherung anzuwendende Recht.

Die Beiträge für den nachzuversichernden Zeitraum vom 1. August 1976 bis 31. Januar 1979 sind am 31. Juli 1992 fällig geworden. Gemäß § 184 Abs. 1 Satz 1 SGB VI sind die nachzuversichernden Beiträge grundsätzlich zu zahlen, wenn die Voraussetzungen für die Nachversicherung eingetreten sind, insbesondere Gründe für einen Aufschub der Beitragszahlung nicht gegeben sind. Zwar ist die Klägerin bereits am 31. Januar 1979 aus dem Dienst der Beigeladenen ausgeschieden, jedoch lagen Aufschubgründe für die Beitragsnachentrichtung vor. Nach § 184 Abs. 2 Satz 1 Ziffer 2. SGB VI wird die Beitragszahlung aufgeschoben, wenn eine andere Beschäftigung sofort oder voraussichtlich innerhalb von zwei Jahren nach dem Ausscheiden aufgenommen wird, in der wegen Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft Versicherungsfreiheit besteht oder eine Befreiung von der Versicherungspflicht erfolgt, sofern der Nachversicherungszeitraum bei der Versorgungsanwartschaft aus der anderen Beschäftigung berücksichtigt wird. Diese Voraussetzungen lagen am 31. Januar 1979 vor, da die Klägerin ab 1. Februar 1979 in den Dienst des Landes S -H trat, während dessen sie wiederum eine Versorgungsanwartschaft hatte. Diese Beschäftigung endete zwar auch bereits am 31. Juli 1980, da die Klägerin im Anschluss daran unter Fortfall ihrer Dienstbezüge beurlaubt war. Jedoch bestand ihre Versorgungsanwartschaft bei dem Land S -H fort, sodass die Klägerin am 31. Juli 1980 noch nicht ohne Anspruch oder Anwartschaft auf eine Versorgung aus der Beschäftigung ausgeschieden war oder ihren Anspruch auf Versorgung verloren hatte und daher die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 2 bzw. § 233 Abs. 1 Satz 1 SGB VI für eine Nachversicherung noch nicht gegeben waren (vgl. ebenso LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 29.06.2011 - Az. L 4 R 98/11 – juris; nachfolgend BSG 27.06.2012 - Az. B 5 R 88/11 R – juris; vgl. auch BSG vom 23.7.1986 – 1 RA 35/85 – SozR 2200 § 1232 Nr. 22, Rn 17; Liebich in Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 09/16, § 8 Rn. 82a). Demzufolge versicherte das Land S -H die Klägerin auch erst nach der Beendigung ihres dortigen Beamtenverhältnisses am 31. Juli 1992 für die Zeit vom 1. Februar 1979 bis 31 Juli 1980 nach. Liegt kein weiterer Auf-schub¬grund mehr vor, wer¬den die Nach¬ver¬si¬che¬rungs¬bei¬träge am Fol¬ge¬tag des unver¬sorg¬ten Aus¬schei¬dens aus der ver¬si¬che¬rungs¬freien Beschäf¬ti¬gung fäl¬lig (BSG v. 29. 7. 1997 - 4 RA 107/95 -, SozR 3-2600 § 8 Nr. 4). Dies gilt nicht nur für die vom Land S -H , sondern auch für die von der Beigeladenen zu zahlenden Beiträge. Insbesondere blieb deren nach den Vorschriften des AVG ausgestellte Aufschubbescheinigung vom 29. Januar 1979 auch nach dem SGB VI wirksam (§ 277Abs. 1 SGG; BSG, Urteil vom 16.12.1993 – 13/5 RJ 7/90 – juris, 21 f).

Der Beitragsanspruch verjährt in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem er fällig geworden ist. Der Anspruch auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjährt in 30 Jahren nach der Fälligkeit des Beitragsanspruchs. Die Verjährung beginnt mit Ablauf des Kalenderjahres, in dem sie fällig geworden sind (§ 25 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch). Die 4-jährige Verjährungsfrist lief am 31. Dezember 1996 ab.

Eine 30-jährige Verjährungsfrist kommt nicht in Betracht. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beigeladene der Beklagten die Nachversicherungsbeiträge vorsätzlich vorenthalten hat. Auf der Rückseite der aktenkundigen Kopie der an die Klägerin adressierten Aufschubbescheinigung vom 29.01.1979 ist ein Stempelaufdruck enthalten, der wahrscheinlich den Eingang bei der (damaligen) Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) am 01. Februar 1979 dokumentiert. Ferner hat die Beigeladene eine Ausfertigung der Bescheinigung an die BfA gesandt. Die Beigeladene hat damit ihre sich aus § 125 Abs. 4 AVG ergebende Verpflichtung erfüllt und sowohl der Klägerin als auch der BfA als zuständigem Versicherungsträger eine Bescheinigung über den Aufschubtatbestand übersandt. Dass sie von dem Ende der unversicherten Beschäftigung der Klägerin beim Land S -H im Juli 1992 Kenntnis erlangte, ist nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht behauptet. Eine wiederkehrende Nachforschungspflicht der Beigeladenen lässt sich aus den Vorschriften des AVG oder des SGB VI nicht ableiten. Demgegenüber hätte die Klägerin die Möglichkeit gehabt, die Beigeladene 1992 oder in den Folgejahren über ihr Ausscheiden aus der versicherungsfreien Beschäftigung bei dem Land S -H zu informieren. Über das Recht der Nachversicherung wurde sie von der Beigeladenen im Schreiben vom 29. Januar 1979 informiert, außerdem hat sie vom Land S -H ein entsprechendes Schreiben vom 10. März 1992 erhalten, in dem der Nachversicherungsvorgang geschildert wurde.

Der Beitragsschuldner hat die Möglichkeit, die Verjährung der Beitragsforderung geltend zu machen oder die Nachversicherungsbeiträge zu zahlen. Die Beigeladene hat die Einrede der Verjährung erhoben. Dieses Recht steht auch öffentlich-rechtlich organisierten Versicherungsträgern oder Körperschaften zu (BSG, Urteil vom 2.11.2015 – B 13 R 35/14 R – juris, Rn. 18). Lediglich dann, wenn der öffentlich-rechtlich organisierte Träger durch sein Verhalten dazu beigetragen hat, dass die Beiträge nicht nachentrichtet wurden, kann die Erhebung der Einrede der Verjährung rechtsmissbräuchlich sein, mit der Folge, dass sie unbeachtlich ist (BSG, Urteil vom 27.6.2012, aaO). Dies ist bei der Beigeladenen jedoch nicht der Fall, da sie – wie ausgeführt – ihren gesetzlichen Verpflichtungen vollen Umfangs nachgekommen ist. Die Grundsätze der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht des Dienstherrn erlaubt keine andere Beurteilung. Insbesondere ist es einem Dienstherrn aus haushaltsrechtlichen Gründen nicht verwehrt, sich auch gegenüber den Ansprüchen seiner Bediensteten auf die Verjährung zu berufen (BVerwG, Urteil vom 17.9.2015 – 2 C 26/14 – juris, Rn. 54; Urteil vom 15.6.2006 – 2 C 14/05 – juris, Rn. 23; 30.6.1992 – 2 B 23/92 – juris, Rn. 12). Hier gelten die Grundsätze rechtsmissbräuchlichen Verhaltens in gleicher Weise. Der Grundsatz von Treu und Glauben, der zu einer rechtsmissbräuchlich erhobenen Verjährungseinrede führen kann, ist erst durch ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn verletzt, durch das er eine Bedienstete abgehalten hat, verjährungshemmende Schritte zu unternehmen. Eine Untätigkeit des Dienstherrn allein würde daher nicht ausreichen. Derartige besondere Gründe liegen hier nicht vor, die Beigeladene hat sich wirksam auf die Verjährung der Beiträge berufen.

Eine Nachversicherung der Beitragszeiten im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruches scheidet aus. Voraussetzung dieses von der Rechtsprechung entwickelten Anspruches ist eine Verletzung einer sich aus dem Gesetz oder dem Sozialversicherungsverhältnis ergebenden Pflicht des zuständigen Versicherungsträgers, insbesondere zur Beratung oder zur Auskunft, die für einen Nachteil des Versicherten ursächlich geworden ist (BSG, Urteil vom 18.1.2011 – B 4 AS 29/10 R – SozR 4-1200 § 14 Nr. 15, Rn. 12; Urteil vom 31. 10.2007 – B 14/11b AS 63/06 R – SozR 4-1200 §14 Nr. 10, Rn. 13). Der Anspruch ist auf Herstellung des Zustandes gerichtet, der eingetreten wäre, wenn sich der Sozialleistungsträger nicht pflichtwidrig verhalten hätte. Dabei kann jedoch nur "hergestellt" werden, was in dem betroffenen Rechtsgebiet seiner Art nach rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 1.4.2004 – B 7 AL 52/03 RSozR 4-4300 § 137 Nr. 1, Rn. 37 ff m.w.N.). Über dieses Rechtsinstitut kann jedoch keine Rechtsgestaltung erfolgen, die das Recht nicht kennt oder generell ausschließt. Über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch können keine Amtshandlungen der Sozialversicherungsträger durchgesetzt werden, die dem Gesetz zuwiderlaufen. Hier fehlt es bereits an einem Fehlverhalten der Beigeladenen. Ferner wäre die Berücksichtigung der Versicherungszeiten für die Beschäftigung bei der Beigeladenen durch die Beklagte rechtswidrig und daher im Wege des Herstellungsanspruchs nicht herstellbar. Nach § 281 Abs. 2 SGB VI gelten Nachversicherungsbeiträge, die gemäß dem vor dem 1. Januar bestehenden Recht nachzuentrichten waren, erst mit der Zahlung im Sinne des § 181 Abs. 1 S. 2 als rechtzeitig entrichtete Pflichtbeiträge. Dieser Bestimmung würde es widersprechen, wenn die Versicherungszeiten der Klägerin anerkannt würden, ohne dass die Beigeladene die Beiträge tatsächlich gezahlt hat. Ferner entspricht es der Rechtslage, dass verjährte Beiträge keine Beitragszeiten im Versicherungsverlauf begründen. Angesichts dessen hatte der Senat nicht zu prüfen, ob der Beklagten – wie von der Klägerin geltend gemacht – ein Fehlverhalten vorzuwerfen ist.

Danach besteht keine Möglichkeit, die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin bei der Beigeladenen beitragsrechtlich zu berücksichtigen. Infolge der erhobenen Verjährungseinrede hat die Beklagte keine rechtliche Möglichkeit, die Beigeladene zu zwingen die Nachversicherung durchzuführen. Daher besteht kein Nachversicherungsanspruch der Klägerin.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG bestehen nicht.
Rechtskraft
Aus
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