S 62 AS 1332/05 ER

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
62
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 62 AS 1332/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe ab 2. November 2005 gewährt und Herr Rechtsanwalt S. beigeordnet. Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin ab 14. November 2005 vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von EUR 543,23 monatlich zu zahlen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt. Die Antragsgegnerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin zu erstatten.

Gründe:

Die Antragstellerin und ihr Ehemann, M. D., erhielten bis zum 31. Oktober 2005 von der Antragsgegnerin Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (im Folgenden: SGB II). Seitdem hat die Antragsgegnerin die Zahlung eingestellt. Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, ihr ab dem 1. November 2005 Leistungen für sich in Höhe von EUR 543,24 monatlich zu zahlen; die Zahlung von Leistungen für Herrn D. wird ausdrücklich nicht begehrt.

1. Der Antragstellerin wird Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Herrn Rechtsanwalt S. bewilligt. Die Rechtsverfolgung bietet hinreichende Erfolgsaussichten im Sinne des § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (im Folgenden: SGG) i.V.m. § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (im Folgenden: ZPO), wie sich aus nachstehenden Ausführungen ergibt. Die Rechtsverfolgung erscheint auch nicht mutwillig, und die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe liegen vor.

2. Der gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG zulässig Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat überwiegend Erfolg. Die Antragstellerin hat in dem hohen Maße glaubhaft gemacht, das für den Erlass einer die Hauptsache faktisch vorwegnehmenden einstweiligen Anordnung erforderlich ist, dass sie die begehrte Leistung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang beanspruchen kann – so genannter Anordnungsanspruch – und hierauf zur Vermeidung wesentlicher Nachteile unverzüglich angewiesen ist – so genannter Anordnungsgrund (vgl. § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2, 294 ZPO).

a. Die Antragstellerin hat einen Anspruch auf Zahlung von SGB II-Leistungen in Höhe von EUR 543,23 monatlich glaubhaft gemacht. Ihr Anspruch ergibt sich aus dem Bescheid vom 21. Juli 2005. Dieser nicht nichtige Verwaltungsakt wurde nicht aufgehoben, noch erledigte er sich auf andere Weise, so dass er für die Antragsgegnerin weiterhin verbindlich bleibt. aa. Mit Bescheid vom 21. Juli 2005 gewährt die Antragsgegnerin der Antragstellerin und ihrem Ehemann vom 1. Juli 2005 bis zum 31. Dezember 2005 SGB II-Leistungen in Höhe von insgesamt EUR 1.086,48. Dabei wird für die Antragstellerin ab 1. August 2005 ein monatlicher Bedarf von EUR 311,00 zuzüglich EUR 232,23 anteiliger Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigt, insgesamt EUR 543,23. Der von der Antragstellerin im Eilverfahren geltend gemachte Betrag von EUR 543,24 entspricht zwar rechnerisch der Hälfte des Gesamtbetrags von EUR 1.086,48. Er ist aber – wohl aufgrund einer Rundungsdifferenz – so nicht für die Antragstellerin ausgewiesen.

Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren wurde der Bescheid vom 21. Juli 2005 der Antragstellerin und ihrem Ehemann bekannt gegeben. Damit wurde der Verwaltungsakt, der der Leistungsbewilligung zugrund liegt, gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (im Folgenden: SGB X) wirksam. Widerspruch wurde nicht eingelegt; die Anfechtungsfrist dürfte inzwischen abgelaufen sein.

bb. Dieser wirksame und bestandskräftige Verwaltungsakt entfaltet gegenüber der Antragsgegnerin Bindungswirkung, von der sie sich nur durch Aufhebung gemäß §§ 44 bis 51 SGB X befreien kann. Dies gilt selbst dann, wenn der Verwaltungsakt wegen Verstoß gegen höherrangiges Recht rechtswidrig sein sollte. Denn die in einem nicht angefochtenen Verwaltungsakt getroffene Regelung ist (auch) in ihrem materiellen Gehalt für alle Beteiligten verbindlich (Bundessozialgericht, Urteil vom 8. Dezember 1987, Az: 7 Rar 48/86, SozR 4100 § 117 Nr. 21, Seite 117 f.) Der von diesem Verwaltungsakt Begünstigte kann sich auf die ausgesprochene Rechtsfolge berufen (Pickel, SGB X, Stand: November 2001, § 39 Rn. 19; vgl. auch Hauck/Noftz, SGB X, Stand: September 2005, K § 39, Rn. 4; Roos, in: von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2005, § 39 Rn. 7; Steinwedel, in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Stand: 40. Ergänzungslieferung, § 39 SGB X Rn. 8; Waschull, in: LPK-SGB X, 2004, § 39 Rn. 2).

cc. Der Bescheid vom 21. Juli 2005 wurde gegenüber der Antragstellerin nicht aufgehoben. Eine schriftliche Aufhebung gegenüber der Antragstellerin erfolgte nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren nicht. Lediglich ihrem Ehemann wurde mit Bescheid vom 28. Oktober 2005 mitgeteilt, dass er von Finanzsanktionen betroffen sei und daher die Zahlung der ihm bewilligten Leistungen eingestellt worden sei. Selbst wenn man diesen Bescheid gemäß § 43 Abs. 1 SGB X in eine Aufhebung des Bescheids vom 21. Juli 2005 umdeuten wollte (vgl. hierzu Bundessozialgericht, a.a.O., S. 118), würde eine solche Aufhebung keine Wirkung gegenüber der Antragstellerin entfalten. Der Bescheid vom 28. Oktober 2005 war ausschließlich an Herrn D. adressiert. Es ist kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, dass er auch der Antragstellerin bekannt gegeben wurde. Ein Verwaltungsakt, der einem durch ihn betroffen Beteiligten nicht bekannt gegeben wird, wird diesem gegenüber nicht wirksam (Engelmann, in: von Wulffen, SGB X, 5. Auflage 2004, § 37 Rn. 7). Für eine mündliche oder fernmündliche Aufhebung des Bescheids vom 21. Juli 2005 sieht das Gericht keine Anhaltspunkte. Das im Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 1. November 2005 an die Antragsgegnerin erwähnte Telefonat zwischen den Beteiligten ist in der Leistungsakte nicht dokumentiert, so dass über seinen Inhalt keine Erkenntnisse vorliegen. Dies geht im Rahmen der objektiven Beweislastverteilung zu Lasten der Antragsgegnerin.

Ebenso wenig besteht Anlass, die – ggf. von der Antragsgegnerin telefonisch bestätigte – Ablehnung der weiteren Zahlung in eine Aufhebung umzudeuten. Zwar kann ein Verwaltungsakt gemäß § 33 Abs. 2 Satz 1 SGB X auch konkludent erlassen werden. Teilweise wird vertreten, hierzu könne die Ablehnung, die zuerkannten Sozialleistungen auszuzahlen, ausreichen (Steinwedel, a.a.O., § 39 SGB X Rn. 8); zumindest dann, wenn der entsprechende Rechtshandlungswille der Behörde erkennbar sei (Waschull, a.a.O., § 33 Rn. 6, vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24. November 1992, Az: 12 RK 8/92, BSGE 71, 244, in juris). Hier fehlt nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren jedoch eine erkennbare Willensäußerung der Antragsgegnerin, den Bescheid vom 21. Juli 2005 aufzuheben. Nach ihrer Auffassung ist sie durch Gemeinschaftsrecht an der Zahlung von Leistungen an die Antragstellerin gehindert, so dass es aus ihrer Sicht keiner Aufhebung bedarf (vgl. Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 3. November 2005). Das Gericht lässt es daher dahin stehen, ob bereits eine Zahlungseinstellung als Aufhebung des zugrunde liegenden Bescheids angesehen werden kann.

dd. Es liegen auch keine sonstigen Gründe vor, aus denen sich ein Verwaltungsakt erledigen kann. Insbesondere hat sich die Zahlungsverpflichtung der Antragsgegnerin nicht deswegen "auf andere Weise" i. S. d. § 39 Abs. 2 SGB X erledigt, weil die Gelder von Herrn D. aufgrund Gemeinschaftsrechts eingefroren sind. Es ist zwar anerkannt, dass sich ein Verwaltungsakt erledigt, wenn die Ausführung seines Hauptverfügungssatzes rechtlich unmöglich geworden ist (Bundessozialgericht, Urteil vom 27. Januar 1993, Az: 4 RA 40/92, BSGE 72, 50, in juris; Roos, a.a.O., § 39 Rn. 14). Die hier allein in Betracht kommende "Verordnung Nr. 881/2002 des Rates der Europäischen Union vom 27. Mai 2002 in der Fassung vom 9. November 2005 über die Anwendung bestimmter spezifischer restriktiver Maßnahmen gegen bestimmte Personen und Organisationen, die mit Osama bin Laden, dem Al-Qaida-Netzwerk und den Taliban in Verbindung stehen, und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 467/2001 des Rates über das Verbot der Ausfuhr bestimmter Waren und Dienstleistungen nach Afghanistan, über die Ausweitung des Flugverbots und des Einfrierens von Geldern und anderen Finanzmitteln betreffend die Taliban von Afganisthan" (im Folgenden: Verordnung Nr. 881/2002) verbietet es der Antragsgegnerin jedoch nicht, SGB II-Leistungen an die Antragstellerin zu zahlen. Dabei sind folgende Erwägungen für das Gericht maßgeblich:

Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren wird Herr D. verdächtigt, Verbindungen zum Terror-Netzwerk Al-Qaida zu haben. Im Zusammenhang mit den Anschlägen in Madrid am 11. September 2003 wurde von den spanischen Ermittlungsbehörden ein europäischer Haftbefehl gegen ihn erlassen. Seit dem 15. Dezember 2004 wird er im Anhang I der Verordnung Nr. 881/2002 genannt. Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren ist er dort weiterhin aufgelistet (vgl. die Liste Stand: 10. November 2005 unter http:// europa.eu.int/comm/external relations/cfsp/sanctions/list/version4/global/e ctlv).

Gemäß Artikel 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 881/2002 dürfen den im Anhang I aufgeführten Personen Gelder weder direkt noch indirekt zur Verfügung gestellt werden oder zugute kommen. Die Verordnung Nr. 881/2002 ist gemäß ihrem Art. 13 unmittelbar geltendes Recht.

Die Antragstellerin selbst ist im Anhang I nicht aufgeführt. Damit wäre eine Zahlung an sie nur dann vom Wortlaut des Artikels 2 Abs. 2 der Verordnung Nr. 881/2002 umfasst, wenn hierdurch ihrem Ehemann zumindest indirekt Gelder zur Verfügung gestellt werden würden. Hiervon kann angesichts der Höhe und Berechnung der der Antragsstellerin gewährten Leistungen nicht ausgegangen werden. SGB II-Leistungen sind bedarfsorientierte Grundsicherungsleistungen, die sich grundsätzlich am Niveau der bisherigen Sozialhilfe orientieren (Brünner, in: LPK-SGB II, 2004, § 19 Rn. 5). Das von der Antragstellerin bezogene Arbeitslosengeld II besteht gemäß § 19 Satz 1 Ziff. 1 SGB II aus den Leistungen zur Sicherung Lebensunterhalts und aus den angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung. Die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts umfasst gemäß § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II Ernährung, Kleidung, Körperpflege, Hausrat, Bedarfe des täglichen Lebens sowie in vertretbarem Umfang auch Beziehungen zur Umwelt und eine Teilnahme am kulturellen Leben. Die Regelleistung beträgt gemäß § 20 Abs. 3 SGB II für nicht allein stehende Erwachsene in den alten Bundesländern EUR 311,00 monatlich. Dieser Betrag dient ausweislich der Gesetzesbegründung der Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums und berücksichtigen den Bedarfsdeckungsgrundsatz (BT-Drs. 15/1516, S. 45,46). Am Sozialgericht Hamburg sind, wie auch an den übrigen Sozialgerichten, nicht wenige Verfahren anhängig, in denen geltend gemacht wird, der Regelsatz erlaube kein menschenwürdiges Leben und sei daher nicht verfassungsgemäß. Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nur möglichen, in aller Regel aber ausreichenden überschlägigen Prüfung ist daher davon auszugehen, dass die Regelleistung jedenfalls nicht mehr deckt als den Bedarf der Antragstellerin. Eben so verhält es sich mit den gewährten Unterkunfts- und Heizkosten. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht. Der hälftige Anteil der Antragstellerin an Miet- und Heizkosten beträgt ausweislich des Bescheids vom 21. Juli 2005 EUR 232,23. Es ist nicht erkennbar und auch von der Antragsgegnerin nicht vorgetragen, dass dieser Betrag über den tatsächlichen Aufwendungen der Antragstellerin liegt. Damit deckt das der Antragstellerin gewährte Arbeitslosengeld II insgesamt nicht mehr als ihren SGB II-Bedarf. Es darf daher davon ausgegangen werden, dass sie das Geld für ihren Lebensunterhalt aufbraucht, und nicht ihrem Ehemann zur Verfügung stellt, auch nicht teilweise. Auch die Antragsgegnerin hat nicht vorgetragen, dass der für die Bedarfsdeckung der Antragstellerin vorgesehene Teil der SGB II-Leistungen letztlich ihrem Ehemann zugute kommt.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht mit Blick auf Artikel 2a Abs. 1 lit. a) i) der Verordnung Nr. 881/2002. Danach obliegt es den im Anhang II aufgeführten Behörden – in Deutschland die Bundesbank – auf Antrag u.a. die Gelder für notwendige Grundausgaben aus humanitären Gründen von der Sanktion auszunehmen. Aus der Zusammenschau ergibt sich, dass sich dies lediglich auf die von Artikel 2 der Verordnung erfassten Gelder bezieht, die grundsätzlich dem Sanktionsregime unterliegen. Hierzu gehören die für ihre eigene Bedarfsdeckung gedachten SGB II-Leistungen der Antragstellerin wie ausgeführt nicht.

Verbleibende Zweifel an der Verwendung der Mittel durch die Antragstellerin treten hier aus verfassungsrechtlichen Gründen zurück. Bei lebensnaher Betrachtung mag es zwar nicht vollständig auszuschließen sein, dass die Antragstellerin ihren Ehemann in gewissem Umfang an den ihr gewährten Leistungen teilhaben lässt, beispielsweise indem sie von ihrem Arbeitslosengeld II gekaufte Lebensmittel mit ihm teilt. Letztlich bleibt dies jedoch eine theoretische Möglichkeit. Da auch mit den im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Mitteln keine weitere Aufklärung möglich ist, ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. hierzu Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 12.5.2005, Az. 1 BvR 569/05, in juris). Dabei sind die grundrechtlichen Belange der Betroffen umfassend in die Abwägung einzustellen; die Gerichte müssen sich schützend und fördern vor die Grundrechte des Einzelnen stellen. Diese Abwägung fällt hier eindeutig zugunsten der Antragstellerin aus. Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren verfügt sie über keine Mittel, um ihren Bedarf aus eigenen Kräften zu decken. Für eine Unterstützung aus eventuell vorhandenen Mitteln ihres Ehemanns fehlen konkrete Anhaltspunkte; zudem wären solche Vermögenswerte eingefroren und ständen derzeit nicht als bereite Mittel zur Verfügung. Ohne Weiterzahlung der gewährten SGB II-Leistung droht ihr daher die Gefahr, dass sie ihre Existenz nicht länger auf menschenwürdige Weise sichern kann.

ee. Der Bescheid vom 21. Juli 2005 ist schließlich nicht nichtig, was gemäß § 39 Abs. 3 SGB X seine Wirksamkeit auszuschließen würde. Von den Nichtigkeitsgründen des § 40 Abs. 2 SGB X kommt allenfalls Ziff. 4 in Betracht. Danach ist ein Verwaltungsakt nichtig, der die Begehung einer rechtswidrigen Tat verlangt, die einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht. Wie ausgeführt verstößt die Antragsgegnerin jedoch mit der Zahlung von SGB II-Leistungen an die Antragstellerin nicht gegen die gemeinschaftsrechtlichen Finanzsanktionsbestimmungen, so dass sie insoweit auch keine Ordnungswidrigkeit gemäß § 33 Abs. 4 Außenwirtschaftsgesetz begehen würde. Im Übrigen fallen Verwaltungsakte, bei denen allenfalls die Behörde einen Straf- oder Bußgeldtatbestand verwirklicht, nicht unter § 40 Abs. 2 Ziff. 4 SGB X (Waschull, a.a.O., § 40 Rn. 9). Ebenso scheidet eine Nichtigkeit aufgrund der Generalklausel des § 40 Abs. 1 SGB X aus.

b. Die somit bestehende Verpflichtung der Antragsgegnerin, das der Antragstellerin gewährte Arbeitslosengeld II auch auszuzahlen, war erst ab Datum dieses Beschlusses auszusprechen. Eine einstweilige Anordnung für die Zeit davor war nicht zu treffen. Es ist nicht Aufgabe des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes, Regelungen für die Vergangenheit zu treffen. Leistungen für den Zeitraum vom 1. bis 13. November 2005 sind ggf. im Rahmen einer – noch anzustrengenden – Klage geltend zu machen.

c. Soweit die Antragstellerin einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat, ist sie auch auf eine unverzügliche gerichtliche Entscheidung angewiesen. Es erscheint nicht zumutbar, sie auf den Klageweg zu verweisen. Nach dem Erkenntnisstand im Eilverfahren muss davon ausgegangen werden, dass sie über keine Mittel verfügt, um ihren Lebensunterhalt bis zum Ausgang eines Hauptsacheverfahrens zu decken.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus dem Rechtsgedanken des § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Es entspricht der Billigkeit, dass die Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin erstattet, deren Eilantrag ganz überwiegend Erfolg hat.
Rechtskraft
Aus
Saved