S 6 KR 537/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 6 KR 537/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 KR 94/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 7/19 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 22. Mai 2017 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28. September 2017 wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Kostenerstattung des gesetzlichen Eigenanteils in Höhe von 50 % für eine Maßnahme zur künstlichen Befruchtung im November/Dezember 2017 streitig.

Die am 1981 geborene Klägerin und ihr Ehemann sind Mitglieder der Beklagten.

Am 17.10.2016 beantragte sie unter Vorlage eines Behandlungsplans der MVZ- K. in A. vom 12.10.2016 die Kostenübernahme für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) mit Embryonentransfer.

Mit Bescheid vom 27.10.2016 genehmigte die Beklagte die Kosten des Behandlungsplans und bewilligte der Klägerin auch die Übernahme der Kosten ihres gesetzlichen Eigenanteils. Hierbei führte sie aus, dass bei Einreichung der Eigenanteilsrechnungen für nicht komplett durchgeführte Maßnahmen diese der Anzahl der auf den Behandlungsplan genehmigten Versuche angerechnet werde. Insgesamt würde die Übernahme des Eigenanteils für maximal drei Kinderwunschbehandlungen erteilt, jedoch nicht mehr als durch den Behandlungsplan genehmigte Maßnahmen.

Anschließend mussten die ersten zwei Behandlungszyklen abgebrochen werden und der dritte blieb ohne Erfolg. Mit Bescheid vom 07.11.2016 und 14.12.2016 erstattete die Beklagte der Klägerin für den ersten begonnenen Behandlungszyklus Arzneimittelkosten in Höhe von 447,55 Euro und einen Arztkosteneigenanteil in Höhe von 103,89 Euro. Für den zweiten begonnenen Behandlungszyklus erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 14.02.2017 und 29.05.2017 den Arzneimitteleigenanteil in Höhe von 478,59 Euro und den Arztkosteneigenanteil in Höhe von 104,83 Euro. Die Eigenanteile der Arzt- und Arzneimittelkosten für den dritten vollendeten Behandlungszyklus erstattete die Beklagte mit Bescheid vom 11.04.2017 der Klägerin in Höhe von 1.516,35 Euro.

Mit Schreiben vom 03.04.2017 beantragte die Klägerin unter Vorlage eines neuen Behandlungsplans vom 14.03.2017 sodann die Kostenübernahme für eine intrazytoplasmatische Spermieninjektion (ICSI).

Mit Bescheid vom 20.04.2017 erklärte sich die Beklagte hierauf bereit, dafür Kosten für zwei Zyklen in Höhe des gesetzlichen Anteils von 50 % zu übernehmen. Die Genehmigung für den gegebenenfalls erforderlichen dritten Zyklus bei Durchführung einer ICS-IVF-Behandlung erfolge unter dem Vorbehalt, dass in einem der beiden ersten Behandlungszyklen eine Befruchtung stattgefunden habe. Dagegen wandte sich der Kläger in einem Telefonat am 12.05.2017 mit der Beklagten, in dem er u.a. ausführte, dass sie nicht darauf hingewiesen worden seien, dass auch abgebrochene Versuche angerechnet würden.

Mit Bescheid vom 22.05.2017 bewilligte die Beklagte der Klägerin daraufhin die Übernahme der Kosten des Eigenanteils für den vierten Versuch.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Bevollmächtigten vom 22.06.2017. Zur Widerspruchsbegründung wurde vorgetragen, dass die Beklagte damit geworben habe, den Eigenanteil in den Fällen der Kinderwunschbehandlung im Ergebnis zu 100 % zu finanzieren. Aufgrund dieser Werbung sei die Klägerin zur Beklagten gewechselt. Nunmehr gebe es im Leistungsfall allerdings Probleme, und zwar bei der Zählweise der bisher durchgeführten Behandlungszyklen; in Bezug auf den bevorstehenden Behandlungsversuch spreche die Beklagte vom vierten Versuch. Dies sei unrichtig. Bei zutreffender und richtlinienkonformer Bewertung der bisherigen Behandlungschronologie handle es sich bei dem bevorstehenden Versuch um den zweiten Versuch. Bezüglich der bisherigen Behandlung sei zu berücksichtigen, dass diese bisher mehrfach leider im Stadium der begonnenen Stimulation bereits habe abgebrochen werden müssen. Derartige Behandlungsschritte zählten nicht als durchgeführter Behandlungsversuch.

Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 28.09.2017 zurück. Nach § 19b Abs. 1 der Satzung übernehme die Beklagte für Versicherte, die nach § 27a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) Anspruch auf Maßnahmen der künstlichen Befruchtung hätten, zusätzlich zu den gesetzlich geregelten Ansprüchen in Höhe von 50 % der Behandlungskosten für die ersten drei Versuche weitere 50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme. Ein Behandlungsversuch beginne mit dem Tag der Verordnung der Medikamente, die zur Stimulation der Eierstöcke benötigt würden. Von § 19b Abs. 1 der Satzung würden daher nicht nur beendete, sondern auch im Lauf des Behandlungszyklus abgebrochene Maßnahmen der künstlichen Befruchtung erfasst. Da der Zuschuss in Form der Erstattung des Eigenanteils bereits für drei in der Zeit von Oktober 2016 bis März 2017 in Anspruch genommene Versuche zur künstlichen Befruchtung von der Beklagten gewährt worden sei, bestehe ein Anspruch auf Erstattung der Eigenanteile für weitere Versuche nicht mehr. Soweit die Beklagte dennoch abweichend von der dargestellten Rechtslage am 20.04.2017 die Erstattung des Eigenanteils für einen vierten Versuch, diesmal nach der ICSI-Methode zugesagt habe, verbleibe es aus Gründen des Vertrauensschutzes dabei. Eine weitergehende Übernahme vom Eigenanteil sei jedoch aus den genannten Gründen nicht möglich.

Dagegen hat der Bevollmächtigte am 25.10.2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Zur Klagebegründung ist vorgetragen worden, dass § 27a SGB V und die Richtlinien normierten eine Höchstgrenze auf drei Behandlungszyklen. Die Richtlinien definierten, dass abgebrochene Behandlungszyklen dabei nicht mitzählten. Entsprechend dem bisherigen Behandlungsverlauf seien daher zwei Behandlungszyklen durchgeführt worden, wobei in einem davon eine Befruchtung erzielt worden sei. Dies bedeute in der Folge, dass noch ein weiterer Behandlungszyklus, nämlich der dritte, offen stehe. Zu einem anderen Ergebnis komme man, wenn man - wie die Beklagte - begonnene aber abgebrochene Behandlungszyklen hierbei mitzählen wolle. Die Beklagte könne zwar satzungsgemäß Mehrleistung gewähren, wie dies mit § 19b hier erfolgt sei. Sie könne jedoch nicht von den gesetzlichen Vorgaben für die Leistungen abweichen. Deswegen müsse die Zählweise bei den Behandlungszyklen im Gleichlauf mit den gesetzlich zu gewährenden Leistungen gemäß § 27a SGB V erfolgen und insoweit auch mit den Vorgaben aus den Richtlinien hierzu. Dies habe zur Folge, dass die Beklagte auch bezüglich des Eigenanteils und der Satzungsmehrleistung die Prinzipien zur Zählweise - wie sie für § 27a SGB V gelten -, mit der Folge anzuwenden habe, dass der hier streitgegenständliche weitere Behandlungszyklus dessen Durchführung anstehe, als dritter Behandlungszyklus zu zählen und zu bewerten sei.

Die Beklagte hat hierauf mit Schreiben vom 08.11.2017 erwidert, dass abgesehen davon, dass sie bei der Auslegung ihrer eigenen Satzung einen weiten Spielraum habe und die Klägerin bereits in der Bewilligung vom 27.10.2016 darauf hingewiesen worden sei, dass auch nicht komplett durchgeführte Maßnahmen mitzählten, übersehe der Bevollmächtigte, dass nach § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V eine hinreichende Aussicht auf Herbeiführung einer Schwangerschaft nicht mehr bestehe, wenn die Maßnahme zur Herbeiführung einer Schwangerschaft dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden sei, während die Beklagte nach § 19b ihrer Satzung für die ersten drei Versuche weitere 50 % der mit dem Behandlungsplan genehmigten Kosten der Maßnahme, jedoch nicht mehr als die tatsächlich entstandenen Kosten übernehme. Die Begriffe "Maßnahme" und "Versuch" seien nach ihrer Bedeutung schon umgangssprachlich nicht deckungsgleich. Ein Versuch zur Herbeiführung einer Schwangerschaft beginne mit der Verordnung der Medikamente, die zur Stimulation der Eierstöcke benötigt würden und werde nicht dadurch wieder zu einem nicht mitzuzählenden "Nichtversuch".

Mit Schreiben vom 23.11.2017 hat hierauf der Bevollmächtigte geantwortet, dass § 19b der Satzung der Beklagten nach ihrem Wortlaut auf die gesetzliche Regelung zum gesetzlichen Leistungsumfang verweise. Dies beinhalte einen "Gleichlauf" der Mehrleistungen, die die Beklagte satzungsgemäß gewähren wolle. Sollte ein derartiger Gleichlauf nicht gewollt sein, hätte dies im Wortlaut von § 19b klar zum Ausdruck gebracht werden müssen. Im Übrigen dürfe sich die Beklagte bei ihrer Satzung ohnehin nur im gesetzlichen Rahmen bewegen und keine vom Gesetz abweichenden Leistungsbestimmungen treffen. So verhielte es sich hier aber, wenn die Beklagte mit ihrer Satzung entgegen § 27a SGB V und den Richtlinien die Zählweise zum Versuch anders regeln wolle. Dies wäre von der Ermächtigungsgrundlage gemäß §§ 27a Abs. 4 und 92 nicht gedeckt und rechtswidrig. Auch unterscheide die Beklagte in ihren Werbeäußerungen nicht hinsichtlich der Begriffe "Versuch", "Maßnahme" und "Behandlungszyklus". Für einen verständigen Leser sei nicht im Entferntesten erkennbar, dass die Beklagte mit ihren Mehrleistungen den gesetzlichen Leistungsrahmen unterschreiten möchte, was sie ohnehin nicht dürfe.

Dazu hat die Beklagte mit Schreiben vom 07.12.2017 nochmals Stellung genommen und ausgeführt, dass gemäß § 11 Abs. 6 SGB V könne die Krankenkasse in ihrer Satzung zusätzlich vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) nicht ausgeschlossene Leistungen in der fachlich gebotenen Qualität, u.a. im Bereich der künstlichen Befruchtung, vorsehen. Die Satzung müsse insbesondere die Art, die Dauer und den Umfang der Leistungen bestimmen; sie habe hinreichende Anforderungen an die Qualität der Leistungserbringung zu regeln. Die zusätzlichen Leistungen seien von der Krankenkasse in ihrer Rechnungslegung besonders auszuweisen. Entsprechend ihrer Satzung und in der jetzt von der Klägerseite vorgelegten Information aus dem Internet habe die Beklagte die volle Kostenübernahme für drei Versuche zur künstlichen Befruchtung zugesagt. Dies sei bei der Klägerin vor dem 10.04.2017 durchgeführt und von der Beklagten auch die entsprechenden Kosten dafür übernommen worden. Eine Übernahme des Eigenanteils von 50 % für weitere Versuche komme nicht in Betracht. Entgegen der Auffassung der Klägerseite gebe es keine rechtliche Verpflichtung, die Begriffe Versuch bzw. Behandlungsversuch mit dem Begriff und der "Maßnahme" im Sinne von § 27a Abs. 1 SGB V sowie der vom G-BA erlassenen Richtlinie über künstliche Befruchtung gleichzusetzen.

Hierauf hat der Bevollmächtigte abschließend mit Schreiben vom 15.12.2017 erwidert, dass die Zählweise zum Behandlungsrahmen und Leistungsumfang - drei Behandlungszyklen - im Gesetz und in einschlägigen Richtlinien im Einzelnen definiert sei. Dort sei u.a. definiert, dass ein Behandlungszyklus, in dem eine klinisch nachgewiesene Schwangerschaft erzielt werde, nicht mitzähle, sondern "ein weiterer Versuch frei sei" nach Verlust der Schwangerschaft. Der Satzung sei nicht zu entnehmen, dass die Beklagte bei den Satzungsleistungen vom gesetzlichen Rahmen abweichen wolle. Folglich gelte der gesetzliche Leistungsrahmen. Dahinstehen könne, ob die Beklagte im Rahmen ihrer Satzung vom gesetzlichen Leistungsrahmen abweichen hätte dürfen.

In der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2018 beantragt der Bevollmächtigte der Klägerin,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 22.05.2017 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2017 zu verurteilen, der Klägerin den Eigenanteil von 50 % der notwendigen Behandlungskosten inklusive Arzneimittel für den im November/Dezember 2017 durchgeführten Behandlungszyklus zu erstatten.

Die Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen auf die beigezogene Verwaltungsakte und Gerichtsakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) frist- und formgerecht erhobene Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Rechtsgrundlage für den von der Klägerin geltend gemachten Kostenerstattungsanspruch in Höhe ihres gesetzlichen Eigenanteils von 50 % gemäß § 27a Abs. 3 Satz 3 SGB V für den Behandlungszyklus im November/Dezember 2017 ist hier § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V in Verbindung mit § 19b der Satzung der Beklagten. Nach § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Alternative SGB V haben Versicherte einen Kostenerstattungsanspruch für selbst beschaffte Leistungen, wenn die Beklagte die Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dadurch dem Versicherten Kosten entstanden sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) muss zwischen der Ablehnung der Leistung und der hierauf erfolgten Selbstbeschaffung ein kausaler Zusammenhang bestehen. Dies ergibt sich nach dem BSG aus der Verwendung des Wortes "dadurch" in § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Halbsatz SGB V (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. hier zum Beispiel BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 1; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 12). Die Kausalität zwischen der Leistungsablehnung und der Selbstbeschaffung hat sodann zwei Voraussetzungen. Zum einen muss die Leistung zeitlich nach der Erteilung des Bescheids beschafft worden sein und zum anderen muss die wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung in der Ablehnung der Leistung durch die Beklagte liegen (vgl. hierzu BSG-Entscheidung 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr. 8, jeweils Rn. 24). Die wesentliche Ursache der Selbstbeschaffung liegt aber nur dann in der Ablehnung der Beklagten, wenn sich der Versicherungsnehmer nicht unabhängig davon, wie eine Entscheidung der Krankenkasse ausfällt, von vornherein auf eine bestimmte Art der Krankenbehandlung festgelegt hat (BSG, Urteil vom 16.12.2008 - B 1 KR 2/08 R, Rn. 28). Vorliegend hat die Klägerin zwar den weiteren Behandlungszyklus im November/Dezem-ber 2017 entsprechend dem Folgebehandlungsplan vom 14.03.2017 nach Ablehnung der Übernahme der Kosten des Eigenanteils hierfür durch die Beklagte mit Bescheid vom 20.04.2017 in Fassung des Änderungsbescheids von 22.05.2017 im November/Dezem-ber 2017 begonnen und sich damit die Leistungen in Höhe des Eigenanteils nach der Ablehnungsentscheidung der Beklagten selbst beschafft. Das Gericht geht jedoch davon aus, dass die Ablehnung der Beklagten für die Kostenübernahme des Eigenanteils nicht wesentliche Ursache für diese Selbstbeschaffung war. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die Klägerin unabhängig von der Entscheidung der Beklagten hinsichtlich der Kostenübernahme für den Eigenanteil die Maßnahme entsprechend dem Folgebehandlungsplan vom 14.03.2017 durchgeführt hätte, sich also von vornherein darauf festgelegt hatte, diese Maßnahmen auch auszuschöpfen. Dies ergibt sich für das Gericht aus dem Telefonvermerk der Beklagten mit dem Ehemann der Klägerin vom 12.05.2017, in dem sich dieser zwar enttäuscht hinsichtlich der fehlenden Übernahme des Eigenanteils zeigte, aber nicht mitgeteilt hat, dass damit insgesamt die Folgebehandlung noch einmal von der Klägerin überdacht werden müsste. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass von der Klägerin unabhängig von der Entscheidung der Beklagten, ob sie ihr den Eigenanteil für die Folgebehandlungen erstatte oder nicht, von Anfang an gewollt war, diese auch bei bloßer Übernahme des gesetzlichen Anteils der Kosten durch die Beklagte durchzuführen. Damit fehlt es am notwendigen kausalen Zusammenhang zwischen der fehlenden Übernahme der Kosten des Eigenanteils durch die Beklagte und die hierauf erfolgte Selbstbeschaffung im November/ Dezember 2017.

Unabhängig davon hat die Beklagte aber auch die Übernahme des Eigenanteils der Klägerin für die Folgebehandlung im November/Dezember 2017 nicht zu Unrecht abgelehnt. Vielmehr hat diese mit Bescheid vom 27.10.2016 der Klägerin eine Übernahme der Kosten ihres gesetzlichen Eigenanteils für maximal drei Kinderwunschbehandlungen bewilligt und hierbei bestimmt, dass bei Einreichung der Eigenanteilsrechnung für die nicht komplett durchgeführte Maßnahme diese der Anzahl der auf den Behandlungsplan genehmigten Versuche angerechnet werde. Damit hat die Beklagte in diesem Bescheid die Regelung getroffen, dass bei der Übernahme des gesetzlichen Eigenanteils der Klägerin auch nicht komplett durchgeführte Maßnahmen zu der maximal zu bewilligenden Anzahl von drei Behandlungsmaßnahmen hinzuzuzählen sind. Diese Regelung ist zwischen den Beteiligten gemäß § 77 SGG auch bestandskräftig geworden, da gegen diesen Bescheid nicht innerhalb der Frist des § 66 Abs. 2 SGG Widerspruch eingelegt worden ist. Damit ist zwischen der Klägerin und der Beklagten bindend geregelt, dass Anspruch auf Übernahme des gesetzlichen Eigenanteils der Klägerin durch die Beklagte nur für maximal drei Behandlungsmaßnahmen besteht, zu denen auch nicht vollendete gehören. Ein Anspruch auf Übernahme des Eigenanteils der Klägerin für die Folgebehandlungen besteht somit nicht.

Auch wenn es somit nach Ansicht des Gerichts nicht mehr darauf ankommt, ob der Bescheid vom 27.10.2016 rechtswidrig war oder nicht, vertritt das Gericht zudem die Ansicht, dass dieser Bescheid nicht rechtswidrig war. Gemäß § 19b Abs. 1 der Satzung der Beklagten besteht ein Anspruch auf Übernahme des gesetzlichen Anteils der Versicherten für Behandlungsmaßnahmen nach § 27a SGB V für die ersten drei Versuche. Im Gegensatz zu der gesetzlichen Regelung des § 27 Abs. 1 Nr. 3 SGB V, der für die Feststellung einer hinreichenden Aussicht von Behandlungsmaßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft voraussetzt, dass die Maßnahme nicht bereits dreimal ohne Erfolg durchgeführt worden ist, regelt § 19b Abs. 1 der Satzung der Beklagten eine Kostenübernahme für die ersten drei Versuche. Bereits begrifflich unterscheidet damit die Beklagte zwischen den in § 27a Abs. 1 SGB V normierten Anspruch auf Übernahme der gesetzlichen Kosten für Behandlungsmaßnahmen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft und der von ihr über diesen gesetzlichen Anspruch hinaus gewährten Kostenübernahme. Nach Ansicht des Gerichts wird hier dabei bereits deutlich, dass die Beklagte nicht den Eigenanteil der Versicherten für alle gemäß § 27a Abs. 1 SGB V zu gewährenden Behandlungsmaßnahmen übernimmt, sondern für die ersten drei Maßnahmen, zu denen auch die zählen, die nicht vollendet werden, sondern im Versuchsstadium verbleiben. Dies wird durch den Begriff "Versuche" nach Ansicht des Gerichts hinreichend bestimmt festgelegt. Die Beklagte hat bei dieser Ermessensleistung auch nicht ihren gesetzlichen Rahmen verletzt. Vielmehr ist durch diese Regelung für die Versicherten ein Kostenübernahmeanspruch entstanden, der die gesetzliche Regelung des § 27a Abs. 3 Satz 2 SGB V hinsichtlich des von den Versicherten grundsätzlich selbst zu tragenden Eigenanteils erweitert. Die Versicherten der Beklagten erhalten damit nicht ein "Weniger" als gesetzlich vorgesehen, sondern ein "Mehr". Wie viel an "Mehr" die Beklagte durch ihre Satzung ihren Versicherten gewährt, liegt in ihrem Ermessen. Sie ist deshalb gerade nicht dazu verpflichtet, den vom Bevollmächtigten geforderten "Gleichlauf" zwischen der Übernahme des gesetzlichen Eigenanteils ihrer Versicherten und der Regelung des § 27a Abs. 1 Nr. 2 SGB V in der Weise herbeizuführen, dass sie für jede nach § 27a Abs. 1 SGB V zu gewährende Heilbehandlung auch den gesetzlichen Eigenanteil der Versicherten zu übernehmen habe. Da es sich bei der Übernahme des gesetzlichen Eigenanteils durch die Krankenversicherung um ein "Mehr" an Leistungen handelt, also der gesetzliche Leistungsrahmen gerade nicht eingeschränkt, sondern erweitert wird, hätte die Beklagte im Rahmen ihres Ermessens auch bestimmen können, dass der Eigenanteil der Versicherten nur für eine einzige Behandlungsmaßnahme übernommen werde, ohne dass dies rechtswidrig gewesen wäre. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Beklagte in § 19b Abs. 1 Bezug nimmt auf § 27a SGB V. Damit sollte nur ausgeschlossen werden, dass auch Kostenübernahme begehrt wird für Leistungen, die zwar der Herbeiführung einer Schwangerschaft dienten, aber nicht mehr die Leistungsvoraussetzungen des § 27a Abs. 1 SGB V erfüllten. Insgesamt kann daher auch eine Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 27.10.2016 nicht festgestellt werden.

Zu Recht hat somit die Beklagte mit Bescheid vom 22.05.2017 in Fassung des Widerspruchsbescheids vom 28.09.2017 es abgelehnt, der Klägerin die Kosten in Höhe ihres Eigenanteils für die Behandlungsmaßnahme im November/Dezember 2017 zu erstatten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Saved