S 18 AS 2763/19 ER

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
18
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 18 AS 2763/19 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
1. Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 11.7.2019 gegen die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungs-akt vom 11.7.2019 bzw. der Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 1.8.2019 wird abgelehnt. 2. Kosten werden nicht erstattet.

Gründe:

I. Die Beteiligten streiten um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung zunächst des Widerspruchs gegen die per Verwaltungsakt erlassene Eingliederungsvereinbarung vom 11.7.2019 sowie nach Erlass des Widerspruchsbescheids vom 1.8.2019 der dagegen am 7.8.2019 erhobenen Klage.

Gegenüber dem Kläger wurde mit Bescheid vom 11.1.2019 eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt erlassen, nachdem zuvor geführte Verhandlungen zum einvernehmlichen Abschluss gescheitert waren. Der Kläger hatte dagegen bei der erkennenden Kammer einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs dagegen gestellt, den die Kammer mit Beschluss vom 27.2.2019 ablehnte. Die beim LSG NRW durch den Antragsteller eingelegte Beschwerde wurde abgelehnt. Die ebenfalls bei der Kammer eingereichte Klage wurde kürzlich per Gerichtsbescheid abgewiesen. Die Laufzeit dieser Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt endete am 10.7.2019.

Am 11.7.2019 fand zwischen den Beteiligten ein Beratungsgespräch statt, in dem die vorherigen Bewerbungsschreiben des Antragstellers und diverse Möglichkeiten der Weiterbildung besprochen wurden. Da keine Lösung zwischen den Beteiligten zustande kam, wohl unter anderem, da der Antragsteller sich Bedenkzeit erbat, erließ der Antragsgegner am selben Tag die streitgegenständliche Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt. Diese sieht u.a. vor, dass der Antragsteller in den Zeitraum vom 11.7.2019 bis zum 10.1.2020 monatlich jeweils zehn Bewerbungsbemühungen vorzunehmen und gegenüber dem Antragsgegner nachzuweisen sowie an der Maßnahme "Bewerbungszentrum BZ" mindestens zwei Mal wöchentlich an von ihm selbst mit dem Maßnahmeträger abgestimmten Tagen teilzunehmen hat. Als Unterstützungsleistung des Antragsgegners sieht die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt das Angebot des Antragsgegners vor, dem Antragsteller die Teilnahme an dem Bewerberzentrum zu ermöglichen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 11.7.2019 verwiesen.

Der Antragsteller erhob gegen die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 11.7.2019 mit Schreiben vom selben Tage Widerspruch, den der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 1.8.2019 als unbegründet zurückwies. Gegen den Widerspruchsbescheid hat der Antragsteller inzwischen am 7.8.2019 Klage erhoben.

Der Antragsteller hält die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt für rechtswidrig. So sei dem Antragsteller anlässlich des Meldetermins am 11.7.2019 kein Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung unterbreitet, sondern direkt der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt erlassen worden. Eine solche dürfe nach der Rechtsprechung des BSG jedoch nur erlassen werden, wenn nach einer hinreichenden Verhandlungsphase keine Einigung über Abschluss oder Inhalte zustande gekommen sei. Eine Eingliederungsvereinbarung müsse gemeinsam durch den Betroffenen erarbeitet werden und die Verhandlungsphase dabei von dem Leistungsträger durch hinreichend qualifiziertes Personal verständigungsorientiert moderiert und strukturiert werden. Dem Leistungsberechtigten seien angemessene Fristen und Bedenkzeit einzuräumen. Ohne – wie hier – vorausgehende Verhandlungen sei der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt bereits aus diesem Grunde rechtswidrig. Dem Antragsteller sei nicht einmal ein Entwurf einer Eingliederungsvereinbarung vorgelegt worden, so dass der Vortrag des Antragsgegners so nicht zutreffend sei, dass der Antragsteller die Unterzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung verweigert und eine konsensuale Lösung daher gescheitert sei. Zudem sei diese auch formal unwirksam, da der Antragsteller vor Erlass nicht ordnungsgemäß angehört worden sei. Auch bei der lediglich mündlich möglichen Anhörung dürfe die Äußerungsfrist in der Regel zwei Wochen nicht unterschreiten.

Der Antragsteller beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 11.7.2019 (Zeichen des (Antragsteller-Bevollmächtigten): 0000/0000/00) gegen den Eingliederungsverwaltungsakt vom 11.7.2019 bzw. der Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 1.8.2019 anzuordnen.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die Voraussetzungen zum Erlass einer einstweiligen Anordnung seien nicht glaubhaft gemacht. Mit dem Antragsteller habe in dem Beratungsgespräch vom 11.7.2019 keine konsensuale Lösung vereinbart werden können. Den Besuch einer Maßnahme habe der Antragsteller für sich ausgeschlossen. Der Antragsteller habe den Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung abgelehnt. Einer Bedenkzeit habe der Antragsteller nicht bedurft, da sich an der dem Antragsteller bereits bekannten Strategie zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt nichts geändert habe und er sich mithin auch nicht mit neuen Strategien habe auseinandersetzen müssen. Der Antragsteller wende ein maßgeschneidertes Eingliederungskonzept an, welches sich durch gegenseitiges Geben und Nehmen auszeichne. Die Anzahl der geforderten Bewerbungsbemühungen des Antragstellers sei auf ihn angepasst; eine weitere Reduktion der zehn Bewerbungsbemühungen sei im Hinblick auf die Integrationsstrategie und vor dem Hintergrund der Unterstützung im Bewerberzentrum nicht angezeigt gewesen. Die Zuweisung dorthin sei auch vor dem Hintergrund erfolgt, dass der Antragsteller sein Budget für Bewerbungskosten aus dem Vermittlungsbudget nahezu aufgebraucht habe und die Bewerbungen für den Antragsteller dort kostenfrei seien.

Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ist am 11.7.2019 bei Gericht eingegangen. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird verwiesen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte.

II. Der Antrag ist zulässig aber unbegründet.

1. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG anordnen. Gemäß § 39 Nr. 1 SGB II, der eine sondergesetzliche Bestimmung im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darstellt, haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, der über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende entscheidet oder Leistungen zur Eingliederung in Arbeit oder Pflichten des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen bei der Eingliederung in Arbeit regelt, keine aufschiebende Wirkung. Dies gilt auch für Verwaltungsakte, die eine Eingliederungsvereinbarung ersetzen. Diese sind unmittelbar mit Bekanntgabe des Verwaltungsaktes wirksam, was bedeutet, dass Widerspruch und Anfechtungsklage gemäß § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung haben (Sonnhoff in: Juris PK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 15). Der Widerspruch gegen die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt hat keine aufschiebende Wirkung gemäß § 86b Abs. 3 SGG, § 39 Nr. 1 SGB II. Der Antrag nach § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG ist dabei gegenüber dem Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 SGG vorrangig. Dies ergibt sich bereits aus § 86b Abs. 2 S. 1 SGG mit dessen Formulierung "soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt".

Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse der Antragstellerin an der Herstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes in erster Linie die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache von Bedeutung (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, § 86b Rn. 12f ff.). Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 39 Nr. 1 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung der angefochtenen Bescheide grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 08.02.2007, L 7 B 11/07 AS ER und Beschluss vom 26.07.2006, L 20 B 144/06 AS ER).

2. Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers. Denn ob die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 11.7.2019 rechtswidrig ist, ist bestenfalls im Sinne des Antragstellers offen.

a) Rechtsgrundlage für den Erlass des Eingliederungsverwaltungsaktes ist § 15 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 SGB II (in der Fassung vom 01.08.2016, BGBl I S. 1824). Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zu Stande, sollen gemäß § 15 Abs. 3 S. 3 SGB II die Regelungen durch Verwaltungsakt vorgenommen werden. Die Berechtigung, einen Ein-gliederungsverwaltungsakt zu erlassen, besteht grundsätzlich erst, wenn zuvor Verhand-lungen zumindest angeboten oder ohne Ergebnis geführt worden sind (BSG, Urteil vom 14.02.2013 - B 14 AS 195/11 R; SG Stuttgart, Beschluss vom 21.05.2014 - S 18 AS 2698/14 ER). Ein die Eingliederungsvereinbarung ersetzender Verwaltungsakt ohne jede vorausgehende Verhandlung ist bereits aus diesem Grund rechtswidrig (LPK-SGB II, § 15 Rn. 42). Es reicht dabei nicht aus, lediglich den Entwurf einer Eingliede-rungsvereinbarung anzubieten, ohne dass Verhandlungsbereitschaft auf Seiten des Leistungsträgers besteht (SG Stuttgart, Beschluss vom 21.05.2014 - S 18 AS 2698/14 ER). Anders stellt sich die Situation dar im Fall der Weigerung des erwerbsfähigen Hilfe-bedürftigen, Verhandlungen zu führen. Dann kann der Leistungsträger unmittelbar ei-nen Verwaltungsakt erlassen, ohne zuvor in (von vorneherein fruchtlose) Verhandlun-gen getreten zu sein. Das gilt auch dann, wenn aus den Vorschlägen des Hilfebedürfti-gen klar hervorgeht, dass der Abschluss einer Eingliederungsvereinbarung nicht er-wünscht ist bzw. vereitelt werden soll (SG Stuttgart, Beschluss vom 7.07.2014 - S 18 AS 3048/14 ER; jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 15, Rn. 14). In den Verwaltungsakt sind sämtliche Regelungen der beabsichtigten Eingliederungsvereinbarung aufzunehmen, insbesondere die Eingliederungsleistungen, die Eigenbemühungen und deren Nach-weis.

Am 11.7.2019 ist unstreitig keine Eingliederungsvereinbarung zwischen den Beteiligten zustande gekommen. Die Eingliederungsvereinbarung ist dabei nach summarischer Prü-fung nicht zustande gekommen, weil der Antragsteller nicht zum Abschluss bereit gewe-sen war. Dem steht nicht entgegen, dass der Antragsgegner nach summarischer Prüfung dem Antragsteller keinen fertigen Entwurf vorgelegt hat. Denn – wie auch der Antragstel-ler selbst hervorhebt – muss eine Eingliederungsvereinbarung ja konsensual herbeige-führt werden. Dies kann derart geschehen, dass eine Seite – typischerweise der Leis-tungsträger – einen Entwurf vorlegt, über dessen einzelnen Regelungen dann verhan-delt und diese angepasst werden, oder dass von vornherein eine Eingliederungsverein-barung gemeinsam erarbeitet werden soll. Der Antragsteller hat aber nach summarischer Prüfung klar erklärt, dass er an diesem Tage ohnehin keine Vereinbarung abschließen wolle. Zwar erscheint es grundsätzlich angemessen und erforderlich, beiden Seiten eine Bedenkzeit einzuräumen, doch bedurfte es dieser im Falle des Antragstellers nicht. Es wurden bereits in den vorherigen Zeiträumen Eingliederungsvereinbarungsverhandlun-gen – fruchtlos – geführt mit weitestgehend identischen inhaltlichen Fragen. Auch ist der Antragsteller, der seit Juni 2018 dreizehn Klagen und einstweilige Verfahren bei der Kammer anhängig gemacht hat, die größtenteils Streitigkeiten um Eingliederungsverein-barung betreffen, mit der Materie grundsätzlich vertraut. Damit lagen Verhandlungen vor, die gescheitert sind, und war der Antragsgegner dem Grunde nach berechtigt, nach § 15 Abs. 3 SGB II eine Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt zu erlassen.

b) Die bei der Ersetzungsentscheidung zu treffenden Ermessenserwägungen dürfte der Antragsgegner beachtet haben. Die ersetzenden Regelungen sind im Rahmen des pflichtgemäßen Ermessens nach denselben Maßstäben zu einem angemessenen Aus-gleich zu bringen, wie dies für die konsensuale Eingliederungsvereinbarung gilt (BSG, Urteile vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R). Auch die Regelungen eines Eingliederungs-verwaltungsaktes müssen daher den Anforderungen genügen, die sich aus § 15 Abs. 2 SGB II ergeben. Zu beachten ist außerdem, dass der Eingliederungsverwaltungsakt als öffentlich-rechtlicher Vertrag den Anforderungen des § 55 Abs. 1 Satz 2 SGB X unter-liegt. Danach muss die Gegenleistung, zu der sich der Vertragspartner der Behörde ver-pflichtet, "den gesamten Umständen nach angemessen sein und im sachlichen Zusam-menhang mit der vertraglichen Leistung der Behörde stehen". Dies erfordert, dass die Konkretisierung der Eigenbemühungen des Leistungsempfängers nur zulässig ist, wenn ihr eine angemessene vertragliche Leistung der Behörde, also der Leistungen zur Ein-gliederung in Arbeit nach § 15 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB II gegenübersteht (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R; LSG NRW, Beschluss vom 31. August 2017 – L 2 AS 488/17). Diesen Anforderungen dürfte der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt gerecht werden. Die Anzahl von zehn monatlichen Bewerbungsbemühungen hält die Kammer für angemessen; insoweit wird auch auf den bereits zwischen den Beteiligten ergangenen Beschluss der Kammer, den die Beschwerdeinstanz bei dem LSG NRW be-stätigt hat, verwiesen, in der die Anzahl von fünfzehn für im konkreten Fall angemessen gehalten worden ist.

Insbesondere hält die Kammer die Regelung für verhältnismäßig angesichts der indivi-duellen Situation des Antragstellers, seiner ohnehin offenbar gegebenen hohen Eigen-motivation, seiner Ausbildung und beruflichen Erfahrung und der Anzahl potentieller Ar-beitgeber, die in Frage kommen. Denn die Zumutbarkeit von Art und Häufigkeit der Ei-genbemühungen beurteilt sich an den Umständen des Einzelfalls (Eicher, SGB II, § 15 Rn. 43; BVerwG v. 17.05.1995 - 5 C 20/93 - BVerwGE 98, 203-210; Schlegel/Voelzke, ju-risPK-SGB II, § 15, Rn. 88). Maßgeblich sind die persönlichen Verhältnisse des Leis-tungsempfängers, das individuelle Leistungsvermögen, der berufliche Ausbildungsstand und allgemeine Berufserfahrung, die intellektuellen Fähigkeiten und Kenntnisse, die persönlichen familiären Verhältnisse jeweils in Relation zu den Verhältnissen des Ar-beitsmarktes (OVG Lüneburg v. 03.07.2000 - 4 L 1967/00 ; Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 15, Rn. 88). Wie dargelegt verbietet der individualisiert vorzunehmende Ansatz (den der Antragsteller unter Verweis auf ein erforderliches maßgeschneidertes Eingliede-rungskonzept des Antragsgegners ja auch gerade und zurecht einfordert) gerade eine pauschale Festlegung. Diesen Pflichten stehen auch ausreichend individualisierte Un-terstützungsleistungen zur Eingliederung in Arbeit durch den Beklagten gegenüber. Dies ist nicht der Fall, wenn über den Verweis auf die Rechtsansprüche der Erstattung von Bewerbungskosten und Fahrtkosten hinaus keine konkreten Eingliederungsleistun-gen bezeichnet werden, ohne dass dies von hinreichenden Ermessenserwägungen ge-tragen wäre (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 42/15 R). Ein Verstoß ist daher anzu-nehmen, wenn der Obliegenheit des Klägers zu individuellen, konkreten und verbindli-chen Bewerbungsbemühungen keine individuellen, konkreten und verbindlichen Unter-stützungsleistungen des Beklagten gegenüberstehen (BSG, Urteil vom 23.06.2016 - B 14 AS 30/15 R). Solche individuellen Unterstützungsleistungen dürfte der angefochtene Eingliederungsverwaltungsakt indes vorsehen. Er legt fest, dass der Antragsteller das Recht hat, an einer Bewerbungsmaßnahme des Antragsgegners teilzunehmen, und dort kostenfrei Bewerbungen zu erstellen und dort individuelle Bewerbungshilfen zu erhal-ten. Nach Auffassung der Kammer belegen die diversen in der Vergangenheit ergange-nen Vermerke gerade das Vorliegen maßgeschneiderter Lösungen nach Analyse des Potentials des Antragstellers, so dass die Eingliederungsvereinbarung durch Verwal-tungsakt auch im Einklang mit der einschlägigen, teilweise auch vom Antragsteller zitier-ten Rechtsprechung u.a. des BSG stehen dürfte.

c) Der Inhalt der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 11.7.2019 dürf-te auch hinreichend bestimmt sein im Sinne des § 33 SGB X. Der Antragsteller kann aus der gewählten Formulierung schlüssig nachvollziehen, was von ihm erwartet wird, und welche Konsequenzen sich aus einer Pflichtverletzung ergeben. Auch die in der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt enthaltene Verpflich-tung zum Nachweis der Bewerbungsbemühungen hält die Kammer für rechtmäßig. Für die Anforderungen, die an den Nachweis zu stellen sind, kann bezüglich der Auslegung des Begriffs "Nachweis" auf die Gesetzesbegründung von § 159 Abs. 3 SGB III zurück-gegriffen werden. Danach liegt die Nachweispflicht unterhalb einer Beweislast, aber hö-her als eine bloße Behauptung (BT-Drs. 13/5936, S. 25). Gemeint sind substantiierte, nachprüfbare Angaben über die vorgenommenen Bemühungen Schlegel/Voelzke, ju-risPK-SGB II, § 15, Rn. 98). Durch die Verwendung des Begriffs "Nachweis" wie in § 159 Abs. 3 SGB III wird deutlich, dass kein voller Beweis oder eine Glaubhaftmachung gefor-dert werden kann. Sollte derartiges vereinbart werden, wäre die Eingliederungsvereinba-rung zumindest rechtswidrig. Der Nachweis muss auch möglich und darf nicht unzumut-bar sein. So kann vom Leistungsempfänger nicht erwartet werden, dass er Bescheini-gungen von Arbeitgebern über Vorstellungsgespräche vorzulegen hat. Ein solcher Nachweis kann vielfach nicht erbracht werden und liegt nicht im Machtbereich des Be-werbers. Ausreichend ist es daher, wenn detaillierte Aufzeichnungen über das Vorstel-lungsgespräch vorgelegt werden, aus denen Zeitpunkt, Ort, Gesprächspartner und we-sentlicher Inhalt ersichtlich ist (Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, § 15, Rn. 100). Dem trägt die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt ausreichend Rechnung.

d) Nach alledem sprich nach Auffassung der Kammer viel dafür, dass die Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt vom 11.7.2019 rechtmäßig ist. Sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache aber wie hier bestenfalls im Sinne des Antragstellers offen, besteht angesichts der Wertung des Gesetzgebers in § 39 Nr. 1 SGB II, dem Vollzugsinteresse der Allgemeinheit regelmäßig dem Vorrang zu geben gegenüber dem Aussetzungsinteresse eines Antragstellers, regelmäßig keine Notwendigkeit, die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs anzuordnen. Wägt man ergänzend die Folgen ab, die sich für den Antragsteller ergeben, soweit die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs nicht hergestellt wird, ergibt sich nichts anderes. Schwerwiegende Nachteile sind nicht ersichtlich und werden auch nicht konkret vorgetragen. Der Antragsteller ist vorläufig gehalten, den Verpflichtungen aus der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt nachzukommen und monatlich zehn Bewerbungsbemühungen vorzunehmen und nachzuweisen sowie zwei Mal wöchentlich das Bewerberzentrum aufzusuchen und an dem dortigen Angebot teilzunehmen. Insbesondere ist der Antragsteller bereits in der Vergangenheit seiner Verpflichtung zum Nachweis von – zuletzt zehn und davor gar fünfzehn monatlichen – Bewerbungsbemühungen nachgekommen, und es gibt keine Anhaltspunkte dafür, warum ihm die zunächst reduzierte bzw. nun gleich gebliebene Anzahl nicht möglich sein sollte. Dies gilt ebenso für das Aufsuchen des Bewerberzentrums. Objektiv war dem Antragsteller die ihm auferlegte Verpflichtung möglich; eine maßgebliche Einschränkung seiner persönlichen Lebensumstände sind weder ersichtlich noch wurden sie ansatzweise vorgetragen. Schlimmstenfalls ändern seine Bewerbungsbemühungen nichts an seiner beruflichen Situation, bestenfalls erhöhen sie seine Aussicht, seine Hilfebedürftigkeit selbst abwenden zu können. Schwerwiegende Nachteile können darin nicht gesehen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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