S 19 AL 252/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
19
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 19 AL 252/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen.

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

In dem Rechtsstreit geht es um die Gewährung von Arbeitslosengeld.

Der am 00.00.1943 geborene Kläger bezog nach einer versicherungspflichtigen Tätigkeit als Handelsberater in der Zeit vom 30.01.1975 bis 30.11.1998 ab dem 01.12.1998 Arbeitslosengeld (Bescheide vom 12.04.1999, Bemessuncjsentgelt 1930,- DM, Leistungsgruppe C, allgemeiner Leistungssatz, Dauer 371 Tage).

Ab dem 01.07.1999 machte der Kläger sich selbständig. Dieses Gewerbe gab er zum 30.04.200 auf und bezog ab dem 01.05.2000 wieder Arbeitslosengeld (Restanspruch für noch 759 Tage, Bescheid vom 04.05.2000).

Ab dem 01.01.2001 machte der Kläger sich erneut selbständig (mit Überbrückungsgeld); diese selbständige Tätigkeit beendete der Kläger zum 31.08.2001. Ab dem 01.09.2001 erhielt er wieder Arbeitslosengeld (Restanspruch für noch 514 Tage, Bescheid vom11.09.2001). Das Arbeitslosengeld erhielt der Kläger bis zum 02.12.2002 (zuletzt in Höhe von 391,79 Euro wöchentlich bei einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 1125,- Euro, Leistungsgruppe C, allgemeiner Leistungssatz). Mit Bescheid vom hob die Beklagte die Leistungsbewilligung wegen des Ablaufs eines 6-wöchigen Leistungsfortzahlungszeitraums bei Arbeitsunfähigkeit auf. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch einen Restanspruch auf Arbeitslosengeld von 56 Tagen.

In der Zeit vom 03.12.2002 bis zum 13.04.2003 erhielt der Kläger Krankengeld, vom 14.04.2003 bis 02.05.2003 Übergangsgeld.

Am 05.05.2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Wiederbewilligung von Arbeitslosengeld.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 08.07.2003 ab, weil der Kläger nach dem Erlöschen des Anspruchs am 02.12.2002 nicht mindestens 12 Monate in einem versicherungspflichtigen Verhältnis gestanden und daher keine neue Anwartschaftszeit erworben habe.

Hiergegen legte der Kläger am 11.07.2003 Widerspruch ein.

Diesen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 17.09.2003 als unbegründet zurück. Sie wies dabei darauf hin, dass die Erlöschensfrist des § 147 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) kalendermäßig ablaufe. Fristwahrende Tatbestände oder eine Härteregelung habe der Gesetzgeber nicht vorgesehen.

Hiergegen hat der Kläger durch seinen Bevollmächtigten am 17.10.2003 Klage zum Sozialgericht Düsseldorf eingereicht. Er weist darauf hin, dass der Arbeitslosengeldbezug zuletzt durch eine Krankheitszeit unterbrochen worden sei. Im Übrigen bestehe eine Ungleichbehandlung gegenüber Beziehern von Arbeitslosenhilfe, bei denen das Gesetz eine Verlängerungsmöglichkeit vorsehe, wenn der Bezug durch eine selbständige Tätigkeit unterbrochen werde. Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 zu verurteilen, ihm mit Wirkung ab dem 05.05.2003 für die Dauer von noch 56 Tagen Arbeitslosengeld nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften zu gewähren.

Die Beklagte hat schriftlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist bei ihrer Auffassung verblieben. Das Gericht hat die Beteiligten auf die neusten Entscheidungen des Bundessozialgerichts (BSG) zu der Verfallsfrist des § 47 Abs. 2 SGB III hingewiesen (Schreiben vom 18.01.2003) und alsdann mit Schreiben vom 19.01.2004 zum Gerichtsbescheid angehört.

Der Kläger hat ergänzend darauf hingewiesen, dass er bei einer Beratung durch das Arbeitsamt anlässlich seiner Selbständigkeit Anfang 1999 nicht auf das mögliche Erlöschen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld hingewiesen worden sei. Im Übrigen sieht er weiterhin einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz. Darüberhinaus werde der Schritt in die Selbständigkeit durch die angegriffene Regelung erschwert. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Leistungsakte der Beklagten (Kunden-Nr. 036412) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind hierzu vorab mit Schreiben des Gerichts vom 19.01.2004 angehört worden.

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 08.07.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.09.2003 ist nicht rechtswidrig, so dass der Kläger hierdurch nicht beschwert ist im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Arbeitslosengeld ab 05.05.2003. Mangels hinreichender anwartschaftsbegründender Zeiten in der 3-jährigen Rahmenfrist vor dem 05.05.2003 könnte sich ein solcher Anspruch nur aus dem Wiederaufleben des ursprünglichen Arbeitslosengeld-Anspruchs ergeben, der am 01.12.1998 entstanden war (Restanspruch von 56 Tagen). Dieser Anspruch ist aber gemäß § 147 Abs. 2 SGB III erloschen. Nach dieser Vorschrift kann der Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht mehr geltend gemacht werden, wenn nach seiner Entstehung 4 Jahre verstrichen sind.

Die in dieser Vorschrift genannte 4-Jahresfrist läuft kalendermäßig ab, also ohne Rücksicht auf etwaige Unterbrechungszeiträume (vgl. hierzu nur BSG, Urteil vom 21.10.2003 - B 7 AL 88/03 R); d.h., vorliegend ist der Restanspruch aus dem am 01.12.1998 entstandenen Anspruchs mit Ablauf des 30.11.2002 verfallen.

Es liegt hier auch kein vergleichbarer eng umgrenzter Sonderfall vor, wie er vom BSG angenommen wurde für den Fall, dass während der Zeit eines Beschäftigungsverbots nach § 6 des Mutterschutzgesetzes die 4-Jahresfrist ablief (BSG, Urteil vom 21.10.2003 - B 7 AL 28/03 R - ).

Ebensowenig ist die Beklagte aus Treu und Glauben gehindert, sich auf den Ablauf der 4-Jahresfrist zu berufen, weil sie den Kläger falsch beraten hätte. Denn nicht die Zeiten der Selbständigkeit vom 01.07.1999 bis 30.04.2000 und vom 01.01.2001 bis 31.08.2001 hinderten den Kläger an der rechtzeitigen Geltendmachung des (Rest)-Anspruchs, sondern die eingetretene Erkrankung. Bei dieser Erkrankung handelt es sich aber nicht um einen engumgrenzten Sonderfall, der eine weitere Ausnahme von dem kalendermäßigen Ablauf der 4-Jahresfrist rechtfertigte. Daran ändert auch nicht der Hinweis des Klägers im Widerspruchsverfahren, dass bei einer nur 41-tägigen Erkrankung der Arbeitslosengeld-Anspruch nicht aufgehoben worden, sondern weiter gezahlt worden wäre, vgl. §§ 126, 122 SGB III. Insofern ist lediglich darauf hinzuweisen, dass bereits die 6-wöchige Leistungsfortzahlung im Kankheitsfall eine Vergünstigung darstellt, die lediglich bei kürzeren Erkrankungen einen Wechsel des Versicherungsträgers verhindern soll, während es sich materiell-rechtlich bei dieser Leistung an sich um Krankengeld handelt (vgl. hierzu nur Brand, in Niesel, SGB III, 2. Aufl. 2002, Rdn. 2 zu § 126 SGB III). Der von dem Kläger behauptete Gleichheitsverstoß gegenüber Beziehern von Arbeitslosenhilfe ist nicht zu erkennen. Bei der Arbeitslosenhilfe gibt es keine der in § 47 Abs. 2 SGB III entsprechende Regelung. § 196 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB III, auf den der Kläger Bezug nimmt, korrespondiert vielmehr zu der Regelung in § 192 Satz 2 Nr. 2 SGB III (so Brandts in Niesel, a.a.O., Rdn. 16 zu § 196 SGB III), in der die sogenannte Vorfrist geregelt ist, die ebenfalls um Zeiten selbständiger Tätigkeit verlängert werden kann. Dieser Vorfrist entspricht im Bereich der Arbeitslosengeld-Gewährung die Rahmenfrist nach § 124 SGB III. Auch hier werden Zeiten der selbständigen Tätigkeit berücksichtigt, vgl. § 124 Abs. 3 Nr. 2 SGB III, die hier aber nicht zu einem für den Kläger günstigeren Ergebnis führen. Gründe für eine weitergehende Besserstellung des Klägers sind nicht ersichtlich. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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