S 29 SB 79/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
29
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 29 SB 79/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist die Feststellung des Grades der Behinderung (GdB) nach dem Neunten Buche Sozialgesetzbuch (SGB IX) und des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichtkeit"im Sinne des § 33 b Abs. 2 Nr. 2 b) Einkommensteuergesetz (EStG) im Erstfeststellungsverfahren.

Der am 00.00.1960 geborene Kläger stellte am 01.10.2002 einen Antrag auf die Feststellung des Grades der Behinderung.

Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens gelangten Arztbriefe des E von der Klinik und Poliklinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums F zur Schwerbehindertenakte des Klägers.

Zu diesen medizinischen Unterlagen nahm Frau Oberregierungsmedizinalrätin C1 unter dem 04.11.2002 für das Versorgungsamt Wuppertal gutachterlich Stellung. Darin führte sie sinngemäß aus, nach der Nr. 17 (letzter Satz) der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996" könne die Wundheilungsstörung nicht als Behinderung festgestellt werden. Neuere, über den Oktober 2002 hinausgehende Unterlagen lägen nicht vor. Auch der Leberteilverlust könne nur anhand dokumentierter Funktionsstörungen beurteilt werden, derartige Dokumentationen lägen aber ebenfalls nicht vor.

Der gutachterlichen Stellungnahme der Frau Oberregierungsmedizinalrätin C1 folgend lehnte es das Versorgungsamt Wuppertal mit Bescheid vom 11.11.2002 ab, bei dem Kläger einen Grad der Behinderung festzustellen. Eine Verwaltungsentscheidung darüber, ob dem Kläger der Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der der körperlichen Beweglichkeit" zustehe oder nicht, traf das Versorgungsamt Wuppertal in dem Verwaltungsakt nicht.

Gegen den Bescheid vom 11.11.2002 erhob der Kläger am 29.11.2002 Widerspruch. Er machte im Wesentlichen geltend, sein Gesundheitszustand müsse mindestens die Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 nach sich ziehen. Nach der erfolgreichen Leberlebendtransplantation im April 2002 seien bei ihm schwere Komplikationen (unter anderem eine Fadenunverträglichkeit) aufgetreten, die unter anderem zu einer weiteren umfangreichen Operation geführt hätten. Auch heute noch müsse er sich regelmäßig untersuchen und behandeln lassen.

Zur Unterstützung seines Widerspruchs reichte er Rechnungen des Arztes für Allgemeinmedizin H, F, und des E2, des Direktors des Instituts für diagnostische und interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums F, zu seiner Schwerbehindertenakte.

Dazu nahm Regierungsmedizinaldirektor X unter dem 21.01.2003 für das Versorgungsamt Wuppertal dahingehend Stellung, es ergebe sich keine Änderung der bisherigen Beurteilung. Nach den vorliegenden Befundberichten sei damit zu rechnen, dass die Wunden abheilten. Es lägen auch keinerlei Befunde vor, die eine Funktionsbeeinträchtigung der Leber bestätigen.

Der gutachtlichen Stellungnahme des Regierungsmedizinldirektors X entsprechend wies die Bezirksregierung Münster den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 03.02.2003 hinsichtlich der erhobenen Ansprüche auf die Feststellung eines Grades der Behinderung und von Nachteilsausgleichen als in der Sache unbegründet zurück.

Hiergegen richtet sich am 03.03.2003 bei dem Sozialgericht eingegangene Klage, mit der der Kläger die Feststellung eines Gesamtgrades der Behinderung von mindestens 30 und des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" begehrt.

Der Kläger wiederholt sein Widerspruchsvorbringen und trägt ergänzend vor, nach ärztlicher Anordnung dürfe er nicht schwer tragen, um andere möglichen Wundheilungsstörungen (etwa Narbenbruch) vorzubeugen. Inzwischen sei es bei ihm leider tatsächlich zu einen Narbenbruch/Bauchdeckenbruch gekommen, und auf Grund dessen sei eine weitere Bauchoperation notwendig. – Der Beklagte erwarte nach den vorliegenden Unterlagen, dass die Wunden abheilten, und beurteile damit nicht den Istzustand, sondern stelle sich einen verbesserten künftigen Zustand mit Rückwirkung vor, ohne den Grundsatz der zweijährigen Heilungsbewährung bei Lebertransplantationen zu beachten.

Im Verhandlungstermin vom 28.05.2004 hat der Beklagtenvertreter erklärt: "Der Beklagte vertritt gegenüber dem Kläger die Auffassung, dass dem Kläger der Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" nicht zusteht, weil die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen dafür im Falle des Klägers nicht erfüllt sind."

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 11.11.2002 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.02.2003 und 28.05.2004 zu verurteilen, bei ihm ab Oktober 2002 einen Gesamtgrad der Behinderung von mindestens 30 und den Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" festzustellen, hilfsweise ein Gutachten gemäß § 106 Sozialgerichtsgesetz von C2 von der Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums Essen einzuholen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig.

Das Gericht hat Beweis erhoben.

Es hat zunächst Befundberichte des Arztes für Allgemeinmedizin H, F und des E2, des Direktors des Instituts für diagnostische und invterventionelle Radiologie des Universitätsklinikums F, sowie Arztbriefe des C2, des E2 und des U, des Leitenden Chefarztes der N-Klinik, L angefordert. Danach hat es ein Sachverständigengutachten des Q, T, vom 10.12.2003 eingeholt.

Dazu hat der Kläger seinerseits mit Schriftsatz vom 10.03.2004 Stellung genommen.

Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist, soweit sie auf die Feststellung eines Gesamtgrades der Behinderung von mindestens 30 und des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" gerichtet ist, statthaft, form- und fristgereicht erhoben, jedoch nicht begründet.

Die Klage ist auch insoweit zulässig, als mit der Klage die Feststellung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" angestrebt wird, obwohl das Versorgungsamt Wuppertal in seinem Bescheid vom 11.11.2002 keine Entscheidung über die Feststellung bzw. Nichtfeststellung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" getroffen hat. Denn eine originäre Entscheidung über die Nichtfeststellung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" hat die Bezirksregierung Münster in dem Widerspruchsbescheid vom 03.02.2003, der damit in der Sache die diesbezügliche erstmalige Verwaltungsentscheidung und damit einen normalen negativen Feststellungsbescheid darstellt, dadurch getroffen, dass sie die Feststellung von Nachteilsaugleichen abgelehnt hat; eines eigentlichen Widerspruchsbescheides durch den die Überprüfung der ursprünglichen Verwaltungsentscheidung von Seiten der für die Entscheidung über den Widerspruch zuständigen Behörde abgeschlossen wird, bedurfte es vorliegenden Falle nicht, da in der Erklärung des Beklagtenvertreters im Verhandlungstermin vom 28.05.2004, der Beklagte vertrete gegenüber dem Kläger die Auffassung, dass dem Kläger der Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" nicht zustehe, weil die entsprechenden tatsächlichen Voraussetzungen dafür nicht erfüllt seien, ein Widerspruchsbescheid zu sehen ist. Denn darin hat sich der Beklagtenvertreter, der im Termin zur mündlichen Verhandlung die Widerspruchsbehörde, nämlich die Bezirksregierung Münster, vertritt in der Sache gegen den vom Kläger geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" gewandt (vgl. dazu Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz, C.H. Beck-Verlag München, 7 Auflage 2002, § 78 SGG, Randnummer 3 c mit Hinweis auf Bundessozialgericht SozR 1500 § 78 Nr. 8).

Die auf die Feststellung eines Grades der Behinderung und des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" gerichtete Klage ist jedoch unbegründet.

Der Kläger ist durch den Bescheid vom 11.11.2002 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 03.02,2003 und 28.05.2004 nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert, da er dadurch nicht rechtswidrig belastet wird.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger unter Beachtung der für den geltend gemachten Anspruch auf die Feststellung eines Grades der Behinderung maßgebenden Vorschriften der §§ 69 Abs. 1 Satz 1,3 und 5, Abs. 3 Satz 1, 2 Abs. 1 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) und der die GdB-Bewertung regelnden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz 1996 (im Folgenden Anhaltspunkte (AP) 1996)" keinen Anspruch drauf, dass bei ihm ein Grad der Behinderung festgestellt wird. (Die eben genannten Vorschriften, nach denen sich der vom Kläger erhobene Anspruch auf die Feststellung eines Grades der Behinderung richtet, seien zur Erläuterung im Folgenden wiedergegeben: § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX lautet: "Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. " § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX schreibt vor: Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. "§ 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX definiert die Behinderung wie folgt: "Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion , geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen (sic!) und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. " § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB IX bestimmt: "Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt." § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX ordnet an: Eine Feststellung ist nur zu treffen, wenn ein Grad der Behinderung von wenigstens 20 vorliegt." Die Anhaltspunkte 1996 stellen ein geschlossenes Beurteilungsgefüge zur Bemessung des GdB dar, auf das auch die Gerichte angewiesen sind; ihnen komme die Qualität antizipierter Sachverständigengutachten zu, da sie die aktuellen Erkenntnisse der Sozialmedizin widerspiegeln (vgl. dazu auch das zu den Anhaltspunkten 1983 ergangene Urteil des Bundessozialgerichts vom 23.06.1993 – 9/9a RVs 1/91 – in "Neue Zeitschrift für Sozialrecht (NZS)" 1993, Seiten 512 ff.).). Nach den überzeugenden gutachtlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Q liegt bei dem Kläger nur eine einzige Behinderung in Gestalt einer Belastungsstörung mit einem Einzel- und Gesamtgrad der Behinderung von 10 vor, und dies bedeutet, dass der Kläger gemäß § 69 Abs. 1 Satz 5 SGB IX keinen Anspruch darauf hat, dass bei ihm ein Grad der Behinderung festgestellt wird. Die Bestimmung der Einzel-GdB-Werte durch Dr. Peters entspricht dem Ausmaße der jeweiligen Gesundheitsstörung bzw. Auffälligkeit und den GdB-Bewertungsrichtlinien der Anhaltspunkte 1996: Die Belastungsstörung bedingt einen Einzel-GdB von 10. Damit hat Q dieser Behinderung innerhalt des GdB-Beurteilungsspielraumes von 0-20, den die Anhaltspunkte 1996 in Abschnitt 26.3, Seite 60 für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen aus dem Kreise der Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen vorsehen, dem Beschwerdebilde entsprechend den mittleren GdB-Wert zuerkannt. Dies ist gerechtfertigt, aber auch ausreichend, weil der Kläger unter unbestimmten Angstzuständen und einer Zunahme von Schlafstörungen leidet, andererseits aber keine wesentlichen Beeinträchtigungen im Alltagsleben durch diese Belastungsstörung verursachten werden. – Die Folgen des Verlustes der Gallenblase sind nicht mit einem GdB in Rechnung zu stellen, auch wenn bei dem Kläger unter Meidung fetten Essens und der Bevorzugung kleiner Essensportionen eine Neigung zu Blähungen und zu gelegentlichen Durchfällen besteht. Denn wenn man sich vor Augen führt, dass die Anhaltspunkte 1996 in Abschnitt 26.10, Seiten 102/101 den Verlust der Gallenblase ohne wesentliche Störungen mit einem GbB von exakt 0 einstufen und bei fortbestehenden Beschwerden wie bei Gallenwegskrankheiten bewerten und dass danach Gallenwegskrankheiten mit Koliken in Abständen von mehreren Monaten, Entzündungen in Abständen von Jahren mit einem GdB von je nachdem 0-10 zu würdigen sind, so ist den Folgen des Verlustes der Gallenblase im Falle des Klägers ein GdB von 0 zuzuordnen, zumal der Ernährungszustand des Klägers nicht eingeschränkt ist. – Die Folgen der operativen Eröffnung des Bauchraumes sind noch nicht mit einem GdB zu veranschlagen. Denn die postoperative Wundinfektion mit Wundheilungsstörungen bei einer Unverträglichkeit des Fadenmaterials mit mehrfacher Granulombildung stellt keinen Dauerzustand dar, sondern sie ist ausgeheitl, und dabei handelt es sich auch nicht um einen verbesserten künftigen Zustand mit Rückwirkung, sondern um den Dauerzustand, der schon besteht und der nach Abheilung der akuten Infektion zurückgeblieben ist. Die zwei Lücken im Bereiche der Operationsnarben und der gut reponible kleine Bruch im Bereiche der längsverlaufenden Naht rufen noch keinen GdB hervor. Die Anhaltspunkte 1996 halten in Abschnitt 26.11, Seite 103 für einen Bauchnarbenbruch bzw. für angeborene Bauchwandbrüche und – defekte ohne wesentliche Beeinträchtigung je nach Größe einen GdB von 0-10 vor, und in Übereinstimmung damit ist dem Bruch des Klägers kein GdB beizumessen, da er als klein und mit einer nur geringen Symptomatik verbunden einzugruppieren ist. – Für die Folgen des Verlustes eines Teiles der Leber ist noch kein GdB auszuwerfen. Denn nach den aktenkundigen Labortests und den Labortests, die Q durchgeführt hat, ist insoweit keine Funktionsbeeinträchtigung angegeben, da die "Restleber" alle Stoffwechselaufgaben übernommen hat. Wenn es in Abschnitt 26.10, Seite 101 der Anhaltspunkte 1996 heißt, dass nach Lebertransplantation eine Heilungsbewährung von im allgemeinen zwei Jahren abzuwarten ist und dass während dieser Zeit der GdB 100 beträgt, so betrifft diese Vorgabe der Anhaltspunkte 1996 nicht den Kläger als den Leberspender, sondern denjenigen, der die Leberspende erhalten hat. Bei diesem stellt sich nämlich das Problem, ob die Spendenleber im Körper des Empfängers ihre Funktion erfüllen kann oder ob es zu einer schädlichen Immunreaktion kommt. Dieses Problem tritt aber bei demjenigen, der einen Teil seiner Leber einem andern gespendet hat, nicht auf. Der Umstand, dass der Kläger einem anderen einen Teil seiner Leber gespendet hat, steht auch nicht dem Falle gleich, dass eine Person eine Niere einem anderen gespendet hat, wofür ihr nach Abschnitt 26.12, Seite 105 der Anhaltspunkte 1996 ein GdB von exakt 25 gutgeschrieben werden müsste. Denn bei dem Verlust einer Niere wird das Gefühl der körperlichen Unversehrtheit in stärkerer Weise beeinträchtigt, als bei dem Verlust eines Teiles der Leber, weil in dem einen Falle das eine der normalerweise doppelt vorhandenen Organe komplett entfernt wird, während im Falles des Klägers die ursprünglich vorhandene Leber – vermindert um einen Teil – im Körper verbleibt.

Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme hat der Kläger auch keinen Anspruch darauf, dass ihm der Nachteilsausgleich "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" zuerkannt wird. Denn danach sind die dafür erforderlichen tatbestandlichen Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht erfüllt. (Im Folgenden seien die für die Zubilligung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" maßgebenden Vorschriften zitiert bzw. erläutert. In § 69 Abs. 4 SGB IX heißt es: "Sind neben dem Vorliegen der Behinderung weitere gesundheitliche Merkmale Voraussetzung für die Inanspruchnahme von Nachteilsausgleichen, so treffen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden die erforderlichen Feststellungen im Verfahren nach Abs. 1. "§ 33b Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) schreibt vor: "Wegen der außergewöhnlichen Belastungen, die einem behinderten Menschen unmittelbar infolge seiner Behinderung erwachsen, kann er anstelle einer Steuermäßigung nach § 33 einen Pauschbetrag nach Abs. 3 geltend machen (Behinderten-Pauschbetrag). "Die Regelung des § 33b Abs. 2 Nr. 2 b) EStG lautet auszugsweise: "Die Pauschbeträge erhalten 2. behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung auf weniger als 50, aber mindestens auf 25 festgestellt ist, wenn b) die Behinderung zu einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit geführt hat ") Ein Anspruch des Klägers auf die Feststellung des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit entfällt unter Berücksichtigung der vorstehend wiedergegebenen Normen schon deshalb, weil der Kläger nicht zu den behinderten Menschen zählt, deren Grad der Behinderung mindestens auf 25 festzustellen ist, wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt.

Hinsichtlich der Ermittlung der funktionellen Beeinträchtigung des Klägers, der Festsetzung der Einzel-GdB-Werte und des Gesamt-GdB-Wertes folgt das Gericht den überzeugenden gutachtlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Q. Dieser ist dem Gericht als ausgezeichneter Mediziner bekannt, der über eine reichhaltige Erfahrung als arbeits- bzw. sozialmedizinischer Gutachter verfügt. Er ist auch mit den Beurteilungskriterien der Anhaltspunkte 1996, die für die GdB-Bewertung maßgebend sind bestens vertraut. Die gutachtlichen Ausführungen des Q sind in sich schlüssig und fundiert. Sie beruhen auf einer sorgfältigen Untersuchung des Klägers und einer gründlichen Auswertung des gesamten Aktenmaterials. Anhaltspunkte dafür, dass Q die bei dem Kläger zu erhebenden Befunde unrichtig oder unvollständig erfasst oder ausgewertet haben könnte, sind nirgends ersichtlich. Es bedurfte auch nicht der Einholung eines psychiatrischen Zusatzgutachtens, um den GdB für die Belastungsstörung des Klägers zutreffend einschätzen zu können. Denn die Angstzustände und die Schlafsstörungen des Klägers haben kein derartiges Gewicht, dass sie einen höheren GdB als 10 verursachen würden, zumal der Kläger selbst keinen derartigen Leidensdruck verspürt, dass dieser ihn veranlasst hätte, einen Facharzt für Psychiatrie aufzusuchen. Ebenso wenig war es erforderlich, ein Gutachten von C2, des Direktors der Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie des Universitätsklinikums F, einzuholen. Denn Q ist als Internist und Arbeitsmediziner sehr wohl imstand, die Auswirkungen der Verpflanzung eines Leberteiles samt den Folgen der operativen Eröffnung des Bauraumes und die Folgen des Verlustes der Gallenblase zutreffend abzuklären und mit dem richten GdB einzustufen. Dazu ist es nicht notwendig, über all diejenigen Kenntnisse und Fertigkeiten zu verfügen, die C2 in die Lage versetzen, eine Lebertransplantation erfolgreich durchzuführen, sondern dafür genügen die Kenntnisse und Fertigkeiten, auf die sich Q als Internist und Arbeitsmediziner mit reichhaltiger Erfahrung berufen kann.

Wenn man in der vom Kläger erhobenen, gegen den Widerspruchsbescheid vom 03.02.2003 gerichteten Klage denn eine auf die reine Aufhebung der in dem Widerspruchsbescheid vom 03.02.2003 enthaltenen negativen Verwaltungsentscheidung bezüglich des Nachteilsausgleiches "dauernde Einbuße der körperlichen Beweglichkeit" abzielende Anfechtungsklage erblicken wollte, die darauf gestützt wäre, insoweit müsse der Widerspruchsbescheid vom 03.02.2003 wegen fehlender instanzieller Zuständigkeit der Bezirksregierung Münster, die für die diesbezügliche ursprüngliche Verwaltungsentscheidung nicht zuständig ist, aufgehoben werden, so wäre diese Klage jeden falls wegen fehlenden Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Der isolierten Anfechtungsklage kommt nämlich gegenüber der hier einschlägigen Verpflichtungsklage, die über die bloße Anfechtung hinausgeht, keine eigene Berechtigung zu (vgl. dazu Meyer-Ladewig, aaO, § 54 SGG Randnummer 38).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 138 SGG.
Rechtskraft
Aus
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