S 14 R 1125/12

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 R 1125/12
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 20. Februar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2012 wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
III. Der Streitwert wird auf 7.934,62 Euro festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Säumniszuschlägen nach einer gemäß § 28p Abs. 1 Sozialgesetzbuch Viertes Buch (SGB IV) durchgeführten Beitragsüberwachung.

Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.01.2005 bis zum 31.12.2008 hat die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH ein Unternehmen in den Sparten Holz- und Trockenbau betrieben, wobei das Unternehmen bereits damals in einen Bereich Holzbau und einen Bereich Trockenbau unterteilt war. Zwischenzeitlich wurden im Jahr 2011 die beiden Bereiche getrennt und in separate GmbHs überführt. Der Geschäftsführer des Bereichs Trockenbau bzw. der Trockenbau GmbH, Herr S. , war und ist alleinvertretungsberechtigt.

Der Beigeladene zu 1) ist seit Anfang 2006 als Fliesenlegermeister in die Handwerksrolle der Handwerkskammer für Schwaben eingetragen. Im Zeitraum vom 03.04.2007 bis zum 30.09.2007 stellte er der Klägerin seine Arbeitskraft als selbständig Tätiger in Rechnung. Zu einer Befragung durch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes C-Stadt am 08.10.2007 erschien der Beigeladene zu 1) in Arbeitskleidung der Klägerin. Er teilte mit, aktuell nur für die Klägerin tätig zu sein und Aufträge im Bereich Spachtelarbeiten/Bautenschutz auszuführen. Er habe keine Angestellten. Das Werkzeug, das er für den Trockenbau benötige, habe er selbst gekauft. Ein Büro habe er nicht, die Rechnungen schreibe die Sekretärin der Klägerin. Werbung für sein Unternehmen betreibe er nicht. Er gebe selber keine Angebote ab, die Auftraggeber sagen ihm, wie viel Geld er für einen Auftrag erhalte und er entscheide dann, ob er den Auftrag annehme. In der Regel könne er keinen Auftrag ablehnen, da er sonst keine weiteren Aufträge erhalte. Er müsse keine festen Arbeitszeiten einhalten und könne sich seine Arbeitszeit frei einteilen. Er werde nach Quadratmetern bezahlt, für einen Quadratmeter Plattenverlegen erhalte er 16 Euro. Der Bauleiter der Klägerin plane seinen Einsatz drei bis vier Tage im Voraus und sage ihm, was er zuerst erledigen soll. Er sei praktisch wie ein Angestellter der Klägerin, die ihm das benötigte Material stelle und bezahle. Wenn er Urlaub habe, verdiene er kein Geld. Es stehe ihm jedoch frei, einen Subunternehmer zu beauftragen. Für Schäden, die er eventuell verursache, hafte er selbst. Wenn er einen Auftrag nicht rechtzeitig oder falsch erledige, schicke die Klägerin die eigenen Leute, deren Lohn werde ihm dann von der Rechnung abgezogen. Die Angestellten der Klägerin machen dieselbe Arbeit wie er. Er fahre mit seinem eigenen Auto zu den Baustellen. Als Arbeitskleidung habe er einen Pullover und ein T-Shirt von der Klägerin bekommen, ansonsten müsse er seine Arbeitskleidung selbst kaufen.

Der Beigeladene zu 2) hat zum 15.09.2005 in S. ein Gewerbe in der Sparte Trockenbau angemeldet. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 29.10.2007 stellte er der Klägerin seine Arbeitskraft als selbständig Tätiger in Rechnung. Im Rahmen einer Vernehmung durch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes C-Stadt am 12.08.2008 teilte er mit, auf drei Baustellen für die Klägerin im Bereich Trockenbau tätig gewesen zu sein. Zu dieser Zeit habe er keine weiteren Auftraggeber gehabt. Er habe jeweils einen mündlichen Auftrag durch den Bauleiter der Klägerin, Herrn H., erhalten. Dieser habe ihm immer gesagt, ob er nach Regiestunden oder nach Quadratmetern abrechnen soll und zu welchem Preis. Angebote an die Klägerin habe er nicht geschrieben. Er habe immer mit dem Beigeladenen zu 3) zusammengearbeitet. Der Bauleiter der Klägerin, Herr H., habe ihnen Arbeitsanweisungen gegeben, er habe gesagt, welche einzelnen Arbeiten auf der Baustelle auszuführen sind. Eigene Mitarbeiter beschäftige der Beigeladene zu 2) nicht. Eigene Geschäftsräume habe er nicht, in einem Raum in seiner Wohnung, der auch als Kinderzimmer genutzt werde, habe er einen Schreibtisch mit PC stehen. Seine Firma sei in den Gelben Seiten aufgeführt, ansonsten betreibe er keine Werbung. Seine Arbeitszeit bei der Klägerin sei von Montag bis Donnerstag von 7:00 bis 16:00 Uhr und am Freitag bis 12:00 Uhr gegangen. In diesen Zeiten sollte er auf der Baustelle sein. Bei Regiearbeiten habe er Stundenzettel geführt und unterschreiben lassen. Wenn er krank gewesen wäre, hätte er das dem Bauleiter der Klägerin melden müssen. Auf den Baustellen sei er als Mitarbeiter der Klägerin aufgetreten, nicht als Selbständiger. Er habe sein eigenes Werkzeug genutzt, es sei aber auch vorgekommen, dass ihm eine Maschine von der Klägerin gestellt wurde. Die Baustoffe habe der Bauleiter der Klägerin angeliefert und zur Verfügung gestellt. Er habe grundsätzlich die Möglichkeit gehabt, Aufträge abzulehnen. Allerdings bekäme er dann keine weiteren Aufträge mehr.

Der Beigeladene zu 3) hat zum 15.05.2006 in C-Stadt ein Gewerbe als Trockenbauer angemeldet. Im Zeitraum vom 01.10.2007 bis zum 10.11.2007 stellte er der Klägerin seine Arbeitskraft als selbständig Tätiger in Rechnung. Im Rahmen einer Vernehmung durch einen Mitarbeiter des Hauptzollamtes C-Stadt am 03.09.2008 teilte er mit, auf drei Baustellen für die Klägerin im Bereich Trockenbau tätig gewesen zu sein. Zu dieser Zeit habe er keine weiteren Auftraggeber gehabt. Auf den drei Baustellen habe er mit dem Beigeladenen zu 2), Herrn D., zusammengearbeitet. Er habe jeweils einen mündlichen Auftrag durch den Bauleiter der Klägerin, Herrn H., erhalten. Es sei ein Quadratmeter-Preis von 9,00 Euro vereinbart worden. Für eine Regiestunde habe es 23,50 Euro gegeben. Er hätte gerne mehr verlangt, sei aber von Herrn H. heruntergedrückt worden. Dieser sei auch immer auf die Baustelle gekommen und habe die Arbeit kontrolliert. Er habe auch immer gesagt, welche Arbeiten zu erledigen seien. Der Beigeladene zu 3) teilte des Weiteren mit, dass er keine Arbeitnehmer habe. Eigene Geschäftsräume habe er nicht, zuhause habe er einen PC. Werbung für seine Firma betreibe er nicht. Er habe ein Auto, das er privat und geschäftlich nutze. Zu den Baustellen der Klägerin habe er sein eigenes Werkzeug mitgebracht. Das Baumaterial habe der Bauleiter der Klägerin gebracht. Auf den Baustellen habe er montags bis freitags immer von ca. 7:30 Uhr bis ca. 16:00 Uhr gearbeitet. Der Bauleiter der Klägerin habe ihm gesagt, dass er von 7:00 bis 17:00 Uhr arbeiten müsse, aber der Beigeladene zu 2), Herr D., habe immer schon um 17:00 Uhr beim Fußballtraining sein müssen, so dass sie früher aufgehört haben. Wenn er krank geworden wäre, hätte er den Bauleiter der Klägerin informieren müssen.

Ein gegen den Geschäftsführer der Klägerin geführtes Strafverfahren wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt wurde mit Beschluss des Amtsgerichts C-Stadt vom 04.05.2009 gegen Zahlung von 2.000,00 Euro nach § 153a Abs. 2 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt.

Mit Schreiben vom 09.12.2011 hörte die Beklagte die Klägerin zu ihrer Absicht an, für die Zeit vom 01.01.2005 bis 31.12.2008 Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 5.287,67 Euro und Säumniszuschläge in Höhe von 2.647,00 Euro nachzufordern. Die Auswertung der durch das Hauptzollamt C-Stadt erhobenen Unterlagen habe ergeben, dass die Klägerin die Beigeladenen zu Unrecht als selbständig Tätige geführt und keine Beiträge zur Sozialversicherung entrichtet, obwohl die Beigeladenen tatsächlich beitragspflichtige abhängige Beschäftigungen ausgeübt haben. Hinsichtlich der Berechnung der Beiträge und der Säumniszuschläge wird auf die Anlagen zum Bescheid verwiesen.

Die Klägerin bot mit Schreiben vom 21.12.2011 zur vergleichsweisen Beilegung der Angelegenheit die Zahlung von 2.650,00 Euro an.

Die Beklagte ging auf diesen Vorschlag nicht ein und forderte mit Bescheid vom 20.02.2012 entsprechend dem Anhörungsschreiben Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 7.934,62 Euro nach. Folgende Feststellungen sprächen für eine nichtselbständige Beschäftigung der Beigeladenen: - Die Geschäftsführung der Klägerin habe hinsichtlich des Zeitpunktes der Abwicklung der durchzuführenden Arbeiten ihr Weisungsrecht ausgeübt, da sie jeweils einen genauen Termin vorgegeben habe, an dem die Aufträge für die Firma auszuführen waren. - Die Arbeit der Beigeladenen sei durch den Bauleiter der Klägerin Herrn H. kontrolliert worden. - Die Beigeladenen haben die gleichen Tätigkeiten wie festangestellte Arbeitnehmer der Klägerin geleistet. - Die Beigeladenen haben kein unternehmerisches Risiko getragen; sie haben zur Durchführung eines Auftrages nur sehr geringes eigenes Kapital (Werkzeuge für den Trockenbau) aufwenden müssen, größere Maschinen seien ihnen von der Klägerin kostenlos zur Verfügung gestellt worden. - Die Beigeladenen hatten kein eigenes Büro; sie haben keine versicherungspflich- tigen Arbeitnehmer beschäftigt. - Rechnungsdarstellungen bzw. Inhalte der Rechnungen seien vom Bauleiter der Klägerin vorgegeben worden; die Rechnungen für den Beigeladenen zu 1) habe die Sekretärin der Klägerin geschrieben. - Die Beigeladenen zu 2) und zu 3) haben zusammen gearbeitet. - Der Bauleiter der Klägerin habe Arbeitsanweisungen gegeben und erklärt, welche Aufgaben auszuführen waren. - Der Bauleiter der Klägerin habe die ausgeführten Tätigkeiten kontrolliert. - Die Beigeladenen sollten zu festen Arbeitszeiten, von 7:00 bis 16:00 Uhr, auf der Baustelle arbeiten. - Für Regiearbeiten hatten die Beigeladenen Stundenaufzeichnungen zu führen. - Auf der Baustelle seien die Beigeladenen als Arbeitnehmer der Klägerin aufgetreten.

- Die Beigeladenen haben keinerlei Kalkulationsangebot in Konkurrenz zu anderen erstellt. - Die Beigeladenen haben zum Zeitpunkt der Beschäftigung bei der Klägerin keine weiteren Auftraggeber gehabt. - Merkmale unternehmerischen Handelns seien bei den Beigeladenen kaum erkenn- bar, insbesondere haben sie keine eigenständigen Entscheidungen über Einkaufs- und Verkaufspreise, Warenbezug, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen, die Zahlungsweise der Kunden, Art und Umfang der Kundenakquisition sowie Art und Umfang von Werbemaßnahmen für das eigene Unternehmen getrof- fen. - Die Beigeladenen haben lediglich ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt. Für eine selbständige Tätigkeit der Beigeladenen sprächen folgende Feststellungen: - Der Beigeladene zu 2) habe Überbrückungsgeld vom Arbeitsamt erhalten, er habe für mehrere Arbeitgeber tätig werden können, er habe Umsatzsteuer abgeführt, er habe einen Schreibtisch und PC im Kinderzimmer, er habe einen Eintrag in den "Gelben Seiten", er habe eigenes Werkzeug benutzt. - Der Beigeladene zu 3) habe einen Existenzgründerzuschuss vom Arbeitsamt er- halten, er habe ein Gewerbe angemeldet, er habe einen Computer, den er auch geschäftlich nutzt, er habe ein Auto, das er privat und geschäftlich nutzt, er habe eigenes Werkzeug. Hierbei handele es sich um schwache Indizien, im Rahmen der Gesamtabwägung hinter die starken Indizien, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen, zurücktreten müssen.

Den hiergegen am 05.03.2012 erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin trotz mehrfacher Erinnerung der Beklagten nicht. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2012 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Der angefochtene Bescheid entspreche der Sach- und Rechtslage und sei nicht zu beanstanden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 24.10.2012 Klage zum Sozialgericht Augsburg und machte geltend, die Beitragsnachforderung der Beklagten sei unberechtigt. Die Tätigkeiten der Beigeladenen seien als selbständige Tätigkeiten zu beurteilen. Insbesondere sei eine zeitliche Koordinierung jeder einzelnen Tätigkeit auf dem Bau zwingend erforderlich, um Chaos zu vermeiden. Die zeitliche Koordinierung beinhalte kein Weisungsrecht der Klägerin. Eine Kontrolle durch den Bauleiter sei erforderlich, um etwaige Mängel rügen zu können. Das Ausfüllen von Regiezetteln sei zwingende Voraussetzung für die Abrechnung von Regieleistungen und kein Argument für eine abhängige Beschäftigung. Im Übrigen handele es sich bei den Argumenten der Beklagten um bloße plakative und unsub-stantiierte Behauptungen ohne jeden Beweiswert.

Hinsichtlich der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung am 27.11.2013 gestellten Beweisanträge wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

In der Sache beantragt die Klägerin, den Bescheid vom 20.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2012 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie verweist auf die Begründung im angefochtenen Bescheid. Die Beigeladenen haben kein unternehmerisches Risiko getragen. Sie haben - wie Arbeitnehmer - nur ihre Arbeitskraft eingesetzt und für ihre Tätigkeiten nach Arbeitsaufwand orientierte Vergütungen erhalten. Sie haben keine Entscheidungen über Preisgestaltung, Einstellung und Einsatz eigenen Personals, Einsatz von Kapital oder Sachmitteln oder eigene Kundenakquisition getroffen. Für eine weisungsgebundene Eingliederung der Beigeladenen in die Betriebsorganisation der Klägerin spreche zudem, dass die Beigeladenen in wesentlichem Umfang auf Weisungen der Klägerin tätig waren und der Koordinations- und Kontrollpflicht der Klägerin unterlagen.

Die Beigeladenen haben an der mündlichen Verhandlung am 27.11.2013 nicht teilgenommen und keine Anträge gestellt.

Bezüglich des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet.

I. Streitgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 20.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2012, mit welchem diese von der Klägerin Gesamtsozialversicherungsbeiträge, Umlagen und Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 7.934,62 Euro nachgefordert hatte. Diese Entscheidung ist zu Recht ergangen.

Nach § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung bei den Arbeitgebern Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber dem Arbeitgeber. Inhalt und Umfang der Prüfung ergeben sich insbesondere aus den Vorschriften bezüglich der Meldepflichten des Arbeitgebers nach § 28a SGB IV, Zahlung des Gesamtsozialversicherungsbeitrages gemäß § 28e SGB IV i.V.m. § 28d SGB IV, den Aufzeichnungspflichten und der Einreichung der Beitragsnachweise nach § 28f SGB IV. Darüber hinaus bestimmt § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV, dass von der Prüfung die Lohnunterlagen erfasst werden, für die Beiträge nicht bezahlt wurden. Inhalt der Betriebsprüfung ist insbesondere die von den Arbeitgebern vorgenommene Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse. Im Rahmen einer Betriebsprüfung ist zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die beim oder für den zu prüfenden Betrieb Beschäftigten der Sozialversicherungspflicht unterliegen. Hierbei ist zu beurteilen, ob sie nicht versicherungspflichtig, versicherungsfrei oder von der Versicherungspflicht befreit sind (Bayerisches Landessozialgericht - LSG -, Beschluss vom 09.05.2012, Az.: L 5 R 23/12 = NZS 2012, 908).

Beschäftigung ist die nicht selbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Dies liegt vor, wenn der Tätige in einem fremden Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort, und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Eine selbständige Tätigkeit ist dagegen anzunehmen, wenn sie durch ein eigenes Unternehmerrisiko, eine eigene Unternehmenschance, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitzeit geprägt ist (ständige Rechtsprechung, vgl. Bayerisches LSG, Urteil vom 28.06.2011, Az.: L 5 R 880/10; Bundessozialgericht - BSG -, Urteil vom 12.02.2004, Az.: B 12 KR 26/02 R, jeweils abrufbar in juris).

Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Krankenversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung, Arbeitslosenversicherung und sozialen Pflegeversicherung gelten nach § 253 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V), § 174 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sowie § 60 Abs. 1 Satz 2 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Diese gelten nach § 1 Abs. 1 Satz 2 SGB IV, § 348 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) auch für die Arbeitslosenversicherung bzw. Arbeitsförderung. Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen versicherten Beschäftigten sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Anteil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit gezahlt. Dies gilt auch für den Beitrag zur Pflegeversicherung für gesetzlich krankenversicherte Beschäftigte (§ 28d Satz 2 SGB IV). Die Mittel zum Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen im Rahmen der Entgeltfortzahlung werden durch eine Umlage von den am Ausgleich beteiligten Arbeitgebern aufgebracht.

Die Beitragshöhe aus dem Arbeitsentgelt gemäß § 14 Abs. 1 SGB IV i.V.m. §§ 223, 226 SGB V, §§ 161, 162 SGB VI, §§ 341, 342 SGB III sowie §§ 54, 57 SGB XI i.V.m. § 226 Abs. 1 Nr. 1 SGB V richtet sich nach dem Entgelt für eine versicherungspflichtige Beschäftigung nach § 7 Abs. 1 SGB IV.

II.

In Anwendung der vorgenannten Maßstäbe ist die Beklagte zu dem zutreffenden Abwägungsergebnis gekommen, dass der Beigeladene zu 1) vom 03.04.2007 bis zum 30.09.2007, der Beigeladene zu 2) vom 01.10.2007 bis zum 29.10.2007 und der Beigeladene zu 3) vom 01.10.2007 bis zum 10.11.2007 für die Klägerin jeweils in abhängigen Beschäftigungsverhältnissen tätig geworden sind. Da das Gericht auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin im Klageverfahren der Begründung des Bescheides vom 20.02.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2012 folgt, wird von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe im Hinblick auf § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgesehen.

Als wesentliche Kriterien für eine abhängige Beschäftigung sind hier noch einmal die Eingliederung der Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin und das nicht erkennbare Unternehmerrisiko der Beigeladenen zu nennen.

Die Beigeladenen waren in die Betriebsorganisation der Klägerin eingebunden. Die von ihnen zu verrichtenden Arbeiten waren hinsichtlich Art, Zeit und Ort fremdbestimmt. Die Beigeladenen waren ausschließlich auf Baustellen der Klägerin tätig. Sie hatten Fertigstellungstermine einzuhalten, die die Klägerin ihnen einseitig vorgegeben hatte. Folglich hatten die Beigeladenen ihre Tätigkeiten an dem vorgegebenen Betriebsablauf auszurichten und unterlagen entsprechenden Reglementierungen. Ein Einsatz auf einer Baustelle war nur innerhalb eines im Voraus ohne Mitwirkung der Beigeladenen festgelegten Zeitrahmens möglich. Die Arbeiten der Beigeladenen waren Teil eines übergeordneten Planungsauftrages, den allein die Klägerin nach außen zu vertreten hatte. Die Tätigkeiten der Beigeladenen waren auch in der Form fremdbestimmt, denn nach Außen hin, d.h. gegenüber den Kunden der Klägerin, sind die Beigeladenen nicht als Selbständige aufgetreten, sondern haben Tätigkeiten für die Klägerin ausgeübt. Dieser allein kam das Produkt ihrer Arbeit zugute.

Die Beigeladenen haben kein Unternehmerrisiko getragen. Wesentliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko ist, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch unter Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, sodass der Erfolg des Einsatzes der sächlichen und persönlichen Mittel ungewiss ist (vgl. BSG, Urteil vom 28.05.2008 - B 12 KR 13/07 R, abrufbar in juris). Dies ist bei den vorliegend zu beurteilenden Tätigkeiten der Beigeladenen nicht der Fall. Die Beigeladenen verfügten weder über eigene Mitarbeiter noch über wesentliche sächliche Betriebsmittel. Die Benutzung von eigenem Kleinwerkzeug ist bei Beschäftigten im Baugewerbe üblich und qualifiziert eine Tätigkeit nicht ohne Weiteres als selbständig (BSG, Urteil vom 30.01.2007, Az.: B 2 U 6/06 R = SGb 2007, 748 - 750 m.w.N.). Die Aufwendungen für Utensilien, die heutzutage in der überwiegenden Mehrzahl der Arbeitnehmerhaushalte zu finden sind, stellen kein Unternehmerrisiko dar. Die Beigeladenen hatten keine eigenen Betriebsstätten und keine eigenen Büroräume. Sie haben kein erhebliches Kapital mit dem Risiko des Verlustes, sondern allein ihre Arbeitskraft eingesetzt und das auch nicht mit ungewissem Erfolg. Denn sie haben eine erfolgs-unabhängige Vergütung in Form einer Stundenpauschale erhalten. Die Beigeladenen hatten keine Möglichkeit, die Modalitäten der Leistungserbringung gegenüber den Kunden der Klägerin mitzubestimmen. Da die Klägerin auch sämtliches Material stellte, konnten die Beigeladenen nicht durch eigenes Unternehmerwagnis den für ihren jeweiligen Gewinn maßgebenden Umsatz beeinflussen. Ihnen war somit auch keine echte unternehmerische Chance eröffnet, weil sie einen höheren Verdienst nur durch einen zeitlich ausgeweiteten Einsatz ihrer Arbeitskraft erzielen konnten. Dies unterscheidet sich nicht von den Möglichkeiten eines abhängig Beschäftigten, durch Erhöhung der täglichen Arbeitszeit oder durch Überstunden das Entgelt zu erhöhen.

Die Kammer verkennt indes nicht, dass auch Indizien vorhanden sind, die für selbständige Tätigkeiten der Beigeladenen sprechen. So konnten die Beigeladenen im Urlaubs- und Krankheitsfall keine Entgeltfortzahlung beanspruchen, hatten eigene Gewerbe angemeldet und die (theoretische) Möglichkeit, von der Klägerin angebotene Aufträge abzulehnen. Diese Gesichtspunkte treten jedoch im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtabwägung hinter die sehr starken Kriterien für abhängige Beschäftigungen zurück.

III.

Den vom Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen musste nicht nachgegangen werden. Denn zugunsten der Klägerin können sämtliche unter Beweis gestellten Behauptungen als wahr unterstellt werden, ohne dass die Abwägung der Kammer dadurch anders ausfällt.

Inwieweit die beantragte "förmliche Zeugenvernehmung der Beigeladenen" vorliegend überhaupt in Betracht käme, kann deshalb dahingestellt bleiben. Ein notwendig Beigeladener kann grundsätzlich als Zeuge nur zu solchen Tatsachen befragt werden, die seine durch § 75 SGG geschützten Interessen nicht berühren, wenn er also Tatschen bekunden soll, die ausschließlich für andere Beteiligte in Betracht kommen (vgl. BSG, Urteil vom 15.12.1983, Az.: 12 RK 57/82 = SozR 1500 § 117 Nr. 3). Diese Voraussetzung dürfte vorliegend nicht erfüllt sein, weil die Klägerin die Vernehmung der Beigeladenen gerade zu Umständen begehrt hat, die unmittelbar deren eigenes Verhalten betreffen und Auswirkungen auf ihre Rechtsstellung im Prozess hätten.

Jedenfalls kann als wahr unterstellt werden, dass die Beigeladenen das zur Durchführung der Arbeiten erforderliche Werkzeug selbst gekauft und zu den Baustellen mitgebracht haben. Hierin kann jedoch kein relevantes Unternehmerrisiko gesehen werden. Ein relevantes Risiko, Anschaffungen zu tätigen, die sich mangels Aufträgen nicht amortisieren könnten, bestand - wie oben dargelegt - nicht. Die (Klein-)Werkzeuge konnten jedenfalls auch privat genutzt werden. Eine eigene Betriebsstätte unterhielt keiner der Beigeladenen; keiner der Beigeladenen beschäftigte eigene Angestellte.

Ebenso kann als wahr unterstellt werden, dass die Benutzung von Maschinen der Klägerin durch Dritte "jederzeit üblich" ist und diese Maschinen "üblicherweise" auf Baustellen vorhanden sind. Dies vermag nichts daran zu ändern, dass die Beigeladenen kein eigenes Kapital mit der Gefahr des Verlustes investiert haben, zumal die Klägerin auch sämtliches Material stellte.

Dass es den Beigeladenen gestattet war, für andere Auftraggeber tätig zu werden, steht der Annahme abhängiger Beschäftigungen ebenfalls nicht entgegen. Da die Beigeladenen im streitgegenständlichen Zeitraum keine eigenen Mitarbeiter beschäftigt haben, konnten sie für verschiedene Auftraggeber nur nacheinander tätig werden. Die Möglichkeit, neben einem Arbeitsverhältnis noch selbständig tätig zu sein, hat jeder Arbeitnehmer (vgl. BSG, Urteil vom 04.11.2009, Az.: B 12 R 7/08 R = SozR 4-2600 § 2 Nr. 13).

Auch wenn die Weisungen der Klägerin sich allein auf Arbeitsabläufe zur Koordinierung verschiedener Gewerke bezogen haben, erfolgte die Tätigkeit der Beigeladenen nicht weisungsfrei im rechtlich relevanten Sinne: Bei Trockenbauarbeiten handelt es sich um einfache Arbeiten, für die umfangreiche praktische Weisungen nicht erforderlich sind. Einweisungen zu Beginn der jeweiligen Aufträge sind jedoch erfolgt. Dass die Arbeitsergebnisse von der Klägerin - wie ihr Prozessbevollmächtigter selbst unter Beweis gestellt hat - auch kontrolliert wurden, spricht ebenfalls für eine abhängige Beschäftigung. Ob nach erbrachter Leistung ggf. ein gemeinsames Aufmaß erfolgt ist, ist insofern irrelevant.

Auch wenn den Beigeladenen nicht vorgegeben worden ist, in welchem Arbeitstempo sie ihre Arbeiten auszuführen hatten und sie in der Einteilung ihrer Pausen frei waren, konnten sie ihre Arbeitszeit nicht frei bestimmen. Sie waren an die von der Klägerin einseitig vorgegebenen Fertigstellungstermine gebunden. Eine zeitliche und - naturgemäß auch örtliche - Eingliederung in den Betriebsablauf der Klägerin ist deshalb erfolgt.

Schließlich hat die Kammer auch keine Zweifel daran, dass Regiestunden von den Beigeladenen über Regiezettel erfasst und dem Bauleiter der Klägerin entsprechend den Regelungen der VOB/B zur Unterschrift vorgelegt worden sind. Inwieweit sich hieraus ein Indiz für das Vorliegen von selbständigen Tätigkeiten ergeben soll, erschließt sich der Kammer jedoch nicht.

IV.

Die Beklagte hat zu Recht ausgehend von einer abhängigen Beschäftigung die entsprechenden Gesamtsozialversicherungsbeiträge geltend gemacht. Insgesamt ist die Höhe der nachgeforderten Beiträge nicht zu beanstanden, sie richtet sich nach den gezahlten Entgelten und den im jeweiligen Zweig der Sozialversicherung geltenden Beitragssatz. Im Rechenwerk der Anlage zum angefochtenen Bescheid sind keine Fehler erkennbar. Einwendungen dagegen wurden von Klägerseite auch nicht vorgebracht.

V.

Die Beklagte war auch berechtigt, Säumniszuschläge gemäß § 24 Abs. 1 SGB IV geltend zu machen. Der Geschäftsführer der Klägerin hat nicht glaubhaft gemacht, dass er unverschuldet ohne Kenntnis von der Beitragszahlungspflicht gewesen wäre, § 24 Abs. 2 SGB IV. Er war objektiv und subjektiv in der Lage, zu erkennen, dass zwischen der Tätigkeit der von ihm angestellten Mitarbeiter und derjenigen der Beigeladenen keine wesentliche Unterscheidung getroffen werden konnte und dass damit die Beigeladenen beitragspflichtig beschäftigt waren. Die Säumniszuschläge sind auch in zutreffend errechneter Höhe geltend gemacht worden.

VI.

Nach alledem war die Klage in vollem Umfang abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. §§ 154 Abs. 1, 162 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Weder Klägerin noch Beklagte gehören zu den in § 183 SGG genannten Personen, so dass § 193 SGG keine Anwendung findet. Die Kostentragungspflicht der Klägerin folgt aus dem Umstand, dass sie unterliegt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (§ 162 Abs. 3 VwGO) ist vorliegend nicht gegeben, da sie keine Anträge gestellt haben.

Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. dem Gerichtskostengesetz (GKG). Nach § 52 Abs. 1 GKG bestimmt sich der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen. Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, ist gemäß § 52 Abs. 3 GKG deren Höhe maßgebend. Gegenstand des mit der vorliegenden Klage angefochtenen Bescheides ist die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen, Umlagen und Säumniszuschlägen in Höhe von insgesamt 7.934,62 Euro, so dass der Streitwert auf diesen Betrag festzusetzen ist.
Rechtskraft
Aus
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