Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
15
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 15 P 82/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 21.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 verurteilt, die Investitionskosten für die Jahre 2016 und 2017 auf 12,61 EUR pro Berechnungstag festzusetzen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu ¾ und der Beklagte zu ¼. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Festsetzung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für die Tagespflegeeinrichtung der Klägerin für die Jahre 2016 und 2017.
Die Klägerin betreibt seit dem 15.08.2015 eine Tagespflegeeinrichtung in Übach-Palenberg mit 15 Plätzen. Laut Pachtvertrag vom 26.05.2015 betrug die monatliche Pacht 4.150,- EUR. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 11.09.2015 stellte der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen nach § 11 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) für die Einrichtung der Klägerin fest. Hierbei legte er eine Platzzahl von 15 Tagespflegeplätzen, eine berücksichtigungsfähige Nettogrundfläche von 270 qm, eine berücksichtigungsfähige Grundstücksfläche von 550 qm (bebaute Fläche: 280 qm, Verkehrsfläche: 170 qm) und eine Angemessenheitsgrenze von 431.719,20 EUR fest (1.598,96 EUR x tatsächliche Nettogrundfläche von 18 qm/Platz x 15 Plätze). Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen (§ 8 Abs. 8 i.V.m. § 6 APG DVO NRW) wurden nicht anerkannt. Durch Festsetzungsbescheid vom 14.09.2015 wurden die Investitionskosten für die Zeit vom 15.08.2015 bis zum 31.12.2015 auf 13,60 EUR täglich unter Berücksichtigung eines Erbbauzinses von 6 % festgesetzt (§ 12 APG DVO NRW). Hierbei ging der Beklagte von 3.000 Berechnungstagen aus (Platzzahl x durchschnittliche Belegung, mindestens aber 80 %).
Durch Bescheid vom 23.11.2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 14.09.2015 nach § 38 SGB X auf und setzte die Investitionskosten für die Zeit vom 15.08.2015 bis zum 31.12.2015 auf 12,41 EUR täglich fest. Mit weiterem Bescheid vom 21.12.2015 setzte er die Investitionskosten für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 auf 12,37 EUR täglich fest. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch. Dem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 23.11.2015 gab der Beklagte statt und wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.12.2015 durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2016 als unbegründet zurück.
Mit der am 30.09.2016 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Festsetzung höherer Investitionskosten für die Jahre 2016 und 2017 und rügt gleichzeitig die Verfassungs-widrigkeit der Rechtsgrundlagen für die gesonderte Berechnung von Investitionsauf-wendungen gegenüber Pflegeversicherten. Sie vertritt die Auffassung, für die Klage sei entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung nicht das Sozialgericht, sondern das Verwaltungsgericht Aachen zuständig, da die streitentscheidenden Normen solche des Landesrechts seien. Im Übrigen sei die Summe der Vergleichsberechnung fehlerhaft ermittelt worden. Die Berechnung beruhe auf einer fehlerhaft zugrunde gelegten anerkennungsfähigen Grundstücksfläche, da bestimmte Flächen nur anteilig berücksichtigt worden seien. Zudem sei der Erbpachtzins nicht richtig ermittelt worden. Die Halbierung des Bodenrichtwerts sei allein aus Gründen der Praktikabilität erfolgt, um ein kostenverursachendes und zeitintensives Gutachten zu vermeiden. Diese Vorgehensweise sei jedoch weder sachgerecht noch mit dem Willen des Verordnungsgebers sowie der entsprechenden Regelung des § 8 Abs. 5 APG DVO i. V. m. § 7 Abs. 1 APG DVO vereinbar. Gemäß § 7 seien für alle Verkehrsflächen und Freiflächen bis maximal 50 qm je Platz die ortsüblichen Erbbauzinsen anzuerkennen. Die hälftige Anwendung des Bodenrichtwerts stehe der gesetzlich geregelten Anerkennung der Verkehrs- und Freiflächen entgegen. Es sei auch nicht erkennbar, warum für Verkehrs- und Freiflächen weniger Kosten anfallen sollten. Im Gegensatz zum Beklagten berücksichtige der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die anerkannten Grundstücksflächen voll. Der Beklagte habe auch nicht offen gelegt, warum er im angefochtenen Bescheid den ursprünglich festgesetzten Erbbauzins von 6 % auf 3 % herabgesetzt habe. Er gehe bei der Ermittlung des Erbbauzinses von dem NRW-weiten Durchschnittswert aus und stelle entgegen der gesetzlichen Regelung nicht auf die Ortsüblichkeit ab. Diese Festsetzung entspreche nicht der Bestimmung des § 7 Abs. 1 APG DVO. Unter voller Berücksichtigung der anerkannten Fläche von 550 qm und Zugrundelegung eines ortsüblichen Erbpachtzinses von 6 % errechneten sich Investitionskosten in Höhe von 13,60 EUR pro Tag. Darüber hinaus sei § 10 Abs. 9 APG NRW verfassungswidrig. Diese Regelung bilde die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Regelungen der APG DVO und insbesondre für die streitgegenständlichen Regelungen über die Vergleichsberechnung der anerkennungsfähigen Aufwendungen für Miete und Pacht. Indem der Verordnungsgeber ermächtigt werde, grundrechtsrelevante Bereiche außerhalb eines formellen Gesetzes durch Rechtsverordnung zu regeln, verstoße diese Regelung gegen die verfassungsrechtlich verankerte Wesentlichkeitstheorie. Aus der Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage folge bereits die Verfassungswidrigkeit der Ausführungsverordnung zum APG NRW. Darüber hinaus verstießen auch die Regelungen der APG DVO selbst gegen höherrangiges Recht. Betroffen seien sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit), Art. 14 Abs. 1 GG (Eingriff in das Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), Art. 3 GG (Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz) als auch Art. 20 Abs. 3 GG (Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes); im Übrigen liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatsächlichkeit vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Schriftsätzlich hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 zu verurteilen, ihren Antrag auf Festsetzung der Investitionskosten für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2017 neu zu bescheiden,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungs -gerichts zu der Frage einzuholen, ob die Regelung in § 10 Abs. 9 APG NRW und die Regelungen der APG DVO NRW mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für gegeben, da Streitgegenstand die Zustimmung zur gesonderten Berechnung, konkret die Feststellung und Festsetzung gemäß §§ 15 Satz 2 i. V. m. 10 Abs. 9 APG NRW i. V. m. §§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3, 11, 12 APG DVO NRW sei. Es werde keine Entscheidung über die Investitionskostenförderung nach Landesrecht (§ 9 SGB XI) angegriffen. Die Heranziehung des hälftigen Bodenrichtwertes für die Verkehrs- und Freiflächen sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin betreibe eine angemietete Tagespflegeeinrichtung, die in einer Bodenrichtwertzone liege, die die Merkmale Geschäftslage Übach, Kerngebiet, Geschosszahl I – III, Tiefe 30 m aufweise. Unstreitig handele es sich bei der Tagespflege nicht um ein Geschäftsgrundstück. Damit weiche das Einrichtungsgrundstück der Klägerin von dem durchschnittlichen Bodenwertgrundstück der maßgeblichen Bodenrichtwertzone in der Regel ab und es existierten keine vom Gutachterausschuss vorgegebenen Umrechnungskoeffizienten für diese Abweichung, so dass mit dem halben Bodenrichtwert für die Frei- und Verkehrsflächen gerechnet werde. Hierfür sei ausschlaggebend, dass auch der Landesgesetzgeber die Freiflächen deckele. Unstreitig sei kein örtlicher Erbbauzins für den streitigen Zeitraum 2016/2017 vom zuständigen Gutachterausschuss ermittelt worden, so dass nur der landesweite Erbbauzinssatz habe zugrunde gelegt werden können. Aus dem von ihr zu den Akten gereichten Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des APG und der APG DVO NRW ergebe sich, dass sowohl das APG als auch die dazu ergangene Ausführungsverordnung verfassungsgemäß seien.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes eine schriftliche Auskunft über die Höhe des ortsüblichen Erbbauzinssatzes von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Heinsberg eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Antwortschreiben vom 15.02.2018 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie den des vom Beklagten übersandten, im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachtens zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des APG und der APG DVO NRW Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte vorliegend eine die Instanz abschließende Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung treffen, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG).
Das angerufene Gericht ist zuständig.
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 SGG eröffnet. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (SGB XI), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Damit ist der Rechtsweg für alle im SGB XI geregelten Angelegenheiten eröffnet. Dies gilt auch für die vorliegende Klage auf Zustimmung einer Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen gegenüber Pflegeversicherten nach § 82 Abs. 3 SGB XI, für die die Ermittlung der anerkennungsfähigen Kosten im nordrhein-westfälischen Landesrecht entsprechend der dort geregelten bundesgesetzlichen Ermächtigung nach §§ 11 und 12 APG DVO NRW erfolgt (LSG NRW, Beschluss vom 28.11.2017 – L 9 SO 264/17 B; vgl. auch BSG, Urteil vom 10.03.2011 – B 3 P 1/10 R – und BSG, Beschluss vom 31.01.2000 – B 3 SF 1/99 R – SozR 3 – 1500 § 51 Nr. 25 zu § 82 Abs. 3 SGB XI).
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.12.2015 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 30.08.2016 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und ist daher rechtswidrig. Durch ihn wird die Klägerin beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), soweit der Beklagte die Bodenrichtwerte für die festgestellten anerkennungsfähigen Verkehrs- und Freiflächen halbiert und nicht in voller Höhe berücksichtigt hat. Im Übrigen ist die Entscheidung des Beklagten jedoch nicht zu beanstanden.
Zugelassene Pflegeheime und Pflegedienste erhalten gemäß § 82 Abs. 1 SGB X eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie bei stationärer Pflege ein angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung. In der Pflegevergütung und den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung dürfen gemäß Abs. 2 der Norm keine Aufwendungen berücksichtigt werden für Maßnahmen einschließ-lich Kapitalkosten, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten oder instandzusetzen (Nr. 1), den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken (Nr. 2), Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Grundstücken, Gebäuden oder sonstigen Anlagegütern (Nr. 3), den Anlauf oder die innerbetriebliche Umstellung von Pflegeeinrichtungen (Nr. 4), die Schließung von Pflegeeinrichtungen oder ihre Umstellung auf andere Aufgaben (Nr. 5). Soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Absatz 2 Nr. 1 oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden bzw. sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter nach Absatz 2 Nr. 3 durch öffentliche Förderung nach § 9 nicht vollständig gedeckt sind, kann die Pflegeeinrichtung diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen (§ 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI). Die gesonderte Berechnung bedarf nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde; das Nähere hierzu, insbesondere auch zu Art, Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen einschließlich der Berücksichtigung pauschalierter Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen sowie der zugrunde zu legenden Belegungsquote, wird durch Landesrecht bestimmt.
Nach § 15 des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG NRW) i.V.m. §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 APG DVO NRW können Pflegeeinrichtungen den Pflegebedürftigen die durch öffentliche Förderung nicht gedeckten Aufwendungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB XI gesondert in Rechnung stellen. Hierfür werden zunächst die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen festgestellt und dann die anerkennungsfähigen Aufwendungen festgesetzt. Für die Zustimmung nach § 15 Satz 2 APG NRW und für die Ermittlung der Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 APG NRW ist der Beklagte als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig.
Gemäß § 10 Abs. 1 APG NRW ist Grundlage der Finanzierung von stationären Pflegeeinrichtungen nach §§ 9, 82 Abs. 3 SGB XI die Ermittlung der betriebsnotwendigen Aufwendungen im Sinne des § 82 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGB XI (förderungsfähige Aufwendungen). Nach Absatz 9 dieser Vorschrift ist das zuständige Ministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verwaltungsverfahren zur gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen nach § 82 Abs. 3 SGB XI zu regeln. Dies ist durch Erlass der APG DVO NRW geschehen, die die Feststellung und Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen regelt. Einen Verstoß gegen grundrechtlich relevante Positionen vermag die Kammer nicht zu erkennen. Insoweit bezieht sie sich auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen in dem vom Beklagten vorgelegten, im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachten vom 10.09.2017. Dieser Ausführungen schließt sie sich nach eigener Überprüfung im Ergebnis an. Die von der Klägerin angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht entfällt somit.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 11.09.2015 hat der Beklagte die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen nach § 11 APG DVO NRW festgestellt. Die dort festgestellten Daten hat der Beklagte zutreffend auch für die Festsetzung übernommen.
Nach § 10 Abs. 8 Satz 2 APG NRW können die tatsächlichen Mietzahlungen für betriebsnotwendige Anlagegüter als Aufwendungen im Sinne des § 82 Abs. 3 SGB XI anerkannt werden, sofern sie betriebsnotwendig und angemessen sind. Die Anerkennungsfähigkeit der Zahlungen ist dabei auf die Beträge beschränkt, die bei einer vergleichbaren Einrichtung im Eigentum des Trägers anerkennungsfähig wären. Nach Absatz 9 dieser Norm soll in einer Rechtsverordnung das Verfahren der Vergleichsberechnung bei Miete geregelt werden.
Dementsprechend regelt § 8 APG DVO NRW das Verfahren der Vergleichsberechnung bei Miet- und Pachtaufwendungen. Nach dessen Absatz 2 sind Aufwendungen für die Miete langfristiger und sonstiger Anlagegüter als betriebsnotwendig anzuerkennen, wenn das zu zahlende Jahresentgelt die Summe nicht übersteigt, die für entsprechende Einrichtungen im Eigentum des Trägers jährlich anerkennungsfähig wäre (Vergleichsbetrag). Hierbei kann sich der Träger zwischen einer fiktiven oder einer konkreten Vergleichsberechnung entscheiden. Die Klägerin hat die fiktive Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 3 APG DVO NRW gewählt. Umfasst der Mietvertrag neben den langfristigen und sonstigen Anlagegütern auch das der Einrichtung dienende Grundstück, so erhöht sich nach § 8 Abs. 5 APG DVO NRW der Vergleichsbetrag um ein angemessenes Nutzungsentgelt, dessen Höhe in entsprechender Anwendung des § 7 APG DVO NRW zu ermitteln ist.
§ 7 Abs. 1 APG DVO NRW regelt die Höhe der Aufwendungen bei Erbpacht von Grundstücken. Stehen die für den Betrieb der Einrichtung erforderlichen Grundstücke nicht im Eigentum des Trägers der Einrichtung, so sind die tatsächlich gezahlten bzw. vertraglich geschuldeten Pachtzinsen anerkennungsfähig, soweit sie im Rahmen der ortsüblichen Erbbauzinsen für vergleichbare Grundstücke liegen. Neben der Gebäudegrundfläche und den zur Erschließung erforderlichen bzw. planungsrechtlich vorgeschriebenen Verkehrsflächen sind dabei Freiflächen bis maximal 50 qm für jeden von der Einrichtung vorgehaltenen Platz anzuerkennen.
Vorliegend ist sowohl die Höhe des Erbpachtzinses als auch die Frage streitig ist, ob die anerkannte Frei- und Verkehrsfläche von insgesamt 270 qm mit dem ausgewiesenen Bodenrichtwert von 180,- EUR oder – wie der Beklagte meint – nur mit dem halben Wert zu multiplizieren ist.
Der vom Beklagten zugrunde gelegte Erbpachtzins von 3 % ist nicht zu beanstanden. Zwar stellt § 7 APG DVO auf ortsübliche Erbbauzinsen für vergleichbare Grundstücke ab. Da aber nach Auskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Heinsberg bezüglich der Höhe der Erbbauzinsen generell keine Erkenntnisse bzw. Daten aus der Kaufpreissammlung vorliegen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, auf den landesweiten Durchschnittswert, der nach dem Grundstücksmarktbericht NRW 2017 im Jahr 2016 bei 3 % lag, zurückzugreifen.
Eine Rechtsgrundlage für die unterschiedliche Beurteilung der bebauten Fläche und der Verkehrs- und Freifläche sehen weder das APG NRW noch die APG DVO NRW vor. Eine Ermächtigungsgrundlage für die unterschiedliche Beurteilung dieser Flächen, die entweder vorgeschrieben oder aber im Interesse der Pflegebedürftigen liegen, ist daher nicht ersichtlich. Die Handhabung des Beklagten benachteiligt die Pflegeeinrichtungen, die ihren Bewohnern großzügige Freiflächen zur Verfügung stellen im Vergleich zu den Einrichtungen, die eine Freifläche von 50 qm pro Platz nicht vorhalten. Hinzu kommt, wie die Klägerin zu Recht einwendet, dass die Miet- bzw. Pachtzahlungen für den gesamten Komplex der Pflegeeinrichtung, also auch für die Verkehrs- und Freiflächen, anfallen. Die vom Landesgesetzgeber in anderen Bereichen vorgenommene Deckelung der Freiflächen berechtigt den Beklagten nicht, eine solche Deckelung auch bei der Bestimmung der förderungsfähigen Aufwendungen vorzunehmen. Denn dort erfolgt eine Deckelung bereits durch die Begrenzung der anerkennungsfähigen Fläche auf 50 qm je Platz.
Bei Berücksichtigung des vollen Bodenrichtwertes von 180,- EUR pro qm und eines Erbbauzinses von 3 % errechnet sich ein Betrag von 2.970,- EUR (550 qm x 180,- EUR x 3 %). Dieser Betrag liegt um 729,- EUR über dem vom Beklagten berechneten Betrag von 2.241,- EUR. Anstelle der vom Beklagten angenommenen Vergleichsmiete von 37.104,27 EUR ergibt sich nunmehr eine Vergleichsmiete von 37.833,27 EUR, die der Berechnung der Investitionskosten zugrunde zu legen ist. Bei 3000 Berechnungstagen pro Jahr errechnen sich Investitionskosten von 12,61 EUR pro Berechnungstag.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Mangels bezifferter Forderung hat die Kammer den Auffangstreitwert zugrunde gelegt.
Tatbestand:
Streitig ist die Festsetzung der anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen für die Tagespflegeeinrichtung der Klägerin für die Jahre 2016 und 2017.
Die Klägerin betreibt seit dem 15.08.2015 eine Tagespflegeeinrichtung in Übach-Palenberg mit 15 Plätzen. Laut Pachtvertrag vom 26.05.2015 betrug die monatliche Pacht 4.150,- EUR. Durch bestandskräftigen Bescheid vom 11.09.2015 stellte der Beklagte die anerkennungsfähigen Aufwendungen nach § 11 der Verordnung zur Ausführung des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG DVO NRW) für die Einrichtung der Klägerin fest. Hierbei legte er eine Platzzahl von 15 Tagespflegeplätzen, eine berücksichtigungsfähige Nettogrundfläche von 270 qm, eine berücksichtigungsfähige Grundstücksfläche von 550 qm (bebaute Fläche: 280 qm, Verkehrsfläche: 170 qm) und eine Angemessenheitsgrenze von 431.719,20 EUR fest (1.598,96 EUR x tatsächliche Nettogrundfläche von 18 qm/Platz x 15 Plätze). Instandhaltungs- bzw. Instandsetzungsmaßnahmen (§ 8 Abs. 8 i.V.m. § 6 APG DVO NRW) wurden nicht anerkannt. Durch Festsetzungsbescheid vom 14.09.2015 wurden die Investitionskosten für die Zeit vom 15.08.2015 bis zum 31.12.2015 auf 13,60 EUR täglich unter Berücksichtigung eines Erbbauzinses von 6 % festgesetzt (§ 12 APG DVO NRW). Hierbei ging der Beklagte von 3.000 Berechnungstagen aus (Platzzahl x durchschnittliche Belegung, mindestens aber 80 %).
Durch Bescheid vom 23.11.2015 hob der Beklagte den Bescheid vom 14.09.2015 nach § 38 SGB X auf und setzte die Investitionskosten für die Zeit vom 15.08.2015 bis zum 31.12.2015 auf 12,41 EUR täglich fest. Mit weiterem Bescheid vom 21.12.2015 setzte er die Investitionskosten für die Zeit vom 01.01.2016 bis zum 31.12.2017 auf 12,37 EUR täglich fest. Gegen beide Bescheide erhob die Klägerin Widerspruch. Dem Widerspruch gegen den Aufhebungsbescheid vom 23.11.2015 gab der Beklagte statt und wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 21.12.2015 durch Widerspruchsbescheid vom 30.08.2016 als unbegründet zurück.
Mit der am 30.09.2016 erhobenen Klage begehrt die Klägerin die Festsetzung höherer Investitionskosten für die Jahre 2016 und 2017 und rügt gleichzeitig die Verfassungs-widrigkeit der Rechtsgrundlagen für die gesonderte Berechnung von Investitionsauf-wendungen gegenüber Pflegeversicherten. Sie vertritt die Auffassung, für die Klage sei entgegen der Rechtsbehelfsbelehrung nicht das Sozialgericht, sondern das Verwaltungsgericht Aachen zuständig, da die streitentscheidenden Normen solche des Landesrechts seien. Im Übrigen sei die Summe der Vergleichsberechnung fehlerhaft ermittelt worden. Die Berechnung beruhe auf einer fehlerhaft zugrunde gelegten anerkennungsfähigen Grundstücksfläche, da bestimmte Flächen nur anteilig berücksichtigt worden seien. Zudem sei der Erbpachtzins nicht richtig ermittelt worden. Die Halbierung des Bodenrichtwerts sei allein aus Gründen der Praktikabilität erfolgt, um ein kostenverursachendes und zeitintensives Gutachten zu vermeiden. Diese Vorgehensweise sei jedoch weder sachgerecht noch mit dem Willen des Verordnungsgebers sowie der entsprechenden Regelung des § 8 Abs. 5 APG DVO i. V. m. § 7 Abs. 1 APG DVO vereinbar. Gemäß § 7 seien für alle Verkehrsflächen und Freiflächen bis maximal 50 qm je Platz die ortsüblichen Erbbauzinsen anzuerkennen. Die hälftige Anwendung des Bodenrichtwerts stehe der gesetzlich geregelten Anerkennung der Verkehrs- und Freiflächen entgegen. Es sei auch nicht erkennbar, warum für Verkehrs- und Freiflächen weniger Kosten anfallen sollten. Im Gegensatz zum Beklagten berücksichtige der Landschaftsverband Westfalen-Lippe die anerkannten Grundstücksflächen voll. Der Beklagte habe auch nicht offen gelegt, warum er im angefochtenen Bescheid den ursprünglich festgesetzten Erbbauzins von 6 % auf 3 % herabgesetzt habe. Er gehe bei der Ermittlung des Erbbauzinses von dem NRW-weiten Durchschnittswert aus und stelle entgegen der gesetzlichen Regelung nicht auf die Ortsüblichkeit ab. Diese Festsetzung entspreche nicht der Bestimmung des § 7 Abs. 1 APG DVO. Unter voller Berücksichtigung der anerkannten Fläche von 550 qm und Zugrundelegung eines ortsüblichen Erbpachtzinses von 6 % errechneten sich Investitionskosten in Höhe von 13,60 EUR pro Tag. Darüber hinaus sei § 10 Abs. 9 APG NRW verfassungswidrig. Diese Regelung bilde die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Regelungen der APG DVO und insbesondre für die streitgegenständlichen Regelungen über die Vergleichsberechnung der anerkennungsfähigen Aufwendungen für Miete und Pacht. Indem der Verordnungsgeber ermächtigt werde, grundrechtsrelevante Bereiche außerhalb eines formellen Gesetzes durch Rechtsverordnung zu regeln, verstoße diese Regelung gegen die verfassungsrechtlich verankerte Wesentlichkeitstheorie. Aus der Verfassungswidrigkeit der Ermächtigungsgrundlage folge bereits die Verfassungswidrigkeit der Ausführungsverordnung zum APG NRW. Darüber hinaus verstießen auch die Regelungen der APG DVO selbst gegen höherrangiges Recht. Betroffen seien sowohl Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG (Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit), Art. 14 Abs. 1 GG (Eingriff in das Recht auf den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb), Art. 3 GG (Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz) als auch Art. 20 Abs. 3 GG (Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes); im Übrigen liege ein Verstoß gegen den Grundsatz der Tatsächlichkeit vor.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Schriftsätzlich hat die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 21.12.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2016 zu verurteilen, ihren Antrag auf Festsetzung der Investitionskosten für den Zeitraum vom 01.01.2016 bis 31.12.2017 neu zu bescheiden,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungs -gerichts zu der Frage einzuholen, ob die Regelung in § 10 Abs. 9 APG NRW und die Regelungen der APG DVO NRW mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts für gegeben, da Streitgegenstand die Zustimmung zur gesonderten Berechnung, konkret die Feststellung und Festsetzung gemäß §§ 15 Satz 2 i. V. m. 10 Abs. 9 APG NRW i. V. m. §§ 9 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 2, 3, 11, 12 APG DVO NRW sei. Es werde keine Entscheidung über die Investitionskostenförderung nach Landesrecht (§ 9 SGB XI) angegriffen. Die Heranziehung des hälftigen Bodenrichtwertes für die Verkehrs- und Freiflächen sei nicht zu beanstanden. Die Klägerin betreibe eine angemietete Tagespflegeeinrichtung, die in einer Bodenrichtwertzone liege, die die Merkmale Geschäftslage Übach, Kerngebiet, Geschosszahl I – III, Tiefe 30 m aufweise. Unstreitig handele es sich bei der Tagespflege nicht um ein Geschäftsgrundstück. Damit weiche das Einrichtungsgrundstück der Klägerin von dem durchschnittlichen Bodenwertgrundstück der maßgeblichen Bodenrichtwertzone in der Regel ab und es existierten keine vom Gutachterausschuss vorgegebenen Umrechnungskoeffizienten für diese Abweichung, so dass mit dem halben Bodenrichtwert für die Frei- und Verkehrsflächen gerechnet werde. Hierfür sei ausschlaggebend, dass auch der Landesgesetzgeber die Freiflächen deckele. Unstreitig sei kein örtlicher Erbbauzins für den streitigen Zeitraum 2016/2017 vom zuständigen Gutachterausschuss ermittelt worden, so dass nur der landesweite Erbbauzinssatz habe zugrunde gelegt werden können. Aus dem von ihr zu den Akten gereichten Gutachten zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des APG und der APG DVO NRW ergebe sich, dass sowohl das APG als auch die dazu ergangene Ausführungsverordnung verfassungsgemäß seien.
Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes eine schriftliche Auskunft über die Höhe des ortsüblichen Erbbauzinssatzes von dem Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Heinsberg eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Antwortschreiben vom 15.02.2018 verwiesen.
Zur weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte und den der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie den des vom Beklagten übersandten, im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachtens zur Verfassungsmäßigkeit der Regelungen des APG und der APG DVO NRW Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer konnte vorliegend eine die Instanz abschließende Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung treffen, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit dieser Verfahrensweise erklärt haben (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG).
Das angerufene Gericht ist zuständig.
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 2 Hs. 1 SGG eröffnet. Danach entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung und der privaten Pflegeversicherung (SGB XI), auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Damit ist der Rechtsweg für alle im SGB XI geregelten Angelegenheiten eröffnet. Dies gilt auch für die vorliegende Klage auf Zustimmung einer Landesbehörde zur gesonderten Berechnung von Investitionsaufwendungen gegenüber Pflegeversicherten nach § 82 Abs. 3 SGB XI, für die die Ermittlung der anerkennungsfähigen Kosten im nordrhein-westfälischen Landesrecht entsprechend der dort geregelten bundesgesetzlichen Ermächtigung nach §§ 11 und 12 APG DVO NRW erfolgt (LSG NRW, Beschluss vom 28.11.2017 – L 9 SO 264/17 B; vgl. auch BSG, Urteil vom 10.03.2011 – B 3 P 1/10 R – und BSG, Beschluss vom 31.01.2000 – B 3 SF 1/99 R – SozR 3 – 1500 § 51 Nr. 25 zu § 82 Abs. 3 SGB XI).
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 21.12.2015 in der Gestalt des Wider-spruchsbescheides vom 30.08.2016 entspricht nicht der Sach- und Rechtslage und ist daher rechtswidrig. Durch ihn wird die Klägerin beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), soweit der Beklagte die Bodenrichtwerte für die festgestellten anerkennungsfähigen Verkehrs- und Freiflächen halbiert und nicht in voller Höhe berücksichtigt hat. Im Übrigen ist die Entscheidung des Beklagten jedoch nicht zu beanstanden.
Zugelassene Pflegeheime und Pflegedienste erhalten gemäß § 82 Abs. 1 SGB X eine leistungsgerechte Vergütung für die allgemeinen Pflegeleistungen (Pflegevergütung) sowie bei stationärer Pflege ein angemessenes Entgelt für Unterkunft und Verpflegung. In der Pflegevergütung und den Entgelten für Unterkunft und Verpflegung dürfen gemäß Abs. 2 der Norm keine Aufwendungen berücksichtigt werden für Maßnahmen einschließ-lich Kapitalkosten, die dazu bestimmt sind, die für den Betrieb der Pflegeeinrichtung notwendigen Gebäude und sonstigen abschreibungsfähigen Anlagegüter herzustellen, anzuschaffen, wiederzubeschaffen, zu ergänzen, instandzuhalten oder instandzusetzen (Nr. 1), den Erwerb und die Erschließung von Grundstücken (Nr. 2), Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Grundstücken, Gebäuden oder sonstigen Anlagegütern (Nr. 3), den Anlauf oder die innerbetriebliche Umstellung von Pflegeeinrichtungen (Nr. 4), die Schließung von Pflegeeinrichtungen oder ihre Umstellung auf andere Aufgaben (Nr. 5). Soweit betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach Absatz 2 Nr. 1 oder Aufwendungen für Miete, Pacht, Erbbauzins, Nutzung oder Mitbenutzung von Gebäuden bzw. sonstige abschreibungsfähige Anlagegüter nach Absatz 2 Nr. 3 durch öffentliche Förderung nach § 9 nicht vollständig gedeckt sind, kann die Pflegeeinrichtung diesen Teil der Aufwendungen den Pflegebedürftigen gesondert berechnen (§ 82 Abs. 3 Satz 1 SGB XI). Die gesonderte Berechnung bedarf nach § 82 Abs. 3 Satz 3 SGB XI der Zustimmung der zuständigen Landesbehörde; das Nähere hierzu, insbesondere auch zu Art, Höhe und Laufzeit sowie die Verteilung der gesondert berechenbaren Aufwendungen auf die Pflegebedürftigen einschließlich der Berücksichtigung pauschalierter Instandhaltungs- und Instandsetzungsaufwendungen sowie der zugrunde zu legenden Belegungsquote, wird durch Landesrecht bestimmt.
Nach § 15 des Alten- und Pflegegesetzes Nordrhein-Westfalen (APG NRW) i.V.m. §§ 11 Abs. 1, 12 Abs. 1 APG DVO NRW können Pflegeeinrichtungen den Pflegebedürftigen die durch öffentliche Förderung nicht gedeckten Aufwendungen nach § 82 Abs. 2 Nr. 1 und 3 SGB XI gesondert in Rechnung stellen. Hierfür werden zunächst die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen festgestellt und dann die anerkennungsfähigen Aufwendungen festgesetzt. Für die Zustimmung nach § 15 Satz 2 APG NRW und für die Ermittlung der Aufwendungen gemäß § 10 Abs. 1 APG NRW ist der Beklagte als überörtlicher Sozialhilfeträger zuständig.
Gemäß § 10 Abs. 1 APG NRW ist Grundlage der Finanzierung von stationären Pflegeeinrichtungen nach §§ 9, 82 Abs. 3 SGB XI die Ermittlung der betriebsnotwendigen Aufwendungen im Sinne des § 82 Abs. 2 Nrn. 1 und 3 SGB XI (förderungsfähige Aufwendungen). Nach Absatz 9 dieser Vorschrift ist das zuständige Ministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Verwaltungsverfahren zur gesonderten Berechnung nicht geförderter Aufwendungen nach § 82 Abs. 3 SGB XI zu regeln. Dies ist durch Erlass der APG DVO NRW geschehen, die die Feststellung und Festsetzung der anerkennungsfähigen Aufwendungen regelt. Einen Verstoß gegen grundrechtlich relevante Positionen vermag die Kammer nicht zu erkennen. Insoweit bezieht sie sich auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen in dem vom Beklagten vorgelegten, im Auftrag des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter des Landes Nordrhein-Westfalen erstellten Gutachten vom 10.09.2017. Dieser Ausführungen schließt sie sich nach eigener Überprüfung im Ergebnis an. Die von der Klägerin angeregte Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht entfällt somit.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 11.09.2015 hat der Beklagte die anerkennungsfähigen Investitionsaufwendungen nach § 11 APG DVO NRW festgestellt. Die dort festgestellten Daten hat der Beklagte zutreffend auch für die Festsetzung übernommen.
Nach § 10 Abs. 8 Satz 2 APG NRW können die tatsächlichen Mietzahlungen für betriebsnotwendige Anlagegüter als Aufwendungen im Sinne des § 82 Abs. 3 SGB XI anerkannt werden, sofern sie betriebsnotwendig und angemessen sind. Die Anerkennungsfähigkeit der Zahlungen ist dabei auf die Beträge beschränkt, die bei einer vergleichbaren Einrichtung im Eigentum des Trägers anerkennungsfähig wären. Nach Absatz 9 dieser Norm soll in einer Rechtsverordnung das Verfahren der Vergleichsberechnung bei Miete geregelt werden.
Dementsprechend regelt § 8 APG DVO NRW das Verfahren der Vergleichsberechnung bei Miet- und Pachtaufwendungen. Nach dessen Absatz 2 sind Aufwendungen für die Miete langfristiger und sonstiger Anlagegüter als betriebsnotwendig anzuerkennen, wenn das zu zahlende Jahresentgelt die Summe nicht übersteigt, die für entsprechende Einrichtungen im Eigentum des Trägers jährlich anerkennungsfähig wäre (Vergleichsbetrag). Hierbei kann sich der Träger zwischen einer fiktiven oder einer konkreten Vergleichsberechnung entscheiden. Die Klägerin hat die fiktive Vergleichsberechnung nach § 8 Abs. 3 APG DVO NRW gewählt. Umfasst der Mietvertrag neben den langfristigen und sonstigen Anlagegütern auch das der Einrichtung dienende Grundstück, so erhöht sich nach § 8 Abs. 5 APG DVO NRW der Vergleichsbetrag um ein angemessenes Nutzungsentgelt, dessen Höhe in entsprechender Anwendung des § 7 APG DVO NRW zu ermitteln ist.
§ 7 Abs. 1 APG DVO NRW regelt die Höhe der Aufwendungen bei Erbpacht von Grundstücken. Stehen die für den Betrieb der Einrichtung erforderlichen Grundstücke nicht im Eigentum des Trägers der Einrichtung, so sind die tatsächlich gezahlten bzw. vertraglich geschuldeten Pachtzinsen anerkennungsfähig, soweit sie im Rahmen der ortsüblichen Erbbauzinsen für vergleichbare Grundstücke liegen. Neben der Gebäudegrundfläche und den zur Erschließung erforderlichen bzw. planungsrechtlich vorgeschriebenen Verkehrsflächen sind dabei Freiflächen bis maximal 50 qm für jeden von der Einrichtung vorgehaltenen Platz anzuerkennen.
Vorliegend ist sowohl die Höhe des Erbpachtzinses als auch die Frage streitig ist, ob die anerkannte Frei- und Verkehrsfläche von insgesamt 270 qm mit dem ausgewiesenen Bodenrichtwert von 180,- EUR oder – wie der Beklagte meint – nur mit dem halben Wert zu multiplizieren ist.
Der vom Beklagten zugrunde gelegte Erbpachtzins von 3 % ist nicht zu beanstanden. Zwar stellt § 7 APG DVO auf ortsübliche Erbbauzinsen für vergleichbare Grundstücke ab. Da aber nach Auskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis Heinsberg bezüglich der Höhe der Erbbauzinsen generell keine Erkenntnisse bzw. Daten aus der Kaufpreissammlung vorliegen, ist es nicht ermessensfehlerhaft, auf den landesweiten Durchschnittswert, der nach dem Grundstücksmarktbericht NRW 2017 im Jahr 2016 bei 3 % lag, zurückzugreifen.
Eine Rechtsgrundlage für die unterschiedliche Beurteilung der bebauten Fläche und der Verkehrs- und Freifläche sehen weder das APG NRW noch die APG DVO NRW vor. Eine Ermächtigungsgrundlage für die unterschiedliche Beurteilung dieser Flächen, die entweder vorgeschrieben oder aber im Interesse der Pflegebedürftigen liegen, ist daher nicht ersichtlich. Die Handhabung des Beklagten benachteiligt die Pflegeeinrichtungen, die ihren Bewohnern großzügige Freiflächen zur Verfügung stellen im Vergleich zu den Einrichtungen, die eine Freifläche von 50 qm pro Platz nicht vorhalten. Hinzu kommt, wie die Klägerin zu Recht einwendet, dass die Miet- bzw. Pachtzahlungen für den gesamten Komplex der Pflegeeinrichtung, also auch für die Verkehrs- und Freiflächen, anfallen. Die vom Landesgesetzgeber in anderen Bereichen vorgenommene Deckelung der Freiflächen berechtigt den Beklagten nicht, eine solche Deckelung auch bei der Bestimmung der förderungsfähigen Aufwendungen vorzunehmen. Denn dort erfolgt eine Deckelung bereits durch die Begrenzung der anerkennungsfähigen Fläche auf 50 qm je Platz.
Bei Berücksichtigung des vollen Bodenrichtwertes von 180,- EUR pro qm und eines Erbbauzinses von 3 % errechnet sich ein Betrag von 2.970,- EUR (550 qm x 180,- EUR x 3 %). Dieser Betrag liegt um 729,- EUR über dem vom Beklagten berechneten Betrag von 2.241,- EUR. Anstelle der vom Beklagten angenommenen Vergleichsmiete von 37.104,27 EUR ergibt sich nunmehr eine Vergleichsmiete von 37.833,27 EUR, die der Berechnung der Investitionskosten zugrunde zu legen ist. Bei 3000 Berechnungstagen pro Jahr errechnen sich Investitionskosten von 12,61 EUR pro Berechnungstag.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 154 Abs. 1, 161 Abs. 1, 162 Abs. 1 und 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 39 Abs. 1, 45 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Mangels bezifferter Forderung hat die Kammer den Auffangstreitwert zugrunde gelegt.
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