S 26 RA 19/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
26
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 26 RA 19/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 14 RA 97/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt eine Bewertung ihrer Versicherungszeiten in der DDR nach Vorschriften des Fremdrentengesetzes (FRG) statt ausschließlich des Sozialgesetzbuches (SGB) VI.

Die Klägerin ist am 00.00.1939 in Ostpreußen geboren und infolge des Krieges Vertriebene mit Ausweis A. Sie ist dann in der DDR aufgewachsen und hat dort bis Januar 1989 Versicherungszeiten (Beitragszeiten) zurückgelegt. Am 13.01.1989 wurde sie zum Zweck der Ausreise aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen und reiste am 09.02.1989 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Seit dem 16.02.1989 hat sie ihren ständigen Aufenthalt in Mönchengladbach. Am 01.09.1989 hatte die Klägerin erstmals die Klärung ihres Versicherungskontos beantragt. Nach Vorlage der DDR- Unterlagen erteilte die Beklagte zunächst mehrere Bescheide vom 24.10.1989 (Bl. 50 bis 57 Gerichtsakte) und dann noch 2 Bescheide vom 26.10.1989 (Bl. 61 ff. der Gerichtsakte, Bl. 19ff. des Versicherungsteils der Verwaltungsakte der Beklagten), mit denen sie Beitragszeiten nach § 15 FRG, Kindererziehungszeiten und Ausfallzeiten bis zum 25.01.1989 anerkannte bzw. vormerkte. Aufgrund eines Antrags von 1994 wurden bei der Klägerin auch flegeberücksichtigungszeiten seit Juni 1994 anerkannt. Ab dem 01.04.1995 hat die Klägerin nun auch in der Bundesrepublik Deutschland Beitragszeiten, aufgrund von Pflichtbeiträgen für Pflegetätigkeit und inzwischen auch Pauschalbeirägen aus geringfügiger Beschäftigung.

Am 08.11.2001 beantragte die Klägerin Altersrente für langjährig Versicherte ab 01.04.2002. Die Beklagte erteilte daraufhin den angefochtenen Rentenbescheid vom 20.02.2002, abgesandt am 04.03.2002. Mit diesem Bescheid stellte sie eine Rente in Höhe von monatlich 321,86 Euro fest. Sie berücksichtigte dabei die DDR-Zeiten weiterhin im Versicherungsverlauf, ordnete ihnen aber andere auch niedrigere Entgeltwerte zu. Gleichzeitig erklärte sie im Rentenbescheid, die 6 Bescheide vom 24.10.1989 aufzuheben, nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB V, soweit sie nicht dem geltenden Recht entsprechen würden. Für die früher anerkannten zurückgelegten Zeiten seien Vorschriften zum Teil aufgehoben oder geändert worden und insbesondere die Bewertung sei neu geregelt worden. / Gegen den Rentenbescheid (der der Klägerin erst am 05.03.2002 zuging), legte die Klägerin am 04.04.2002 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, sie sei aufgrund des Flüchtlings- bzw. Vertriebenenstatus so zu stellen, als hätte sie ihr gesamtes Arbeits- und Versicherungsleben in der Bundesrepublik Deutschland verbracht, entsprechend dem FRG ohne Abschläge; zumal sie den Vertriebenenstatus bereits seit Februar 1989 habe, vor Auflösung der DDR, und weil sie damit auch nicht zu stellen sei wie eine Versicherte, die zuletzt im Beitrittsgebiet gelebt habe. Die von der Beklagten angewandten Werte zur Umrechnung der Beitragsbemessungsgrundlage des Beitrittsgebietes sollten nur für solche Versicherte gelten, die ihre Rente auch im Beitrittsgebiet erhielten. Im Übrigen würden die von der Beklagten angewandten Regelungen auf sie nicht angemessen passen, sie müsste deshalb nur nach den Regelungen der alten Bundesländer beurteilt werden. Im Übrigen halte sie den Staatsvertrag zur Überführung des Rentenrechts der früheren DDR - wegen ihres Status - für hier nicht anwendbar. Die Beklagte erläuterte daraufhin der Klägerin ihre Vorgehensweise, unter Angabe von Rechtsvorschriften (Bl. 87 Rentenakte). Die Klägerin erklärte, ihren Widerspruch aufrecht zu erhalten, sie sehe sich als Vertriebene hier benachteiligt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 09.01.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie aus: Die Klägerin begehre die Anerkennung der in der ehemaligen DDR zurückgelegten Beitragszeiten nach dem FRG, die Aufnahme der freiwilligen Beiträge in den Versicherungsverlauf anstelle als Höherversicherungsbeiträge und die Anwendung der Berechnungselemente der alten Bundesländer. Das sei jedoch nicht möglich. Nach § 300 SGB VI finde nämlich vom Inkrafttreten des SGB VI an jeweils das aktuelle Recht Anwendung, das beim Rentenbeginn gelte; dies gelte auch für Sachverhalt und Ansprüche, die bereits früher bestanden hätten. Das FRG habe ab 1992 keine Anwendung mehr gefunden auf Beitragszeiten in der ehemaligen DDR. Eine Ausnahme sei nur gegeben nach § 259a SGB VI, wenn ein Versicherter am 19.05.1990 seinen Aufenthalt schon im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Beitragsgebiet gehabt habe und auch vor dem 01.01.1937 geboren worden sei. Darunter falle die Klägerin als Angehörige des Jahrgangs 1939 nicht. Nach § 256a Abs. 1 SGB VI würden hier für die Klägerin für Beitragszeiten im Beitrittsgebiet Entgeltpunkte ermittelt, indem der mit dem Wert der Anlage 10 vervielfältigte Verdienst durch das Durchschnittsentgelt für dasselbe Kalenderjahr geteilt werde. An dieser Wertung würden auch die Kindererziehungszeiten und beitragsfreien Zeiten teilnehmen. Was die freiwillige Versicherung angehe, so hätten Versicherte in der ehemaligen DDR den Umfang dieser Versicherung selbst bestimmen können. So sei eine Beitragsentrichtung von monatlich 3,- DM bis 60,- DM möglich gewesen.Um eine Herabsenkung des Rentenniveaus zu verhindern, habe der Gesetzgeber mit 248 Abs. 3Satz 2 Nr. 3 SGB VI die Anerkennung zu niedrig entrichteter freiwilliger Beiträge ausgeschlossen. Nach der Anlage 11 zum SGB VI seien dies ab 01.01.1962 die monatlichen Beiträge von 3, 6, 9 und 12,- Mark. Diese Ausschlusswirkung sei aber nicht absolut, § 269 Abs. 1 SGB VI sehe vor, dass für diese Beiträge im Leistungsfall Steigerungsbeträge nach den Grundsätzen der Höherversicherung zu leisten seien. Weil die Höherversicherungsbeiträge und die Beiträge nach § 248 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 SGB VI in § 269 Abs. 1 SGB VI zusammengefasst worden seien, erfolge keine Aufsplitterung in Mark und Deutsche Mark. Ein Nachteil bestehe somit nicht. Im Übrigen habe der Vertriebenenausweis insofern Beachtung gefunden, indem der Monat Februar 1989 als Ersatzzeit anerkannt worden sei. Auf die Beiträge im Beitrittsgebiet habe dieses Dokument jedoch keinerlei Auswirkungen. Im Übrigen zitierte die Beklagte auf S. 1 des Widerspruchsbescheides nach § 254d SGB VI; dazu hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 02.04.2003 auf S. 2 klargestellt, dass nicht § 254d Abs. 1 anzuwenden sei, sondern Abs. 2 SGB VI. Soweit damit irrtümlich auf Entgeltpunkte Ost Bezug genommen worden sei, sei jedoch eine Neufeststellung entbehrlich, denn in diesem Zusammenhang sei aber die Rentenberechnung korrekt erfolgt entsprechend Anlage 6 S. 1 des Rentenbescheides vom 20.02.2002 (Bl. 56 der Rentenakte).

Gegen den Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 10.02.2003 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Zur Begründung nimmt die Klägerin Bezug auf ihr bisheriges Vorbringen und vertieft dieses. Ergänzend macht sie geltend, die Beklagte müsse auch aus formalen Gründen weiterhin das Fremdrentenrecht auf sie anwenden. Denn sie habe jedenfalls die 2 Bescheide vom 26. Oktober 1989 nicht aufgehoben, so dass diese weiter verbindlich seien. Wenn zudem sich ab 1992 Rechtsänderungen ergaben, so hätte die Beklagte darauf auch hinweisen müssen; dann hätte sie auch noch einmal gearbeitet, um ihre Rentenanwartschaft zu steigern, die ihr 1989 noch in höherem Umfang mitgeteilt worden sei.

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2003 zu verurteilen, bei der Berechnung der Altersrente auf die Zeiträume bis zum 25.01.1989 weiterhin das FRG anzuwenden nach Maßgabe der Bescheide vom 26.10.1989 und die Rente dementsprechend neu festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen in den angefochtenen Bescheiden; diese seien nur dahingehend zu korrigieren, dass statt § 254d Abs. 1 SGB VI vielmehr dessen 2. Absatz gemeint sei, die Bestimmmung sei nur fehlerhaft zitiert worden. Die Berechnung der Entgeltpunkte nach der vielmehr zutreffenden Vorschrift des § 256a SGB VI habe sie jedoch angewandt. Im Übrigen könne sie bei der Vielzahl der Versicherten und den häufigen Rechtsänderungen nicht jedes Mal einen neuen Feststellungsbescheid nach § 149 SGB VI erteilen. Im Rentenbescheid habe sie auch noch rechtzeitig frühere Bescheide aufheben können, nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB VI, ohne Rücknahmebegrenzungen nach §§ 24, 48 SGB X und im Übrigen bedürfe es grundsätzlich nicht einmal der Aufhebung früherer Feststellungsbescheide nach Art 38 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG). Für das Begehren der Klägerin gebe es keine geeignete auf sie auch passende Rechtsgrundlage. Der von der Klägerin angesprochene § 256a Abs. 2a finde auf sie keine Anwendung. Diese Norm gelte für Versicherte, die in der Zeit vor Juli 1990 ihren gewöhnlichen Aufenthalt gehabt hätten im Bundesgebiet ohne das Beitrittsgebiet, aber noch Beiträge zur Sozialversicherung der ehemaligen DDR gezahlt hatten. Diese Regelung betreffe aber hauptsächlich Beschäftigte der Deutschen Reichsbahn mit Wohnsitz in Berlin (West). Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung war, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere form- und fristgerecht erhoben. Der Widerspruchsbescheid vom 09.01.2003 gilt nach § 37 SGB X fiktiv als frühestens am 12.01.2003 zugestellt. Die Klagefrist lief damit bis zum 12. Februar 2003. Bereits 2 Tage zuvor hatte die Klägerin die Klage erhoben.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Die angefochtenen Verwaltungsakte der Beklagten, nämlich der Bescheid vom 20.02.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.01.2003, sind nicht rechtswidrig und beschweren die Klägerin nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG), weil die Beklagte mit diesen Bescheiden die Versicherungszeiten der Klägerin in der DDR zutreffend bewertet und berücksichtigt hat, entsprechend den gesetzlichen Vorschriften; der begehrten Verpflichtung der Beklagten (§ 54 Abs. 4 SGG), die Versicherungszeiten so zu bewerten wie früher nach dem FRG, war daher nicht zu entsprechen.

Zur Meidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht gemäß § 136 Abs. 3 SGG Bezug auf die Ausführungen der Beklagten in den angefochtenen Bescheiden, insbesondere dem Widerspruchsbescheid. Das Gericht folgt diesen Begründungen und erklärt sie für richtig (mit der Maßgabe, dass § 254d Abs. 1 SGB VI im Widerspruchsbescheid irrtümlich zitiert wurde) und sieht gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe insoweit ab.

Das Gericht fügt ergänzend noch hinzu, dass es einer Aufhebung früherer Feststellungsbescheide von 1989, also insbesondere der Bescheide vom 24.10. und 26.10.1996, nach den Vorschriften des SGB X (§§ 44ff.) und nach § 149 Abs. 5 Satz 2 SGB X auch nicht ausdrücklich bedurfte, weil schon nach Art. 38 RÜG (Rentenüberleitungsgesetz) frühere Bescheide, die außerhalb einer Rentenbewilligung Feststellungen getroffen haben, zu überprüfen sind, ob sie mit den zum Zeitpunkt des Rentenbeginns geltende Vorschriften des SGB VI und des FRG übereinstimmen. Art. 38 Satz 2 RÜG bestimmt ausdrücklich: Beginnt eine Rente nach dem 31.07.1991, ist die für diese Rente nach diesem Zeitpunkt maßgebende Fassung des SGB VI und des FRG von ihrem Beginn an auch dann anzuwenden, wenn (frühere) Versicherungsbescheide noch nicht durch einen neuen Feststellungsbescheid ersetzt sind. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus dem Rentenüberleitungs-Ergänzungsgesetz vom 24.06.1993, und auch nach Art. 6 §3 4 Abs. 3a Satz 4 des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG). Die Rechtsprechung der Landessozialgerichte und auch des Bundessozialgerichtes hat zwar in der Vergangenheit auch wiederholt die Auffassung vertreten, dass es trotz Art. 38 RÜG gleichwohl einer ausdrücklichen Aufhebung früherer Feststellungsbescheide bedürfe; dies kann zur Überzeugung der Kammer aber dann nicht gelten, wenn durch neues Recht - hier die §§ 256a, b und § 259a SGB VI - strukturell die bisherige Anwartschaft komplett neu zu berechnen ist, mit einer komplett neuen Feststellung der Entgeltpunkte bei völliger Lösung von den bisherigen Vorschriften des FRG bzw. den dazu ergangenen Tabellen und Leistungsgruppen bzw. Qualifikationsgruppen. Art. 38 RÜG ist insoweit - weiterhin - auch als lex specialis gegenüber § 149 Abs. 5 Abs. 2 SGB VI neuer Fassung anzusehen, mit der Folge, dass es einer Aufhebung der Bescheide vom 26.10.1989 nicht bedurfte; die Bescheide vom 24.10.1989 hat die Beklagte ohnehin schon im Rentenbescheid aufgehoben. Denn zutreffend konnte die Beklagte nicht § 259a Abs. 1 SGB VI anwenden, die Vorschrift über die Bewertung von Beitragszeiten vor dem 19.05.1990 aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz für die hier streitigen Versicherungszeiten. Denn nach dieser Vorschrift, in der seit dem Gesetz vom 24.06.1993 geltenden Fassung (Bundesgesetzblatt I, 1038), findet diese Bewertung nur Anwendung für Versicherte, die vor dem 01.01.1937 geboren sind. Dies ist bei der Klägerin unstreitig nicht der Fall. Auch nach der Fassung des § 259a Abs. 1 SGB VI bis zum Gesetz vom 24.06.1993 hätte sich für die Klägerin keine andere Bewertung ergeben, denn nach dieser früheren Fassung hätte die Anwendung von Entgeltpunkten aufgrund der Anlagen 1 bis 16 zum Fremdrentengesetz einen Rentenbeginn bereits vor dem 01.01.1996 vorausgesetzt. Die Altersrente der Klägerin setzt aber erstmals am 01.04.2002 ein. Daraus folgt, dass die Beklagte, wie in dem Widerspruchsbescheid und im Schriftsatz vom 02.04.2003 ausgeführt, die Entgeltpunkte gemäß §§ 256a, 256b SGB VI zu ermitteln hatte. Die Beklagte hat insoweit die Versicherungszeiten der Klägerin in der ehemaligen DDR bzw. im Beitrittsgebiet, soweit sie in den Sozialversicherungsausweisen eingetragen sind und näher belegt wurden, zutreffend bewertet. Sie hat insbesondere, wie sich aus Anlage 6 S. 1 des Bescheides vom 20.02.2002 ergibt, dementsprechend auch Entgeltpunkte über Beitragszeiten im Beitrittsgebiet ermittelt, ohne dabei § 254d Abs. 1 SGB VI (Entgeltpunkte Ost) angewandt zu haben - insoweit wurde im Widerspruchsbescheid nur irrtümlich diese Bestimmung zitiert. § 256a SGB VI ist auf die Klägerin angewandt worden, entsprechend § 254d Abs. 2 SGB VI (wonach die Entgeltpunkte (Ost)) nach § 254d Abs. 1 nicht gelten für Versicherte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt schon am 18. Mai 1990 im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland oder das Beitrittsgebiet hatten). Die Kammer sieht auch keinen Verstoß gegen die Verfassung darin, dass die Beklagte §§ 256a, 256b, 259a SGB VI so anwendet, dass für die Klägerin als nach dem 01.01.1937 geborene Versicherte keine anderen Bewertungen errechnet werden als die, die sich aus den vorgenannten Vorschriften ergeben. Diese Vorschriften sind nicht verfassungswidrig wegen eines Verstoßes gegen das Grundgesetz. Es liegt hier weder ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen den speziellen Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 3 des Grundgesetzes vor. Die Klägerin wird nämlich nicht ohne sachlichen Grund anders behandelt als die Bürger, die schon immer im Bundesgebiet gearbeitet und Versicherungsbeiträge entrichtet haben oder andere Rentenberechtigte; sie wird auch nicht ohne sachlichen Grund wegen ihrer Heimat und Herkunft (wegen des Aufenthaltes bis Januar 1989 in der DDR) anders behandelt als Bürger, die schon immer in der Budesrepublik Deutschland arbeiteten und Versicherungsbeiträge entrichteten. Denn für die Frage der Rechtsanwendung des FRG oder allein des SGB VI hat der Gesetzgeber nunmal den Stichtag 01.01.1937 mit der "Geburt nach dem 31.12.1936" gewählt. Stichtage sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts als solche nicht zu beanstanden; sie können immer zu Härten im Einzelfall führen, die hingenommen werden müssen, wenn der Gesetzgeber pauschalisierend nunmehr Sachverhalte anders regeln will und andere Rechtsnormen einführen will. Stichtage wären nur zu beanstanden, wenn sie willkürlich gewählt sind und sich nicht an sachlichen Gesichtspunkten orientieren. Der Gesetzgeber kann aber für die Sozialversicherten an den Zeitpunkt eines Geburtsdatums anknüpfen für die Frage der Anwendung des SGB VI oder allein des FRG. Dies kann und soll nämlich dazu führen, dass ab einem bestimmten Zeitpunkt sich Sozialleistungen nur noch nach neueren Vorschriften bestimmen sollen. Zu bedenken ist nämlich, dass der Gesetzgeber bereits vor der Wiedervereinigung Deutschlands und danach noch vor der schwierigen Situation stand, Regelungen treffen zu müssen, die für alle Versicherten bzw. künftigen Rentner gelten. Bereits früher hatte das Bundesverfassungsgericht zur Frage der allgemeinen Bewertung durch das FRG entschieden, dass z.B. pauschalisierende Regelungen durch Leistungsgruppen nicht zu beanstanden sind vor dem Hintergrund des Ergebnisses des Zweiten Weltkrieges (Beschluss vom - 1 BvR 1396/82). Die Situation ist durch die Wiedervereinigung und ihre Folgen nun seit Beginn der 90er Jahre nur noch immer schwieriger geworden. Einerseits musste der Gesetzgeber Regelungen treffen für die Zugnagsrentner, die also schon immer in der DDR wohnten und jetzt im Gebiet der neuen Bundesländer Rentenanwartschaften haben bzw. rentenberechtigt sind; er musste auch Regelungen treffen für diejenigen, die bereits bisher Anwartschaften u.a. nach dem FRG haben und ist nach dem erkennbaren Gesetzessinn bestrebt, in Zukunft einheitliche Regelungen gelten zu lassen, nach §§ 256a, 256b und auch § 256c SGB VI. Ein solches Ziel vereinheitlichender Regelungen ist nicht zu beanstanden und bei diesem Hintergrund auch nicht zu beanstanden, dass der Gesetzgeber nunmehr an das Geburtsdatum 01.01.1937 anknüpft; bzw. davor oder danach; irgendeinen Anknüpfungspunkt muss der Gesetzgeber finden und hat das Geburtsdatum gewählt. Wäre - wie die Klägerin geltend macht - nur auf den jeweiligen Wohnsitz abzustellen, (in den alten oder neuen Bundesländern), würden unerwünschte Wanderbewegungen in der Bundesrepublik Deutschland stattfinden

oder Manipulationen (nur formale Wohnsitznahme) ermöglicht. Das Geburtsdatum ist jedoch nicht abänderbar. Es kommt mithin nicht darauf an, dass die Klägerin bereits 1989 formal aus der Staatsbürgerschaft der DDR entlassen wurde. Sie kann sich auch nicht darauf berufen, dass die Beklagte sie nach 1989 individuell hätte über die Rechtsänderungen informieren müssen. Denn solches hätte die Möglichkeiten der Versicherungsträger als Massenverwaltungen gesprengt, angesichts der Folgen der Wiedervereinigung und der Vielzahl der in Betracht kommenden Versicherten sowohl in den alten wie auch in den neuen Bundesländern. Außerdem gab es auch immer wieder in den Medien Berichte über Veränderungen der Vorschriften für Rentner bzw. Versicherte nach dem Fremdrentengesetz und die Klägerin hätte sich auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt bei der Beklagten nach dem Stand ihrer jeweiligen Anwartschaft erkundigen können. Im Übrigen ist der unstreitigen Vertreibung bzw. dem Vertriebenenausweis durchaus weiterhin Bedeutung zugekommen; dafür ist auch im angefochtenen Rentenbescheid der Klägerin eine Ersatzzeit zuerkannt worden. Die freiwilligen Beiträge der Klägerin in der DDR sind im Übrigen ohne Rechtsnachteil für sie in die Ermittlung der Entgeltpunkte eingeflossen, wie die Beklagte auch bereits mit dem Widerspruchsbescheid zutreffend ausgeführt hat.

Abschließend weist die Kammer darauf hin, dass die Verschlechterung der Anwartschaft der Klägerin gegenüber den Mitteilungen von 1989 nicht allein auf einer anderen Bewertung der Zeiten in der DDR beruhen dürfte, sondern auch auf der 1992 erst eingeführten Gesamtleistungsbewertung (§71 SGB VI), wonach sich Lücken im Versicherungsverlauf ungünstiger auswirken als dies früher der Fall gewesen ist; Lücken liegen bei der Klägerin insoweit vor, als sie von März 1989 bis Mai 1994 keine relevanten Versicherungszeiten zurückgelegt hat. Die Gesamtleistungsbewertung ist von der Rechtsprechung bisher auch nicht beanstandet worden, weil es zulässig ist, Lücken im Versicherungsverlauf stärker anwartschaftsmindernd zu berücksichtigen als dies vor 1992 der Fall gewesen war.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1, 4 SGG.
Rechtskraft
Aus
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