Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 13 KR 34/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen.
Der 1972 geborene Kläger ist seit Oktober 1991 bei der Beklagten krankenversichert. Er leidet unter chronischen Metatarsalgien (Fußsohlenschmerzen) und statischen Fußbeschwerden bei Spreizfuß und Beinverkürzung. Er wurde deshalb seit 1995 mehrfach mit orthopädischen Maßschuhen bzw. orthopädischen Zurichtungen der Schuhe versorgt. Zuletzt - 2003 - bezuschusste die Beklagte zwei Paar orthopädische Maßschuhe mit jeweils 716,16 EUR. Seit 01.03.2004 ist der Kläger Mitglied eines Fitness-Centers mit der Berechtigung zur Nutzung aller dort vorhandenen Anlagen. Nach eigenen Angaben besucht er das Fitness-Center ca. 3-mal wöchentlich und nutzt insbesondere die Geräte zur Stärkung der Kniemuskulatur.
Bereits am 30.01.2004 verordneten die L/F ein Paar orthopädische Sportschuhe. Der Kläger legte diese Hilfsmittel-Verordnung am 25.02.2004 der Beklagten vor, zusammen mit einem Kostenvoranschlag eines Orthoädie-Schuhtechnikers vom 16.02.2004 für orthopädische Sportschuhe nach Maß inklusive Zusatzleistungen in Höhe von 759,96 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der behandelnde Orthopäde mit, der Kläger könne aufgrund seiner Erkrankung keinen Fußballsport mehr ausführen; statt dessen werde Fitness-Training in einem Sportstudio durchgeführt; hierfür würden die Sportschuhe gebraucht. In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) stellte H am 23.04.2004 fest, Fitnesstraining sei nicht als medizinisch notwendig anzusehen; Schuhe für diesen Zweck gingen über das Maß des Notwendigen hinaus.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 18.05.2004 eine Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen ab.
Dagegen legte der Kläger am 16.06.2004 Widerspruch ein. Er verwies auf einen chronischen Knieschaden; da auch durch Verabreichung von Spritzen u.ä. keine Besserung eingetreten sei, habe der behandelnde Arzt dringend angeraten, regelmäßig unter Kontrolle Sport zu treiben, um die Muskulatur zu stärken. Er sei daraufhin auf eigene Kosten Mitglied in einem Fitness-Studio geworden. Die regelmäßige Verordnung von Krankengymnastik, Wassergymnastik o.ä. dürfte weitaus teurer sein als die erstmalige Verordnung von orthopädischen Sportschuhen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2004, zugestellt am 02.12.2004, zurück.
Dagegen hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Er behauptet, letztmals im Jahr 2003 "aufgrund eines chronischen Knieschadens" orthopädische Schuhe ausgeliefert bekommen zu haben. Auch dann, wenn er nicht notwendig ein Fitness-Studio aufsuchen müsse, um sich sportlich zu betätigen, sei es aus ärztlicher Sicht auf jeden Fall erforderlich, dass er eine Sportart ausübe, bei der er verstärkt und schnell Muskeln aufbaue. Krankengymnastik allein reiche nicht aus. Er benötige intensives Training, das nur mit extra für diese Fälle vorgesehenen orthopädischen Sportschuhen ausgeführt werden könne. Wenn er statt des Fitniss-Trainings Joggen betreiben würde, bräuchte er auch Turnschuhe. Seine Ärzte hätten ihm gesagt, dass er aufgrund seines Knieschadens wegen der Reibung der Kniegelenke keinen kniebelastenden Sport treiben dürfe; wichtig sei das Training der Muskulatur. Das regelmäßige Training im Fitness-Studio tue ihm gut. Bisher habe er sich aus Kostengründen die orthopädischen Sportschuhe nicht selbst beschaffen können.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2004 zu verurteilen, ihn mit orthopädischen Sportschuhen zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sie die begehrten orthopädischen Sport- bzw. Turnschuhe nicht zu leisten hat. Muskelaufbautraining im Fitness-Studio könne der Kläger mit seinen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Straßenschuhen und Hausschuhen oder auch barfuß ausüben. Muskelaufbautraining erfolge an fast allen Sportgeräten in sitzender oder liegender Position. Im Übrigen sei Fitness-Training im Fall des Klägers nicht als medizinisch notwendig anzusehen. Orthopädische Turnschuhe könnten allenfalls als Hilfsmittel gewertet werden, wenn der Versicherte regelmäßig am Rehabilitationssport teilnehme und die orthopädischen Turnschuhe hierfür erforderlich sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nach § 27 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln. Versicherte haben gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V Anspruch auf Ver- sorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht über- schreiten (Satz 1). Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2). Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit ist gegeben, wenn das Hilfsmittel zur Sicherung der Krankenbehandlung bzw. des Behinderungsaus- gleichs unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Betroffenen unentbehrlich oder unvermeidlich ist.
Die vom Kläger begehrten orthopädischen Sportschuhe sind nicht zur Sicherung der Krankenbehandlung erforderlich. Der Kläger betreibt keinen – ärztlich verordneten – Rehabilitationssport, zu dessen Durchführung er die Sportschuhe benötigte. Auch ist die Durchführung des Fitnesstrainings im Fitness-Studio des "U X of Fitness (X)", dessen Mitglied der Kläger seit März 2004 ist, nicht ärztlich verordnet. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf orthopädische Sportschuhe als Hilfsmittel, "um eine Behin- derung auszugleichen". Dieser in § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V genannte Zweck eines von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leistende Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungs- erfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meis- tern zu können. Bei einem unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Organ- funktion selbst gerichteten Hilfsmittel, insbesondere einem künstlichen Körperglied, ist ohne Weiteres anzunehmen, dass eine medizinische Rehabilitation vorliegt. Hingegen werden nur mittelbar oder nur teilweise die Organfunktion ersetzende Mittel lediglich dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/Gesellschaft/ Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betreffen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R und 13/98 R m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allge- meinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit Anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfassen (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29 m.w.N.).
Durch die Versorgung des Klägers mit orthopädischen Maßschuhen (zuletzt 2 Paar im Jahre 2003) und Hausschuhen sind die unmittelbaren Körperfunktionen Gehen und Stehen, in denen der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen behindert ist, ausgeglichen. Die weitergehend geforderte Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen zur Durch- führung von Fitnesstraining ist dagegen nicht mehr erforderlich. Die Rechtsprechung hat die Versorgung mit Hilfsmitteln stets nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. Die vom Kläger gewünschten orthopädischen Sportschuhe dienen allein dem Zweck, Sport in einem Fitness-Center oder eine andere – nicht ärztlich verordnete – Sportart zu betreiben. Damit beschränkt sich der Zweck der Sportschuhe auf eine bloße Freizeitbetätigung, die nicht zu den Grundbedürfnissen gehört (BSG, Urteile vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R und 13/98 R m.w.N.). Selbst wenn das Betreiben von Sport für den Kläger – wie im Übrigen für jedermann – sinnvoll ist, be- gründet dies keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen. Die Beklagte hat dargelegt, dass Muskelaufbautraining im Fitness-Studio auch mit den von der Beklagten zur Verfügung gestellten orthopädi- schen Straßenschuhen oder Hausschuhen oder auch barfuss ausgeübt werden kann; Muskelaufbautraining erfolge an fast allen Sportgeräten in sitzender oder liegender Position. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Er besucht seit über einem Jahr ca. 3-mal wöchentlich das Fitness-Studio ohne orthopädische Sportschuhe! Dem Kläger geht es seiner Argumentation zufolge auch nicht allein um die Versorgung mit Sportschuhen zur Nutzung im Fitness-Center, sondern ganz allgemein um die Versorgung mit Sport- schuhen, um irgendeinen Sport, der im Gehen/Laufen betrieben wird, ausführen zu können. So hat er z.B. darauf verwiesen, auch beim Jogging Sportschuhe zu benötigen. Jogging wäre aber eine Sportart, die – weil kniebelastend – vom Kläger nicht ausgeführt werden sollte. Da nach alledem der vom Kläger betriebene Sport dem Freizeitbereich zuzuordnen ist und er im Übrigen zur Stärkung seiner Gesundheit und Training seiner Muskulatur andere Maßnahmen als Fitnesstraining in einem Fitness-Center durchführen kann, für die er keine orthopädischen Schuhe benötigt, z.B. Schwimmen, Fahrradfahren, Krankengymnastik, hat er keinen Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen Sport- schuhen zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen.
Der 1972 geborene Kläger ist seit Oktober 1991 bei der Beklagten krankenversichert. Er leidet unter chronischen Metatarsalgien (Fußsohlenschmerzen) und statischen Fußbeschwerden bei Spreizfuß und Beinverkürzung. Er wurde deshalb seit 1995 mehrfach mit orthopädischen Maßschuhen bzw. orthopädischen Zurichtungen der Schuhe versorgt. Zuletzt - 2003 - bezuschusste die Beklagte zwei Paar orthopädische Maßschuhe mit jeweils 716,16 EUR. Seit 01.03.2004 ist der Kläger Mitglied eines Fitness-Centers mit der Berechtigung zur Nutzung aller dort vorhandenen Anlagen. Nach eigenen Angaben besucht er das Fitness-Center ca. 3-mal wöchentlich und nutzt insbesondere die Geräte zur Stärkung der Kniemuskulatur.
Bereits am 30.01.2004 verordneten die L/F ein Paar orthopädische Sportschuhe. Der Kläger legte diese Hilfsmittel-Verordnung am 25.02.2004 der Beklagten vor, zusammen mit einem Kostenvoranschlag eines Orthoädie-Schuhtechnikers vom 16.02.2004 für orthopädische Sportschuhe nach Maß inklusive Zusatzleistungen in Höhe von 759,96 EUR. Auf Nachfrage der Beklagten teilte der behandelnde Orthopäde mit, der Kläger könne aufgrund seiner Erkrankung keinen Fußballsport mehr ausführen; statt dessen werde Fitness-Training in einem Sportstudio durchgeführt; hierfür würden die Sportschuhe gebraucht. In einer von der Beklagten eingeholten Stellungnahme des Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) stellte H am 23.04.2004 fest, Fitnesstraining sei nicht als medizinisch notwendig anzusehen; Schuhe für diesen Zweck gingen über das Maß des Notwendigen hinaus.
Gestützt hierauf lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 18.05.2004 eine Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen ab.
Dagegen legte der Kläger am 16.06.2004 Widerspruch ein. Er verwies auf einen chronischen Knieschaden; da auch durch Verabreichung von Spritzen u.ä. keine Besserung eingetreten sei, habe der behandelnde Arzt dringend angeraten, regelmäßig unter Kontrolle Sport zu treiben, um die Muskulatur zu stärken. Er sei daraufhin auf eigene Kosten Mitglied in einem Fitness-Studio geworden. Die regelmäßige Verordnung von Krankengymnastik, Wassergymnastik o.ä. dürfte weitaus teurer sein als die erstmalige Verordnung von orthopädischen Sportschuhen.
Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 28.10.2004, zugestellt am 02.12.2004, zurück.
Dagegen hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Er behauptet, letztmals im Jahr 2003 "aufgrund eines chronischen Knieschadens" orthopädische Schuhe ausgeliefert bekommen zu haben. Auch dann, wenn er nicht notwendig ein Fitness-Studio aufsuchen müsse, um sich sportlich zu betätigen, sei es aus ärztlicher Sicht auf jeden Fall erforderlich, dass er eine Sportart ausübe, bei der er verstärkt und schnell Muskeln aufbaue. Krankengymnastik allein reiche nicht aus. Er benötige intensives Training, das nur mit extra für diese Fälle vorgesehenen orthopädischen Sportschuhen ausgeführt werden könne. Wenn er statt des Fitniss-Trainings Joggen betreiben würde, bräuchte er auch Turnschuhe. Seine Ärzte hätten ihm gesagt, dass er aufgrund seines Knieschadens wegen der Reibung der Kniegelenke keinen kniebelastenden Sport treiben dürfe; wichtig sei das Training der Muskulatur. Das regelmäßige Training im Fitness-Studio tue ihm gut. Bisher habe er sich aus Kostengründen die orthopädischen Sportschuhe nicht selbst beschaffen können.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.05.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 28.10.2004 zu verurteilen, ihn mit orthopädischen Sportschuhen zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dass sie die begehrten orthopädischen Sport- bzw. Turnschuhe nicht zu leisten hat. Muskelaufbautraining im Fitness-Studio könne der Kläger mit seinen von der Beklagten zur Verfügung gestellten Straßenschuhen und Hausschuhen oder auch barfuß ausüben. Muskelaufbautraining erfolge an fast allen Sportgeräten in sitzender oder liegender Position. Im Übrigen sei Fitness-Training im Fall des Klägers nicht als medizinisch notwendig anzusehen. Orthopädische Turnschuhe könnten allenfalls als Hilfsmittel gewertet werden, wenn der Versicherte regelmäßig am Rehabilitationssport teilnehme und die orthopädischen Turnschuhe hierfür erforderlich sind.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und sonstigen Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen den Kläger betreffenden Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da sie nicht rechtswidrig sind. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nach § 27 Abs. 1 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB V u.a. die Versorgung mit Hilfsmitteln. Versicherte haben gemäß § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V Anspruch auf Ver- sorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind. Gemäß § 12 Abs. 1 SGB V müssen die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürfen das Maß des Notwendigen nicht über- schreiten (Satz 1). Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich sind, können Versicherte nicht beanspruchen, dürfen die Leistungserbringer nicht bewirken und die Krankenkassen nicht bewilligen (Satz 2). Notwendigkeit bzw. Erforderlichkeit ist gegeben, wenn das Hilfsmittel zur Sicherung der Krankenbehandlung bzw. des Behinderungsaus- gleichs unter Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Betroffenen unentbehrlich oder unvermeidlich ist.
Die vom Kläger begehrten orthopädischen Sportschuhe sind nicht zur Sicherung der Krankenbehandlung erforderlich. Der Kläger betreibt keinen – ärztlich verordneten – Rehabilitationssport, zu dessen Durchführung er die Sportschuhe benötigte. Auch ist die Durchführung des Fitnesstrainings im Fitness-Studio des "U X of Fitness (X)", dessen Mitglied der Kläger seit März 2004 ist, nicht ärztlich verordnet. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch auf orthopädische Sportschuhe als Hilfsmittel, "um eine Behin- derung auszugleichen". Dieser in § 33 Abs. 1 S. 1 SGB V genannte Zweck eines von der gesetzlichen Krankenversicherung zu leistende Hilfsmittels bedeutet nicht, dass nicht nur die Behinderung selbst, sondern auch sämtliche direkten und indirekten Folgen einer Behinderung auszugleichen wären. Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist allein die medizinische Rehabilitation, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungs- erfolges, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meis- tern zu können. Bei einem unmittelbar auf den Ausgleich der beeinträchtigten Organ- funktion selbst gerichteten Hilfsmittel, insbesondere einem künstlichen Körperglied, ist ohne Weiteres anzunehmen, dass eine medizinische Rehabilitation vorliegt. Hingegen werden nur mittelbar oder nur teilweise die Organfunktion ersetzende Mittel lediglich dann als Hilfsmittel im Sinne der Krankenversicherung angesehen, wenn sie die Auswirkungen der Behinderung nicht nur in einem bestimmten Lebensbereich (Beruf/Gesellschaft/ Freizeit), sondern im gesamten täglichen Leben ("allgemein") beseitigen oder mildern und damit ein "Grundbedürfnis des täglichen Lebens" betreffen (ständige Rechtsprechung, vgl. BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R und 13/98 R m.w.N.).
Nach ständiger Rechtsprechung gehören zu derartigen Grundbedürfnissen die allge- meinen Verrichtungen des täglichen Lebens wie Gehen, Stehen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, elementare Körperpflege, das selbstständige Wohnen sowie die Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, die auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit Anderen sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfassen (vgl. zum Ganzen: BSG SozR 3-2500 § 33 Nr. 29 m.w.N.).
Durch die Versorgung des Klägers mit orthopädischen Maßschuhen (zuletzt 2 Paar im Jahre 2003) und Hausschuhen sind die unmittelbaren Körperfunktionen Gehen und Stehen, in denen der Kläger aufgrund seiner Erkrankungen behindert ist, ausgeglichen. Die weitergehend geforderte Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen zur Durch- führung von Fitnesstraining ist dagegen nicht mehr erforderlich. Die Rechtsprechung hat die Versorgung mit Hilfsmitteln stets nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten des Gesunden verstanden. Die vom Kläger gewünschten orthopädischen Sportschuhe dienen allein dem Zweck, Sport in einem Fitness-Center oder eine andere – nicht ärztlich verordnete – Sportart zu betreiben. Damit beschränkt sich der Zweck der Sportschuhe auf eine bloße Freizeitbetätigung, die nicht zu den Grundbedürfnissen gehört (BSG, Urteile vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R und 13/98 R m.w.N.). Selbst wenn das Betreiben von Sport für den Kläger – wie im Übrigen für jedermann – sinnvoll ist, be- gründet dies keine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung zur Versorgung mit orthopädischen Sportschuhen. Die Beklagte hat dargelegt, dass Muskelaufbautraining im Fitness-Studio auch mit den von der Beklagten zur Verfügung gestellten orthopädi- schen Straßenschuhen oder Hausschuhen oder auch barfuss ausgeübt werden kann; Muskelaufbautraining erfolge an fast allen Sportgeräten in sitzender oder liegender Position. Dem hat der Kläger nicht widersprochen. Er besucht seit über einem Jahr ca. 3-mal wöchentlich das Fitness-Studio ohne orthopädische Sportschuhe! Dem Kläger geht es seiner Argumentation zufolge auch nicht allein um die Versorgung mit Sportschuhen zur Nutzung im Fitness-Center, sondern ganz allgemein um die Versorgung mit Sport- schuhen, um irgendeinen Sport, der im Gehen/Laufen betrieben wird, ausführen zu können. So hat er z.B. darauf verwiesen, auch beim Jogging Sportschuhe zu benötigen. Jogging wäre aber eine Sportart, die – weil kniebelastend – vom Kläger nicht ausgeführt werden sollte. Da nach alledem der vom Kläger betriebene Sport dem Freizeitbereich zuzuordnen ist und er im Übrigen zur Stärkung seiner Gesundheit und Training seiner Muskulatur andere Maßnahmen als Fitnesstraining in einem Fitness-Center durchführen kann, für die er keine orthopädischen Schuhe benötigt, z.B. Schwimmen, Fahrradfahren, Krankengymnastik, hat er keinen Anspruch auf Versorgung mit orthopädischen Sport- schuhen zu Lasten der Beklagten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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