Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 16 U 65/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 159/07
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen der Folgen eines Geschehens vom 07.01.2002.
Der 1985 geborene Kläger, der seit 2001 bei der C AG, M, ausgebildet wurde, wollte am 07.01.2002 auf dem Rückweg von der Werkberufschule noch den Bus erreichen und rannte zur Haltestelle. Während des Laufens brach er zusammen. Der Notarzt stellte ein Kammerflattern fest und reanimierte den Kläger, der anschließend in der Medizinischen Klinik des Klinikums M stationär behandelt wurde. Während des darauffolgenden stationären Aufenthalts in der Medizinischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses E1 wurde am 18.01.2002 ein Kardioverter Defibrillator implantiert. In dem Entlassungsbericht der W, X und L1 (vom 06.02.2002) ist von einer hypertrophen nicht obstruktiven Kardiomyopathie (ICD I 42.2) die Rede. Im Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Verletztenrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, da es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis gefehlt habe (Bescheid vom 20.12.2002). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.02.2003). Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, Ursache seines am 07.01.2002 erlittenen Herzstillstandes sei gewesen, dass er schnell gelaufen sei, um den Bus noch zu erreichen. Deshalb habe sehr wohl ein Arbeitsunfall vorgelegen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 zu verurteilen, ihm Rente nach einer MdE um 50 % wegen des Arbeitsunfalls vom 07.01.2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat als Zeugen ehemalige Mitschüler des Klägers, den Flieger bei der Luftwaffe E2, den Prozessleitelektroniker T1 und den Prozessleitelektroniker L2 als Zeugen gehört. Sodann hat das Gericht ein Zusammenhangsgutachten von T2, Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie des Universitätsklinikums E1 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 20.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat am 07.01.2002 keinen Arbeitsunfall erlitten; der damals in Folge von Herzrhythmusstörungen eingetretene Herzstillstand ist ursächlich auf die vorbestehende Kardiomyopathie zurückzuführen. Zwar ist der Sachverständige scheinbar gegenteiliger Auffassung. Er hat geäußert, die Kausalität (Auslösen der Rhythmusstörungen durch körperliche Belastung) stehe außer Zweifel, zumal der implantierte Defibrillator in der Folgezeit keine Arrhythmien aufgezeichnet und gespeichert habe. Seine Auffassung hat er aber offensichtlich den naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff zu Grunde gelegt. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass es ohne die Anstrengung des Klägers, den Bus noch zu erreichen, damals nicht zu Rhythmusstörungen und damit zu einem Herzstillstand gekommen wäre. Der naturwissenschaftliche Ursachenbegriff ist jedoch nur der Ausgangspunkt für den im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgeblichen Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung. Nach diesem Ursachenbegriff werden rechtlich nicht alle in naturwissenschaftlichem Sinne für den Eintritt eines Zustandes von kausalen Faktoren als Ursachen angesehen, sondern nur diejenigen, die den Zustand wesentlich (mit)verursacht haben. Nur die Ursachen, die einer besonderen, wertend zu ermittelten, Beziehung zum eingetretenen Schaden stehen, führen zu einer Haftung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Ereignisse, die in dem Sinne austauschbar sind, dass jeder andere alltäglich vorkommende und ähnlich gearteter Vorgang zu etwa derselben Zeit die gleichen Erscheinungen ausgelöst hätte oder dass diese sogar ohne äußere Einwirkungen zu Tage getreten wären, sind rechtlich nicht wesentlich, sondern als rechtlich unerhebliche Gelegenheitsursache zu behandeln. Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Hergang, das "hinter dem Bus Herlaufen" des Klägers kann nicht als rechtlich wesentlich angesehen, es hat die Herzrhythmusstörungen und den Herzsteillstand des Klägers nicht wesentlich mitverursacht. Ganz überwiegender Ursachenfaktor war die schon vor dem Geschehen am 07.01.2002 bestehende Kardiomyopathie. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass insbesondere bei Patienten mit Kardiomyopathie Rhythmusstörungen auch bei anderen alltäglichen Verrichtungen oder sogar ohne äußeren Einfluss auftreten können, wobei der plötzliche Herztod in den meisten Fällen in Ruhe oder bei sehr geringer körperlicher Anstrengung auftritt, ein Teil der Betroffenen erleidet einen plötzlichen Herztod allerdings während oder nach extremer körperlicher Anstrengung. Auf dieser medizinischen Grundlage lässt sich im Falle des Klägers nicht wahrscheinlich machen, dass die Belastung am 07.01.2002 die wesentliche Ursache seiner Herzrhythmusstörungen dargestellt hat. Nach den Zeugenaussagen ist der Kläger damals zwischen 20 und 300 m gelaufen. Der Kläger ist damals 16 Jahre alt gewesen. Die Kardiomyopathie ist ihm nicht bekannt gewesen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er sich damals normal belastet hat, auch im Sportunterricht. Im Sportunterricht gehört das Laufen zu den üblichen Disziplinen. Dass der Kläger vor dem 07.01.2002 bei entsprechenen körperlichen Belastungen keine Rhythmusstörungen erlitten hat, weist darauf hin, dass diese Rhythmusstörungen am 07.01.2002 nur zufällig aufgetreten sind, genauso gut aber bei anderen Belastungen hätten auftreten können, zumal davon auszugehen ist, dass sich der Kläger vergleichbaren Belastungen in der Vergangenheit auch unterzogen hatte. Der körperlichen Anstrengung am 07.01.2002 ist deshalb keine wesentliche Ursache beizumessen, es handelt sich vielmehr um eine rechtlich unwesentliche sog. Gelegenheitsursache. Mit anderen Worten: Die Rhythmusstörungen sind nur bei Gelegenheit der damaligen Anstrengung des Klägers aufgetreten. Sie hätten zu derselben Zeit aus anderem Anlass ebenfalls auftreten können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Umstritten ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Rente wegen der Folgen eines Geschehens vom 07.01.2002.
Der 1985 geborene Kläger, der seit 2001 bei der C AG, M, ausgebildet wurde, wollte am 07.01.2002 auf dem Rückweg von der Werkberufschule noch den Bus erreichen und rannte zur Haltestelle. Während des Laufens brach er zusammen. Der Notarzt stellte ein Kammerflattern fest und reanimierte den Kläger, der anschließend in der Medizinischen Klinik des Klinikums M stationär behandelt wurde. Während des darauffolgenden stationären Aufenthalts in der Medizinischen Klinik des Evangelischen Krankenhauses E1 wurde am 18.01.2002 ein Kardioverter Defibrillator implantiert. In dem Entlassungsbericht der W, X und L1 (vom 06.02.2002) ist von einer hypertrophen nicht obstruktiven Kardiomyopathie (ICD I 42.2) die Rede. Im Juli 2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Bewilligung von Verletztenrente. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, ein Arbeitsunfall habe nicht vorgelegen, da es an einem von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis gefehlt habe (Bescheid vom 20.12.2002). Der Widerspruch des Klägers war erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 26.02.2003). Mit seiner Klage macht der Kläger im Wesentlichen geltend, Ursache seines am 07.01.2002 erlittenen Herzstillstandes sei gewesen, dass er schnell gelaufen sei, um den Bus noch zu erreichen. Deshalb habe sehr wohl ein Arbeitsunfall vorgelegen.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 20.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 zu verurteilen, ihm Rente nach einer MdE um 50 % wegen des Arbeitsunfalls vom 07.01.2002 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Gericht hat als Zeugen ehemalige Mitschüler des Klägers, den Flieger bei der Luftwaffe E2, den Prozessleitelektroniker T1 und den Prozessleitelektroniker L2 als Zeugen gehört. Sodann hat das Gericht ein Zusammenhangsgutachten von T2, Klinik für Kardiologie, Pneumologie und Angiologie des Universitätsklinikums E1 eingeholt. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme sowie wegen des sonstigen Sach- und Streitstandes im Einzelnen wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid vom 20.12.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 26.02.2003 ist rechtmäßig. Der Kläger hat am 07.01.2002 keinen Arbeitsunfall erlitten; der damals in Folge von Herzrhythmusstörungen eingetretene Herzstillstand ist ursächlich auf die vorbestehende Kardiomyopathie zurückzuführen. Zwar ist der Sachverständige scheinbar gegenteiliger Auffassung. Er hat geäußert, die Kausalität (Auslösen der Rhythmusstörungen durch körperliche Belastung) stehe außer Zweifel, zumal der implantierte Defibrillator in der Folgezeit keine Arrhythmien aufgezeichnet und gespeichert habe. Seine Auffassung hat er aber offensichtlich den naturwissenschaftlichen Ursachenbegriff zu Grunde gelegt. Auch die Kammer ist der Auffassung, dass es ohne die Anstrengung des Klägers, den Bus noch zu erreichen, damals nicht zu Rhythmusstörungen und damit zu einem Herzstillstand gekommen wäre. Der naturwissenschaftliche Ursachenbegriff ist jedoch nur der Ausgangspunkt für den im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung maßgeblichen Ursachenbegriff der wesentlichen Bedingung. Nach diesem Ursachenbegriff werden rechtlich nicht alle in naturwissenschaftlichem Sinne für den Eintritt eines Zustandes von kausalen Faktoren als Ursachen angesehen, sondern nur diejenigen, die den Zustand wesentlich (mit)verursacht haben. Nur die Ursachen, die einer besonderen, wertend zu ermittelten, Beziehung zum eingetretenen Schaden stehen, führen zu einer Haftung der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung. Ereignisse, die in dem Sinne austauschbar sind, dass jeder andere alltäglich vorkommende und ähnlich gearteter Vorgang zu etwa derselben Zeit die gleichen Erscheinungen ausgelöst hätte oder dass diese sogar ohne äußere Einwirkungen zu Tage getreten wären, sind rechtlich nicht wesentlich, sondern als rechtlich unerhebliche Gelegenheitsursache zu behandeln. Der im vorliegenden Fall zu beurteilende Hergang, das "hinter dem Bus Herlaufen" des Klägers kann nicht als rechtlich wesentlich angesehen, es hat die Herzrhythmusstörungen und den Herzsteillstand des Klägers nicht wesentlich mitverursacht. Ganz überwiegender Ursachenfaktor war die schon vor dem Geschehen am 07.01.2002 bestehende Kardiomyopathie. Der Sachverständige hat darauf hingewiesen, dass insbesondere bei Patienten mit Kardiomyopathie Rhythmusstörungen auch bei anderen alltäglichen Verrichtungen oder sogar ohne äußeren Einfluss auftreten können, wobei der plötzliche Herztod in den meisten Fällen in Ruhe oder bei sehr geringer körperlicher Anstrengung auftritt, ein Teil der Betroffenen erleidet einen plötzlichen Herztod allerdings während oder nach extremer körperlicher Anstrengung. Auf dieser medizinischen Grundlage lässt sich im Falle des Klägers nicht wahrscheinlich machen, dass die Belastung am 07.01.2002 die wesentliche Ursache seiner Herzrhythmusstörungen dargestellt hat. Nach den Zeugenaussagen ist der Kläger damals zwischen 20 und 300 m gelaufen. Der Kläger ist damals 16 Jahre alt gewesen. Die Kardiomyopathie ist ihm nicht bekannt gewesen. Es ist deshalb davon auszugehen, dass er sich damals normal belastet hat, auch im Sportunterricht. Im Sportunterricht gehört das Laufen zu den üblichen Disziplinen. Dass der Kläger vor dem 07.01.2002 bei entsprechenen körperlichen Belastungen keine Rhythmusstörungen erlitten hat, weist darauf hin, dass diese Rhythmusstörungen am 07.01.2002 nur zufällig aufgetreten sind, genauso gut aber bei anderen Belastungen hätten auftreten können, zumal davon auszugehen ist, dass sich der Kläger vergleichbaren Belastungen in der Vergangenheit auch unterzogen hatte. Der körperlichen Anstrengung am 07.01.2002 ist deshalb keine wesentliche Ursache beizumessen, es handelt sich vielmehr um eine rechtlich unwesentliche sog. Gelegenheitsursache. Mit anderen Worten: Die Rhythmusstörungen sind nur bei Gelegenheit der damaligen Anstrengung des Klägers aufgetreten. Sie hätten zu derselben Zeit aus anderem Anlass ebenfalls auftreten können.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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Aus
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