Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
9
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 9 AS 955/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
hat die 9. Kammer des Sozialgerichts Aachen am 04.12.2018 durch die Vorsitzende, Richterin am Sozialgericht Brückner, beschlossen:
Der Antrag wird abgelehnt. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über eine Absenkung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der 0000 geborene Antragsteller ist alleinstehend und steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 14.09.2017 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2018 in Gestalt des Regelbedarfs von 409,00 EUR.
Dem Antragsteller waren mit einem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzendem Verwaltungsakt vom 19.06.2018 für den Zeitraum 19.06.2018 bis 18.12.2018 verschiedene Pflichten auferlegt worden. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt sah u.a. vor, dass sich der Antragsteller unter Auswertung von Stellenanzeigen online, in Zeitungen und anderen Medien um eine Arbeitsstelle bemüht, sich kalendermonatlich fünfmal auf eine Arbeitsstelle bewirbt (schriftlich, telefonisch, online und durch persönliche Vorsprache) und dieses Eigenbemühungen in einem Aktionsplan festhält, den er dem Antragsgegner unaufgefordert jeweils zum 3. des Folgemonats vorlegt. Der Antragsgegner bot dem Antragssteller im Gegenzug Beratungsgespräche und die Übernahme von Fahrt- und Bewerbungskosten an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 Bezug genommen.
Aufgrund verschiedener Verstöße gegen dem Antragsteller in vorangegangenen Eingliederungsverwaltungsakten auferlegten Pflichten hatte der Antragsgegner die Leistungen des Antragstellers wiederholt gemindert, zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2018 für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 30.11.2018 in Höhe von 100%.
Der Antragsteller kam den auferlegten Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 nicht nach. Mit Schreiben vom 03.08.2018 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Sanktion an. Mit Bescheid vom 23.08.2018 senkte der Antragsgegner die dem Antragsteller bewilligten Leistungen für die Zeit vom 01.09.2018 bis 30.11.2018 mit einer Minderung um 100% ab Den vorangegangenen Bewilligungs- und Änderungsbescheid hob er teilweise nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für den entsprechenden Zeitraum auf. Mit Bescheid vom 23.10.2018 bewilligte er für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 SGB II-Leistungen und setzte den Leistungsanspruch des Antragstellers für die Monate Oktober und November 2018 auf Null fest.
Der Antragsteller legte am 25.08.2018 Widerspruch ein und rügte eine Verfassungswidrigkeit der Sanktionstatbestände sowie Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des erlassenen Verwaltungsakts. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 26.09.2018 als unbegründet zurück.
Der Antragsteller hat gleichzeitig mit Klageerhebung (S 9 AS 956/18) am 02.11.2018 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gestellt. Er ist der Auffassung, der dem Sanktionsbescheid vom 23.08.2018 zugrunde liegende Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 sei nichtig. Dessen Nichtigkeit folge aus Art. 19 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die verhängte Sanktion verstoße gegen sein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG). Unter Verweis auf sein Vorbringen in dem Verfahren S 9 AS 857/18 vor dem Sozialgericht Aachen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, trägt er vor, er könne aus Gewissensgründen und aus Gründen der Notwehr den Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 nicht nachkommen und beruft sich insoweit auf Art. 4, 5 und 2 GG. Die Handlungsform des Eingliederungsverwaltungsaktes verstoße gegen die Vertragsfreiheit. Er beruft sich auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts (SG) Gotha vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14 an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), 1 BvL 7/16.
Der beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 02.11.2018 gegen den Bescheid vom 23.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 anzuordnen.
Der Antragsteller beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist auf die zahlreichen Widerspruchsbescheide und Verfahren vor dem Sozialgericht Aachen bzw. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch bzw. die Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein derartiger Fall ist hier gegeben, denn die von dem Antragsgegner erlassenen Bescheide sind Verwaltungsakte, die eine Pflichtverletzung und eine Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen. Folglich kommt der hiergegen gerichteten Klage nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu.
Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht vor. Entscheidungserhebli0ch ist, ob im Rahmen einer offenen Abwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Adressaten einzuräumen ist. Ist der Widerspruch bzw. die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne weitere Interessenabwägung grundsätzlich abzulehnen, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes kein schützenswertes Interesse des Bescheidadressaten entgegenstehen kann. Ist der Widerspruch bzw. die Klage dagegen offensichtlich zulässig und begründet, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, weil dann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen. Denn das Gericht hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Ebenso ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 48 SGB X i.V.m. § 31a Abs. 1 S. 3 SGB II. Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. Die Weigerung des Antragstellers, den Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 (hier: Vorlage des Aktionsplans für Juni 2018) nachzukommen, stellt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar. Ein wichtiger Grund hierfür ist nicht ersichtlich. Es gibt kein Grundrecht, sich aus Gewissensgründen (Art. 4 GG) der Steuerzahlung verweigern zu können und deshalb keine bezahlte Tätigkeit anzunehmen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.09.2018, L 7 AS 2008/17, Rdnr. 35 unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26.08.1992, 2 BvR 478/92). Auch kann sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht auf Notwehr berufen, deren Bedeutung sich ausschließlich im strafrechtlichen Zusammenhang zeigt. Der Antragsteller ist bereits mehrfach im maßgeblichen Jahreszeitraum des § 31a Abs. 1 S. 5 SGB II sanktioniert worden, zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2018 für denselben Zeitraum (September 2018 bis November 2018), der eine Absenkung der SGB II-Leistungen um 100 % zum Gegenstand hat.
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des der Sanktion zugrunde liegenden Eingliederungsverwaltungsakts vom 19.06.2018 bestehen nicht.
Ermächtigungsgrundlage für den Eingliederungsverwaltungsakt ist §§ 15 Abs. 2, 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Hiernach sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, wenn eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht zustande kommt. Der Antragsgegner war im vorliegenden Verfahren berechtigt, einen Eingliederungsverwaltungsakt zu erlassen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II sollen die Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Es kann offen bleiben, ob es sich hierbei um eine reine Verfahrensvorschrift handelt und der Grundsicherungsträger selbst entscheiden kann, welchen Weg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt (so BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 13/09 R) oder die Regelung einen Vorrang der konsensualen Lösung durch eine in gegenseitigem Einvernehmen geschlossene Vereinbarung vor dem Ersatz der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt anordnet (so BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, Rdnr. 18; vgl. Kador in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 15 Rdnr. 86). Auch bei Zugrundelegung einer vorrangig konsensualen Lösung wäre hier der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts rechtmäßig. Der Erlass eine Ersetzungsveraltungsaktes kommt auch in atypischen Konstellationen in Betracht, die die Notwendigkeit des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung entfallen lassen vgl. Kador in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, aaO). Hierzu zählt insbesondere die Weigerung des erwerbfähigen Leistungsberechtigten, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.02.2016, L 19 AS 1536/15, mwN). Ein solcher atypischer Fall findet hier Anwendung. Der Antragsteller weigert sich vehement, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die die Übernahme einer Verpflichtung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und entsprechende Bewerbungsbemühungen hierzu zum Gegenstand hat. Aufgrund der generellen Weigerungshaltung des Antragstellers war dem Antragsgegner nicht zuzumuten, weitere Versuche zu unternehmen, die von Vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Angesichts des Umstandes, dass der Antragsgegner hoheitlich durch Verwaltungsakt gehandelt hat, ist die von dem Antragsteller angeführte Vertragsfreiheit überdies nicht betroffen.
Auch der Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakt ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig. Die in dem Eingliederungsverwaltungsakt festgelegte Verpflichtung zur Vorlage eines Aktionsplans mit mindestens fünf Bewerbungsbemühungen bis zum 03.07.2018 ist nicht zu beanstanden. Der Eingliederungsverwaltungsakt ist an den Zwecken auszurichten, die nach dem Regelungskonzept des SGB II mit der zu ersetzenden Eingliederungsvereinbarung verfolgt werden, und es sind die Grenzen einzuhalten, die auch bei einer vertraglichen Verständigung über die Inhalte der Eingliederungsvereinbarung zu wahren sind. Auch für den Eingliederungsverwaltungsakt sind die für den öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X formulierten Maßgaben entscheidend, d.h. einem an den Hilfebedürftigen gerichteten zumutbaren Verlangen muss eine mit diesem in Zusammenhang stehende, angemessene und konkret bestimmte Gegenleistung der Behörde gegenüberstehen. Dies ist hier der Fall. Gemäß dem Vorspann des Eingliederungsverwaltungsakts dient dieser einer Eingliederung des Antragstellers in Arbeit und entspricht damit dem auch für den Abschluss einer möglichen Eingliederungsvereinbarung maßgeblichen Grundgedanken. Die von dem Antragsteller hierin abverlangten Aufgaben sind nicht zu beanstanden. Es ist ihm zumutbar, pro Kalendermonat fünf Bewerbungen zu tätigen, diese in einem Aktionsplan festzuhalten und beim Beklagten vorzulegen. Die Zahl der zu fertigenden Bewerbungen entzieht sich schematischen Betrachtungen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R). Der Eingliederungsverwaltungsakt wurde dem Antragsteller am 21.06.2018 zugestellt. Es war ihm unter Beachtung seines Ausbildungshintergrundes als diplomierter Wirtschaftsingenieur, seinen eloquenten Ausführungen in zahlreichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im entsprechenden Zeitraum vom 21.06.2018 bis 30.06.2018 zweifelsfrei möglich, fünf Bewerbungsbemühungen durchzuführen, zumal Bewerbungen per Telefon und Email auch ausreichend waren. Dasselbe gilt auch für die Dokumentation dieser Bewerbungsbemühungen und Vorlage des Aktionsplans bei dem Antragsgegner. Die von dem Antragsgegner angebotenen Kosten für Bewerbungen und Fahrtkosten genügen den gesetzlichen Voraussetzungen. Insoweit wird auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.09.2018, L 7 AS 2008/17, verwiesen, auf das vollumfänglich Bezug genommen wird.
Die Rechtsfolgenbelehrung für den Fall eines Verstoßes gegen die dem Antragsteller auferlegten Pflichten genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die Belehrung muss konkret, richtig, und vollständig sein und den Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus seinem Verhalten für ihn ergeben, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 53/08 R, Rdnr. 22 mwN). Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller wurde in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 konkret darauf hingewiesen, dass bei Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt eine Absenkung seiner SGB II-Leistungen um 100 vom Hundert für den Zeitraum von drei Monaten erfolgt. Für den Antragsteller, der keine Kosten für Unterkunft erhält, war damit unmissverständlich klar, dass bei einer erneuten Pflichtverletzung sein Anspruch auf Geldleistung vollständig entfällt.
Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der zugrundeliegenden Sanktionsvorschriften hat das Gericht, entgegen der Auffassung des Antragstellers, nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung auch nicht verfassungswidrig. Auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das aus Art. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG folgt, gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivität unabhängigen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Das LSG Nordrhein-Westfalen führt hierzu in seinem Beschluss vom 05.05.2017, L 2 AS 697/17 B ER, Folgendes aus: "Es sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischem Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, bei juris Rn. 133). Dies bedeutet aber nicht, dass die Leistungen voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 51 unter Hinweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09, bei juris Rn. 13). Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, bei juris Rn. 133 ff.), der ihn verfassungsrechtlich nicht daran hindert, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II an (Mitwirkungs-) Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 52). Eine andere Auslegung würde letztlich zu einem Recht auf eine voraussetzungslose steuerfinanzierte Staatsleistung (sogenanntes bedingungsloses Grundeinkommen) führen; eine solche Entscheidung muss aber dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 53). Dieser ist aber bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgegangen, dass der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss, und hat die fehlende Bereitschaft hierzu an negative Konsequenzen geknüpft. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange die unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 54; Bayerisches LSG, Urteil vom 20.07.2016 - L 11 AS 162/16, bei juris Rn. 20; Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rn 13 mwN). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verbietet es in Fällen eines pflicht- oder gar sozialwidrigen Verhaltens nicht, zur Sicherung von Geld- auf Sachleistungen zu wechseln (Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rn. 14 mwN). Diese Leistungen stehen dem Antragsteller hier zur Verfügung, da der Antragsgegner ihm angeboten hat, Sachleistungen oder geldwerte Leistungen in angemessenem Umfang zu gewähren. Auch mit diesen Leistungen kann das Existenzminimum vorübergehend gewährleistet werden (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 56). Der Antragsteller hat es insoweit selbst in der Hand, einen diesbezüglichen Antrag zu stellen und damit die zum Lebensunterhalt unerlässlichen Mittel und einen Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Eines Eilverfahrens bedarf es hierfür nicht. Er kann im Übrigen eine Verkürzung des Sanktionszeitraumes erreichen, indem er die von ihm geforderten Bewerbungsbemühungen nunmehr regelmäßig nachweist (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II). ( )." Dem schließt sich das erkennende Gericht nach eigener Prüfung im vollen Umfang an.
Der Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar steht eine Entscheidung des BVerfG (1 BvL 7/16) zum Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 02.08.2016 aus. Im Beschluss vom 06.05.2016, 1 BvL 7/15, zum vorangegangenen Vorlagebeschluss des SG Gotha hatte das BVerfG indes nicht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionierungen im SGB II angenommen. Vielmehr hat es ausschließlich festgestellt, dass gewichtige verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen werden. Vielmehr hat es ausschließlich festgestellt, dass gewichtige verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen werden, was Zweifeln an der Verfassungsmäßígkeit der Normen nicht gleichkommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über eine Absenkung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).
Der 0000 geborene Antragsteller ist alleinstehend und steht im laufenden Bezug von Leistungen nach dem SGB II bei dem Antragsgegner. Mit Bescheid vom 14.09.2017 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für den Zeitraum vom 01.10.2017 bis 30.09.2018 in Gestalt des Regelbedarfs von 409,00 EUR.
Dem Antragsteller waren mit einem eine Eingliederungsvereinbarung ersetzendem Verwaltungsakt vom 19.06.2018 für den Zeitraum 19.06.2018 bis 18.12.2018 verschiedene Pflichten auferlegt worden. Dieser Eingliederungsverwaltungsakt sah u.a. vor, dass sich der Antragsteller unter Auswertung von Stellenanzeigen online, in Zeitungen und anderen Medien um eine Arbeitsstelle bemüht, sich kalendermonatlich fünfmal auf eine Arbeitsstelle bewirbt (schriftlich, telefonisch, online und durch persönliche Vorsprache) und dieses Eigenbemühungen in einem Aktionsplan festhält, den er dem Antragsgegner unaufgefordert jeweils zum 3. des Folgemonats vorlegt. Der Antragsgegner bot dem Antragssteller im Gegenzug Beratungsgespräche und die Übernahme von Fahrt- und Bewerbungskosten an. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 Bezug genommen.
Aufgrund verschiedener Verstöße gegen dem Antragsteller in vorangegangenen Eingliederungsverwaltungsakten auferlegten Pflichten hatte der Antragsgegner die Leistungen des Antragstellers wiederholt gemindert, zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2018 für den Zeitraum vom 01.09.2018 bis 30.11.2018 in Höhe von 100%.
Der Antragsteller kam den auferlegten Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 nicht nach. Mit Schreiben vom 03.08.2018 hörte der Antragsgegner den Antragsteller zu einer beabsichtigten Sanktion an. Mit Bescheid vom 23.08.2018 senkte der Antragsgegner die dem Antragsteller bewilligten Leistungen für die Zeit vom 01.09.2018 bis 30.11.2018 mit einer Minderung um 100% ab Den vorangegangenen Bewilligungs- und Änderungsbescheid hob er teilweise nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) für den entsprechenden Zeitraum auf. Mit Bescheid vom 23.10.2018 bewilligte er für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 30.09.2019 SGB II-Leistungen und setzte den Leistungsanspruch des Antragstellers für die Monate Oktober und November 2018 auf Null fest.
Der Antragsteller legte am 25.08.2018 Widerspruch ein und rügte eine Verfassungswidrigkeit der Sanktionstatbestände sowie Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit des erlassenen Verwaltungsakts. Der Antragsgegner wies den Widerspruch mit Widerspruchbescheid vom 26.09.2018 als unbegründet zurück.
Der Antragsteller hat gleichzeitig mit Klageerhebung (S 9 AS 956/18) am 02.11.2018 einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz bei Gericht gestellt. Er ist der Auffassung, der dem Sanktionsbescheid vom 23.08.2018 zugrunde liegende Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 sei nichtig. Dessen Nichtigkeit folge aus Art. 19 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Die verhängte Sanktion verstoße gegen sein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG iVm Art. 20 Abs. 1 GG). Unter Verweis auf sein Vorbringen in dem Verfahren S 9 AS 857/18 vor dem Sozialgericht Aachen, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird, trägt er vor, er könne aus Gewissensgründen und aus Gründen der Notwehr den Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 nicht nachkommen und beruft sich insoweit auf Art. 4, 5 und 2 GG. Die Handlungsform des Eingliederungsverwaltungsaktes verstoße gegen die Vertragsfreiheit. Er beruft sich auf den Vorlagebeschluss des Sozialgerichts (SG) Gotha vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14 an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG), 1 BvL 7/16.
Der beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage vom 02.11.2018 gegen den Bescheid vom 23.08.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 anzuordnen.
Der Antragsteller beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er verweist auf die zahlreichen Widerspruchsbescheide und Verfahren vor dem Sozialgericht Aachen bzw. Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakte verwiesen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen der Widerspruch bzw. die Klage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Ein derartiger Fall ist hier gegeben, denn die von dem Antragsgegner erlassenen Bescheide sind Verwaltungsakte, die eine Pflichtverletzung und eine Minderung des Auszahlungsanspruchs feststellen. Folglich kommt der hiergegen gerichteten Klage nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zu.
Einen ausdrücklichen gesetzlichen Maßstab für die gerichtliche Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen einen belastenden Verwaltungsakt, dessen sofortige Vollziehbarkeit unmittelbar kraft Gesetzes eintritt, sieht § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II nicht vor. Entscheidungserhebli0ch ist, ob im Rahmen einer offenen Abwägung dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes Vorrang gegenüber den schutzwürdigen Interessen des Adressaten einzuräumen ist. Ist der Widerspruch bzw. die Klage offensichtlich unzulässig oder unbegründet, so ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohne weitere Interessenabwägung grundsätzlich abzulehnen, weil der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes kein schützenswertes Interesse des Bescheidadressaten entgegenstehen kann. Ist der Widerspruch bzw. die Klage dagegen offensichtlich zulässig und begründet, ist dem Antrag regelmäßig stattzugeben, weil dann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung besteht.
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabes ist der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen. Denn das Gericht hat keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Ebenso ergeben sich keine Hinweise darauf, dass die Vollziehung eine unbillige, nicht durch überwiegende Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.
Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 48 SGB X i.V.m. § 31a Abs. 1 S. 3 SGB II. Die Tatbestandsvoraussetzungen liegen vor. Die Weigerung des Antragstellers, den Pflichten aus dem Bescheid vom 19.06.2018 (hier: Vorlage des Aktionsplans für Juni 2018) nachzukommen, stellt nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung eine weitere wiederholte Pflichtverletzung im Sinne dieser Vorschrift dar. Ein wichtiger Grund hierfür ist nicht ersichtlich. Es gibt kein Grundrecht, sich aus Gewissensgründen (Art. 4 GG) der Steuerzahlung verweigern zu können und deshalb keine bezahlte Tätigkeit anzunehmen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 06.09.2018, L 7 AS 2008/17, Rdnr. 35 unter Verweis auf Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 26.08.1992, 2 BvR 478/92). Auch kann sich der Antragsteller in diesem Zusammenhang nicht auf Notwehr berufen, deren Bedeutung sich ausschließlich im strafrechtlichen Zusammenhang zeigt. Der Antragsteller ist bereits mehrfach im maßgeblichen Jahreszeitraum des § 31a Abs. 1 S. 5 SGB II sanktioniert worden, zuletzt mit Bescheid vom 15.08.2018 für denselben Zeitraum (September 2018 bis November 2018), der eine Absenkung der SGB II-Leistungen um 100 % zum Gegenstand hat.
Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des der Sanktion zugrunde liegenden Eingliederungsverwaltungsakts vom 19.06.2018 bestehen nicht.
Ermächtigungsgrundlage für den Eingliederungsverwaltungsakt ist §§ 15 Abs. 2, 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II. Hiernach sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung vorgesehenen Regelungen durch Verwaltungsakt getroffen werden, wenn eine Vereinbarung nach § 15 Abs. 2 SGB II nicht zustande kommt. Der Antragsgegner war im vorliegenden Verfahren berechtigt, einen Eingliederungsverwaltungsakt zu erlassen. Nach § 15 Abs. 3 Satz 3 SGB II sollen die Regelungen einer Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Es kann offen bleiben, ob es sich hierbei um eine reine Verfahrensvorschrift handelt und der Grundsicherungsträger selbst entscheiden kann, welchen Weg er zur Erfüllung des Ziels der Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen wählt (so BSG, Urteil vom 22.09.2009, B 4 AS 13/09 R) oder die Regelung einen Vorrang der konsensualen Lösung durch eine in gegenseitigem Einvernehmen geschlossene Vereinbarung vor dem Ersatz der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt anordnet (so BSG Urteil vom 14.02.2013, B 14 AS 195/11 R, Rdnr. 18; vgl. Kador in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 15 Rdnr. 86). Auch bei Zugrundelegung einer vorrangig konsensualen Lösung wäre hier der Erlass eines Eingliederungsverwaltungsakts rechtmäßig. Der Erlass eine Ersetzungsveraltungsaktes kommt auch in atypischen Konstellationen in Betracht, die die Notwendigkeit des Abschlusses einer Eingliederungsvereinbarung entfallen lassen vgl. Kador in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, aaO). Hierzu zählt insbesondere die Weigerung des erwerbfähigen Leistungsberechtigten, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen (Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 29.02.2016, L 19 AS 1536/15, mwN). Ein solcher atypischer Fall findet hier Anwendung. Der Antragsteller weigert sich vehement, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, die die Übernahme einer Verpflichtung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und entsprechende Bewerbungsbemühungen hierzu zum Gegenstand hat. Aufgrund der generellen Weigerungshaltung des Antragstellers war dem Antragsgegner nicht zuzumuten, weitere Versuche zu unternehmen, die von Vornherein zum Scheitern verurteilt sind. Angesichts des Umstandes, dass der Antragsgegner hoheitlich durch Verwaltungsakt gehandelt hat, ist die von dem Antragsteller angeführte Vertragsfreiheit überdies nicht betroffen.
Auch der Inhalt des Eingliederungsverwaltungsakt ist nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung rechtmäßig. Die in dem Eingliederungsverwaltungsakt festgelegte Verpflichtung zur Vorlage eines Aktionsplans mit mindestens fünf Bewerbungsbemühungen bis zum 03.07.2018 ist nicht zu beanstanden. Der Eingliederungsverwaltungsakt ist an den Zwecken auszurichten, die nach dem Regelungskonzept des SGB II mit der zu ersetzenden Eingliederungsvereinbarung verfolgt werden, und es sind die Grenzen einzuhalten, die auch bei einer vertraglichen Verständigung über die Inhalte der Eingliederungsvereinbarung zu wahren sind. Auch für den Eingliederungsverwaltungsakt sind die für den öffentlich-rechtlichen Vertrag in § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X formulierten Maßgaben entscheidend, d.h. einem an den Hilfebedürftigen gerichteten zumutbaren Verlangen muss eine mit diesem in Zusammenhang stehende, angemessene und konkret bestimmte Gegenleistung der Behörde gegenüberstehen. Dies ist hier der Fall. Gemäß dem Vorspann des Eingliederungsverwaltungsakts dient dieser einer Eingliederung des Antragstellers in Arbeit und entspricht damit dem auch für den Abschluss einer möglichen Eingliederungsvereinbarung maßgeblichen Grundgedanken. Die von dem Antragsteller hierin abverlangten Aufgaben sind nicht zu beanstanden. Es ist ihm zumutbar, pro Kalendermonat fünf Bewerbungen zu tätigen, diese in einem Aktionsplan festzuhalten und beim Beklagten vorzulegen. Die Zahl der zu fertigenden Bewerbungen entzieht sich schematischen Betrachtungen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R). Der Eingliederungsverwaltungsakt wurde dem Antragsteller am 21.06.2018 zugestellt. Es war ihm unter Beachtung seines Ausbildungshintergrundes als diplomierter Wirtschaftsingenieur, seinen eloquenten Ausführungen in zahlreichen Verwaltungs- und Gerichtsverfahren im entsprechenden Zeitraum vom 21.06.2018 bis 30.06.2018 zweifelsfrei möglich, fünf Bewerbungsbemühungen durchzuführen, zumal Bewerbungen per Telefon und Email auch ausreichend waren. Dasselbe gilt auch für die Dokumentation dieser Bewerbungsbemühungen und Vorlage des Aktionsplans bei dem Antragsgegner. Die von dem Antragsgegner angebotenen Kosten für Bewerbungen und Fahrtkosten genügen den gesetzlichen Voraussetzungen. Insoweit wird auf das Urteil des LSG Nordrhein-Westfalen vom 06.09.2018, L 7 AS 2008/17, verwiesen, auf das vollumfänglich Bezug genommen wird.
Die Rechtsfolgenbelehrung für den Fall eines Verstoßes gegen die dem Antragsteller auferlegten Pflichten genügt den gesetzlichen Anforderungen. Die Belehrung muss konkret, richtig, und vollständig sein und den Arbeitslosen in verständlicher Form zutreffend erläutern, welche unmittelbaren und konkreten Auswirkungen sich aus seinem Verhalten für ihn ergeben, wenn hierfür kein wichtiger Grund vorliegt (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 18.02.2010, B 14 AS 53/08 R, Rdnr. 22 mwN). Dies ist vorliegend der Fall. Der Antragsteller wurde in dem Eingliederungsverwaltungsakt vom 19.06.2018 konkret darauf hingewiesen, dass bei Verstoß gegen den Eingliederungsverwaltungsakt eine Absenkung seiner SGB II-Leistungen um 100 vom Hundert für den Zeitraum von drei Monaten erfolgt. Für den Antragsteller, der keine Kosten für Unterkunft erhält, war damit unmissverständlich klar, dass bei einer erneuten Pflichtverletzung sein Anspruch auf Geldleistung vollständig entfällt.
Durchgreifende Zweifel an der Verfassungsgemäßheit der zugrundeliegenden Sanktionsvorschriften hat das Gericht, entgegen der Auffassung des Antragstellers, nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung auch nicht verfassungswidrig. Auch das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum, das aus Art. 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1 GG folgt, gewährleistet keinen von Mitwirkungsobliegenheiten und Eigenaktivität unabhängigen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Das LSG Nordrhein-Westfalen führt hierzu in seinem Beschluss vom 05.05.2017, L 2 AS 697/17 B ER, Folgendes aus: "Es sichert jedem Hilfebedürftigen diejenigen materiellen Voraussetzungen zu, die für seine physische Existenz und für ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischem Leben unerlässlich sind. Dieses Grundrecht ist dem Grunde nach unverfügbar und muss eingelöst werden, bedarf aber der Konkretisierung und Aktualisierung durch den Gesetzgeber, der die zu erbringenden Leistungen an dem jeweiligen Entwicklungsstand des Gemeinwesens und den bestehenden Lebensbedingungen auszurichten hat (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, bei juris Rn. 133). Dies bedeutet aber nicht, dass die Leistungen voraussetzungslos zur Verfügung gestellt werden müssen (vgl. BSG, Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 51 unter Hinweis auf den Nichtannahmebeschluss des BVerfG vom 07.07.2010 - 1 BvR 2556/09, bei juris Rn. 13). Bei der Konkretisierung des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums steht dem Gesetzgeber vielmehr ein Gestaltungsspielraum zu (BVerfG, Urteil vom 09.02.2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09, bei juris Rn. 133 ff.), der ihn verfassungsrechtlich nicht daran hindert, die Gewährung existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II an (Mitwirkungs-) Obliegenheiten zu knüpfen und bei deren Verletzung leistungsrechtliche Minderungen vorzusehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 52). Eine andere Auslegung würde letztlich zu einem Recht auf eine voraussetzungslose steuerfinanzierte Staatsleistung (sogenanntes bedingungsloses Grundeinkommen) führen; eine solche Entscheidung muss aber dem Gesetzgeber vorbehalten bleiben (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 53). Dieser ist aber bei der Ausgestaltung der Leistungen nach dem SGB II davon ausgegangen, dass der Leistungsberechtigte alle Möglichkeiten zur Verringerung seiner Hilfebedürftigkeit ausschöpfen muss, und hat die fehlende Bereitschaft hierzu an negative Konsequenzen geknüpft. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, solange die unerlässlichen Mittel zur Bestreitung des Lebensunterhaltes zur Verfügung stehen (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 54; Bayerisches LSG, Urteil vom 20.07.2016 - L 11 AS 162/16, bei juris Rn. 20; Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rn 13 mwN). Das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verbietet es in Fällen eines pflicht- oder gar sozialwidrigen Verhaltens nicht, zur Sicherung von Geld- auf Sachleistungen zu wechseln (Berlit in LPK-SGB II, § 31 Rn. 14 mwN). Diese Leistungen stehen dem Antragsteller hier zur Verfügung, da der Antragsgegner ihm angeboten hat, Sachleistungen oder geldwerte Leistungen in angemessenem Umfang zu gewähren. Auch mit diesen Leistungen kann das Existenzminimum vorübergehend gewährleistet werden (BSG, vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 R, bei juris Rn. 56). Der Antragsteller hat es insoweit selbst in der Hand, einen diesbezüglichen Antrag zu stellen und damit die zum Lebensunterhalt unerlässlichen Mittel und einen Krankenversicherungsschutz zu erlangen. Eines Eilverfahrens bedarf es hierfür nicht. Er kann im Übrigen eine Verkürzung des Sanktionszeitraumes erreichen, indem er die von ihm geforderten Bewerbungsbemühungen nunmehr regelmäßig nachweist (vgl. § 31a Abs. 1 Satz 6 SGB II). ( )." Dem schließt sich das erkennende Gericht nach eigener Prüfung im vollen Umfang an.
Der Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 02.08.2016, S 15 AS 5157/14, führt zu keiner anderen Beurteilung. Zwar steht eine Entscheidung des BVerfG (1 BvL 7/16) zum Vorlagebeschluss des SG Gotha vom 02.08.2016 aus. Im Beschluss vom 06.05.2016, 1 BvL 7/15, zum vorangegangenen Vorlagebeschluss des SG Gotha hatte das BVerfG indes nicht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Sanktionierungen im SGB II angenommen. Vielmehr hat es ausschließlich festgestellt, dass gewichtige verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen werden. Vielmehr hat es ausschließlich festgestellt, dass gewichtige verfassungsrechtliche Fragen aufgeworfen werden, was Zweifeln an der Verfassungsmäßígkeit der Normen nicht gleichkommt.
Die Kostenentscheidung folgt aus entsprechender Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
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