S 9 U 62/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 9 U 62/01
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 15 U 15/04
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird unter Aufhebung der Bescheide vom 22.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.03.1999 und 27.02.2001 und 20.08.2001 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 13.11.2001 verurteilt, die dem Kläger zustehende Verletztenrente mit Wirkung ab 22.10.1995 bis auf weiteres nach Maßgabe einer MdE um 80 % zu zahlen.
2. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
3. Die Beklagte trägt 2/3 der Kosten des Klägers. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob dem Kläger 1973 zu niedrige Verletztenrente bewilligt wurde und ob der Grad der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) aufgrund einer Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes weiter anzuheben ist.

Der 0000 geborene Kläger verlor bei einem Arbeitsunfall am 13.11.1971 das rechte Bein. Er erhielt von der Beklagten zunächst vorläufige Rente nach einer MdE um 75% (Bescheid vom 28.8.1972). Der Entscheidung lag u.a. ein Bericht des Chirurgen K (v. 24.5.1972) zugrunde, wonach der Kurzstumpf als in Ordnung befunden wurde und das passgerecht sitzende Kunstbein noch getragen werden könne. Der Kläger laufe mit der Versorgung sehr zufriedenstellend. In seinem Gutachten für die Beklagte vom 3.7.1972 kam K zu dem Schluss, der Kläger habe sich mit seiner gut sitzenden Prothese gut eingelaufen, diese sitze fest und passgerecht bei einer Stumpflänge von 23 cm, die Gehtechnik sei ausgezeichnet. Bei Wetterwechsel bestünden Phantomschmerzen.

Das Zweite Rentengutachten erstattete Chirurg Q (Gutachten v. 2.5.73). Auch er berichtete über Schmerzen bei Witterungswechsel, mit der Prothese komme der Kläger gut zurecht, die Stumpflänge betrage 13 cm unter dem großen Rollhügel, die MdE betrage 75%.

Dem widersprach Beratungsarzt M1: Bei dem erst 00-jährigen Mann könne nur eine MdE von 66 2/3% auf Dauer anerkannt werden. Die Beklagte bewilligte Dauerrente nach einer MdE um 66 2/3 % ab 1.7.1973 (Bescheid vom 23.5.1973). Der Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 11.4.1974 berichtet der Berufshelfer, der Kläger könne seine Prothese nicht tragen. Vom 24.11.1981 bis 22.12.1981 unterzog sich der Kläger einem Heilverfahren im Sanatorium I Bad X. Nach dem Entlassungsbericht war seinerzeit die prothetische Versorgung wegen des kurzen Stumpfes ungenügend, das Gewicht des Klägers, der seine Prothese gar nicht erst mitgebracht hatte, sondern an Unterarm-Gehstützen lief, wird bei Entlassung mit 89 kg angegeben. Bei einem Besuch des Berufshelfers am 18.3.1982 trug der Kläger die Beckenkorbprothese rechts, hatte aber damit "offensichtlich" erhebliche Schwierigkeiten.

Am 1.6.1982 erstellte M2 ein chirurgisches Gutachten. Dort beklagte der Kläger den immer noch nicht zufriedenstellenden Sitz seiner Prothese und "nach wie vor" erhebliche Phantomschmerzen, die M2 als glaubhafte Unfallfolge ansah. Die Stumpfverhältnisse (13 cm vom großen Rollhügel an) seien für Prothesenversorgung ungünstig, die MdE liege bei 66 2/3 %.

Der Kläger stellte am 21.7.1997 einen Verschlimmerungsantrag, der abgelehnt wurde (Bescheid v. 22.6.1998; Widerspruchsbescheid v. 25.3.1999). In diesem Verwaltungsverfahren teilte der behandelnde Arzt C (Bericht v. 27.4.98) mit, der Kläger leide seit Jahren unter Phantomschmerzen und gehe ständig an Unterarmgehstützen. Nach dem Reha-Bericht der Klinik M3 Bad T (14.8.-11.9.1996) gab der Kläger dort an, in den letzten 3 Jahren 25 kg zugenommen zu haben und seit 1985 in schmerztherapeutischer Behandlung der RWTH B wegen Phantomschmerzen zu sein. In seiner Stellungnahme hierzu bezeichnete M2 (St. v. 3.6.98) Phantomschmerzen als nicht gesichert und wegen der langen Latenzzeit auch nicht als wahrscheinlich. Eine Verschlimmerung sei nicht eingetreten. Auf Empfehlung von M2 übernahm die Beklagte die Kosten eines Rollstuhls (Bescheid vom. 17.9.99).

Der Kläger stellte einen weiteren Verschlimmerungsantrag (am 22.10.1999). Ein internistisches Gutachten von H (v. 23.3.2000) erbrachte keinen Hinweis auf Unfallfolgen auf diesem Fachgebiet, das Gewicht des Klägers wird mit 103 kg angegeben, nach 81 kg 1997. Die Beklagte veranlasste außerdem eine neurologische Begutachtung durch M3 (GA v. 22.3.2000) und eine chirurgische durch L(v. 24.3.2000). L war der Auffassung, die MdE liege seit 1982 bei 70%, da eine Bewertung mit 66 2/3% gute Stumpfverhältnisse voraussetze, die beim Kläger nicht vorhanden seien. Seit 1984 benutze der Kläger keine Prothese mehr, auch bestünden glaubhafte Phantomschmerzen. Demgegenüber hielt M2 (Stellungnahme vom 19.4.00) Phantomschmerzen - die gegebenenfalls mit einer zusätzlichen MdE von 10% zu berücksichtigen wären - weiterhin für nicht gesichert und eine Prothesenversorgung für weiter möglich. Soweit diese an dem extremen Übergewicht des Klägers mit hierdurch verschlechterten Stumpfverhältnissen scheitere, sei dies ein nicht zu Lasten der Beklagten zu berücksichtigender Nachschaden.

Neurologe O (Bericht v. 13.11.00) hielt demgegenüber Phantomschmerzen für gesichert. Schmerztherapie sei seit 1982 erforderlich, zuletzt mit Morphinen. Ein elektrophysiologischer Nachweis sei nicht möglich. M2 schloss sich nun wieder dieser Auffassung an, sah Phantomschmerzen als gesichert an und empfahl eine MdE um 75% (Stellungnahme v. 28.11.2000). Erneut anders bewertete. M2 die Problematik in seinem anschließenden Gutachten vom 21.12.2000: Bei einer zeitlichen Latenz von 10 Jahren sei die von anderen Gutachtern angenommene psychische Fixierung auf den Gliedmaßenverlust nicht mehr beachtlich, ein Phantomschmerz sei also nicht gesichert. Das behandlungs- und beschwerdefreie Intervall von 1983 bis 1992 spreche ebenfalls dagegen.

Die Beklagte verneinte eine Verschlimmerung (Bescheid v. 27.2.2001) Mit dem Widerspruch machte der Kläger geltend, die MdE sei von Anfang an zu niedrig bemessen gewesen und beantragte eine höhere Feststetzung ab 1.7.1973. Die Beklagte lehnte eine rückwirkende Rentenerhöhung ab (Bescheid vom 20.8.2001) und wies die Widersprüche zurück (Widerspruchsbescheide vom 13.11.2001).

Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kläger ist der Auffassung ihm habe von vornherein eine Rente nach einer MdE um wenigstens 75% zugestanden. Außerdem habe sich sein Zustand verschlimmert, weil sich ein unfallbedingter Phantomschmerz massiv verschlimmert habe, so dass die MdE nunmehr 80% betrage.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide vom 22.06.1998 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.03.1999 und 27.02.2001 und 20.08.2001 in der Fassung der Widerspruchsbescheide vom 13.11.2001 zu verurteilen, die dem Kläger zustehende Unfallrente mit Wirkung ab 01.07.1973 nach Maßgabe einer MdE von 75 % zu zahlen, auf den Verschlimmerungsantrag vom 22.10.1999 nach Maßgabe einer MdE um 80 %.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Eine Verschlimmerung sei nicht eingetreten, denn der Phantomschmerz habe sich nicht sichern lassen. Zwischen 1972 und 1982 habe der Kläger nicht über Phantomschmerzen geklagt, bis 1992 seien Behandlungen nicht erfolgt. Die Symptomatik spreche gegen einen unfallbedingten Phantomschmerz.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines fachchirurgischen Gutachtens von T (v. 6.5.2002) nach § 106 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und - nach § 109 SGG - durch neurologisches Gutachten von O (v. 26.8.2003). Die Beklagte legte aktengutachtliche Stellungnahmen von M2 vor (vom 15.6., 3.7. und 11.9.2002). Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die genannten Gutachten und Stellungnahmen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Zwar war der Bescheid vom 23.05.1973 rechtmäßig, denn seinerzeit war die von der Beklagten zugrundegelegte MdE von 66 2/3 % medizinisch und rechtlich vertretbar. Jedoch sind die angefochtenen Bescheide insoweit rechtswidrig, als seit mindestens 22.10.1995 eine MdE um 80% besteht und deshalb auf den Verschlimmerungsantrag und auf den Überprüfungsantrag des Klägers hin - unter zusätzlicher Aufhebung der eine Verschlimmerung verneinenden Bescheide vom 22.6.1998 und 25.3.1999 - höhere Rente zu zahlen war.

Ein Anspruch auf rückwirkend höhere Unfallrente besteht nicht schon deswegen, weil die Bewilligung der Rente nach einer MdE um 66 2/3 % durch Bescheid vom 23.5.1973 etwa zu niedrig ausgefallen wäre. Die in § 44 des 10. Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) genannten Voraussetzungen für eine Rücknahme des Bescheides vom 23.5.1973 liegen nicht vor. Denn bei Erlass dieses Verwaltungsaktes wurde weder - wie § 44 SGB X Abs. 1 aber voraussetzt - das Recht unrichtig angewandt noch von einem Sachverhalt ausgegangen, der sich als unrichtig erweist. Die Einschätzung der MdE mit 66 2/3 % war seinerzeit vertretbar.

Nach § 581 Abs. 1 Nr. 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) - hier hinsichtlich des Unfalles 1971 noch anwendbar über § 212 des Siebten Buches Sozialgesetzbuch - SGB VII - wird als Verletztenrente der Teil der Vollrente (§ 581 Abs. 1 Nr. 1 RVO) gewährt, der dem Grade der MdE entspricht, solange die Erwerbsfähigkeit des Verletzten infolge des Arbeitsunfalls um wenigstens ein Fünftel gemindert ist. Inwieweit der Kläger durch die Unfallfolgen und deren Auswirkungen in seiner Erwerbsfähigkeit gemindert ist, richtet sich demnach nach dem Umfang der dadurch eingetretenen Beeinträchtigung des körperlichen, geistigen und seelischen Leistungsvermögens sowie dem Umfang der ihm dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Arbeitsmarktes (Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 581 Nr. 28; vgl. jetzt § 56 Abs. 2 Satz 1 SGB VII).

Bei Erlass des Bescheides vom 23.05.1973 war die MdE mit 66 2/3 % zutreffend bemessen. Dies steht für die Kammer aufgrund der im gerichtlichen Verfahren eingeholten Gutachten von T und O fest. T verweist zutreffend darauf, dass die zur Zeit der Entscheidung 1973 allgemein angewandten Tabellen zur Einschätzung der MdE für eine Oberschenkelamputation im mittleren Oberschenkeldrittel eine MdE von 66 2/3 vorsahen (vgl. Marx, Medizinische Begutachtung, 3. Aufl., 1976). Neuere Literatur hält insoweit eine MdE um nur 60 % für angemessen (Günther/Hymmen, Unfallbegutachtung, 7. Aufl., 1980; Mehrhoff/Muhr, 10. Aufl., 1999). Zwar verweist T darauf, dass die MdE auf 70 - 80 % steige, wenn die Amputationshöhe im weit poximalen Drittel liegt (nach Marx 1976, a. a. O. nur auf 70 - 75 %). Dies sei immer dann der Fall, wenn der Stumpf sehr kurz sei und eine gleiche Funktionseinbuße wie der Verlust eines Beines im Hüftgelenk bedinge. So verhalte es sich, wenn die Absetzungsebene in der Höhe des kleinen Rollhügels liege oder bei besonderen Weichteilverhältnissen, denen nicht durch plastische Eingriffe oder Nachamputation abgeholfen werden kann. T weist zwar darauf, dass diese Voraussetzungen beim Kläger vorlägen, da eine prothetische Versorgung zwar versucht worden sei und auch zeitweise erfolgreich schien, letztlich aber misslungen sei, weshalb T die MdE auf 75 % einschätzen will. Dies ist aber ersichtlich eine rückschauende Betrachtung, die die Entwicklung ab den 80 er Jahren einbezieht. In allen ärztlichen Berichten bis Mai 1973 ist hingegen immer nur davon die Rede, dass die Prothese passe und der Kläger gut mit ihr laufen könne. Erste Schwierigkeiten mit der Prothese werden erst durch den Berufshelfer im April 1974 berichtet. Bei Bescheiderteilung im Mai 1973 hatte die Beklagte daher davon auszugehen, dass die Prothesenanpassung gelungen war und der Kläger gut mit ihr zurecht kam. Insofern folgt die Kammer der Einschätzung von O, dass die MdE von 66 2/3 % - auch wenn schon seinerzeit teilweise höhere Empfehlungen ausgesprochen worden waren - sich im Rahmen einer medizinisch und rechtlich vertretbaren Einschätzungsbandbreite hielt. Dem entspricht auch die Angabe des Klägers selbst bei T, wonach er in den ersten Jahren weniger Schmerzen gehabt habe und auch mit der Prothese gut zurecht gekommen sei.

Anders verhielt es sich mit der Ablehnung des Verschlimmerungsantrages vom 21.07.1997 durch Bescheide vom 20.06.1998 und 25.03.1999. Hinsichtlich dieser Bescheide sind die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 SGB X gegeben, dass im Einzelfall das Recht unrichtig angewandt und deshalb Sozialleistungen - nämlich eine höhere Unfallrente - nicht erbracht wurden, sodass der Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen ist.

Seit Anfang der 80er Jahre betrug die MdE beim Kläger 80 %. Dies entnimmt die Kammer dem überzeugend und nachvollziehbar begründeten Gutachten von O, der ihr als neutraler und fachkundiger Sachverständiger seit Jahren bekannt ist und dessen nachvollziehbaren Argumenten sie in vollem Umfang folgt. Danach steht für die Kammer fest, dass beim Kläger über die rein chirurgischen Amputationsfolgen hinaus zusätzlich zu berücksichtigende Schmerzen bestehen, die seit 1982 spezielle schmerztherapeutische Behandlung erfordern, auch den Einsatz von Morphinen. Der entgegenstehenden Ansicht von M2 und T vermag die Kammer nicht zu folgen. M2 hat sich durch das ständige Hin und Her seiner Argumentation im Verwaltungsverfahren, die schon fast den Eindruck von Beliebigkeit erweckt, als ernstzunehmender Sachverständiger für die Frage, ob beim Kläger Phantomschmerzen vorliegen oder nicht, selbst disqualifiziert. 1982 hat er Phantomschmerzen bejaht, 1998 und im April 2000 verneint, im November 2000 bejaht und im Dezember 2000 verneint. Letztgenannte Stellungnahme beruhte auf einem angeblich behandlungs- und beschwerdenfreien Intervall von 1983 bis 1992, einem Zeitraum, in dem der Kläger nach Feststellung mehrerer Sachverständiger fortlaufend schmerztherapeutisch behandelt wurde. Dieser sprunghaften Argumentation hat sich denn auch T nicht angeschlossen. Er verweist vielmehr drauf, dass sich ein Phantomschmerz generell nicht überzeugend nachweisen lasse. Auch T stellt allerdings fest, dass beim Kläger ein - wenn auch diskontinuierliches - aktenkundiges Schmerzsyndrom vorliege, zu dessen Behandlung in letzter Zeit zunehmend Schmerzmittel erforderlich wurden. T stellt dennoch nicht in Abrede, dass beim Kläger - mangels anderer erkennbarer Ursache unfallbedingt - ein Schmerzsyndrom vorliegt. Ob es sich dabei entsprechend der Einschätzung von O um Phantomschmerzen im engeren Sinne oder ein Schmerzsyndrom anderer Genese handelt, ist für die Kammer nicht entscheidend, weil nur von wissenschaftlichem Interesse und für die Einschätzung der MdE unerheblich, da die Auswirkungen für den Kläger dieselben sind.

Neben der demnach erforderlichen schmerzbedingten Höherbewertung der MdE sind auch die reinen Amputationsfolgen mittlerweile höher zu bewerten. Dies folgt daraus, dass es offenbar seit 1981 nicht mehr gelungen ist, eine zufriedenstellende prothetische Versorgung zu erreichen. Folgerichtig hat schon.L die Anhebung der MdE seit 1982 auf 70 % empfohlen, da seit diesem Zeitpunkt beim Kläger keine guten Stumpfverhältnisse mehr vorlägen. Das von M2 als "Nachschaden" für die Verschlechterung der Stumpfverhältnisse ins Spiel gebrachte Übergewicht des Klägers spielt für diese Bewertung keine Rolle, denn der Kläger wog 1981 89 Kg, 1997 sogar nur 81 Kg (nach zwischenzeitlich wohl erheblicher Gewichtzunahme 1993 bis 1996) und das Gewicht wird erst ab März 2000 mit 103 Kg angegeben. Für die Verschlechterung der Stumpfverhältnisse in den 80 er Jahren kann es wohl nicht verantwortlich gemacht werden. Die Prothesenunfähigkeit des Stumpfes rechtfertigt - im Anschluss an. L, O und T - die Anhebung der chirurgischen MdE, unter Einschluss des beim Kläger bestehenden Schmerzsyndroms folgt die Kammer O dahingehend, dass die Gesamt-MdE 80 % beträgt.

Die Erhöhung der MdE ist ab 22.10.1995 zu berücksichtigen. Der hinsichtlich des Rentenbeginns unbestimmt gefasste Klageantrag steht dem nicht entgegen. Ändern sich aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen die Voraussetzungen für die Höhe einer Rente nach ihrer Feststellung, wird die Rente in neuer Höhe nach Ablauf des Monats geleistet, in dem die Änderung wirksam geworden ist (§ 73 Abs. 1 SGB VII). Dabei sind alle Änderungen von Amts wegen zu berücksichtigen, wesentliche Verschlimmerungen also vom Eintritt der Verschlimmerung an (Kasseler Kommentar/Ricke, Rdnr. 5 und 6 zu § 73). Die bestandskräftigen Bescheide vom 22.06.1998 und 25.03.1999 stehen dem nicht entgegen, da sie vom Überprüfungsantrag des Klägers umfasst und daher aufzuheben waren (s. o.). Die Beschränkung der Rückwirkung auf 4 Jahre seit Antragstellung ergibt sich aus § 44 Abs. 4 Satz 3 SGB X.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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