Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 1 KR 373/18
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Sozialgericht Aachen S 1 KR 373/18 Die Beklagte wird verpflichtet, der Klägerin unter Abänderung des Bescheides vom 7.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2018 die beantragte Versorgung mit Dronabinolkapseln á 5 mg zu genehmigen und auf entsprechende ärztliche Verordnung die Kosten für diese Versorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel Dronabinol, einem Wirkstoff aus der Gruppe der Cannabinoide, hat.
Die am 00.00.0000 geborene, bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet unter einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einem Postdiskektomie-Syndrom nach Spondylodese C5/7, Brustwirbelsäulensyndrom, Fibromyalgie, Hypothyreose und Osteochondrose. Am 25.9.2017 ging bei der Beklagten ein an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – Bundesopiumstelle – gerichteter Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten ein, den die Beklagte als Antrag auf Kostenübernahme auslegte und die Klägerin unter dem 27.9.2017 aufforderte, den beigefügten Fragebogen von ihrem Arzt ausfüllen zu lassen und sodann zurückzusenden. In dem, am 19.10.2017 sodann bei der Beklagten entsprechend eingegangenen ärztlichen Bescheinigung gab der Anästhesist Dr. W. in Beantwortung der Fragen der Beklagten an, seiner Patientin, der Klägerin, Dronabinolkapseln á 5 mg. verordnen zu wollen. Zur Behandlung ihrer seines Erachtens nach schwerwiegenden Erkrankung sei eine Arzneimitteltherapie erforderlich, nachdem sich andere Behandlungsoptionen als nicht oder unzureichend wirksam erwiesen hätten. Die Klägerin reagiere nach Einnahme von Tabletten sofort mit Übelkeit und Magenkrämpfen, so dass sie keine Tabletten einnehmen könne. Die Beklagte holte daraufhin – nach Information der Klägerin über dieses Vorgehen mit Schreiben vom 20.10.2017 – eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 7.11.2017 ein, der zu der Auffassung gelangte, dass zwar anhand der mitgeteilten Diagnosen vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung auszugehen sei. Anhand der vorgelegten Unterlagen lasse sich die mitgeteilte Unwirksamkeit der Schmerztherapie jedoch nicht verifizieren, da detaillierte Angaben über welchen Zeitraum welche Wirkstoffe, in welcher Dosis inkl. Titrationsphase, mit welchem objektivierbaren Therapieergebnis angewandt wurden, dieses ergänzt um die Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, fehlten.
Dies zugrunde legend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7.11.2017 die beantragte Genehmigung ab, wogegen sich die Klägerin unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Dr. W. vom 23.1.2018 mit ihrem Widerspruch wandte. Der Arzt führte seine bisherigen Ausführungen ergänzend aus, es sei keine Verbesserung der Lebensqualität bzw. Linderung der Schmerzen durch vorangegangene Therapien erfolgt. Weder die durchgeführte Cage Spondylodese, PRT´s, Cirotherapie, Neuraltherapie und vielfältige TLA´s noch die Schmerzmitteltherapie (wird weiter ausgeführt) hätten zu einer Symptomlinderung geführt. Der MDK blieb in seiner daraufhin erneut von der Beklagten eingeholten Stellungnahme unter dem 11.4.2018 nach Beiziehung eines von der Beklagten gespeicherten Arzneimittelverordnungsauszugs (Oktober 2013 bis Juli 2017) der Klägerin bei seiner Auffassung. Die mitgeteilte Unwirksamkeit der bisherigen Schmerztherapie lasse sich nicht nachvollziehen, da objektivierbare Angaben zu Intensität, Lokalisation, Dauer und Art der Schmerzen fehlten. Weiterhin sei die gesetzlich vorgesehene begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes, dass für die Behandlung der bei der Versicherten vorliegenden Erkrankung keine dem allgemeinen anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung zur Anwendung kommen könne, nicht ausreichend plausibel. Auf dieser Grundlage wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2018 zurück.
Mit ihrer am 2.10.2018 vor dem Sozialgericht Aachen erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine Abänderung der Entscheidung der Beklagten. Sie sei seit mehreren Jahren erheblich gesundheitlich eingeschränkt und habe aufgrund ihrer erheblichen Erkrankungen und Schmerzen bereits eine ausgiebige Ärzteodyssee hinter sich. Durch die Einnahme der ihr verschriebenen, teils sehr starken Schmerzmittel sei ihre Lebensqualität erheblich eingeschränkt gewesen, da sie teilweise nicht mehr in der Lage gewesen sei, am normalen Alltag teilzunehmen. Überdies sei ihr Verdauungssystem mittlerweile durch die starken Medikamente derart beeinträchtigt, dass sie keinerlei Medikamente mehr zu sich nehmen könne, ohne unter starken Magenkrämpfen und Übelkeit zu leiden. Unabhängig von diesen Nebenwirkungen, hätten die Medikamente ihrem Zustand nicht bessern oder ihr gesundheitliche Erleichterung verschaffen können. Die Entscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, da ihrem Arzt, der hier ausreichend und umfangreich zur bisherigen Behandlungsmethode Stellung genommen habe, nicht pauschal unterstellt werden könne, dass die Unwirksamkeit der Schmerztherapie nicht nachvollzogen werden kann.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2018 zu verpflichten, ihr die beantragte Versorgung mit Dronabinolkapseln á 5 mg. zu genehmigen und auf entsprechende ärztliche Verordnung die Kosten für diese Versorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, aus der Klagebegründung ergäben sich keine neuen Aspekte, die nicht schon im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden seien. Nach der Beurteilung durch den MDK seien die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Cannabinoide nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere nach §§ 87 Abs. 1 S. 1, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgemäß eingelegte Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung der beantragten Versorgung mit Dronabinolkapseln á 5 mg und nach entsprechender ärztlicher Verordnung auf Kostenübernahme nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Der diesen Anspruch ablehnende und von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 7.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Gemäß § 31 Abs. 6 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol, wenn 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a) nicht zur Verfügung steht oder b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzu-lehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (§ 31 Abs. 6 S. 2 SGB V). Diese durch die angefochtenen Bescheide von der Beklagten versagte Genehmigung ist streitgegenständlich.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet, wie zwischen den Beteiligten unstreitig und auch von der Kammer nicht angezweifelt unter einer schwerwiegenden Erkrankung, gleich ob (mangels Legaldefinition) als Krankheit definiert, die aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (so Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.02. 2019, Az. L 11 KR 240/18 B ER im Anschluss an § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V i.V.m. § 12 Abs. 3 Arzneimittel-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses) oder als Krankheit, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt (so noch Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2019, Az. L 11 KR 442/18 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.9.2017, Az. L 11 KR 3414/17 ER-B im Anschluss an die Auslegung des gleichlautenden Begriffs in § 35c Abs. 1 S.2 SGB V durch das Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26.9.2006, Az. B 1 KR 1/06 R).
Für die chronische Schmerzerkrankung der Klägerin steht zwar grundsätzlich eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende medikamentöse Behandlung mit Analgetika zur Verfügung, diese kann aber im Fall der Klägerin nicht (mehr) zur Anwendung kommen, weil diese nach langjähriger Versorgung mit diversen, zum Teil auch sehr starken Schmerzmitteln, eine Unverträglichkeit entwickelt hat und – wie auch der behandelnde Arzt bestätigt hat – auf die Einnahme mit Magenkrämpfen und Übelkeit reagiert.
Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass die ärztlichen Bescheinigungen des die Klägerin behandelnden Arztes vom 6.3. und 11.4.2018 keine – wie es § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b) vorsieht – "begründete Einschätzung unter Abwägung der zu erwartenden Neben-wirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes" der Klägerin, die im Übrigen auch nicht in dem von der Beklagten verwendeten standardisierten Fragebogen gefordert wurde, enthält. Zwar ist grundsätzlich für den Fall der Nichtanwendbarkeit einer Standardtherapie eine derartige Darlegung des behandelnden Vertragsarzt erforderlich, welche nach Auffassung der Kammer grundsätzlich den hier vorzunehmenden Abwägungsprozess erkennen lassen muss. Erforderlich ist damit im Grundsatz eine Folgenabwägung dahingehend, womit im Falle der schulmedizinischen Standardbehandlung zu rechnen sein wird und wie sich dies konkret auf die versicherte Person auswirkt. Die Nebenwirkungen von Cannabisarzneimitteln müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls mit in die Abwägung einfließen (SG Marburg a.a.O. unter Hinweis auf LSG Hessen, Beschlüsse vom 4.10.2017, Az. L 8 KR 255/17 B ER und vom 16.10.2017, Az. L 8 KR 366/17 B ER). Ein solcher Abwägungsprozess entfällt hingegen, wenn sich - wie vorliegend - die beabsichtigte Versorgung mit einem Cannabismedikament zur Schmerzlinderung als sog. ultimatio ratio darstellt und daher nicht strengeren Anforderungen zu unterwerfen ist als in dem Fall, dass von vornherein keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung steht, was der 1. Fallvariante des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a) SGB V entspricht, die ebenfalls keine Abwägung erfor-dert.
Dass die Klägerin herkömmliche Schmerzmittel nicht mehr verträgt und auch die bisher vielfältig durchgeführten Therapien nicht zur Schmerzlinderung beigetragen haben, ergibt sich nachvollziehbar und nach Auffassung der Kammer ausreichend aus den Ausführungen des die Klägerin behandelnden Vertragsarztes, der ausgehend von seiner Facharztweiterbildung als Anästhesist und seiner Tätigkeit im Schmerzzentrum über die erforderliche Kompetenz zur medizinischen Beurteilung einschließlich zur Objektivierung der subjektiv vorgetragen Schmerzsymptomatik verfügt (vgl. wegen dieses Erfordernisses der Kompetenz Sozialgericht Aachen, Beschluss vom 11.12.2018, Az. S 1 KR 343/18). Seine Angaben decken sich im Übrigen mit dem Arzneimittelverordnungsauszug der Beklagten, der auch dem MDK vorlag. Daraus ergibt sich, dass der Klägerin neben des zur täglichen Einnahme in der Zeit von Oktober 2013 bis Juli 2016 verordneten muskelrelaxierenden Schlafmittels (Zopoclon) sowie diverse Antidepressiva (Fluoxetin, Mirtazapin, Venlafaxin und Duoxetin) als Schmerzmittel von November 2013 bis März 2016 regelmäßig" Pregabalin und von April 2014 bis Juni 2016 mehrfach Etoricoxib ver-schrieben wurde. Die Schwierigkeit, der Klägerin ein für sie verträgliches Medikament zu verschreiben zeigen auch die Therapieversuche mit Paracetamol (nur zweimal verordnet) sowie mit dem Opiod Ibuprofen und dem Opiat Codein (beide jeweils einmal verordnet). Dies verbunden mit den von der Klägerin – den weiteren Ausführungen des Arztes zufolge – durchgeführten diversen Behandlungen (Cage Spondylodese, Periradikuläre Rückenschmerztherapien (PRT), Chirotherapie, Neuraltherapie und vielfältigen Therapeutische Lokalanästhesien (TLA) neben Krankengymnastik und Faszienmassage), die ebenfalls in Kombination mit der bisherigen Schmerzmittelversorgung) zu keiner wesentlichenSymptomlinderung geführt haben, belegt die nach Auffassung des Arztes einzig verbliebene Möglichkeit einer Schmerzlinderung mit Cannabis für die Klägerin, die zur Zeit keine Schmerzmedikamente einnehmen kann und sich mit dem im Handel erhältlichen Hanföl und Hanftee nur unzureichend Hilfe verschafft. Vor diesem Hintergrund verbleibt kein Raum mehr für eine Abwägung und kann daher nach Auffassung der Kammer auch nicht von dem Arzt verlangt werden.
Die Kammer geht – wie auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt – mit dem behandelnden Arzt davon aus, dass unter Versorgung mit Dronabinol eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf die schwerwiegenden (Schmerz-)Symptome der Klägerin im Sinne einer deutlichen Schmerzreduktion besteht. Soweit die Klägerin wie ärztlich attestiert unter Fibromyalgie leidet, erfüllt der Einsatz von Cannabinoiden zwar nach dem Cannabis-Report der Universität Bremen (Verfasser: Dres. Gleske/Sauer) aus April 2018 (S. 38) bisher nicht die Kriterien der evidenzbasierten Medizin, anders ist dies aber für das nach Angaben von Dr. W. bei der Klägerin diagnos-tizierte Postdisketomiesyndrom zu beurteilen. Dabei handelt es sich um anhaltende Schmerzen nach wirbelsäulenchirurgischen Eingriffen, oder Schmerzen, die als Opera-tionsfolge postoperativ neu etwa durch Schädigung somatosensorischer Nervenstrukturen im periphen oder zentralen Nervensystem aufgetreten sind. Für solche neuropathischen Schmerzen bestätigt der Cannabis-Report (a.a.O. S. 36 f.), dass auf Cannabis basierende Therapien wirksam sein können. Der Umstand, dass dazu – den weiteren Erläuterungen von Dres. H. und T. entsprechend – die Studienlage insgesamt begrenzt ist, lässt die gesetzlich geforderte "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf die schwerwiegenden Symptome nicht entfallen. Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht erforderlich, es reichen vielmehr die für die vorliegenden neuro-pathischen Schmerzen hier sprechenden Wirksamkeitsindizien (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.12.2018, Az. L 5 KR 125/18).
Der Umstand, dass die Therapie den weiteren Angaben des Arztes zufolge nicht im Rahmen einer klinischen Studie durchgeführt wird, ist nicht relevant. Zwar sah der erste Gesetzesentwurf eine Selbstverpflichtung zur Teilnahme an einer Begleiterhebung zum Einsatz der Arzneimittel vor. Diese Voraussetzung wurde indes durch den Ausschuss für Gesundheit entsprechend der nunmehrigen Formulierung abgeändert. Das zuvor vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Selbstverpflichtung zur Teilnahme wurde gestrichen, ohne dass hierdurch die Struktur der Tatbestandsmerkmale geändert wurde (Bischofs in Rolfs, Gliesen, Kreikebohm, Udsching, BeckOK, 52. Ed. Stand 1.3.2019, SGB V § 31 Rn. 93).
Auch die Vorlage einer Verordnung ist bei Einholung der hier streitgegenständlichen Genehmigung der Erstversorgung nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V nach Auffassung der Kammer nicht erforderlich (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.03.2018, Az. L 5 KR 16/18 B ER), zumal ein Betäubungsmittelrezept nur sieben Tage nach Ausstellung gültig ist und nach Beendigung des Antragsverfahrens in aller Regel ohnehin neu ausgestellt werden müsste (vgl. Knispel in seiner zustimmenden Anmerkung zum Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz in jurisPR-SozR 6/2918; a.A. LSG Bayern, Beschluss vom 25.06.2018, Az. L 4 KR 119/18 B ER; Bischofs a.a.O Rdnr. 96a m.w.N.).
Nach alledem sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Versorgung mit Dronabinol erfüllt. Nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V bedarf die Leistung bei der ersten Verordnung vor ihrem Beginn "der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse".
Zur Auslegung des Zusammenspiels zwischen den gesetzlichen Vorgaben in Satz 1 und Satz 2 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) in seinem Beschluss vom 25.2.2019 (Az. L 11 KR 240/19 B ER) die Auffassung vertreten, dass sich der Anwendungsbereich der Formel "in begründeten Ausnahmefällen" auf die Erkenntnis reduziere, dass die Krankenkasse die Leistung "ausnahmsweise" ablehnen dürfe, obgleich die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V erfüllt sind. Dies entspreche zwar nicht der Vorstellung des Gesetzgebers, der der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit vom 18.1.2017 (BT-Drucks. 18/10902) gefolgt sei, welcher die Cannabismedikation sehr viel weiter" habe freigeben" wollen als zuvor die Bundesregierung. Soweit dies aber zur Folge habe, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V – so dass LSG – wider seines Wortlauts jedenfalls im Rahmen einer Erstverordnung so weit zu interpretieren wären, dass der Antrag nur in "begründeten Ausnahmefällen" abgelehnt werden darf, sei eine solche gesetzgeberische Vorstellung indessen nicht Gesetz geworden und infolgedessen für die Auslegung der Vorschrift von nachrangiger Bedeutung. Davon ausgehend treffe – so der 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen – den Kläger die objektive Beweislast für die in § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V genannten Anspruchsvoraussetzungen und die Krankenkasse die objektive Beweislast dafür, dass ein "be-gründeter Ausnahmefall" (§ 31 Abs. 6 S. 2 SGB V) vorliege. Die gleiche Auffassung vertritt im Ergebnis Pflugmacher (in Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, 3. Aufl. 2018, SGB V – Kommentar zu § 31 Rdnr. 63) und sieht dies als denkbar für die Fälle, in denen die Einschätzung des Arztes unvertretbar ist, wobei daran hohe Anforderungen zu stellen seien. Das LSG Mainz sieht in seinem Beschluss vom 06.03.2018 (Az. L 5 KR 15/18 B ER) eine möglich Ausnahme für Fälle, in denen der behandelnde Arzt offensichtlich von einem unzutreffenden Sachverhalt oder falschen Annahmen ausgeht oder seine Einschätzung medizinisch-wissenschaftlich unhaltbar ist. Im Zweifel gehe jedoch die Einschätzung des behandelnden Arztes vor; es reiche, wenn seine Beurteilung vertretbar ist. Weiter geht die Auffassung von Beck/Pitz (in Schlegel/Voelske juris PK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 31 Rdnr. 97.2), wonach der Zusatz, dass eine Ablehnung nur in begründeten Ausnahmefällen möglich ist, so verstanden werden müsse, dass die Krankenkassen bei Vorliegen einer Verordnung darlegen und beweisen müssen, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S.1. SGB V nicht vorliegen. Eine umfassende Überprüfbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V sieht dies auch das LSG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 19.09.2017 (Az. L 11 KR 3434/17 ER B) zumindest für den Fall, dass lediglich ein Privatrezept vorliegt, nicht erkennbar und auch nicht dokumentiert ist, dass der verordnende Arzt sich persönlich vom Vorliegen der in § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V enthaltenen Voraussetzungen überzeugt hat.
Die Kammer kann es vorliegend dahin gestellt bleiben lassen, wie das Spannungsfeld zwischen der im Rahmen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V dem Vertragsarzt eingeräumten Einschätzungsprärogative und der Überprüfungsmöglichkeiten der Krankenkasse nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber in diesem Zusammenhang hervorgehobenen "Therapiehoheit des Vertragsarztes" (Bt-Drs. 18/10902 S. 20) aufzulösen ist. Ebenso kann dahin gestellt bleiben, ob der harschen Kritik des LSG NRW im Beschluss vom Beschluss vom 25.02. 2019, Az. L 11 KR 240/18 B ER (ebenso im An-schluss an diese Ausführungen LSG Hamburg, Beschluss vom 02.04.2019, Az. L 1 KR 16/19 B ER) an diesem seiner Meinung nach "laienhaft formulierten" Begriff zu folgen ist, obwohl neben der Beanstandung als Ausdruck "eines überholten infantil-paternalistischen Verhältnisses von Arzt und Patient" auch das regelmäßig besondere Näheverhältnis zwischen Arzt und Patient insbesondere im Rahmen der Behandlung von Schwerkranken zum Ausdruck kommen kann, das dem Behandler häufig einen tieferen Einblick in die individuelle Krankheitsgeschichte und Lebensumstände des Patienten ermöglicht. Eine weitere Auseinandersetzung erübrigt sich aber, weil Anhaltspunkte für einen begründeten Ausnahmefall – gleich welcher Auslegung nach – nicht ersichtlich sind und auch nicht von der Beklagten geltend gemacht wurden.
Abschließend weist das Gericht – wie bereits in der mündlichen Verhandlung – darauf hin, dass es seiner Meinung nach wünschenswert wäre, wenn der Klägerin im Rahmen eines sechsmonatigen Therapieversuchs die Möglichkeit gegeben würde, (bei entsprechender ärztlicher Verordnung) die richtige Dosierung zu finden und die Wirksamkeit des verordneten Cannabis-Arzneimittels zu testen, ohne bereits nach kurzer Verordnungsdauer aufgrund eines eventuellen neuen Verfahrens gezwungen zu sein, das Medikament trotz ihrer auch nach Auffassung des MDK schweren Erkrankung wieder absetzen zu müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ein-zulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Aachen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin Anspruch auf Versorgung mit dem Rezepturarzneimittel Dronabinol, einem Wirkstoff aus der Gruppe der Cannabinoide, hat.
Die am 00.00.0000 geborene, bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet unter einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren, einem Postdiskektomie-Syndrom nach Spondylodese C5/7, Brustwirbelsäulensyndrom, Fibromyalgie, Hypothyreose und Osteochondrose. Am 25.9.2017 ging bei der Beklagten ein an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte – Bundesopiumstelle – gerichteter Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten ein, den die Beklagte als Antrag auf Kostenübernahme auslegte und die Klägerin unter dem 27.9.2017 aufforderte, den beigefügten Fragebogen von ihrem Arzt ausfüllen zu lassen und sodann zurückzusenden. In dem, am 19.10.2017 sodann bei der Beklagten entsprechend eingegangenen ärztlichen Bescheinigung gab der Anästhesist Dr. W. in Beantwortung der Fragen der Beklagten an, seiner Patientin, der Klägerin, Dronabinolkapseln á 5 mg. verordnen zu wollen. Zur Behandlung ihrer seines Erachtens nach schwerwiegenden Erkrankung sei eine Arzneimitteltherapie erforderlich, nachdem sich andere Behandlungsoptionen als nicht oder unzureichend wirksam erwiesen hätten. Die Klägerin reagiere nach Einnahme von Tabletten sofort mit Übelkeit und Magenkrämpfen, so dass sie keine Tabletten einnehmen könne. Die Beklagte holte daraufhin – nach Information der Klägerin über dieses Vorgehen mit Schreiben vom 20.10.2017 – eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) vom 7.11.2017 ein, der zu der Auffassung gelangte, dass zwar anhand der mitgeteilten Diagnosen vom Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung auszugehen sei. Anhand der vorgelegten Unterlagen lasse sich die mitgeteilte Unwirksamkeit der Schmerztherapie jedoch nicht verifizieren, da detaillierte Angaben über welchen Zeitraum welche Wirkstoffe, in welcher Dosis inkl. Titrationsphase, mit welchem objektivierbaren Therapieergebnis angewandt wurden, dieses ergänzt um die Meldung von unerwünschten Arzneimittelwirkungen, fehlten.
Dies zugrunde legend lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 7.11.2017 die beantragte Genehmigung ab, wogegen sich die Klägerin unter Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Dr. W. vom 23.1.2018 mit ihrem Widerspruch wandte. Der Arzt führte seine bisherigen Ausführungen ergänzend aus, es sei keine Verbesserung der Lebensqualität bzw. Linderung der Schmerzen durch vorangegangene Therapien erfolgt. Weder die durchgeführte Cage Spondylodese, PRT´s, Cirotherapie, Neuraltherapie und vielfältige TLA´s noch die Schmerzmitteltherapie (wird weiter ausgeführt) hätten zu einer Symptomlinderung geführt. Der MDK blieb in seiner daraufhin erneut von der Beklagten eingeholten Stellungnahme unter dem 11.4.2018 nach Beiziehung eines von der Beklagten gespeicherten Arzneimittelverordnungsauszugs (Oktober 2013 bis Juli 2017) der Klägerin bei seiner Auffassung. Die mitgeteilte Unwirksamkeit der bisherigen Schmerztherapie lasse sich nicht nachvollziehen, da objektivierbare Angaben zu Intensität, Lokalisation, Dauer und Art der Schmerzen fehlten. Weiterhin sei die gesetzlich vorgesehene begründete Einschätzung des behandelnden Vertragsarztes, dass für die Behandlung der bei der Versicherten vorliegenden Erkrankung keine dem allgemeinen anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistung zur Anwendung kommen könne, nicht ausreichend plausibel. Auf dieser Grundlage wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.9.2018 zurück.
Mit ihrer am 2.10.2018 vor dem Sozialgericht Aachen erhobenen Klage begehrt die Klägerin eine Abänderung der Entscheidung der Beklagten. Sie sei seit mehreren Jahren erheblich gesundheitlich eingeschränkt und habe aufgrund ihrer erheblichen Erkrankungen und Schmerzen bereits eine ausgiebige Ärzteodyssee hinter sich. Durch die Einnahme der ihr verschriebenen, teils sehr starken Schmerzmittel sei ihre Lebensqualität erheblich eingeschränkt gewesen, da sie teilweise nicht mehr in der Lage gewesen sei, am normalen Alltag teilzunehmen. Überdies sei ihr Verdauungssystem mittlerweile durch die starken Medikamente derart beeinträchtigt, dass sie keinerlei Medikamente mehr zu sich nehmen könne, ohne unter starken Magenkrämpfen und Übelkeit zu leiden. Unabhängig von diesen Nebenwirkungen, hätten die Medikamente ihrem Zustand nicht bessern oder ihr gesundheitliche Erleichterung verschaffen können. Die Entscheidung der Beklagten sei nicht nachvollziehbar, da ihrem Arzt, der hier ausreichend und umfangreich zur bisherigen Behandlungsmethode Stellung genommen habe, nicht pauschal unterstellt werden könne, dass die Unwirksamkeit der Schmerztherapie nicht nachvollzogen werden kann.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 7.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2018 zu verpflichten, ihr die beantragte Versorgung mit Dronabinolkapseln á 5 mg. zu genehmigen und auf entsprechende ärztliche Verordnung die Kosten für diese Versorgung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu übernehmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie vertritt die Auffassung, aus der Klagebegründung ergäben sich keine neuen Aspekte, die nicht schon im Widerspruchsverfahren vorgetragen worden seien. Nach der Beurteilung durch den MDK seien die Voraussetzungen für eine Kostenübernahme der Cannabinoide nicht erfüllt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der von der Beklagten beigezogenen Verwaltungsakte Bezug genommen. Ihre Inhalte waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige, insbesondere nach §§ 87 Abs. 1 S. 1, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgemäß eingelegte Klage ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Genehmigung der beantragten Versorgung mit Dronabinolkapseln á 5 mg und nach entsprechender ärztlicher Verordnung auf Kostenübernahme nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen. Der diesen Anspruch ablehnende und von der Klägerin angefochtene Bescheid vom 7.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.9.2018 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin daher in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 S. 1 SGG).
Gemäß § 31 Abs. 6 S. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) haben Versicherte mit einer schwerwiegenden Erkrankung Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Dronabinol, wenn 1. eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung a) nicht zur Verfügung steht oder b) im Einzelfall nach der begründeten Einschätzung der behandelnden Vertragsärztin oder des behandelnden Vertragsarztes unter Abwägung der zu erwartenden Nebenwirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes der oder des Versicherten nicht zur Anwendung kommen kann und eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht. Die Leistung bedarf bei der ersten Verordnung für eine Versicherte oder einen Versicherten der nur in begründeten Ausnahmefällen abzu-lehnenden Genehmigung der Krankenkasse, die vor Beginn der Leistung zu erteilen ist (§ 31 Abs. 6 S. 2 SGB V). Diese durch die angefochtenen Bescheide von der Beklagten versagte Genehmigung ist streitgegenständlich.
Die bei der Beklagten versicherte Klägerin leidet, wie zwischen den Beteiligten unstreitig und auch von der Kammer nicht angezweifelt unter einer schwerwiegenden Erkrankung, gleich ob (mangels Legaldefinition) als Krankheit definiert, die aufgrund der Schwere der durch sie verursachten Gesundheitsstörung die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (so Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.02. 2019, Az. L 11 KR 240/18 B ER im Anschluss an § 34 Abs. 1 S. 2 SGB V i.V.m. § 12 Abs. 3 Arzneimittel-Richtlinie des gemeinsamen Bundesausschusses) oder als Krankheit, die sich durch ihre Schwere oder Seltenheit vom Durchschnitt der Erkrankungen abhebt (so noch Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 30.01.2019, Az. L 11 KR 442/18 ER und LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.9.2017, Az. L 11 KR 3414/17 ER-B im Anschluss an die Auslegung des gleichlautenden Begriffs in § 35c Abs. 1 S.2 SGB V durch das Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 26.9.2006, Az. B 1 KR 1/06 R).
Für die chronische Schmerzerkrankung der Klägerin steht zwar grundsätzlich eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende medikamentöse Behandlung mit Analgetika zur Verfügung, diese kann aber im Fall der Klägerin nicht (mehr) zur Anwendung kommen, weil diese nach langjähriger Versorgung mit diversen, zum Teil auch sehr starken Schmerzmitteln, eine Unverträglichkeit entwickelt hat und – wie auch der behandelnde Arzt bestätigt hat – auf die Einnahme mit Magenkrämpfen und Übelkeit reagiert.
Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass die ärztlichen Bescheinigungen des die Klägerin behandelnden Arztes vom 6.3. und 11.4.2018 keine – wie es § 31 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1b) vorsieht – "begründete Einschätzung unter Abwägung der zu erwartenden Neben-wirkungen und unter Berücksichtigung des Krankheitszustandes" der Klägerin, die im Übrigen auch nicht in dem von der Beklagten verwendeten standardisierten Fragebogen gefordert wurde, enthält. Zwar ist grundsätzlich für den Fall der Nichtanwendbarkeit einer Standardtherapie eine derartige Darlegung des behandelnden Vertragsarzt erforderlich, welche nach Auffassung der Kammer grundsätzlich den hier vorzunehmenden Abwägungsprozess erkennen lassen muss. Erforderlich ist damit im Grundsatz eine Folgenabwägung dahingehend, womit im Falle der schulmedizinischen Standardbehandlung zu rechnen sein wird und wie sich dies konkret auf die versicherte Person auswirkt. Die Nebenwirkungen von Cannabisarzneimitteln müssen in diesem Zusammenhang ebenfalls mit in die Abwägung einfließen (SG Marburg a.a.O. unter Hinweis auf LSG Hessen, Beschlüsse vom 4.10.2017, Az. L 8 KR 255/17 B ER und vom 16.10.2017, Az. L 8 KR 366/17 B ER). Ein solcher Abwägungsprozess entfällt hingegen, wenn sich - wie vorliegend - die beabsichtigte Versorgung mit einem Cannabismedikament zur Schmerzlinderung als sog. ultimatio ratio darstellt und daher nicht strengeren Anforderungen zu unterwerfen ist als in dem Fall, dass von vornherein keine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung zur Verfügung steht, was der 1. Fallvariante des § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a) SGB V entspricht, die ebenfalls keine Abwägung erfor-dert.
Dass die Klägerin herkömmliche Schmerzmittel nicht mehr verträgt und auch die bisher vielfältig durchgeführten Therapien nicht zur Schmerzlinderung beigetragen haben, ergibt sich nachvollziehbar und nach Auffassung der Kammer ausreichend aus den Ausführungen des die Klägerin behandelnden Vertragsarztes, der ausgehend von seiner Facharztweiterbildung als Anästhesist und seiner Tätigkeit im Schmerzzentrum über die erforderliche Kompetenz zur medizinischen Beurteilung einschließlich zur Objektivierung der subjektiv vorgetragen Schmerzsymptomatik verfügt (vgl. wegen dieses Erfordernisses der Kompetenz Sozialgericht Aachen, Beschluss vom 11.12.2018, Az. S 1 KR 343/18). Seine Angaben decken sich im Übrigen mit dem Arzneimittelverordnungsauszug der Beklagten, der auch dem MDK vorlag. Daraus ergibt sich, dass der Klägerin neben des zur täglichen Einnahme in der Zeit von Oktober 2013 bis Juli 2016 verordneten muskelrelaxierenden Schlafmittels (Zopoclon) sowie diverse Antidepressiva (Fluoxetin, Mirtazapin, Venlafaxin und Duoxetin) als Schmerzmittel von November 2013 bis März 2016 regelmäßig" Pregabalin und von April 2014 bis Juni 2016 mehrfach Etoricoxib ver-schrieben wurde. Die Schwierigkeit, der Klägerin ein für sie verträgliches Medikament zu verschreiben zeigen auch die Therapieversuche mit Paracetamol (nur zweimal verordnet) sowie mit dem Opiod Ibuprofen und dem Opiat Codein (beide jeweils einmal verordnet). Dies verbunden mit den von der Klägerin – den weiteren Ausführungen des Arztes zufolge – durchgeführten diversen Behandlungen (Cage Spondylodese, Periradikuläre Rückenschmerztherapien (PRT), Chirotherapie, Neuraltherapie und vielfältigen Therapeutische Lokalanästhesien (TLA) neben Krankengymnastik und Faszienmassage), die ebenfalls in Kombination mit der bisherigen Schmerzmittelversorgung) zu keiner wesentlichenSymptomlinderung geführt haben, belegt die nach Auffassung des Arztes einzig verbliebene Möglichkeit einer Schmerzlinderung mit Cannabis für die Klägerin, die zur Zeit keine Schmerzmedikamente einnehmen kann und sich mit dem im Handel erhältlichen Hanföl und Hanftee nur unzureichend Hilfe verschafft. Vor diesem Hintergrund verbleibt kein Raum mehr für eine Abwägung und kann daher nach Auffassung der Kammer auch nicht von dem Arzt verlangt werden.
Die Kammer geht – wie auch von der Beklagten nicht in Frage gestellt – mit dem behandelnden Arzt davon aus, dass unter Versorgung mit Dronabinol eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf die schwerwiegenden (Schmerz-)Symptome der Klägerin im Sinne einer deutlichen Schmerzreduktion besteht. Soweit die Klägerin wie ärztlich attestiert unter Fibromyalgie leidet, erfüllt der Einsatz von Cannabinoiden zwar nach dem Cannabis-Report der Universität Bremen (Verfasser: Dres. Gleske/Sauer) aus April 2018 (S. 38) bisher nicht die Kriterien der evidenzbasierten Medizin, anders ist dies aber für das nach Angaben von Dr. W. bei der Klägerin diagnos-tizierte Postdisketomiesyndrom zu beurteilen. Dabei handelt es sich um anhaltende Schmerzen nach wirbelsäulenchirurgischen Eingriffen, oder Schmerzen, die als Opera-tionsfolge postoperativ neu etwa durch Schädigung somatosensorischer Nervenstrukturen im periphen oder zentralen Nervensystem aufgetreten sind. Für solche neuropathischen Schmerzen bestätigt der Cannabis-Report (a.a.O. S. 36 f.), dass auf Cannabis basierende Therapien wirksam sein können. Der Umstand, dass dazu – den weiteren Erläuterungen von Dres. H. und T. entsprechend – die Studienlage insgesamt begrenzt ist, lässt die gesetzlich geforderte "nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf die schwerwiegenden Symptome nicht entfallen. Ein Wirksamkeitsnachweis ist nicht erforderlich, es reichen vielmehr die für die vorliegenden neuro-pathischen Schmerzen hier sprechenden Wirksamkeitsindizien (vgl. LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 20.12.2018, Az. L 5 KR 125/18).
Der Umstand, dass die Therapie den weiteren Angaben des Arztes zufolge nicht im Rahmen einer klinischen Studie durchgeführt wird, ist nicht relevant. Zwar sah der erste Gesetzesentwurf eine Selbstverpflichtung zur Teilnahme an einer Begleiterhebung zum Einsatz der Arzneimittel vor. Diese Voraussetzung wurde indes durch den Ausschuss für Gesundheit entsprechend der nunmehrigen Formulierung abgeändert. Das zuvor vorgesehene Tatbestandsmerkmal der Selbstverpflichtung zur Teilnahme wurde gestrichen, ohne dass hierdurch die Struktur der Tatbestandsmerkmale geändert wurde (Bischofs in Rolfs, Gliesen, Kreikebohm, Udsching, BeckOK, 52. Ed. Stand 1.3.2019, SGB V § 31 Rn. 93).
Auch die Vorlage einer Verordnung ist bei Einholung der hier streitgegenständlichen Genehmigung der Erstversorgung nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V nach Auffassung der Kammer nicht erforderlich (LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 06.03.2018, Az. L 5 KR 16/18 B ER), zumal ein Betäubungsmittelrezept nur sieben Tage nach Ausstellung gültig ist und nach Beendigung des Antragsverfahrens in aller Regel ohnehin neu ausgestellt werden müsste (vgl. Knispel in seiner zustimmenden Anmerkung zum Beschluss des LSG Rheinland-Pfalz in jurisPR-SozR 6/2918; a.A. LSG Bayern, Beschluss vom 25.06.2018, Az. L 4 KR 119/18 B ER; Bischofs a.a.O Rdnr. 96a m.w.N.).
Nach alledem sind die tatbestandlichen Voraussetzungen des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs auf Versorgung mit Dronabinol erfüllt. Nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V bedarf die Leistung bei der ersten Verordnung vor ihrem Beginn "der nur in begründeten Ausnahmefällen abzulehnenden Genehmigung der Krankenkasse".
Zur Auslegung des Zusammenspiels zwischen den gesetzlichen Vorgaben in Satz 1 und Satz 2 hat das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) in seinem Beschluss vom 25.2.2019 (Az. L 11 KR 240/19 B ER) die Auffassung vertreten, dass sich der Anwendungsbereich der Formel "in begründeten Ausnahmefällen" auf die Erkenntnis reduziere, dass die Krankenkasse die Leistung "ausnahmsweise" ablehnen dürfe, obgleich die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V erfüllt sind. Dies entspreche zwar nicht der Vorstellung des Gesetzgebers, der der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Gesundheit vom 18.1.2017 (BT-Drucks. 18/10902) gefolgt sei, welcher die Cannabismedikation sehr viel weiter" habe freigeben" wollen als zuvor die Bundesregierung. Soweit dies aber zur Folge habe, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V – so dass LSG – wider seines Wortlauts jedenfalls im Rahmen einer Erstverordnung so weit zu interpretieren wären, dass der Antrag nur in "begründeten Ausnahmefällen" abgelehnt werden darf, sei eine solche gesetzgeberische Vorstellung indessen nicht Gesetz geworden und infolgedessen für die Auslegung der Vorschrift von nachrangiger Bedeutung. Davon ausgehend treffe – so der 11. Senat des LSG Nordrhein-Westfalen – den Kläger die objektive Beweislast für die in § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V genannten Anspruchsvoraussetzungen und die Krankenkasse die objektive Beweislast dafür, dass ein "be-gründeter Ausnahmefall" (§ 31 Abs. 6 S. 2 SGB V) vorliege. Die gleiche Auffassung vertritt im Ergebnis Pflugmacher (in Eichenhofer/v. Koppenfels-Spies/Wenner, 3. Aufl. 2018, SGB V – Kommentar zu § 31 Rdnr. 63) und sieht dies als denkbar für die Fälle, in denen die Einschätzung des Arztes unvertretbar ist, wobei daran hohe Anforderungen zu stellen seien. Das LSG Mainz sieht in seinem Beschluss vom 06.03.2018 (Az. L 5 KR 15/18 B ER) eine möglich Ausnahme für Fälle, in denen der behandelnde Arzt offensichtlich von einem unzutreffenden Sachverhalt oder falschen Annahmen ausgeht oder seine Einschätzung medizinisch-wissenschaftlich unhaltbar ist. Im Zweifel gehe jedoch die Einschätzung des behandelnden Arztes vor; es reiche, wenn seine Beurteilung vertretbar ist. Weiter geht die Auffassung von Beck/Pitz (in Schlegel/Voelske juris PK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 31 Rdnr. 97.2), wonach der Zusatz, dass eine Ablehnung nur in begründeten Ausnahmefällen möglich ist, so verstanden werden müsse, dass die Krankenkassen bei Vorliegen einer Verordnung darlegen und beweisen müssen, dass die Voraussetzungen des § 31 Abs. 6 S.1. SGB V nicht vorliegen. Eine umfassende Überprüfbarkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V sieht dies auch das LSG Baden-Württemberg in seinem Beschluss vom 19.09.2017 (Az. L 11 KR 3434/17 ER B) zumindest für den Fall, dass lediglich ein Privatrezept vorliegt, nicht erkennbar und auch nicht dokumentiert ist, dass der verordnende Arzt sich persönlich vom Vorliegen der in § 31 Abs. 6 Satz 1 SGB V enthaltenen Voraussetzungen überzeugt hat.
Die Kammer kann es vorliegend dahin gestellt bleiben lassen, wie das Spannungsfeld zwischen der im Rahmen des § 31 Abs. 6 S. 1 SGB V dem Vertragsarzt eingeräumten Einschätzungsprärogative und der Überprüfungsmöglichkeiten der Krankenkasse nach § 31 Abs. 6 S. 2 SGB V vor dem Hintergrund der vom Gesetzgeber in diesem Zusammenhang hervorgehobenen "Therapiehoheit des Vertragsarztes" (Bt-Drs. 18/10902 S. 20) aufzulösen ist. Ebenso kann dahin gestellt bleiben, ob der harschen Kritik des LSG NRW im Beschluss vom Beschluss vom 25.02. 2019, Az. L 11 KR 240/18 B ER (ebenso im An-schluss an diese Ausführungen LSG Hamburg, Beschluss vom 02.04.2019, Az. L 1 KR 16/19 B ER) an diesem seiner Meinung nach "laienhaft formulierten" Begriff zu folgen ist, obwohl neben der Beanstandung als Ausdruck "eines überholten infantil-paternalistischen Verhältnisses von Arzt und Patient" auch das regelmäßig besondere Näheverhältnis zwischen Arzt und Patient insbesondere im Rahmen der Behandlung von Schwerkranken zum Ausdruck kommen kann, das dem Behandler häufig einen tieferen Einblick in die individuelle Krankheitsgeschichte und Lebensumstände des Patienten ermöglicht. Eine weitere Auseinandersetzung erübrigt sich aber, weil Anhaltspunkte für einen begründeten Ausnahmefall – gleich welcher Auslegung nach – nicht ersichtlich sind und auch nicht von der Beklagten geltend gemacht wurden.
Abschließend weist das Gericht – wie bereits in der mündlichen Verhandlung – darauf hin, dass es seiner Meinung nach wünschenswert wäre, wenn der Klägerin im Rahmen eines sechsmonatigen Therapieversuchs die Möglichkeit gegeben würde, (bei entsprechender ärztlicher Verordnung) die richtige Dosierung zu finden und die Wirksamkeit des verordneten Cannabis-Arzneimittels zu testen, ohne bereits nach kurzer Verordnungsdauer aufgrund eines eventuellen neuen Verfahrens gezwungen zu sein, das Medikament trotz ihrer auch nach Auffassung des MDK schweren Erkrankung wieder absetzen zu müssen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim
Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Zweigertstraße 54, 45130 Essen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle ein-zulegen.
Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb der Frist bei dem
Sozialgericht Aachen, Adalbertsteinweg 92, 52070 Aachen
schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
Die Berufungsschrift muss bis zum Ablauf der Frist bei einem der vorgenannten Gerichte eingegangen sein. Sie soll das angefochtene Urteil bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung dienenden Tatsachen und Beweismittel angeben.
Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und
- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder
- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.
Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können nähere Informationen abgerufen werden.
Zusätzlich wird darauf hingewiesen, dass einem Beteiligten auf seinen Antrag für das Verfahren vor dem Landessozialgericht unter bestimmten Voraussetzungen Prozesskostenhilfe bewilligt werden kann.
Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Revision zum Bundessozialgericht unter Übergehung der Berufungsinstanz zu, wenn der Gegner schriftlich zustimmt und wenn sie von dem Sozialgericht auf Antrag durch Beschluss zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Revision ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils bei dem Sozialgericht Aachen schriftlich zu stellen. Die Zustimmung des Gegners ist dem Antrag beizufügen.
Lehnt das Sozialgericht den Antrag auf Zulassung der Revision durch Beschluss ab, so beginnt mit der Zustellung dieser Entscheidung der Lauf der Berufungsfrist von neuem, sofern der Antrag auf Zulassung der Revision in der gesetzlichen Form und Frist gestellt und die Zustimmungserklärung des Gegners beigefügt war.
Die Einlegung der Revision und die Zustimmung des Gegners gelten als Verzicht auf die Berufung, wenn das Sozialgericht die Revision zugelassen hat.
Rechtskraft
Aus
Login
NRW
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