Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
17
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 17 V 256/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung der Kosten, die die Ehefrau des Klägers für Anwendungen im H Heilstollen in C/Österreich in der Zeit vom 10.07. bis 28.07.2000 sowie vom 15.07. bis 12.08.2001 aufgewandt hat.
Der am 00.00.1926 geborene Kläger ist schwerbeschädigt iSd § 10 Abs. 2 und 4 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundes-versorgungsgesetz – BVG). Seine Ehefrau unterzieht sich seit längerer Zeit einmal jährlich im H Heilstollen in C/Österreich einer Radon-Therapie. Die Kosten hierfür wurden von der Beigeladenen zuletzt für das Jahr 1998 und sodann wieder für 2002 dem Grunde nach übernommen. Für die Jahre 2000 und 2001 beliefen sie sich auf insgesamt 1859,97 Euro.
Am 10.05.2000 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Übernahme für den Monat Juli 2000 geplanter Anwendungen und verwies zur Begründung auf entsprechende Anträge aus Vorjahren: Seine Ehefrau leide an Psoriasis, Arthropathie und Fibromyalgie, die nur durch die in Anspruch genommene Anwendung wirksam bekämpft werden könnten.
Nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein lehnte die Beigeladene den Antrag mit Bescheid vom 30.06.2000 ab. Sie führte aus, die Behandlungsmöglichkeiten am Wohnort seien nicht ausgeschöpft; auch käme eine Inanspruchnahme vor Ablauf der gesetzlichen Vier-Jahres-Frist nicht in Betracht. Eine Kostenerstattung sei zuletzt für 1998 erfolgt, so dass diese Frist noch nicht verstrichen sei.
Seinen am 11.08.2000 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, die Beigeladene habe keinerlei Hinweise auf erfolgreichere oder kostengünstigere Methoden gegeben. Er verwies auf eine ärztliche Verordnung des Chefarztes des Stollenbetreibers. Mit Bescheid vom 26.11.2001 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wiederholte und vertiefte die Darlegungen der Beigeladenen.
Hiergegen richtet sich die am 17.12.2001 erhobene Klage. Das Gericht hat das Verfahren im Hinblick auf ein beim Landessozialgericht anhängiges Berufungsverfahren betreffend den entsprechenden Sachverhalt aus dem Jahr 1999 zu Ruhen gebracht.
Am 07.07.2001 stellte der Kläger einen entsprechenden Antrag betreffend das Jahr 2001, den die Beigeladene mit Bescheid vom 18.10.2001 mit denselben Argumenten wie im Vorjahr ablehnte. Seinen Widerspruch vom 09.11.2001 wies der Beklagte mit Bescheid 05.09.2003 unter Verweis auf die inzwischen erfolgte Entscheidung des Landessozialgerichts zu den An-wendungen im Jahr 1999 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 25.09.2003 erhobene Klage. Das Gericht hat nach Anhörung der Beteiligten beide Verfahren verbunden sowie die zu-ständige Krankenkasse beigeladen.
Nach Auffassung des Klägers sind Beklagter und Beigeladene bislang unrichtigerweise davon ausgegangen, er habe eine ambulanten Kur beantragt, wohingegen sich der Antrag tatsächlich nur auf eine sonstige Krankenbehandlung gerichtet habe. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 13.05.2003 (Rs. C-385/99) entschieden, dass die nichtstationäre Krankenbehandlung unter den freier Dienstleistungsverkehr im Sinne des EG-Vertrags falle, so dass Inanspruchnahme von Leistungen in anderem EU-Staat zu erstatten sei. Die Praxis von Beklagtem und Beigeladener wirke sich diskriminierend gegenüber ausländischen Anbietern aus. Schließlich sei die Erkrankung seiner Ehefrau dauernd vorhanden und behandlungsbedürftig; insbesondere angesichts der Vorgeschichte bestünden keine wohnortnäheren Behandlungsmöglichkeiten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2003 zu verurteilen, an ihn 1859,97 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die weitere Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anwendungen in den Jahren 2000 und 2001, da diese Anwendungen innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Jahren in Anspruch genommen worden sind.
Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a) iVm 12 Abs. 4 BVG. Nach § 12 Abs. 4 BVG wird eine Kur gewährt in entsprechender Anwendung der Vorschriften, die für die beigeladene Krankenkasse (§ 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG) gelten.
Bei der im Streit befindlichen Maßnahme handelt es sich um eine Kur in diesem Sinne. Hinsichtlich der im Jahre 1999 durchgeführten Maßnahme haben das Sozialgericht Aachen und als Berufungsinstanz das Landessozialgericht (Urteil vom 26.03.2003) dargelegt, dass es sich bei der dort streitigen Maßnahme um eine Kur handelte. Der hier streitgegenständliche Sachverhalt enthält keine Hinweise auf solch gravierende Abweichungen der in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten Maßnahmen gegenüber 1999, dass eine andere rechtliche Würdigung angezeigt wäre. Vielmehr verweist auch der Kläger gerade darauf, dass eine jährliche Wiederholung der bisherigen Anwendung geboten sei. Unbeachtlich ist ferner, wie der Kläger die Maßnahmen bei Antragstellung bezeichnet hat oder hat bezeichnen wollen. Das Vorliegen einer Kur bestimmt sich nach der Erfüllung gesetzlicher Merkmale, an der eine anderslautende Bezeichnung nichts ändern kann. Andernfalls hätte es der Kläger in der Hand, durch eine bloße Wahl der Bezeichnung ohne Änderung in der Sache das anwendbare Recht zu bestimmen.
Bei der für die Beigeladene geltenden Vorschrift i.S.d. § 12 Abs. 4 BVG handelt es sich um § 40 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V bestimmt, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher und ähnlicher Leistungen erbracht werden, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Zuletzt bewilligt worden ist die gleiche Leistung für das Jahr 1998 (und wieder für das Jahr 2002), so dass ein Anspruch in den Jahren 2000 und 2001 nicht besteht. Hinweise auf eine dringende Erforderlichkeit i.S.d. § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V ergeben sich aus dem medizinischen Sachverhalt nicht. Medizinisch begründet hat der Kläger sein Begehren im Wesentlichen unter Verweis auf die bereits zur 1999 durchgeführten Maßnahme vorgebrachten Argumente; insbesondere ist keine zwischenzeitliche erhebliche Verschlechterung im Gesundheitszustand seiner Ehefrau erkennbar.
§ 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V und seine Auslegung und Anwendung durch Beklagten und Beigeladene verstoßen auch nicht gegen Vorgaben des Europarechts. Der Verweis des Klägers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Übernahme von Krankheitskosten im EU-Ausland vom 13.05.2003 (Rs. C-385/99, abgedruckt in NZS 2003, 365 ff) geht fehl. Der EuGH hat entschieden, dass Vorschriften des nationalen Rechts, die eine Übernahme der Kosten für im EU-Ausland erfolgte Krankheitsversorgung außerhalb eines Krankenhauses von einer vorherigen Genehmigung des zuständigen nationalen Krankenversicherungsträgers abhängig machen, gegen Artt. 49 und 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) verstoßen, da sie den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft in unzulässiger Weise beschränken. Gegen die aus diesem Urteil abzuleitende Vorgabe verstoßen die angefochtenen Entscheidungen bereits deswegen nicht, weil sie sich nicht auf eine unterbliebene Genehmigung der Anwendungen stützten, sondern vielmehr maßgeblich auf die Nichteinhaltung der in § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V vorgeschriebene Vier-Jahres-Frist abstellen. Dem Kläger wird die Kostenerstattung nicht etwa deswegen verweigert, weil die Anwendungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sind, sondern weil seine Ehefrau die gleiche Anwendung zuletzt 1998 in Anspruch genommen hat und die Kosten hierfür erstattet worden sind.
Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des EuGH auch medizinische Tätigkeiten Teil des freien Dienstleistungsverkehr (Artt. 49, 50 EG) sind (EuGH, aaO, S. 368 Rn 2 mwN). Seine Schluss-folgerung, dass der EG die Übernahme jedweder Kosten für im EU-Ausland erbrachte medizinische Tätigkeiten gebiete, ist jedoch unzutreffend. Denn Art. 49 UA 1 EG verbietet Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Staat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Wie aber der EuGH bei anderen Gelegenheiten entschieden hat, fallen unter die Beschränkungen, die Art. 49 EG verbietet, alle Anforderungen, die an den Leistenden (oder den Leistungsempfänger) namentlich aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen des Fehlens eines ständigen Aufenthalts in dem Staat, in dem die Leistung erbracht wird, gestellt werden und nicht auch für im Staatsgebiet ansässige Personen gelten (EuGH, Urteil vom 3.12.1974 – 33/74, Slg. 1974, 1299, 1309; zu Staatsangehörigkeit und ständigem Aufenthalt als maßgeblichem Kriterium siehe auch Urteil vom 17.12.1981 – 279/80, Slg. 1981, 3305, 3306). An Artt. 49, 50 EG zu messen sind daher nur solche Vorschriften, die auf Staatsangehörigkeit oder ständigen Aufenthalt des Leistenden oder des Leistungserbringers als maßgebliches Unterscheidungskriterium abstellen. Behandelt eine Vorschrift hingegen Sachverhalte ohne und Sachverhalte mit Bezug zum EU-Ausland völlig gleich, so stehen die Artt. 49, 50 EG ihr nicht entgegen. § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V stellt aber ebenso wenig wie die §§ 11, 12 BVG darauf ab, ob eine Kur im Inland oder im EU-Ausland durchgeführt werden soll. Vielmehr gilt die dort normierte Vier-Jahres-Frist ohne jeden Unterschied für jedwede Kur ungeachtet von Staatsgebiet oder Staatsangehörigkeit. Hier liegt der Unterschied zu den Vorschriften des niederländischen Krankenversicherungsrechts, über die der EuGH in seinem Urteil vom 13.5.2003 zu befinden hatte, denn diese sahen gerade unterschiedliche Regelungen für Behandlungen in- und außerhalb der Niederlande vor. Deswegen aber lassen sich die Feststellungen des EuGH im Urteil vom 13.05.2003 auf Sachverhalte wie den hier zu entscheidenden nicht übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung der Kosten, die die Ehefrau des Klägers für Anwendungen im H Heilstollen in C/Österreich in der Zeit vom 10.07. bis 28.07.2000 sowie vom 15.07. bis 12.08.2001 aufgewandt hat.
Der am 00.00.1926 geborene Kläger ist schwerbeschädigt iSd § 10 Abs. 2 und 4 des Gesetzes über die Versorgung der Opfer des Krieges (Bundes-versorgungsgesetz – BVG). Seine Ehefrau unterzieht sich seit längerer Zeit einmal jährlich im H Heilstollen in C/Österreich einer Radon-Therapie. Die Kosten hierfür wurden von der Beigeladenen zuletzt für das Jahr 1998 und sodann wieder für 2002 dem Grunde nach übernommen. Für die Jahre 2000 und 2001 beliefen sie sich auf insgesamt 1859,97 Euro.
Am 10.05.2000 beantragte der Kläger bei der Beigeladenen die Übernahme für den Monat Juli 2000 geplanter Anwendungen und verwies zur Begründung auf entsprechende Anträge aus Vorjahren: Seine Ehefrau leide an Psoriasis, Arthropathie und Fibromyalgie, die nur durch die in Anspruch genommene Anwendung wirksam bekämpft werden könnten.
Nach Prüfung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Nordrhein lehnte die Beigeladene den Antrag mit Bescheid vom 30.06.2000 ab. Sie führte aus, die Behandlungsmöglichkeiten am Wohnort seien nicht ausgeschöpft; auch käme eine Inanspruchnahme vor Ablauf der gesetzlichen Vier-Jahres-Frist nicht in Betracht. Eine Kostenerstattung sei zuletzt für 1998 erfolgt, so dass diese Frist noch nicht verstrichen sei.
Seinen am 11.08.2000 eingelegten Widerspruch begründete der Kläger damit, die Beigeladene habe keinerlei Hinweise auf erfolgreichere oder kostengünstigere Methoden gegeben. Er verwies auf eine ärztliche Verordnung des Chefarztes des Stollenbetreibers. Mit Bescheid vom 26.11.2001 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Er wiederholte und vertiefte die Darlegungen der Beigeladenen.
Hiergegen richtet sich die am 17.12.2001 erhobene Klage. Das Gericht hat das Verfahren im Hinblick auf ein beim Landessozialgericht anhängiges Berufungsverfahren betreffend den entsprechenden Sachverhalt aus dem Jahr 1999 zu Ruhen gebracht.
Am 07.07.2001 stellte der Kläger einen entsprechenden Antrag betreffend das Jahr 2001, den die Beigeladene mit Bescheid vom 18.10.2001 mit denselben Argumenten wie im Vorjahr ablehnte. Seinen Widerspruch vom 09.11.2001 wies der Beklagte mit Bescheid 05.09.2003 unter Verweis auf die inzwischen erfolgte Entscheidung des Landessozialgerichts zu den An-wendungen im Jahr 1999 zurück.
Hiergegen richtet sich die am 25.09.2003 erhobene Klage. Das Gericht hat nach Anhörung der Beteiligten beide Verfahren verbunden sowie die zu-ständige Krankenkasse beigeladen.
Nach Auffassung des Klägers sind Beklagter und Beigeladene bislang unrichtigerweise davon ausgegangen, er habe eine ambulanten Kur beantragt, wohingegen sich der Antrag tatsächlich nur auf eine sonstige Krankenbehandlung gerichtet habe. Im Übrigen habe der Europäische Gerichtshof in seinem Urteil vom 13.05.2003 (Rs. C-385/99) entschieden, dass die nichtstationäre Krankenbehandlung unter den freier Dienstleistungsverkehr im Sinne des EG-Vertrags falle, so dass Inanspruchnahme von Leistungen in anderem EU-Staat zu erstatten sei. Die Praxis von Beklagtem und Beigeladener wirke sich diskriminierend gegenüber ausländischen Anbietern aus. Schließlich sei die Erkrankung seiner Ehefrau dauernd vorhanden und behandlungsbedürftig; insbesondere angesichts der Vorgeschichte bestünden keine wohnortnäheren Behandlungsmöglichkeiten.
Der Kläger beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.11.2001 sowie unter Aufhebung des Bescheides vom 18.10.2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 05.09.2003 zu verurteilen, an ihn 1859,97 Euro zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze und die weitere Gerichtsakte sowie die beigezogene Verwaltungsakte, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Entscheidungen sind nicht rechtswidrig i.S.d. § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die Anwendungen in den Jahren 2000 und 2001, da diese Anwendungen innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Jahren in Anspruch genommen worden sind.
Anspruchsgrundlage ist § 10 Abs. 4 Satz 1 Buchstabe a) iVm 12 Abs. 4 BVG. Nach § 12 Abs. 4 BVG wird eine Kur gewährt in entsprechender Anwendung der Vorschriften, die für die beigeladene Krankenkasse (§ 18 c Abs. 2 Satz 1 BVG) gelten.
Bei der im Streit befindlichen Maßnahme handelt es sich um eine Kur in diesem Sinne. Hinsichtlich der im Jahre 1999 durchgeführten Maßnahme haben das Sozialgericht Aachen und als Berufungsinstanz das Landessozialgericht (Urteil vom 26.03.2003) dargelegt, dass es sich bei der dort streitigen Maßnahme um eine Kur handelte. Der hier streitgegenständliche Sachverhalt enthält keine Hinweise auf solch gravierende Abweichungen der in den Jahren 2000 und 2001 durchgeführten Maßnahmen gegenüber 1999, dass eine andere rechtliche Würdigung angezeigt wäre. Vielmehr verweist auch der Kläger gerade darauf, dass eine jährliche Wiederholung der bisherigen Anwendung geboten sei. Unbeachtlich ist ferner, wie der Kläger die Maßnahmen bei Antragstellung bezeichnet hat oder hat bezeichnen wollen. Das Vorliegen einer Kur bestimmt sich nach der Erfüllung gesetzlicher Merkmale, an der eine anderslautende Bezeichnung nichts ändern kann. Andernfalls hätte es der Kläger in der Hand, durch eine bloße Wahl der Bezeichnung ohne Änderung in der Sache das anwendbare Recht zu bestimmen.
Bei der für die Beigeladene geltenden Vorschrift i.S.d. § 12 Abs. 4 BVG handelt es sich um § 40 des Sozialgesetzbuchs Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V bestimmt, dass Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nicht vor Ablauf von vier Jahren nach Durchführung solcher und ähnlicher Leistungen erbracht werden, es sei denn, eine vorzeitige Leistung ist aus medizinischen Gründen dringend erforderlich. Zuletzt bewilligt worden ist die gleiche Leistung für das Jahr 1998 (und wieder für das Jahr 2002), so dass ein Anspruch in den Jahren 2000 und 2001 nicht besteht. Hinweise auf eine dringende Erforderlichkeit i.S.d. § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V ergeben sich aus dem medizinischen Sachverhalt nicht. Medizinisch begründet hat der Kläger sein Begehren im Wesentlichen unter Verweis auf die bereits zur 1999 durchgeführten Maßnahme vorgebrachten Argumente; insbesondere ist keine zwischenzeitliche erhebliche Verschlechterung im Gesundheitszustand seiner Ehefrau erkennbar.
§ 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V und seine Auslegung und Anwendung durch Beklagten und Beigeladene verstoßen auch nicht gegen Vorgaben des Europarechts. Der Verweis des Klägers auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Übernahme von Krankheitskosten im EU-Ausland vom 13.05.2003 (Rs. C-385/99, abgedruckt in NZS 2003, 365 ff) geht fehl. Der EuGH hat entschieden, dass Vorschriften des nationalen Rechts, die eine Übernahme der Kosten für im EU-Ausland erfolgte Krankheitsversorgung außerhalb eines Krankenhauses von einer vorherigen Genehmigung des zuständigen nationalen Krankenversicherungsträgers abhängig machen, gegen Artt. 49 und 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG) verstoßen, da sie den freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft in unzulässiger Weise beschränken. Gegen die aus diesem Urteil abzuleitende Vorgabe verstoßen die angefochtenen Entscheidungen bereits deswegen nicht, weil sie sich nicht auf eine unterbliebene Genehmigung der Anwendungen stützten, sondern vielmehr maßgeblich auf die Nichteinhaltung der in § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V vorgeschriebene Vier-Jahres-Frist abstellen. Dem Kläger wird die Kostenerstattung nicht etwa deswegen verweigert, weil die Anwendungen außerhalb der Bundesrepublik Deutschland erfolgt sind, sondern weil seine Ehefrau die gleiche Anwendung zuletzt 1998 in Anspruch genommen hat und die Kosten hierfür erstattet worden sind.
Der Kläger weist zu Recht darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des EuGH auch medizinische Tätigkeiten Teil des freien Dienstleistungsverkehr (Artt. 49, 50 EG) sind (EuGH, aaO, S. 368 Rn 2 mwN). Seine Schluss-folgerung, dass der EG die Übernahme jedweder Kosten für im EU-Ausland erbrachte medizinische Tätigkeiten gebiete, ist jedoch unzutreffend. Denn Art. 49 UA 1 EG verbietet Beschränkungen des freien Dienstleistungsverkehr innerhalb der Gemeinschaft für Angehörige der Mitgliedsstaaten, die in einem anderen Staat als demjenigen des Leistungsempfängers ansässig sind. Wie aber der EuGH bei anderen Gelegenheiten entschieden hat, fallen unter die Beschränkungen, die Art. 49 EG verbietet, alle Anforderungen, die an den Leistenden (oder den Leistungsempfänger) namentlich aus Gründen seiner Staatsangehörigkeit oder wegen des Fehlens eines ständigen Aufenthalts in dem Staat, in dem die Leistung erbracht wird, gestellt werden und nicht auch für im Staatsgebiet ansässige Personen gelten (EuGH, Urteil vom 3.12.1974 – 33/74, Slg. 1974, 1299, 1309; zu Staatsangehörigkeit und ständigem Aufenthalt als maßgeblichem Kriterium siehe auch Urteil vom 17.12.1981 – 279/80, Slg. 1981, 3305, 3306). An Artt. 49, 50 EG zu messen sind daher nur solche Vorschriften, die auf Staatsangehörigkeit oder ständigen Aufenthalt des Leistenden oder des Leistungserbringers als maßgebliches Unterscheidungskriterium abstellen. Behandelt eine Vorschrift hingegen Sachverhalte ohne und Sachverhalte mit Bezug zum EU-Ausland völlig gleich, so stehen die Artt. 49, 50 EG ihr nicht entgegen. § 40 Abs. 3 Satz 4 SGB V stellt aber ebenso wenig wie die §§ 11, 12 BVG darauf ab, ob eine Kur im Inland oder im EU-Ausland durchgeführt werden soll. Vielmehr gilt die dort normierte Vier-Jahres-Frist ohne jeden Unterschied für jedwede Kur ungeachtet von Staatsgebiet oder Staatsangehörigkeit. Hier liegt der Unterschied zu den Vorschriften des niederländischen Krankenversicherungsrechts, über die der EuGH in seinem Urteil vom 13.5.2003 zu befinden hatte, denn diese sahen gerade unterschiedliche Regelungen für Behandlungen in- und außerhalb der Niederlande vor. Deswegen aber lassen sich die Feststellungen des EuGH im Urteil vom 13.05.2003 auf Sachverhalte wie den hier zu entscheidenden nicht übertragen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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