S 18 U 3814/16

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
SG Gotha (FST)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
18
1. Instanz
SG Gotha (FST)
Aktenzeichen
S 18 U 3814/16
Datum
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 U 1261/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. September 2017 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits und des Beigeladenen zu 1. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Feststellung eines Arbeitsunfalls streitig.

Der Kläger betrieb ein Gewerbe zum Zwecke der Durchführung von Gruppenfloßfahrten auf der Werra. Am 14. Juli 2012 nahm der später verunfallte W. W. (nachfolgend Beigeladener zu 1.) als Gast an einer Floßfahrt teil. Es handelte sich um ein Geschenk anlässlich seines Geburtstags; alle Teilnehmer der Fahrt waren Freunde und Bekannte. Zwei Mitarbeiter des Klägers, die Zeugen M. und S. , steuerten das mit ca. 20 Personen unterschiedlichen Alters (darunter drei minderjährige Kinder, im Übrigen 30- bis 70-jährige Erwachsene) besetzte Floß. Die Werra führte unter einer stärkeren Strömung vermehrt Wasser. Nach zwei Stunden Fahrt sollte das Floß in der Nähe des Ortes G. an der dort befindlichen Anlegestelle anlegen. Der auf dem vorderen Teil des Floßes stehende Zeuge M. warf eine Leine an das Ufer und befestigte sie dann am Ufer an einem Schildpfosten. Die von dem Zeugen S. vom hinteren Teil des Floßes geworfene Leine verfehlte ihr Ziel und landete im Uferschilf. Wohl aufgrund strömungsbedingter erhöhter Zugkräfte des Floßes verbog sich der Schildpfosten und drohte samt Betonverankerung herauszureißen. Das Floß drehte sich langsam mit dem Heck in Richtung Flussmitte. Der Zeuge M. rief, er könne das Floß alleine nicht mehr halten. Der Beigeladene zu 1. und der Zeuge G. gingen vom Floß an Land um bei der Befestigung des Floßes zu helfen. Nach wenigen Schritten auf dem unbefestigten und rutschigen, mit Gras bewachsenen Ufer rutschte der Beigeladene zu 1. aus und stürzte. Dabei verletzte er sich am rechten Sprunggelenk, das später operativ versorgt wurde, sowie am rechten Handgelenk. Nachdem der Zeuge S. seine Leine geborgen hatte, begab auch er sich an Land. Das Floß wurde nunmehr an das Ufer gezogen und mit der zweiten Leine an einem Baum vertäut.

Mit Schreiben vom 17. August 2012 beantragte der Beigeladene zu 1. bei der U. T. (nachfolgend Beigeladene zu 2.) die Feststellung eines Arbeitsunfalles. Er gab an, er habe bei Feststellung des Abdrifts sofort an die minderjährigen Kinder und die anderen Gäste an Bord gedacht und zu seiner Ehefrau gesagt: "Ich muss dem Flößer mal helfen". Die T. L. f. U. u. G. teilte auf Anfrage der Beigeladenen zu 2. unter dem 22. Oktober 2012 mit, dass der Pegel der Werra zum Unfallzeitpunkt über dem sonstigen Mittel des Monats gelegen habe und von einem kleineren Hochwasserereignis auszugehen sei. Ob aufgrund der Wasserführung eine Floßfahrt zu verantworten war, könne nicht beantwortet werden. Das Gerinnebett bei einer derartigen Wasserführung sei allgemein gut angepasst, sodass aller Wahrscheinlichkeit nach von keiner außergewöhnlichen Gefahr auszugehen sei.

Am 5. Oktober 2012 erhob der Beigeladene zu 1. beim Landgericht Meiningen eine Schadensersatzklage gegen den Kläger (2 O 880/12). Das Verfahren wurde mit Beschlüssen vom 28. August 2013 und 1. November 2016 im Hinblick auf § 108 Abs. 2 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) ausgesetzt.

Mit Bescheid vom 12. November 2012 lehnte die Beigeladene zu 2. die Feststellung des Ereignisses vom 14. Juli 2014 als Arbeitsunfall ab. Der Beigeladene zu 1. sei zum Unfallzeitpunkt kein Versicherter nach § 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII gewesen. Es habe weder ein Unglücksfall, eine gemeine Gefahr, eine gemeine Not noch eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für die Gesundheit der Floßbesatzung vorgelegen. Ein Schaden sei nicht eingetreten. Die Individualrechtsgüter der Floßbesatzung seien zu keinem anderen Zeitpunkt bedroht gewesen. Inwieweit der Beigeladene zu 1. zum Unfallzeitpunkt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII wie ein Beschäftigter tätig geworden sei, falle nicht in ihre Zuständigkeit. Unter dem 12. November 2012 gab die Beigeladene zu 2. den Vorgang an die zum Ereigniszeitpunkt zuständige Beklagte ab.

Gegen den Bescheid der Beigeladenen zu 2. legte der Beigeladene zu 1. Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 30. Juli 2013 wies die Beigeladene zu 2. den Widerspruch zurück. Da keine Vielzahl, sondern nur eine bestimmte Anzahl von Personen betroffen gewesen sei, welche sich auf die Floßbesatzung begrenzte, sei nicht von einer gemeinen Gefahr oder gemeinen Not auszugehen. Dies erfordere die Betroffenheit einer unbestimmten Vielzahl von Personen (Allgemeinheit). Auch eine erhebliche gegenwärtige Gefahr für die Gesundheit und das Leben der auf dem Floß befindlichen Personen sei nicht festzustellen. Es sei nicht festzustellen, dass der Beigeladene zu 1. aktiv geworden sei, weil er die Besatzung in erheblicher Gefahr gesehen habe. Vielmehr habe er sich entschlossen, die Flößer bei ihrer Arbeitstätigkeit zu unterstützen. Soweit der Flößer M. mitgeteilt habe, dass er das Floß nicht mehr halten könne, handle es sich zweifelsfrei um einen Zuruf an seinen Kollegen S. Eine unmittelbar bevorstehende Gefahr sei nicht auszumachen. Es handele sich zwar um einen schwierigen, aber für die Flößer nicht außergewöhnlichen Arbeitsablauf. Zu keinem Zeitpunkt habe der Beigeladene zu 1. Umstände (z.B. Hilfeschreie) beschrieben, die darauf schließen ließen, dass die Besatzung erheblich gefährdet gewesen sei. Es lägen keine ausreichend objektivierbaren Tatsachen vor, die eine erhebliche unmittelbar bevorstehende Gefahr für die Floßbesatzung wahrscheinlich machten. Die gegen den diesen Widerspruchsbescheid beim Sozialgericht Wiesbaden erhobene Klage (S 13 U 105/13) nahm der Beigeladene zu 1. mit Schriftsatz vom 5. August 2016 zurück.

Mit Bescheid vom 1. Juli 2013 lehnte die Beklagte die Anerkennung des Unfalls vom 14. Juli 2012 als Arbeitsunfall und eine Entschädigung ab. Ein Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 SGB VII sei nicht gegeben, wenn die Tätigkeit ohne Aufforderung durch den Unternehmer erfolge. Auch ein mutmaßlicher Wille des Unternehmers, dass das Handeln des Beigeladenen zu 1. rechtfertigen könnte, liege nicht vor. Daher könne diese Tätigkeit nicht als arbeitnehmerähnlich angesehen werden. Den Widerspruch des Beigeladenen zu 1. wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 zurück. Dessen Bestreben sei darauf gerichtet gewesen, die akute Gefahr für die Floßfahrtteilnehmer zu beseitigen. Die Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt sei demnach nicht wesentlich dem fremden Unternehmen zu dienen bestimmt. Vielmehr sei die Handlungstendenz darauf gerichtet gewesen, Gefahr von den Floßfahrtteilnehmern zu beseitigen und nicht den Unternehmen des Klägers zu dienen. Entscheidend sei, dass die automatische Handlung im Unterbewusstsein wesentlich von der inneren Absicht getragen gewesen sei, lebensrettend zu handeln.

Unter dem 20. September 2016 gab die Beklagte dem Kläger den Widerspruchsbescheid vom 23. Januar 2014 bekannt. Hieraufhin hat dieser beim Sozialgericht Gotha Klage erhoben und vorgetragen, der Beigeladene zu 1. sei am Unfalltag als sogenannter Wie-Beschäftigter bei der Beklagten unfallversichert gewesen. Es habe kein Gefälligkeitsdienst vorgelegen. Der Beigeladene zu 1. habe dem Zeugen M. spontan und kurzfristig Hilfe geleistet. Seine Handlungstendenz sei primär auf die Hilfe für sein Floßunternehmen gerichtet gewesen.

Mit Urteil vom 4. September 2017 hat das Sozialgericht Gotha die Klage abgewiesen. Nach den glaubhaften Einlassungen des Beigeladenen zu 1. sei dieser von einer Gefahrensituation für das Floß und der darauf befindlichen Kinder und Erwachsenen ausgegangen. Seine Tätigkeit (Hilfe beim Festmachen des Floßes) berechtige nicht zur Feststellung einer sogenannten Wie-Beschäftigung im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Die Handlungstendenz sei nicht auf die Hilfe beim regulären Anlegen des Floßes, sondern auf eine Hilfe bei einem "aus dem Ruder gelaufenen" Anlegen und der Beseitigung von Gefahren für die sich noch auf dem Floß befindlichen Passagiere, insbesondere durch Unterstützung des Zeugen M. beim Halten der vorderen Leine gerichtet gewesen. Diese Verrichtung unterliege nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII grundsätzlich dem Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung. Hierüber habe das Gericht aber in Ansehung des bindenden Verwaltungsaktes (§ 77 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG)) der Beigeladenen zu 2. nicht zu entscheiden. Dass der Beigeladene zu 1. mit einer gemischten Motivationslage im Sinne eines Helfens beim regulären Anlegemanöver und der Nothilfe beim irregulären Anlegemanöver gehandelt habe, vermöge das Gericht nicht festzustellen. Der Beigeladene zu 1. hätte, was sich aus seiner Darlegung ergebe, hypothetisch nicht die Verrichtung beim regulären Anlegen vorgenommen sondern gehandelt, weil er eine Gefahrensituation vermutete.

Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers. Nach seiner Ansicht liegen die Voraussetzungen einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII vor. Die Handlungstendenz des Beigeladenen zu 1. sei eindeutig gewesen. Er habe beim Anlegen die Aufgaben eines Flößers bei der Befestigung erfüllen wollen, sich bei seinen Hilfebemühen in die Aktivitäten seiner Mitarbeiter eingereiht und somit objektiv arbeitnehmerähnliches Verhalten an den Tag gelegt. Die Tätigkeiten seien von seinen Mitarbeitern koordiniert worden. Es sei unerheblich, ob der Beigeladene zu 1. zum Zeitpunkt seiner Hilfeleistung gedacht habe, dass seine Hilfeleistung auch seinem Unternehmen dienlich sein werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Gotha vom 4. September 2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Januar 2014 aufzuheben und das Ereignis vom 14. Juli 2012 als Arbeitsunfall im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet die angegriffenen Bescheide sowie das erstinstanzliche Urteil für rechtmäßig.

Der Beigeladene zu 1. beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Nach seiner Ansicht liegen die Voraussetzungen einer sogenannten Wie-Beschäftigung nicht vor. Seine Handlung sei darauf gerichtet gewesen, in einer Notsituation die Flößer zu unterstützen, um Gefahr von der Floßbesatzung abzuwenden und seine Gäste vor einem drohenden Schaden zu schützen. Er verfüge über sämtliche Bootsführerscheine und konnte daher die Situation beurteilen. Er selbst könne schwimmen, habe aber nicht gewusst wie sich die Situation für die anderen Teilnehmer ergebe. Nachdem die Floßfahrt ein Geschenk zu seinem Geburtstag gewesen sei, habe er eine gewisse Garantenstellung empfunden und sich nicht nur für den Spaß und die Unterhaltung, sondern auch für die Sicherheit der Teilnehmer verantwortlich gefühlt. Seitens der Flößer habe es keine Weisungen gegeben, ein Zusammenwirken bzw. Zusammenarbeiten habe es ebenso wenig gegeben wie gemeinsame Abstimmungen. Die Situation habe sich im Übrigen tatsächlich als eine angespannte Situation dargestellt. Auf dem Floß hätten sich keine Flößer mehr befunden, es habe Hochwasser geherrscht, die nächste Anlegestelle sei erst in zwei bis drei Stunden erreichbar gewesen, es sei nur ein Rettungsring, jedoch keine Schwimmwesten vorhanden gewesen.

Die Beigeladene zu 2. hat keinen Antrag gestellt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch die Einvernahme der Zeugen Menzel, S. und G ... Auf die Sitzungsniederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 22. August 2019 wird insoweit verwiesen.

Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, den Inhalt der beigezogenen Gerichtsakte des Sozialgerichts Wiesbaden (S 13 U 105/13), die Beiakte aus dem Verfahren 2 O 880/12 des Landgerichts Meiningen und die Verwaltungsakten der Beklagten und der Beigeladenen zu 2. verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach §§ 143,144 SGG zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger kann nach § 109 SGB VII als möglicherweise haftungsbeschränkter Unternehmer nach § 104 Abs. 1 Satz 1 SGB VII zulässiger Weise die Anerkennung des Ereignisses vom 14. Juli 2012 als Arbeitsunfall beantragen. Er hat jedoch keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Feststellung des Ereignisses vom 14. Juli 2012 als Arbeitsunfall. Die angegriffenen Bescheide, mit denen die Beklagte die Feststellung eines Arbeitsunfalls abgelehnt hat, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Beigeladene zu 1. hat keinen bei der Beklagten versicherten Arbeitsunfall erlitten.

Der Kläger begehrt mit der zulässigen Kombination (§ 56 SGG) aus Anfechtungs- und Fest-stellungsklage (vgl. § 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGG, § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG; vgl. hierzu BSG, Urteil vom 31. August 2017 – B 2 U 1/16 R m.w.N., nach juris) die Aufhebung der ablehnenden Entscheidung der Beklagten und die Feststellung, dass das Ereignis vom 14. Juli 2012 ein Arbeitsunfall war.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit. Der Beigeladene zu 1. gehört entgegen dem klägerischen Begehren nicht zum bei der Beklagten versicherten Personenkreis. Nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII sind auch Personen versichert, die wie nach Absatz 1 Nr. 1 Versicherte tätig werden. Durch die Vorschrift werden Personen wegen ihres i.d.R. fremdnützigen Verhaltens, das nach den § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII vergleichbaren Umständen die Zurechnung des Handlungsrisikos zum nutznießenden Unternehmen rechtfertigen, geschützt. Voraussetzung hierfür ist, dass die in Frage stehende Tätigkeit einem Unternehmen dient und einen wirtschaftlichen Wert hat, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Unternehmers entspricht, ihrer Art nach auch von einem Arbeitnehmer verrichtet werden kann und konkret unter arbeitnehmerähnlichen Umständen verrichtet wird. Letzteres erfordert keine wirtschaftliche oder persönlich Abhängigkeit vom unterstützten Unternehmer oder eine Eingliederung nach Art eines Arbeitnehmers. Fälle, die nach ihrem rechtlichen und tatsächlichen Erscheinungsbild unter Berücksichtigung der Handlungstendenzen und der Beziehungen der beteiligten Personen untereinander, keine einer von einem Arbeitnehmer verrichteten Tätigkeit vergleichbar sind, fallen nicht unter den Schutz des § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 11. März 2015 – L 3 U 2932/13 m.w.N., nach juris).

Die Voraussetzungen des Versicherungsschutzes nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII liegen bei dem Beigeladenen zu 1. nicht vor. Er ist nicht als Wie-Beschäftigter nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII versichert.

Es ist bereits nicht ersichtlich, dass seine Tätigkeit dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Klägers entsprach. Dieser konnte grundsätzlich kein Interesse daran haben, dass Gäste seiner Floßfahrten ohne besondere Veranlassung aktiv am Landungsvorgang teilnehmen, denn dies beinhaltete die (unnötige) Gefahr, das eingespielte Zusammenwirken seiner Angestellten zu beeinträchtigen oder ungeübte Gäste hierdurch selbst einer Notlage oder Gesundheitsbeeinträchtigung auszusetzen. Anderes hätte möglicherweise bei einem gefährlichen oder zumindest kritischen Landungsvorgang angenommen werden können. In der Zeugeneinvernahme vor dem Senat hat sich dies aber gerade nicht bestätigt. Der Zeuge M. hat die Situation "keineswegs als brenzlig" beschrieben. Tatsächlich hätte er gegebenenfalls wieder auf das Floß steigen und die Fahrt fortsetzen können; passiert wäre dann nichts. Panik hat unter den Gästen nicht geherrscht. Dem steht nicht die Aussage des Zeugen S. entgegen. In der Zeugenvernehmung hat er angegeben, er könne zur Stimmung auf dem Floß zum Landungszeitpunkt keine Angaben machen. Dass er sich selbst als aufgeregt beschrieben hat, ist nachvollziehbar, denn sein erster Seilwurf war missglückt und er hatte nachzubessern. Eine allgemeine Aufregung belegt dies aber nicht. Auch der Zeuge G. hat keine Panik oder eine problematische Situation beschrieben. Der Beigeladene zu 1. hat eine Panik ausdrücklich verneint und die Teilnehmer der Floßfahrt nur als "hellhörig" beschrieben. Es habe eine "gespannte Aufmerksamkeit" geherrscht und der Zeuge M. habe seine Stimme erhoben und habe nicht ruhig gesprochen. Dies entspricht im Ergebnis den Angaben der Zeugin B. K. vor dem Landgericht Meiningen am 8. Juli 2013 ("Ich muss dazu sagen, dass es viel Trubel gegeben hat."). Hierdurch ergibt sich für den Senat eine Situation, die von den Flößern zwar Anspannung und Aufmerksamkeit erforderte, in der sie aber ihre Arbeit ungestört und ohne Zutun Dritter hätten verrichten wollen und können. Insofern ist es nachvollziehbar, dass der Zeuge M. nach eigenen Angaben in der Senatssitzung am 22. August 2019 mit den Worten "Ich kann das jetzt nicht länger so halten" nur seinen Kollegen ansprechen wollte, nicht jedoch die Gäste. Er hat plausibel und nachvollziehbar dargelegt, dass es allein Aufgabe der Flößer war, das Floß sicher zu befestigen. Gegebenenfalls wäre die Landungsaktion abgebrochen worden. Der Zeuge S. fühlte sich zudem allein angesprochen. Dann kommt es nicht darauf an, ob der Zeuge M. bei seinem Zuruf den Namen seines Kollegen ("R.") tatsächlich gerufen hatte, wozu es unterschiedliche Angaben gibt. Im Übrigen hat auch der Zeuge G. bei der Befragung durch den Senat angegeben, er selbst habe sich von dem Zeugen M. nicht angesprochen gefühlt. Soweit der Beigeladene zu 1. vorgetragen hat, der Zeuge M. habe niemanden adressiert, kann der Senat dies nicht nachvollziehen, denn ein Ruf ohne Adressat ergibt in dieser Situation keinen Sinn. Jedenfalls fühlte er sich aber nicht direkt angesprochen. Auch gab es keine Absprache zwischen ihm und dem Zeugen G ... Unerheblich ist, dass die Zeugen G. und E. M. und C. K. in ihrer Befragung vor dem Landgericht angegeben haben, sie hätten den Ruf als Hilferuf an alle Anwesenden verstanden. Jedenfalls entsprach dies weder der Intention des Zeugen M. noch dem Eindruck der unmittelbar Beteiligten (Beigeladener zu 1. Zeugen, S. und G. ).

Der Senat sieht zudem keinen Anhalt dafür, dass der Beigeladene zu 1. tatsächlich gegenüber dem Unternehmen des Klägers arbeitnehmerähnlich tätig geworden ist und für dieses tätig werden wollte. Für die Annahme einer Wie-Beschäftigung muss die Tätigkeit dem unterstützten Unternehmen wesentlich zu dienen bestimmt sein, sie muss ihm aber nicht überwiegend dienen. Entscheidend ist die Handlungstendenz des Tätigen, die fremdwirtschaftlich auf die Belange des als unterstützt geltend gemachten Unternehmens gerichtet sein muss. Hieran fehlt es, wenn wesentlich eigene Angelegenheiten verfolgt werden (hierzu Bieresborn in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, § 2 SGB VII, Rn. 384 m.w.N.). Maßgeblich ist, dass die Handlungstendenz des Handelnden fremdwirtschaftlich auf die Belange des Unternehmens gerichtet ist. Dies ist dann zu verneinen, wenn im Wesentlichen Eigenangelegenheiten verfolgt werden, weshalb es nicht darauf ankommt, dass die Tätigkeit auch eigenen Interessen nützt. Damit ist darauf abzustellen, ob sie vorwiegend im eigenen Interesse vorgenommen wird - dann liegt keine versicherte Tätigkeit vor - oder ob das Interesse dahin geht, fremden Interessen zu dienen - dann ist diese Tätigkeit versichert - (vgl. Bieresborn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Auflage 2014, § 2 SGB VII, Rn. 388 m.w.N.).

Ein Direktionsrecht der Zeugen M. oder S. gegenüber dem Beigeladenen zu 1. ist nicht ersichtlich. Er wurde - wie bereits festgestellt - nicht durch den Zeugen M. zur Mitarbeit aufgefordert und auch nicht in die Arbeitsstruktur des Unternehmens eingebunden. Keiner der Beteiligten oder Zeugen hat einen Sachverhalt geschildert, dem zu entnehmen ist, dass der Beigeladene zu 1. Anweisungen erhielt oder durch die Zeugen M. und S. auf andere Art in den Landungsvorgang eingegliedert wurde. Vielmehr drängt sich der Eindruck auf, dass der Beigeladene zu 1. aufgrund der dem Senat geschilderten Sachkompetenz ("sämtliche relevanten Bootsführerscheine für Deutschland") und seinen Schwimmfähigkeiten von sich aus tätig geworden war. Er hatte den Eindruck, die Situation zutreffend einschätzen zu können und glaubte zu wissen, was zu tun sein. Insofern beabsichtigte er nicht, sich in den Arbeitsprozess der Zeugen M. und S. einzugliedern, sondern wollte seine Fertigkeiten eigenverantwortlich zum Einsatz bringen. Zwar diente diese Unterstützungshandlung dem unternehmerischen Ziel der Befestigung des Floßes, allerdings war diese nur notwendiges (Zwischen-)Ziel, um die Landung der Floßpassagiere zu sichern bzw. diese aus einer von ihm angenommenen bestehenden Gefahrenlage zu befreien. Der Senat geht anhand seiner Befragung davon aus, dass der Beigeladene zu 1. zuvorderst das Wohl seiner Familie und der Freunde und Bekannten im Sinne hatte. Dies hat er in der Verhandlung gegenüber dem Senat glaubhaft betont. Die Hilfe setzte aus seiner Sicht voraus, dass er an der Seite der Flößer eingriff. In erster Linie ging es ihm aber nicht um die Befestigung des Floßes, d.h. die Hilfeleistung gegenüber des Unternehmens des Klägers, vordringlich war vielmehr das eigenwirtschaftliche Ziel der tatsächlichen oder vermeintlichen "Rettung" seiner Freunde und Familie. Sein wesentliches Handlungsmotiv war nicht das Dienenwollen gegenüber dem Unternehmen, sondern die allgemeine Erwartung bzw. seine vermeintliche Verpflichtung zur Hilfeleistung (vgl. hierzu Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 11. März 2015 – L 3 U 2932/13, Rn. 37, nach juris).

Angesichts der nach § 77 SGG bestandskräftigen Entscheidung der Beigeladenen zu 2. hat der Senat nicht zu entscheiden, ob der Beigeladene zu 1. handelte, um - zumindest nach seiner Vorstellung - bei Unglücksfällen oder gemeiner Gefahr oder gemeiner Not Hilfe zu leisten oder einen anderen aus erheblicher gegenwärtigen Gefahr für seine Gesundheit zu retten (§ 2 Abs. 1 Nr. 13 Buchst. a SGB VII).

Damit scheidet eine versicherte Tätigkeit im Sinne einer Wie-Beschäftigung nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII und damit Versicherungsschutz des Beigeladenen zu 1. aus.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladene zu 2. hat keinen Antrag gestellt. Sie ist damit selbst kein Prozessrisiko im Sinne eines Kostenrisikos eingegangen. Nach billigem Ermessen ist ihr dann auch keine Kostenerstattung zuzusprechen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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