Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AL 38/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 18.03.2005 sowie unter Abänderung des Bescheides vom 12.03.2005 verurteilt, der Klägerin Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.02.2005 bis 25.04.2005 zu zahlen. Die Beklagte hat die Kosten der Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.
Die am 00.00.1949 geborene Klägerin stand zuletzt in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Firma J Sprachschule in N als Sprachlehrerin (Deutschkurse für Spätaussiedler).
Am 19.10.2004 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 05.11.2004 und war in der Zeit vom 03.11.2004 bis zum 31.01.2005 für die Firma E B1-B2 (EB1B2) in B2 als selbständige Dozentin tätig. Am 01.10.2004 hatte sie sich arbeitsuchend sowie für die Zeit nach dem 31.01.2005 arbeitslos gemeldet.
Die Beklagte holte Auskünfte der Firma J ein, wonach die Klägerin zum 18.03.2005 vorsorglich gekündigt worden wäre. Die Klägerin führte aus, ihr sei im September 2004 von der Firma J mitgeteilt worden, dass ihr Arbeitsbereich voraussichtlich wegfiele, da keine öffentlichen Mittel für Deutschkurse für Spätaussiedler mehr bewilligt seien. Sie habe sich deswegen arbeitsuchend gemeldet und sich zum Abschluss eines Vertrags mit der Firma EB1B2 entschlossen, weil dies eine größere Firma mit grundsätzlich besseren Perspektiven für eine weitere Zusammenarbeit über Januar 2005 hinaus sei.
Mit Bescheid vom 10.03.2005 stellte die Beklagte eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vom 01.02. bis 25.04.2005 fest und führte zur Begründung aus, die Klägerin habe den Eintritt der Arbeitslosigkeit vorverlegt, da sie ausweislich der Auskunft der Firma J erst zum 18.03.2005 gekündigt worden wäre. Mit Bescheid vom 12.03.2005 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab dem 26.04.2005 und mit einer Anspruchsdauer von 531 Tagen. Den am 16.03.2005 erhoben Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid wies sie mit Bescheid vom 18.03.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Die Klägerin führt aus, es habe lediglich ein Wechsel des Arbeitsplatzes stattgefunden und die Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma J stehe in keinem ursächlichen Bezug zum Eintritt der Arbeitslosigkeit. Im Übrigen habe sie aufgrund von Äußerungen seitens der Firma J davon ausgehen müssen, bereits zum 01.01.2005 arbeitslos zu sein, so dass ihr der Wechsel zur Firma EB1B2 als vorteilhafte Alternative erschienen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2005 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 18.03.2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 12.03.2005 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.02.2005 bis 25.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf ihre Durchführungsanweisung 2.4 zu § 144 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) und hält eine Kausalität zwischen Arbeitsaufgabe und Eintritt der Arbeitslosigkeit für gegeben, da die Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung ursächlich für die Arbeitslosigkeit sei, die nach dem Ende der befristeten Anschlussbeschäftigung eintrete.
Das Gericht hat den als selbständigen Dozenten für die Firma EB1B2 tätigen Herrn I als Zeugen vernommen. Hinsichtlich der Zeugenaussage wird auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Sperrzeitentscheidung der Beklagten ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bewilligungsbescheid vom 12.03.2005 ist mit abzuänderung, da er eine Regelung über die Dauer des Anspruchs auf Alg enthält, auf die sich die Sperrzeit ebenfalls auswirkt (§ 128 SGB III).
Eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ist nicht eingetreten. Auf den vorliegenden Fall ist § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (aF) anwendbar. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III aF tritt eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Die Kammer teilt die im Schrittum (Niesel, in: Niesel, SGB III, 3. Auflage, 2005, § 144, Rn 18, 19) geäußerten Zweifel an der von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III geforderten Kausalität zwischen der Lösung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses und der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosigkeit erst nach dem Ende eines befristeten Anschlussarbeitsverhältnisses eintritt. Hierauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht an, da die Klägerin einen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma J hatte.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft kein anderes Verhalten zugemutet werden konnte (Niesel, aaO, Rn 77 f mwN). Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 26.10.2004, B 7 AL 98/03 R) hat in der Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses zwecks Eingehung eines Anschlussarbeitsverhältnisses grundsätzlich auch dann einen wichtigen Grund gesehen, wenn das Anschlussarbeitsverhältnis befristet ist. Weitere Voraussetzungen hierfür sind aber, dass das Anschlussarbeitsverhältnis nur in befristeter Form angetreten werden kann und zum Zeitpunkt der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses objektiv eine konkrete Aussicht besteht, das Anschlussarbeitsverhältnis über den Befristungszeitpunkt hinaus fortzusetzen. Nach Auffassung der Kammer kann es für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied machen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall kein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, sondern – so zumindest die Rechtsauffassung der Vertragsparteien – selbständig für die Firma EB1B2 tätig war. Auch eine selbständige Tätigkeit ist geeignet, den Eintritt von Arbeitslosigkeit und somit den Risikofall, vor dem § 144 SGB III die Versichertengemeinschaft schützen soll, zu vermeiden.
Das Gericht kommt unter Würdigung der Auskünfte der Firma J und des Zeugen Herrn I zu der Auffassung, dass sich die Klägerin konform mit den Erwartungen der Versichertengemeinschaft verhalten hat.
Dem steht nicht entgegen, dass ihr Vertrag mit der Firma EB1B2 nur für drei Monate galt, denn dies entspricht – wie das Gericht der Aussage des Zeugen entnimmt – den ganz herrschenden Markverhältnissen.
Nach Auffassung der Kammer bestand auch objektiv eine konkrete Aussicht, das Vertragsverhältnis mit der Firma EB1B2 langfristig fortzusetzen und auf diese Weise Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Der Zeuge hat die "Vergabepolitik" der Firma EB1B2 dahingehend geschildert, dass er bei einer neuen Nachfrage nach Kursen der Institutsleitung geeignete Dozenten vorschlägt und die Institutsleitung seinen Vorschlägen im Regelfall folgt. Er hat weiterhin ausgesagt, dass er der Klägerin zwar keine konkreten Zusagen über weitere Verträge machen konnte, ihr jedoch erklärt habe, sie könne weiter berücksichtigt werden, wenn sie sich entsprechend bewähre und ein Bedarf seitens der Firma EB1B2 bestünde.
Die Kammer verkennt in diesen Zusammenhang nicht, dass die Klägerin keine feste Aussicht hatte, nach dem Auslaufen des Vertrags mit der Firma EB1B2 nicht arbeitslos zu werden. Bei der Würdigung des Verhaltens der Klägerin, muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass sich aus neueren gesetzgeberischen Vorgaben die allgemeine Erwartung der Versichertengemeinschaft herauslesen lässt, im Bedarfsfall auch auf Tätigkeiten außerhalb des Typus eines unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auszuweichen: Das BSG (aaO) stellt in diesem Zusammenhang auf die arbeitsrechtlichen Neuregelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen ab, im Schrifttum (Niesel, aaO, Rn 19) wird etwa auf § 121 Abs. 5 SGB III hingewiesen, wonach eine Beschäftigung nicht schon deswegen unzumutbar ist, weil sie befristet ist, und Vorschriften wie § 421 l SGB III fördern die Aufnahme selbständiger Tätigkeiten. Die Klägerin hat diesen Anforderungen in erhöhtem Umfang Rechnung getragen, denn sie ist mit dem Wechsel in eine selbständige Tätigkeit grundsätzlich das Risiko eingegangen, zumindest mancher sozialversicherungsrechtlicher Anwartschaften auf lange Sicht verlustig zu gehen. Dass auch die frühestmöglichen Bemühungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit im Sinne der Versichertengemeinschaft waren, bedarf keiner näheren Darlegungen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung war es der Klägerin hierbei auch nicht zuzumuten, zunächst das Ende der Beschäftigung bei der Firma J abzuwarten und erst dann an die Firma EB1B2 heranzutreten. Gerade angesichts der nur begrenzten Einsatzmöglichkeiten in einem fast ausschließlich von iwS öffentlichen Mittel abhängigen Marktsegment (Deutsch für Aussiedler) musste sie eine sich bietende Gelegenheit, in eine potentiell längerdauernde Geschäftsbeziehung zur Firma EB1B2 einzutreten, ergreifen. Hierbei ist es nicht von Bedeutung, ob die Firma EB1B2 tatsächlich "größer" ist als die Firma J. Für die Entscheidung der Klägerin durfte es ausreichen, dass die Firma EB1B2 ein Kursangebot weiterführte, dessen Fortbestand bei der Firma J zumindest sehr ernstlich gefährdet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Eintritt einer 12-wöchigen Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe.
Die am 00.00.1949 geborene Klägerin stand zuletzt in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis zur Firma J Sprachschule in N als Sprachlehrerin (Deutschkurse für Spätaussiedler).
Am 19.10.2004 kündigte sie das Arbeitsverhältnis zum 05.11.2004 und war in der Zeit vom 03.11.2004 bis zum 31.01.2005 für die Firma E B1-B2 (EB1B2) in B2 als selbständige Dozentin tätig. Am 01.10.2004 hatte sie sich arbeitsuchend sowie für die Zeit nach dem 31.01.2005 arbeitslos gemeldet.
Die Beklagte holte Auskünfte der Firma J ein, wonach die Klägerin zum 18.03.2005 vorsorglich gekündigt worden wäre. Die Klägerin führte aus, ihr sei im September 2004 von der Firma J mitgeteilt worden, dass ihr Arbeitsbereich voraussichtlich wegfiele, da keine öffentlichen Mittel für Deutschkurse für Spätaussiedler mehr bewilligt seien. Sie habe sich deswegen arbeitsuchend gemeldet und sich zum Abschluss eines Vertrags mit der Firma EB1B2 entschlossen, weil dies eine größere Firma mit grundsätzlich besseren Perspektiven für eine weitere Zusammenarbeit über Januar 2005 hinaus sei.
Mit Bescheid vom 10.03.2005 stellte die Beklagte eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe vom 01.02. bis 25.04.2005 fest und führte zur Begründung aus, die Klägerin habe den Eintritt der Arbeitslosigkeit vorverlegt, da sie ausweislich der Auskunft der Firma J erst zum 18.03.2005 gekündigt worden wäre. Mit Bescheid vom 12.03.2005 gewährte die Beklagte Arbeitslosengeld (Alg) für die Zeit ab dem 26.04.2005 und mit einer Anspruchsdauer von 531 Tagen. Den am 16.03.2005 erhoben Widerspruch gegen den Sperrzeitbescheid wies sie mit Bescheid vom 18.03.2005 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 00.00.0000 erhobene Klage.
Die Klägerin führt aus, es habe lediglich ein Wechsel des Arbeitsplatzes stattgefunden und die Aufgabe der Tätigkeit bei der Firma J stehe in keinem ursächlichen Bezug zum Eintritt der Arbeitslosigkeit. Im Übrigen habe sie aufgrund von Äußerungen seitens der Firma J davon ausgehen müssen, bereits zum 01.01.2005 arbeitslos zu sein, so dass ihr der Wechsel zur Firma EB1B2 als vorteilhafte Alternative erschienen sei.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10.03.2005 in der Fassung des Widerspruchbescheides vom 18.03.2005 und unter Abänderung des Bescheides vom 12.03.2005 zu verurteilen, ihr Arbeitslosengeld auch für die Zeit vom 01.02.2005 bis 25.04.2005 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie beruft sich auf ihre Durchführungsanweisung 2.4 zu § 144 Sozialgesetzbuch – Drittes Buch – Arbeitsförderung – (SGB III) und hält eine Kausalität zwischen Arbeitsaufgabe und Eintritt der Arbeitslosigkeit für gegeben, da die Aufgabe der unbefristeten Beschäftigung ursächlich für die Arbeitslosigkeit sei, die nach dem Ende der befristeten Anschlussbeschäftigung eintrete.
Das Gericht hat den als selbständigen Dozenten für die Firma EB1B2 tätigen Herrn I als Zeugen vernommen. Hinsichtlich der Zeugenaussage wird auf die Anlage zum Protokoll der mündlichen Verhandlung am 00.00.0000 verwiesen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die übrige Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Die angefochtene Sperrzeitentscheidung der Beklagten ist rechtswidrig im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Bewilligungsbescheid vom 12.03.2005 ist mit abzuänderung, da er eine Regelung über die Dauer des Anspruchs auf Alg enthält, auf die sich die Sperrzeit ebenfalls auswirkt (§ 128 SGB III).
Eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ist nicht eingetreten. Auf den vorliegenden Fall ist § 144 Abs. 1 Satz 1 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung (aF) anwendbar. Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III aF tritt eine Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe ein, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Die Kammer teilt die im Schrittum (Niesel, in: Niesel, SGB III, 3. Auflage, 2005, § 144, Rn 18, 19) geäußerten Zweifel an der von § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB III geforderten Kausalität zwischen der Lösung eines unbefristeten Beschäftigungsverhältnisses und der Arbeitslosigkeit, wenn die Arbeitslosigkeit erst nach dem Ende eines befristeten Anschlussarbeitsverhältnisses eintritt. Hierauf kommt es im vorliegenden Fall jedoch nicht an, da die Klägerin einen wichtigen Grund zur Lösung des Beschäftigungsverhältnisses mit der Firma J hatte.
Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem Arbeitslosen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung seiner Interessen mit denen der Versichertengemeinschaft kein anderes Verhalten zugemutet werden konnte (Niesel, aaO, Rn 77 f mwN). Das Bundessozialgericht (BSG, Urteil vom 26.10.2004, B 7 AL 98/03 R) hat in der Lösung eines Beschäftigungsverhältnisses zwecks Eingehung eines Anschlussarbeitsverhältnisses grundsätzlich auch dann einen wichtigen Grund gesehen, wenn das Anschlussarbeitsverhältnis befristet ist. Weitere Voraussetzungen hierfür sind aber, dass das Anschlussarbeitsverhältnis nur in befristeter Form angetreten werden kann und zum Zeitpunkt der Lösung des unbefristeten Arbeitsverhältnisses objektiv eine konkrete Aussicht besteht, das Anschlussarbeitsverhältnis über den Befristungszeitpunkt hinaus fortzusetzen. Nach Auffassung der Kammer kann es für die rechtliche Beurteilung keinen Unterschied machen, dass die Klägerin im vorliegenden Fall kein Arbeitsverhältnis eingegangen ist, sondern – so zumindest die Rechtsauffassung der Vertragsparteien – selbständig für die Firma EB1B2 tätig war. Auch eine selbständige Tätigkeit ist geeignet, den Eintritt von Arbeitslosigkeit und somit den Risikofall, vor dem § 144 SGB III die Versichertengemeinschaft schützen soll, zu vermeiden.
Das Gericht kommt unter Würdigung der Auskünfte der Firma J und des Zeugen Herrn I zu der Auffassung, dass sich die Klägerin konform mit den Erwartungen der Versichertengemeinschaft verhalten hat.
Dem steht nicht entgegen, dass ihr Vertrag mit der Firma EB1B2 nur für drei Monate galt, denn dies entspricht – wie das Gericht der Aussage des Zeugen entnimmt – den ganz herrschenden Markverhältnissen.
Nach Auffassung der Kammer bestand auch objektiv eine konkrete Aussicht, das Vertragsverhältnis mit der Firma EB1B2 langfristig fortzusetzen und auf diese Weise Arbeitslosigkeit zu vermeiden. Der Zeuge hat die "Vergabepolitik" der Firma EB1B2 dahingehend geschildert, dass er bei einer neuen Nachfrage nach Kursen der Institutsleitung geeignete Dozenten vorschlägt und die Institutsleitung seinen Vorschlägen im Regelfall folgt. Er hat weiterhin ausgesagt, dass er der Klägerin zwar keine konkreten Zusagen über weitere Verträge machen konnte, ihr jedoch erklärt habe, sie könne weiter berücksichtigt werden, wenn sie sich entsprechend bewähre und ein Bedarf seitens der Firma EB1B2 bestünde.
Die Kammer verkennt in diesen Zusammenhang nicht, dass die Klägerin keine feste Aussicht hatte, nach dem Auslaufen des Vertrags mit der Firma EB1B2 nicht arbeitslos zu werden. Bei der Würdigung des Verhaltens der Klägerin, muss jedoch auch berücksichtigt werden, dass sich aus neueren gesetzgeberischen Vorgaben die allgemeine Erwartung der Versichertengemeinschaft herauslesen lässt, im Bedarfsfall auch auf Tätigkeiten außerhalb des Typus eines unbefristeten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses auszuweichen: Das BSG (aaO) stellt in diesem Zusammenhang auf die arbeitsrechtlichen Neuregelungen über die Befristung von Arbeitsverhältnissen ab, im Schrifttum (Niesel, aaO, Rn 19) wird etwa auf § 121 Abs. 5 SGB III hingewiesen, wonach eine Beschäftigung nicht schon deswegen unzumutbar ist, weil sie befristet ist, und Vorschriften wie § 421 l SGB III fördern die Aufnahme selbständiger Tätigkeiten. Die Klägerin hat diesen Anforderungen in erhöhtem Umfang Rechnung getragen, denn sie ist mit dem Wechsel in eine selbständige Tätigkeit grundsätzlich das Risiko eingegangen, zumindest mancher sozialversicherungsrechtlicher Anwartschaften auf lange Sicht verlustig zu gehen. Dass auch die frühestmöglichen Bemühungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit im Sinne der Versichertengemeinschaft waren, bedarf keiner näheren Darlegungen. Nach allgemeiner Lebenserfahrung war es der Klägerin hierbei auch nicht zuzumuten, zunächst das Ende der Beschäftigung bei der Firma J abzuwarten und erst dann an die Firma EB1B2 heranzutreten. Gerade angesichts der nur begrenzten Einsatzmöglichkeiten in einem fast ausschließlich von iwS öffentlichen Mittel abhängigen Marktsegment (Deutsch für Aussiedler) musste sie eine sich bietende Gelegenheit, in eine potentiell längerdauernde Geschäftsbeziehung zur Firma EB1B2 einzutreten, ergreifen. Hierbei ist es nicht von Bedeutung, ob die Firma EB1B2 tatsächlich "größer" ist als die Firma J. Für die Entscheidung der Klägerin durfte es ausreichen, dass die Firma EB1B2 ein Kursangebot weiterführte, dessen Fortbestand bei der Firma J zumindest sehr ernstlich gefährdet war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
Saved