S 25 R 340/16

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Aachen (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
25
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 25 R 340/16
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 3 R 494/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Urteil des SG Aachen, S 25 R 340/16 vom 25.09.2017, L 3 R 949/17, rechtskräftig Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

Der am 00.00.1900 geborene Kläger hat eine Ausbildung zum Stahlbauschlosser ohne Abschluss durchlaufen. Weiterhin hat er eine Umschulung zum Bürokaufmann absolviert. Er war zuletzt langjährig als Verkaufsfahrer für Tabakwaren und Automatenauffüller tätig. Das Arbeitsverhältnis ist inzwischen beendet. Der Kläger übt seit dem Jahr 2015 nur noch geringfügige Beschäftigungsverhältnisse, zuletzt als Kleinbusfahrer, aus.

Der Kläger beantragte am 05.03.2015 die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung bei der Beklagten. Diese zog unter anderem den Entlassungsbericht der Eifelklinik N.bei. Dort hatte der Kläger im Zeitraum 06.01.2014 bis 03.02.2014 eine Rehabilitationsmaßnahme durchlaufen. Nach dem Entlassungsbericht wurde der Kläger arbeitsunfähig entlassen. Man ging weiter davon aus, dass das Leistungsvermögen für die letzte berufliche Tätigkeit aufgehoben sei, der Kläger jedoch vollschichtig für leichte bis mittelschwere Arbeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsetzbar sei. Die Umstellungs- und Anpassungsfähigkeit des Klägers sei eingeschränkt, jedoch nicht aufgehoben. Nach Auswertung der eingeholten Behandlungsunterlagen lehnte die Beklagte die Gewährung der beantragten Rente mit Bescheid vom 20.03.2015 ab. Sie teilte mit, dass der Kläger trotz der festgestellten gesundheitlichen Beeinträchtigungen in der Lage sei, vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig zu sein.

Gegen den Bescheid legte der Kläger am 20.04.2015 Widerspruch ein. Zur Begründung teilte er mit, dass er sich außer Stande sehe einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit nachzugehen. Er verwies auf ein Attest der behandelnden Ärzte der Institutsambulanz H ... Dort wird seit 06.01.2012 eine psychiatrische Behandlung durchgeführt.

Die Beklagte hat den Kläger am 21.11.2015 durch den Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. L. und am 13.01.2016 durch den Facharzt für Orthopädie Dr. N. untersuchen lassen. Dr. L. stellte eine leichte bis mittelgradige depressive Episode und eine Persönlichkeitsstörung mit narzistischen Motiven fest. Er ging davon aus, dass der Kläger als Verkaufsfahrer nicht mehr einsetzbar sei. Es liege aber ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten ohne Akkordarbeiten, ohne besonderen Zeitdruck und ohne Nachtschicht vor. Tätigkeiten mit gehobenen Ansprüche an selbstständiges Handeln und Denken, die Reaktionsfähigkeit und das Umstellungsvermögen sollten vermieden werden. Dr. N. diagnostizierte bei dem Kläger ein rezidivierendes Lumbalsyndrom bei degenerativen Veränderungen und eine Gonarthrose links. Er kam zu dem Ergebnis, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Tätigkeiten vorliege. Arbeiten in kniender oder gehockter Haltung wären zu vermeiden. Die Arbeiten sollten in wechselnder Körperhaltung und überwiegend im Sitzen durchgeführt werden. Gestützt auf diese sozialmedizinische Beurteilung wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.05.2016 zurück.

Der Kläger hat am 20.06.2016 Klage erhoben. Er ist der Auffassung, dass er außer Stande sei unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Er verwies auf seine erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen, welche eine Erwerbstätigkeit unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht erlauben würden.

Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 20.03.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17.05.2016 zu verurteilen, ihm ab Antragstellung eine Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hält ihre im Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren vorgenommene Leistungsbeurteilung für zutreffend und verweist auf die Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid.

Das Gericht hat Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers Dr. U., Dr. L. (Gangelter Einrichtungen) und Prof. Dr. X. beigezogen. Weiterhin hat das Gericht den Kläger am 19.06.2017 und 27.06.2017 durch den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. C. untersuchen lassen. Dieser hat eine Dysthymie, einen Zustand nach mittelgradiger depressiver Episode, eine Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen Zügen, ein rezidivierendes Lumbalsyndrom mit degenerativen Veränderungen, eine Gonarthrose links und eine Ösophagusstenose diagnostiziert. Das Leistungsvermögen des Klägers hat er dahingehend beurteilt, dass ein vollschichtiges Leistungsvermögen für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung erhalten sei. Arbeiten in gebückter oder hockender Haltung sollten ebenso vermieden werden wie Arbeiten mit gesteigertem Leistungsdruck, mit Publikumsverkehr oder mit gesteigerten Anforderungen an die Daueraufmerksamkeit. Die Tätigkeiten sollten in Tagschicht in geschlossenen Räumen durchgeführt werden. Die Wegefähigkeit sei erhalten. Wegen der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf die beigezogenen Befundberichte und das eingeholte Sachverständigengutachten Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streit- und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten sowie die darin befindlichen gewechselten Schriftsätze, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, denn der Bescheid ist rechtmäßig. Der Kläger hat weder einen Anspruch auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung, noch wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.

Der Anspruch des Klägers auf Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung richtet sich nach § 43 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Nach § 43 Abs. 1 und Abs. 2 SGB VI haben Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung, wenn sie

1. voll oder teilweise erwerbsgemindert sind,

2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben

und

3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Der Kläger ist weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann (§ 43 Abs. 3, 1. Halbsatz SGB VI). Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus dem Ergebnis der Beweisaufnahme. Nach den Feststellungen des vom Gericht von Amts wegen gemäß § 106 SGG mit der Erstattung eines medizinischen Gutachtens beauftragten Sachverständigen Dr. C.ist die Leistungsfähigkeit des Klägers im Erwerbsleben durch eine eine Dysthymie, einen Zustand nach mittelgradiger depressiver Episode, eine Persönlichkeitsakzentuierung mit narzisstischen Zügen, ein rezidivierendes Lumbalsyndrom mit degenerativen Veränderungen, eine Gonarthrose links und eine Ösophagusstenose eingeschränkt. Die von den medizinischen Sachverständigen gestellten Diagnosen stimmen weiter im Wesentlichen mit den von dem behandelnden Ärzten Dr. L. Dr. U. und Prof. Dr. X. festgestellten Erkrankungen, wie sie in den vom Gericht eingeholten Befundberichten beschrieben werden, überein. Anhaltspunkte dafür, dass diese Diagnosen unvollständig sind, sind nicht ersichtlich, zumal der Sachverständige die genannten Erkrankungen aufgrund eingehender Untersuchung des Klägers und unter Auswertung der vorliegenden medizinischen Unterlagen festgestellt hat. Entgegen den Mitteilungen des behandelnden Psychiaters Dr. L. und der Stellungnahme von Frau Mohn geht das Gericht nicht davon aus, dass bei dem Kläger eine schwerwiegende depressive Erkrankung vorliegt, welche den Kläger an der Durchführung einer regelmäßigen vollschichtigen Erwerbstätigkeit hindert. Es sprechen bereits Intensität und Umfang der bisherigen psychiatrischen Behandlung gegen das Vorliegen eines derart schweren Krankheitsbildes. Entsprechend den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. C. ist davon auszugehen, dass die depressive Erkrankung des Klägers wesentlich mit Konflikten an seinem früheren Arbeitsplatz in Zusammenhang stand. Nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ist es zu einer Besserung des Gesundheitszustands des Klägers gekommen. Dies wird durch die gutachterlichen Feststellungen des Herrn Dr. L. bestätigt. Die antidepressive Medikation des Klägers wurde seit Jahren kaum verändert, so dass weder die Behandlungsfrequenz noch Art und Umfang der Therapie in Einklang mit der Annahme eines aufgehobenen Leistungsvermögens zu bringen sind, welches die behandelnden Ärzte in den zuletzt vorgelegten Attesten vom 19.04.2017 und 25.08.2017 annehmen. Weitere Behandlungsmöglichkeiten wie eine intensivierte psychotherapeutische Behandlung schöpft der Kläger gar nicht aus. Die festgestellten leistungsmindernden Erkrankungen des Klägers hindern diesen nach der Überzeugung der Kammer nicht daran, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten in einem Umfang von 6 Stunden und mehr regelmäßig auszuüben. Die Kammer schließt sich insoweit der sozialmedizinischen Beurteilung des vom Gericht von Amts wegen gemäß § 106 SGG beauftragten Sachverständigen Dr. C. an. Danach kann der Kläger noch vollschichtig leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung durchführen. Arbeiten in gebückter oder hockender Haltung sind ebenso ausgeschlossen wie Arbeiten mit gesteigertem Leistungsdruck, mit Publikumsverkehr oder mit gesteigerten Anforderungen an die Daueraufmerksamkeit. Die Kammer hält diese sozialmedizinische Beurteilung für überzeugend, weil der Sachverständige den Kläger umfassend körperlich untersucht hat und unter Auswertung aller übrigen vorliegenden medizinischen Unterlagen schlüssig und nachvollziehbar dargelegt hat, dass die bei dem Kläger vorliegenden Funktionseinschränkungen nicht so weit reichen, dass eine Einschränkung seines Leistungsvermögens in quantitativer Hinsicht, d.h. was die täglich von ihr zu bewältigende Arbeit anbetrifft oder weitergehende qualitative Leistungseinschränkungen begründbar wären.

Eine Verschlossenheit des Arbeitsmarktes ergibt sich auch nicht unter den Gesichtspunkten einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung und einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, die die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit, die der Kläger bei seinem Leistungsvermögen noch ausüben kann, erforderlich machen würden. Die zusätzlichen Einschränkungen müssen so erheblich sein, das von vornherein ernstliche Zweifel daran aufkommen, ob der Versicherte mit dem ihm verbliebenen Leistungsvermögen auch in einem Betrieb einsetzbar ist (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 30.11.1982, Az.: 4 RJ 1/82). Derartige Zweifel bestehen nicht, wenn das Restleistungsvermögen des Versicherten körperlich leichtere Arbeiten erlaubt (z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen), wie es bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert wird (vgl. Bundessozialgericht, Großer Senat, Beschluss vom 19.12.1996, Az. GS 2/95; Bundessozialgericht, Urteil vom 19.10.2011, Az. B 13 R 78/09 R; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 25.02.2011, Az. L 8 R 45/11 B). Die von dem Sachverständigen festgestellten Einschränkungen des Leistungsvermögens des Klägers stimmen größtenteils mit den Tätigkeitsmerkmalen körperlich leichter Tätigkeiten überein und sind zudem keine ungewöhnlichen, sondern typische Leistungsbehinderungen, die bei Versicherten häufig vorkommen. Auf Seiten des Klägers sind keine wesentlichen qualitativen Leistungseinschränkungen gegeben, die das Feld körperlich leichter Tätigkeiten weiter einengen. Vielmehr erfüllt der Kläger auch unter Berücksichtigung der gesundheitlichen Beeinträchtigungen die typischen körperlichen und geistigen Anforderungen, welche ungelernte Verrichtungen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stellen. Dabei berücksichtigt die Kammer auch die bei dem Kläger seit seiner Jugend vorliegende Speiseröhrenverengung. Entsprechend der Feststellungen des Dr. C. ist davon auszugehen, dass der Kläger bei vollschichtiger Tätigkeit keine Pausenzeiten zur Nahrungsaufnahme benötigt, welche den gesetzlich vorgeschriebenen Anspruch von 30 Minuten nach § 4 Arbeitszeitgesetz überschreiten.

Ob dem Kläger ein leistungsgerechter Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden kann, hat die Kammer nicht zu prüfen. Das Risiko, einen adäquaten Arbeitsplatz zu erlangen, fällt nicht in den Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung, wenn die Versicherte, wie hier die Klägerin, noch vollschichtig in einem arbeitsmarktgängigen Beruf erwerbstätig sein kann (vgl. § 43 Abs. 3, 2. Halbsatz SGB VI). Dieses Risiko ist vielmehr von der Arbeitslosenversicherung zu tragen.

Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gemäß § 240 Abs. 1 SGB VI, denn er ist nicht berufsunfähig. Nach § 240 Abs. 2 SGB VI sind Versicherte berufsunfähig, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit vom Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Kläger kann ihm zumutbare Tätigkeiten mindestens 6 Stunden täglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche ausüben (vgl. § 240 Abs. 2 Satz 4, 1. Halbsatz SGB VI). Ausgangspunkt für die Beurteilung der Berufsunfähigkeit ist der "bisherige Beruf” (sog. Hauptberuf). Dies ist regelmäßig die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.07.2004, Az. B 4 RA 5/04 R). Wenn der Versicherte seinen Hauptberuf nicht mehr mindestens 6 Stunden täglich regelmäßig verrichten kann, ist er jedoch noch nicht berufsunfähig. Dies ist vielmehr erst dann der Fall, wenn es keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für ihn sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist (sog. Verweisungsberuf; vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 12.02.2004, Az. B 13 RJ 34/03 R). Es muss dann festgestellt werden, ob der Versicherte grundsätzlich fähig ist, einen Beruf der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird und seinem bisherigen Beruf qualitativ gleichwertig ist, noch vollwertig und mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten, und diesen während einer Einarbeitungszeit von 3 Monaten zu erlernen (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 29.07.2004, Az. B 4 RA 5/04 R). Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger nicht berufsunfähig, da er sozial zumutbar auf Bereiche des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden kann, die er mit seinen gesundheitlichen Einschränkungen nach den obigen Ausführungen noch vollschichtig ausüben und binnen einer Einarbeitungszeit von 3 Monaten erlernen kann. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich grundsätzlich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Zur Bewertung des bisherigen Berufs sowie zur Bestimmung des Kreises zumutbarer Verweisungstätigkeiten hat das Bundessozialgericht (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 11.02.2004, Az.: B 13 RJ 49/03 R) ein an den Gegebenheiten der Arbeits- und Berufswelt orientiertes Mehrstufenschema entwickelt, in dem die Arbeiterberufe in 4 hierarchisch geordneten Gruppen untergliedert werden. Zur obersten Gruppe gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders qualifizierte Facharbeiter. In die nächste Gruppe sind Facharbeiter mit einem anerkannten Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von regelmäßig mehr als 2 Jahren einzuordnen. Danach kommen angelernte Arbeiter mit einer Ausbildung von 3 Monaten bis zu 2 Jahren. Zur untersten Gruppe gehören schließlich die ungelernten Arbeiter. Die Einordnung des bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 Satz 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird. Jeder Versicherte kann auf Tätigkeiten sozial zumutbar verwiesen werden die eine Stufe tiefer einzuordnen sind, als es dem bisherigen Beruf entspricht, ohne dass das Gericht eine konkrete Verweisungstätigkeit benennen müsste. Anders verhält es sich lediglich bei Vorliegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 11.05.1999, Az. B 13 RJ 71/97 R). Nach diesen Grundsätzen ist die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als ungelernte Tätigkeit einzuordnen. Der Kläger war zuletzt als Verkaufsfahrer für Tabakwaren und Automatenbefüller tätig. Da der Kläger nach dem Gesamtbild seiner letzten Tätigkeit auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann, war die Beklagte nicht zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit verpflichtet. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liegt nach den obigen Ausführungen ebenfalls nicht vor.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG und trägt dem umfänglichen Unterliegen des Klägers Rechnung.
Rechtskraft
Aus
Saved