S 10 R 450/17

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 10 R 450/17
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 1 BA 38/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen,

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Feststellung der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung vom 16.03.2017 bis 31.03.2017 für die Tätigkeit von Frau C. C. (Beigeladene zu 1) in der von der Klägerin betriebenen Praxis für Atem-, Sprech- und Stimmtherapie.

Die Klägerin betreibt als alleinige Inhaberin seit dem 01.11.2011 in A-Stadt eine Praxis für Atem-, Sprech- und Stimmtherapie und schloss am 29.07.2016 - mit Wirkung ab dem 01.10.2016 - mit Frau C. C. (Beigeladene zu 1), die sie aufgrund deren Praktikum in ihrem Betrieb kennengelernt hatte, einen "Vertrag über freie Mitarbeit",

- wonach "Frau C., ihrerseits ausgebildete Logopädin, als Therapeutin in dem Betrieb der Klägerin arbeiten sollte (§ 1 Abs. 1). Dabei sollte sie ihre Tätigkeit entweder in den Praxisräumen oder als Hausbesuch verrichten, wobei sie den Umfang ihrer Tätigkeit sowie die Tätigkeitszeit selbst bestimmen sollte. Es sei keine Absprache mit der Praxisinhaberin notwendig, wobei sie im Falle von Krankheit oder sonstiger Verhinderung ihre Patienten bzw. deren Eltern sowie die Praxisinhaberin unverzüglich über den Ausfall der Therapiesitzung zu informieren hatte (§ 1 Abs. 2). Die freie Mitarbeiterin sei nicht weisungsgebunden und unterliege nicht den allgemeinen Praxisregelungen (§ 1 Abs. 3).

- Die Praxisinhaberin gestattete der freien Mitarbeiterin die Nutzung der Praxisräume und – gestrichen ab dem 02.11.2016 – aller vorhandenen Arbeits- und Verbrauchsmaterialien. Die Praxisinhaberin übernimmt bei Patienten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Patienten) die Abrechnung der von der freien Mitarbeiterin erbrachten Behandlungsleistungen mit den Sozialversicherungsträgern (§ 2 Abs. 1). Dafür erhält die freie Mitarbeiterin als Honorar 70 % des Auszahlungsbetrages für die von ihr innerhalb eines Abrechnungszeitraums erbrachten und abgerechneten Behandlungsleistungen, bei Hausbesuchen 80 %. Nach Erhalt des Auszahlungsbetrages von der Abrechnungsstelle und anschließender schriftlicher Rechnungsstellung durch die freie Mitarbeiterin bringt die Praxisinhaberin den entsprechenden Rechnungsbetrag unverzüglich an diese zur Auszahlung (§ 2 Abs. 2). Die Abrechnungen gegenüber den Sozialversicherungsträgern erfolgen auf der Grundlage der jeweils gültigen Vergütungsvereinbarung der Krankenkassenverbände für logopädische Leistungen (§ 2 Abs. 3). Mit Patienten der privaten Krankenversicherung (PKV-Patienten) oder Selbstzahlern rechnet die freie Mitarbeiterin selbst ab. Die Praxisinhaberin erhält zeitgleich eine Kopie der jeweiligen Abrechnung. Behandelt die freie Mitarbeiterin PKV-Patienten oder Selbstzahler in den Praxisräumen der Praxisinhaberin oder beruht deren Behandlung auf der Akquise der Praxisinhaberin erhält die Praxisinhaberin als Vergütung 30 % des von der freien Mitarbeiterin gegenüber dem PKV-Patienten oder Selbstzahler in Rechnung gestellten Bruttobetrages, bei Hausbesuchen 20 %. Die Praxisinhaberin stellt der freien Mitarbeiterin hierüber eine Rechnung aus. Rechnungsbeträge der Praxisinhaberin sind mit deren Rechnungsstellung zur Zahlung fällig (§ 2 Abs. 4). Aufwendungen der freien Mitarbeiterin werden nicht erstattet (§ 2 Abs. 6).

- Die freie Mitarbeiterin verpflichtet sich zu Meldungen der Krankenversicherung, der Rentenversicherung, des Gesundheitsamtes, der Berufsgenossenschaft für den Gesundheitsdienst und des Finanzamtes. Darüber hinaus schließt die freie Mitarbeiterin eine ausreichende Berufshaftpflichtversicherung ab (§ 3 Abs. 1). Die freie Mitarbeiterin ist berechtigt, auch für andere Auftrag- oder Arbeitgeber tätig zu sein. Eine Tätigkeit als Therapeutin für andere Auftrag- oder Arbeitgeber sowie die Eröffnung einer eigenen Praxis hat die freie Mitarbeiterin unverzüglich anzuzeigen (§ 3 Abs. 4).

- Für vorsätzlich oder fahrlässig herbeigeführte Körper- und/oder Vermögensschäden haftet die freie Mitarbeiterin und stellt bei entsprechender Inanspruchnahme durch Dritte die Praxisinhaberin ebenfalls von allen Ansprüchen frei (§ 4).

Unter dem Datum des 28.09.2016 haben die Klägerin sowie die Beigeladene zu 1) bei der Deutschen Rentenversicherung Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status gestellt, wobei die Klägerin sich dahingehend geäußert hat, dass Frau C. Patienten einbestellt, die eine Anfrage auf Behandlung an die Praxis gestellt haben, wofür sie eigenverantwortlich sei. Sie terminiere die Patienten und behandele sie auch selbst. Eine Rechnungsstellung sei aufgrund der Kürze noch nicht erfolgt, da Frau C. erst die Verordnungen einreiche und hierfür dann die Rechnung erstelle. Erste Rechnungstellung erfolge voraussichtlich im Januar 2017. Frau C. sei derzeit die einzige Mitarbeiterin in ihrer Praxis; sie sei ihr als Praktikantin bekannt. Arbeitszeiten seien von ihr für Frau C. nicht geregelt, es existierten keine Dienstpläne oder Raumbelegungspläne. Frau C. rufe die Patienten eigenverantwortlich an und führe ein eigenes Terminbuch. Sie verwende ihre eigenen Therapieunterlagen und Arbeitsmittel. Sie sei auch nicht direkt an den laufenden Kosten beteiligt, vielmehr rechne sie die Kassenpatienten nur über das Abrechnungssystem der Praxis ab. Ähnlich beantwortete auch Frau C. am 15.11.2016 die von der Beklagten gestellten Fragen.

Nach Anhörung sowohl der Klägerin wie der Beigeladenen zu 1 (Schreiben vom 03.02.2017) stellte die Beklagte mit Bescheiden vom 13. März 2017 – sowohl gegenüber der Klägerin wie gegenüber Frau C. – fest, dass Frau C. seit dem 01.10.2016 im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses tätig werde, weshalb Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung ab dem 16.03.2017 bestehe. Dagegen hat sich die Klägerin durch Widerspruch ihrer Prozessbevollmächtigten vom 27.03.2017 gewandt, ohne eine gesonderte Begründung zu liefern. Entsprechend hat die Beklagte mit Bescheid vom 31. Juli 2017 den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen.

Hiergegen richtet sich die am 04.09.2017 beim hiesigen Gerichte erhobene Klage, in deren Verlauf die Kammer mit Beschluss vom 30.04.2018 sowohl Frau C. C. wie auch die Techniker Krankenkasse und die Bundesagentur für Arbeit zum Verfahren beigelanden hat.

Zur Begründung der Klage macht die Klägern im Wesentlichen geltend, dass die Beigeladene zu 1) als freie Mitarbeiterin und damit Selbständige nicht der Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung unterliege. Inzwischen habe sie zum 31.03.2017 auch das freie Mitarbeiterverhältnis beendet. Aus der Gesamtabwägung der maßgebenden Kriterien sei auf eine selbständige Tätigkeit zu schließen:
- Frau C. habe keinen festen Stundensatz und kein monatliches Entgelt erhalten und es habe auch keine Anwesenheitspflicht bestanden,
- sie habe die Patienten eigenverantwortlich behandelt und sei auch nicht verpflichtet gewesen, ihre Tätigkeit persönlich auszuüben,
- sie sei in keine fremdbestimmte Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen, vielmehr habe sie bei ihren Patienten in eigener Verantwortung und auf eigene Kosten auch Hausbesuche vorgenommen,
- für sie habe in der Praxis keine Vertretungsregelung bestanden und umgekehrt auch nicht bezüglich der Vertretung der Klägerin,
- sie habe selbst Neupatienten und Auftraggeberinnen beworben, so dass der Erstkontakt nicht zwingend über die Praxis erfolgt sei bzw. sei sie aufgrund von Empfehlungen bewusst von Neupatienten als Therapeutin gewünscht worden,
- sie habe Privatpatienten und Selbstzahler selbst abrechnen müssen und dafür im Falle von Hausbesuchen - dafür auch das volle Honorar erhalten,
- sie sei im Außenverhältnis auch als Leistungserbringerin aufgetreten, z. Bsp. bei den übernommenen Patienten von Herrn D., eigenen Privatpatienten oder Selbstzahlern,
- sie habe die Terminvergabe selbst organisiert und dazu auch – neben ihrem privaten Handy – ein eigenes "Praxis-Handy" angeschafft und unterhalten,
- sie habe die Terminvergabe für Therapiefolgetermine selbst organisiert und sagte diese bei Verhinderung auch selbständig ab,
- dazu habe sie über eine eigene Patientenkartei verfügt und habe überwiegend eigene Therapiematerialien eingesetzt,
- sie habe einen eigenen Briefbogen,
- schließlich habe sie gleichzeitig noch im Rahmen eines Angestelltenverhältnisses in einer anderen Praxis gearbeitet.

Den vertraglichen Regelungen komme dabei ein besonderes Gewicht zu, weil die praktische Handhabung des Beschäftigungsverhältnisses zum Zeitpunkt der Entscheidung durch die Beklagte gerade einmal fünfeinhalb Monate angedauert hätte und die zur Beurteilung der praktischen Ausgestaltung erforderlichen Informationen von der Beklagten bereits nach nur einem Monat Beschäftigungszeit eingeholt worden seien. Dem Urteil des Bundessozialgericht vom 24.03.2016 (B 12 KR 20/14 R) könne nicht gefolgt sein, da dieses Urteil bei Beginn des Beschäftigungsverhältnisses bereits bekannt und vertraglich darauf reagiert worden sei. Zumal es sich um eine Einzelfall-Entscheidung handele, deren tatsächliche Verhältnisse maßgeblich von dem hiesigen Sachverhalt unterscheide.

Außerdem sei unbeachtlich geblieben, dass vorliegend durchaus eine freie Gestaltung er Arbeitszeit durch die Beigeladene zu 1) möglich gewesen sei, da man – wegen der Existenz zweier Behandlungsräume - nicht an Raumbelegungspläne gebunden gewesen sei. Die Beigeladene zu 1) einen eigenen Schlüssel zu den Praxisräumen besaß und keine festen Öffnungszeiten bestanden hätten.

Zudem habe die Beigeladene zu 1) durchaus ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen, da dieses daraus resultiere, dass sie trotz eigener Anschaffungen von Arbeitsmitteln gegenüber der Klägerin keinerlei Anspruch auf Übernahme von Therapien gehabt hätte. Entsprechend der vertraglichen Vereinbarung habe sie weder eine feste Vergütung, noch ein Entgelt für Ausfall- oder Krankheitszeiten erhalten. Ein weitergehendes Unternehmerrisiko sei in der vorliegenden Konstellation so gut wie nicht denkbar, zumal es sich bei der Beigeladenen zu 1) um eine 23-jährige Berufsanfängerin gehandelt habe, die kurz zuvor erst ihre Ausbildung zur Logopädin beendet hatte. Ansonsten werde auf den Beschluss des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 14.10.2015 (L 4 R 3874/14) verwiesen, in dem der behandelnde Therapeut dort als freier Mitarbeiter angesehen worden wäre.

Die Klägerin beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 13. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit von Frau C. C. bei der Klägerin seit dem 1. Oktober 2016 bis zu deren Beendigung am 31. März 2017 nicht im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt wurde und demzufolge auch keine Versicherungspflicht in den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung bestanden hat.

Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Sie hält demgegenüber an ihrer Rechtsauffassung fest, dass die Beigeladene zu 1) in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert gewesen sei, hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung ihrer Tätigkeit dem Direktionsrecht der Klägerin unterlegen habe und auch nach außen nicht als Selbständige aufgetreten sei. So habe sie sämtliche Tätigkeiten selbst ausgeübt, habe keine eigenen Hilfskräfte eingesetzt und auch kein Unternehmerrisiko zu tragen gehabt.

Ihre Rechtsauffassung sei nicht widersprüchlich, wenn zwar die Beigeladene zu 1) aufgrund ihrer Qualifikation keine detaillierten Weisungen in der Durchführung ihrer Tätigkeiten erteilt würden, andererseits sie hinsichtlich Zeit, Dauer, Art und Ort der Arbeitsausführung dem Direktionsrecht der Klägerin unterliege. Wenn die Beigeladene zu 1) hinsichtlich der therapeutischen Maßnahmen keine Weisungen von der Klägerin erhalten haben sollte, träte dies nämlich bei der Gesamtwürdigung in den Hintergrund, da die Leistungen auf ärztliche Anordnung oder Verordnung erbracht würden und bereits aus diesem Grunde festgelegt worden seien. Zumal jedem Behandler im Bereich der medizinischen Berufe gewisse Spielräume zustünden.

Die Beigeladene zu 1) habe in ihrer Antwort vom 15.11.2016 selbst angegeben, dass sie bei Anfragen neuer Patienten deren Kontaktdaten von der Klägerin erhalten habe und dass sie im Außenverhältnis nicht eigenständig aufgetreten sei. Dies habe die Klägerin selbst in ihrem Schreiben vom 20.20.216 bestätigt, wonach der Erstkontakt der Patienten über die Praxis erfolge. Die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) seien zudem widersprüchlich, da zwar 30 Prozent der von ihr erwirtschafteten Umsätze zur Deckung des Verwaltungsaufwandes der Klägerin einbehalten würden, jedoch allgemeine Materialien von der Klägerin nicht gestellt würden, jedoch die Beigeladene zu 1 auch keine eigenen Materialien angeschafft habe.

Die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) grundsätzlich in der Entscheidung frei gewesen war, zu welchen Zeiten und in welchem Umfang sie tätig wurde, sei nicht als Indiz für eine selbständige Tätigkeit zu werten. Vielmehr bestehe eine tatsächliche Verpflichtung, den angenommenen Auftrag (Patient) zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein. Dass die Beigeladene zu 1) im Vorfeld selbst Einfluss auf den jeweiligen Zeitpunkt ihrer Dienste habe nehmen können, spräche ebenfalls nicht für eine selbständige Tätigkeit. Absprachen über den zeitlichen Beginn und den zeitlichen Umfang einer Tätigkeit würden üblicherweise auch bei der Begründung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere bei befristeten oder Teilzeit-Arbeitsverhältnissen getroffen.

Schließlich habe die Beigeladene zu 1) kein eigenes Unternehmerrisiko zu tragen gehabt. Sie habe keine eigene Betriebsstätte unterhalten, vielmehr ihre Tätigkeit in den Räumen der Praxis der Klägerin oder bei Hausbesuchen ausgeübt. Selbst wenn sie dazu finanzielle Investitionen für einen PKW habe treffen müssen, könne nicht davon ausgegangen werden, dass der PKW ausschließlich oder überwiegend gezielt für die streitige Tätigkeit angeschafft und eingesetzt worden war. Die im Übrigen seitens der Beigeladenen zu 1) getätigten Investitionen für eigene Arbeitsmittel stellten ebenfalls kein unternehmerisches Risiko dar, da diese nicht mit einem so großen finanziellen Aufwand verbunden waren, dass das damit einhergehende Risiko für das Vertragsverhältnis zur Klägerin prägend gewesen wäre. Denn das Kostenrisiko in erheblichem Umfange für Praxismiete, Betriebsmittel und ggf. Personal trage die Klägerin als Praxisinhaberin, mithin auch für Zeiten, in denen die Praxis mangels Nachfrage nicht kostendeckend ausgelastet ist.

Bezüglich des weiteren Sachvortrags der Beteiligen und den Einzelheiten in den erwähnten Unterlagen wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtakte verwiesen, die beide auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018 waren. Darin hatte die Kammer zudem sowohl die Klägerin wie auch die Beigeladene zu 1) persönlich gehört. Zu den dortigen Aussagen wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 und § 55 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig; da neben der gebotenen Anfechtung des Bescheides vom 13. März 2017 in Gestalt der Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 auch ein eigenständiges Feststellungsinteresse daran besteht, ob in den Zeitraum vom 16.03. bis 31.03.2017 Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestanden hatte. Denn die reine Anfechtungsklage würde selbst bei Erfolg – die Beklagte nicht daran hindern, eine neue identische Regelung zu treffen. Nur die Feststellung, ob ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden hatte, beendet den hier geführten Rechtsstreit endgültig.

Die Klage ist jedoch als unbegründet abzuweisen. Denn der Bescheid vom 13. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31 Juli 2017 ist nicht zu beanstanden, weil die Klägerin damit nicht in ihren Rechten verletzt wird. Vielmehr hat die Beklagte darin zu Recht festgestellt, dass die Beigeladene zu 1) im Zeitraum 16.03. bis 31.03.2017 bei ihrer Beschäftigung als Logopädin in der von der Klägerin betriebenen Praxis für Atem-, Sprech-, Stimmtherapie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung wie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.

Dabei ist zunächst festzustellen, dass die Beklagte für die Feststellung des Status der Beigeladenen zu 1) zuständig ist. Denn nach § 7 a Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV) können die Beteiligten einer vertraglichen Regelung zur Beschäftigung schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine versicherungspflichtige Beschäftigung vorliegt, über den die Deutsche Rentenversicherung Bund zu entscheiden hat (§ 7 a Abs. 1 Satz 3 SGB IV) und dabei dies auf Grund einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu tun hat (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Der Antrag auf Feststellung des sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1) ist am 19.10.2016 bei der Beklagten eingegangen. Im Rahmen des Verfahrens hat die Deutsche Rentenversicherung Bund den Beteiligten schriftlich oder elektronisch mitzuteilen, welche Entscheidung sie zu treffen beabsichtigt, bezeichnet die Tatsachen auf die sie ihre Entscheidung stützen will und gibt den Beteiligten Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern (§ 7 a Abs. 4 SGB IV). Dies hat die Beklagte auch im vorliegenden Fall durch das Anhörungsschreiben vom 03.02.2017 auch getan, woraufhin sich sowohl die Klägerin wie auch die Beigeladene zu 1) geäußert haben.

Die daraufhin getroffene Entscheidung mit Bescheiden vom 13. März 2017 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 31. Juli 2017 ist im Übrigen nicht zu beanstanden, weil die Beklagte darin zutreffend festgestellt hat, dass die ab dem 01.10.2016 von der Beigeladenen zu 1) bei der Klägerin ausgeübte Tätigkeit als ausgebildete Logopädin im Rahmen eines grundsätzlich versicherungspflichtigen, weil abhängigen Beschäftigungsverhältnisses erfolgt war, jedoch Versicherungspflicht nur ab dem 16.03.2017 bis 31.03.2017 bestand.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V, § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung - SGB XI und § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung - SGB III) der Versicherungspflicht (und damit der Beitragspflicht). Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Bei untergeordneten und einfacheren Arbeiten ist eher eine Eingliederung in eine fremde Arbeitsorganisation anzunehmen (BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R –, SGB 2011, 633.)

Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, U. v. 25. April 2012 – B 12 KR 24/10 R –, SozR 4-2400 § 7 Nr. 15).

Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Klägerin mit der Beigeladenen zu 1, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R -).

Dabei ist vorsorglich klarzustellen, dass zum maßgeblichen Tatbestand des § 7 Abs. 1 SGB IV weder eine "Festanstellung" noch der Abschluss eines - was auch immer darunter im Detail zu verstehen sein mag - "typischen" Arbeitsvertrages zählt. Der gesetzliche Typus eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses umfasst vielmehr eine große Bandbreite in Betracht kommender - seien sie als mehr oder auch als weniger "typisch" einzuschätzen - Ausformungen, bei denen insbesondere sog. "Festanstellungen" nur einen Teil der in Betracht kommenden Ausprägungen darstellen. Maßgeblich ist, ob die zu beurteilende Tätigkeit die Bandbreite der in Betracht kommenden Ausgestaltungen abhängiger Beschäftigungsverhältnisse verlässt und ob insbesondere im Rahmen der Gesamtabwägung die für eine selbständige Tätigkeit sprechenden Umstände überwiegen.

In dem hier zu beurteilenden Sachverhalt spricht die gebotene Gesamtschau der maßgeblichen tatsächlichen Umstände (vgl. dazu etwa: BSG, Urteil vom 25.04.2012 B 12 KR 24/10 R, aber auch: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.09.3025 – L 1 KR 351/12 mit weiteren Nachweisen) zur Überzeugung der Kammer für das Vorliegen eines abhängigen und, da mehr als nur geringfügig ausgeübten, auch versicherungspflichtigen (bezogen auf die Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung) Beschäftigungsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 1).

Zwar haben die Klägerin als Inhaberin der Praxis für Atem-, Stimm- und Sprechtherapie und die Beigeladene zu 1) im Vertrag vom 29.07.2016 ausdrücklich geregelt, dass die Beigeladene zu 1) in der von der Praxisinhaberin selbständig geführten Praxis zum 01.10.2016 "eine Tätigkeit in freier Mitarbeit" aufnehme und keine Regelungen über Arbeitszeit, Pausen und Urlaub getroffen, sondern nur geregelt, dass sie den Umfang wie die Tätigkeitszeiten selbst (Ziffer 2), anfallenden Steuern, Versicherungsbeiträge zur Absicherung im Krankheitsfall und zur Altersvorsorge selbst zu tragen habe und für den Fall einer entsprechenden Inanspruchnahme durch Dritte die Praxisinhaberin von allen Ansprüchen freistelle (§ 3 Ziffer 3), wozu auch der selbständige Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung gehöre (§ 3 Ziffer 1). Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie Leistungen nach dem Mutterschutzgesetz oder bei Krankheit von der Praxisinhaberin waren nicht vereinbart. Jedoch handelt es sich lediglich um Regelungen, die einseitig zu Lasten der Beigeladenen zu 1) gehen und für die Frage der tatsächlichen Ausübung einer selbständige oder abhängigen Beschäftigung irrelevant sind. Denn sollte sich – was unten noch näher begründet wird – herausstellen, dass tatsächlich von einer versicherungspflichtigen, weil abhängigen Beschäftigung auszugehen ist, würden diese Regelungen gegen zwingende gesetzliche Vorschriften verstoßen und daher unwirksam sein (§ 134 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB).

Auch die Regelungen des Vertrages vom 29.07.2016, wonach die freie Mitarbeiterin nicht weisungsgebunden sei und nicht den allgemeinen Praxisregelungen unterliege (§ 1 Ziffer 3), sprechen zwar für eine selbständige Tätigkeit, geben jedoch bei der gebotenen Gesamtschau nicht den Ausschlag. Vielmehr war die Beigeladene zu 1), wie sie dies bereits anlässlich ihrer Antragstellung zur "Erläuterung meiner Tätigkeit" ausgeführt hatte, von der Klägerin abhängig, denn sowohl der Erstkontakt der Patienten erfolgte über die von der Klägerin geführte Praxis wie auch die Patientenvergabe, selbst wenn ausgeführt wird, dass die Entscheidung darüber "in gemeinsamer Besprechung mit der Praxisinhaberin" erfolge. Denn angesichts der Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) nur "zur Unterstützung der Praxisinhaberin durch vermehrte Patientenzahl" (Äußerung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018) eingesetzt wurde, ist es tatsächlich so, dass eine Patientenvergabe an die Beigeladene zu 1) nur dann erfolgte, wenn die Kapazitäten der Klägerin selbst erschöpft waren. Soweit dagegen zur Klagebegründung ausgeführt wird, dass die Beigeladene zu 1) eigene Patienten, die sie selbst rekrutiert habe, behandelt habe, erscheint dies insbesondere angesichts der Tatsache fraglich, dass die Beigeladene zu 1) erst kurz nach Abschluss ihrer Prüfung als anerkannte Logopädin bei der Klägerin angefangen und sich daher noch gar keinen eigenen Patientenstamm hatte erwerben können. Zumal sie eines ihrer Praktika sogar im Betrieb der Klägerin absolviert hatte.

Dem steht allerdings die Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018 entgegen, wonach sie eine Hilfe in ihrer Praxis dafür gebraucht habe, wenn sie selbst Therapien nicht hatte durchführen können und weil es ihr darum gegangen sei einen freistehenden Raum in ihrer Praxis nicht Leerstehen zu lassen. Ergänzend hatte sie noch erwähnt, dass die eigene Praxis die Anstellung einer – auch teilzeitig tätigen – Logopädin aus finanziellen Gründen nicht zugelassen hatte und weiterhin auch nicht zulasse.

Dass die Beigeladene zu 1) grundsätzlich in ihrer Entscheidung frei gewesen war, zu welchen Zeiten und in welchem Umfang sie tätig wurde, stellt auch zur Überzeugung der Kammer kein Indiz für eine selbständige Tätigkeit dar. Tatsächlich hat nicht nur die Verpflichtung bestanden, den angenommenen Behandlungsauftrag (seitens des verordnenden Arztes für den Patienten) auch zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erfüllen und während der vereinbarten Zeit/Behandlung dauerhaft anwesend zu sein, sondern auch eindeutig abhängig beschäftigte Logopäden/Krankengymnasten vereinbaren die Termine mit "ihren" Patienten selbständig und leisten die gebotenen Anwendungen ohne Rücksprache/Aufsicht durch den Praxisinhaber. Angesichts der – teilweise sogar unter Anleitung durch die Klägerin (während des Praktikums) – erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten in ihrem Beruf ist es nicht mehr erforderlich, dass hinsichtlich therapeutischer Maßnahmen seitens der Klägerin konkrete Weisungen erfolgt sind. Zumal die "Aufgabe" sich durch die ärztliche Verordnung, die Grundlage der Tätigkeit der Klägerin wie der Beigeladenen zu 1) ist, bereits hinreichend bestimmen lässt. Zudem stehen, wie es etwa auch bereits das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg in seinem Beschluss vom 24.10.2010 (L 1 KR 341/09) betont hatte, im Bereich der medizinischen Berufe den Ärzten und Therapeuten – unter Anwendung des (erlernten) Therapiestandards gewisse Spielräume zu.

Schon gar nicht ins Gewicht fällt bei der Entscheidung, dass die Beigeladene zu 1) nach Erhalt des Rezeptes durch die Praxisinhaberin die Folgetermine "in eigener Regie" vornimmt, da dies gleichermaßen für die festangestellten Mitarbeiter in einer Krankengymnastik-Praxis zutrifft, da immer versucht wird, dass denselben Patienten auch die gleiche Logopädin/Krankengymnastin betreut. Ob es allerdings unüblich ist, dass (auch) eine angestellte Logopädin (Beigeladene zu 1) ein eigenes Terminbuch und ein eigenes, auch ihr gehörendes "Praxis-Handy" führt, in das sie ihre Behandlungstermine einträgt, ist nicht entscheidend. Ob dies zusätzlich mit der möglicherweise computerisierten – Erfassung durch die Praxis selbst (denn die Praxisinhaberin muss gewährleisten, dass zu dem jeweiligen Termin ein Behandlungsplatz zur Verfügung steht) geschieht, konnte die Kammer letztlich dahingestellt sein lassen, da dies kein auschlaggebendes Merkmal für eine selbständige Tätigkeit darstellt. Zumal die Beigeladene zu 1 genau dieses Handy auch weiterhin bei ihrer nun eindeutig abhängigen Beschäftigung in einer anderen Praxis weiter benutzt.

Wesentlich entscheidender ist die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) für ihre Behandlungen – gemäß den "Gebührensätze der RVO" (Erläuterung ihrer Tätigkeit durch die Beigeladene zu 1) vom 15.11.16) – eigene Rechnungen an die von der Klägerin betriebene Praxis für Logopädie schickt und nicht selbständig mit den Krankenkassen und sei es auch unter Einschaltung eines Inkassobüros – abrechnet. Vielmehr erfolgt die Abrechnung auf der Basis der von den Ärzten ausgestellten Rezepten allein durch die Praxisinhaberin selbst bzw. durch die von ihr beauftragte Abrechnungsstelle. Dafür ist jedoch maßgeblich, dass die Beigeladene zu 1) gar nicht Vertragspartner der Patienten wird, sondern dies mit der Praxis bzw. der Klägerin selbst erfolgt. Entsprechend trat die Beigeladene zu 1) auch gegenüber ihren Patienten nicht als Selbständige auf, sondern verrichtete ihre Tätigkeit – in der Außenwirkung – für die Praxis der Klägerin.

Schließlich gründet sich die abhängige Beschäftigung der Beigeladenen zu 1) in der von der Klägerin betriebenen Praxis für Atem-, Sprech- und Stimmtherapie auf die tatsächliche Eingliederung, d.h. ihre Eingebundenheit in die betrieblich Organisation der Klägerin und zwar selbst soweit sie logopädische Leistungen im Rahmen von Hausbesuchen erbracht hatte (vgl. auch Bundessozialgericht, Urteil vom 24.03.2016 B 12 KR 20/14 R). So wurden ihr bestimmte, sich in der Praxis der Klägerin anmeldende Patienten – sei es in Absprache mit der Beigeladenen zu 1) oder sei es auch allein an den vorhandenen Kapazitäten orientierend – von der Klägerin zugewiesen, wobei Erfassung der entsprechenden Daten, die Vorlage der Rezepte und letztlich auch der Behandlungsvertrag ausschließlich bei bzw. mit der Praxis erfolgte. Dies galt – nach den übereinstimmenden Angaben der Klägerin wie der Beigeladenen zu 1 – auch bezüglich der Festlegung des ersten Behandlungstermins. Erst die weiteren Termine stimmten die Patientin/der Patient dann mit der Beigeladenen zu 1 direkt ab. Die Beigeladene zu 1) bediente sich – nicht nur in Bezug auf die Abrechnung ihrer Leistungen mit den einzelnen Krankenkassen über das zwischen der Praxis und dem Dienstleister vereinbarten Systems – sondern sowohl in Bezug auf die Räumlichkeiten wie der zur Ausübung der Tätigkeit als Logopädin notwendigen Utensilien und Gerätschaften den in der Praxis vorhandenen Materialien. Dies erfolgte notwendigerweise in Abstimmung mit der Klägerin. Die Beigeladene zu 1) verfügte weder über eigene Behandlungsräume noch über alle Gerätschaften, die zur Ausübung ihrer Tätigkeit benötigt werden. Selbst wenn sie darauf verweist und belegt, dass sie sich ein Schallwellengerät zur Ausübung ihrer Tätigkeit selbst beschafft hatte und die Klägerin ihr auch nicht die zur Ausübung der Therapien notwendigen Utensilien (Papier, Stifte, etc.) zur Verfügung gestellt haben sollte, war die Beigeladene zu 1) zwingend auf die Einrichtung der Praxis der Klägerin angewiesen. Soweit die Klägerin geltend macht, dass die Beigeladene zu 1 auch Hausbesuche bei Privatpatienten zu erledigen gehabt hätte, hat sich dies auf gezielte Befragung in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018 nicht bestätigt; vielmehr wurden von ihr – immerhin im Zeitraum vom 01.10.2016 bis 31.03.2017 - ausschließlich Kassenpatienten behandelt. Inwieweit sich dies "möglicherweise" im Laufe der Zeit hätte ergeben können, kann nicht als gesichert angesehen werden, da die Klägerin ein eigenes Interesse an der Eigenbehandlung von Privatpatienten/Selbstzahlern hat, da diese wesentlich höhere Gebühren zu zahlen haben als Kassenpatienten.

Dass die Beigeladene zu 1) sich im Rahmen ihrer "Rechnungsstellungen" gegenüber der Praxis der Klägerin verpflichtet hatte, anteilig einen Bruchteil des von der Praxis den jeweiligen Krankenkassen in Rechnung gestellten Behandlungskosten (hier: 30 %) der Praxisinhaberin zu belassen, ändert an einer abhängigen Beschäftigung ebenso wenig wie die Tatsache, dass sie - in Einzelfällen bei Privatpatienten – sogar eigene Rechnungen erstellt hat. So ist auch das Bundessozialgericht in seinem Urteil vom 24.03.2016 (B 12 KR 20/14 R) im Falle einer Physiotherapeutin davon ausgegangen, dass eine Eingebundenheit in die Physiotherapie-Praxis bei der Durchführung von krankengymnastischen Leistungen selbst bei Hausbesuchen anzunehmen ist, wenn der Erstkontakt zu den Patienten ausschließlich über die Praxis stattfand, nach außen hin als verantwortliche Praxisbetreiberin gegenüber den Patienten nur die Inhaberin der Praxis auftrat und die Behandlungsangebote an die tätige Krankengymnastin ausschließlich durch die Praxisinhaberin erfolgten und schließlich, wenn diese nicht über eigene Betriebsräume verfügt und auch keine eigene Patientenkartei hat. Auch dort waren unternehmerische Freiheiten – wie hier – allenfalls ansatzweise vorhanden, da etwa für Hausbesuche der eigene PKW eingesetzt wurde. Der dort entschiedene Fall ist nach Überzeugung der Kammer mit dem hiesigen absolut vergleichbar, weshalb nach eigener Überzeugung dieser Entscheidung zu folgen ist.

Zur Überzeugung der Kammer hat die Beigeladene zu 1) auch kein persönliches Unternehmerrisiko getragen, da sie für die tatsächlich geleistete Arbeit von der Klägerin bezahlt wurde, wenn auch nach Abzug von 30 % der erzielten Einnahmen. Den Anschaffungen eines "Praxis-Handy", das die Beigeladene zu 1 auch in ihrer jetzigen alleinigen Angestelltentätigkeit im Einsatz hat wie auch dem einmaligen Ankauf eines Schallwellengerätes für 204,90 EUR brutto kommt keine entscheidende Bedeutung zu, zumal der Ankauf erst nach einer bereits dreiwöchigen Beschäftigung bei der Klägerin erfolgt war. Erst recht kann die Nutzung eines eigenen PKW nicht herangezogen werden, da die Beigeladene zu 1) dies nur für die Strecken zwischen ihrem Zuhause und der Praxis benutzt hat, also auf dem Weg zur Arbeit, weil bis zur Beendigung der Tätigkeit bei der Klägerin kein einziger Hausbesuch für sie angefallen war. Zudem weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass die finanzielle Investition in einen Pkw allenfalls dann für ein Unternehmerrisiko in diesem Sinne zu verstehen ist, wenn das Fahrzeug ausschließlich oder überwiegend gezielt für die strittige Tätigkeit angeschafft und auch eingesetzt wurde (so auch: BSG, Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 mit weiteren Nachweisen). Dies ist im Falle der Beigeladenen zu 1) nicht der Fall.

Des Weiteren ist der Beklagten zu folgen, dass das unternehmerische Risiko im Verhältnis der Klägerin zur Beigeladenen zu 1) allein bei der Klägerin liege, da diese nicht nur die Kosten für Ausstattung, Erwerb oder Anmietung der Räumlichkeiten, die Energiekosten zu tragen hat, sondern auch die von der Praxis verwendeten Arbeitsmittel bereit halten muss. Mit den laufenden und ständig anfallenden Kosten für Miete und Energie hat die Beigeladene zu 1) nichts zu tun; das unternehmerische Risiko, die Kosten auch tragen zu müssen, wenn keinerlei Einnahmen erzielt werden, trägt allein die Klägerin.

Ein weiteres Indiz für eine abhängige und damit dem Grunde nach versicherungspflichtige Tätigkeit ist die Tatsache, dass die Beigeladene zu 1) höchstpersönlich für die Klägerin tätig wurde, sich also insbesondere keiner, von ihr eventuell angestellten Hilfskräfte hätte bedienen können. Vielmehr war der Klägerin gerade am Einsatz der Beigeladenen zu 1) selbst gelegen, weil sie diese auch der vorherigen, ca. 6-wöchigen Praktikums-Tätigkeit in ihrer Praxis kannte und daher wusste, wie diese arbeitet. Auch die Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 26.09.2018, wonach sie eine Hilfe in ihrer Praxis nur dafür gebraucht habe, wenn sie selbst die anstehenden Therapien nicht hatte durchführen können, spricht für die Eingliederung der Beigeladenen zu 1 in den Betrieb der Klägerin.

Auch die mit einer selbständige Tätigkeit verbundenen unternehmerischen Freiheiten sind allenfalls ansatzweise ersichtlich. So war die Beigeladene zu 1 zwar auch für einen anderen "Auftraggeber" tätig geworden, setzte ihren eigenen PKW ein, wobei selbst dies nicht ausschließlich für die Zwecke der Praxis der Klägerin erfolgte. Vielmehr trat die Beigeladene zu1 im Zusammenhang mit der vorliegend allein zu beurteilenden Tätigkeit bei der Klägerin nicht in rechtlich relevantem Maße auch nach außen unternehmerisch am Markt auf. Vielmehr erbrachte sie ihre Leistungen ausschließlich im Namen der Klägerin, wobei es für die Patienten nicht wahrnehmbar war, dass die Beigeladene zu 1 selbständige Logopädin gewesen sein sollte. Sie beschäftigte auch kein eigenes Personal und erbrachte ihre Leistung auch ausschließlich in eigener Person. Schließlich war sie auch am wirtschaftlichen Erfolg der Praxis der Klägerin nicht eigenständig und unabhängig vom Ausmaß des eigenen Arbeitseinsatzes beteiligt. Allein die Tatsache, dass jemand von seinem Vertragspartner keinen für Beschäftigte typischen sozialen Schutz zur Verfügung gestellt erhält, führt nämlich nicht zur Annahme eines unternehmerischen Risikos (vgl. dazu etwa: BSG, Urteil vom 24.03.2016 - B 12 KR 20/14 R mit weiteren Nachweisen).

Schließlich hat die Beigeladene zu 1) auf richterliche Nachfrage ausgesagt, dass sich die Tätigkeit für die Klägerin einerseits und ihre daneben – eindeutig – in abhängiger Beschäftigung ausgeübte Tätigkeit als Logopädin in einer anderen Praxis nicht unterschieden hätten. Offenbar nutzt sie das privat beschaffte und selbstbezahlte "Praxis-Handy" auch weiterhin, obwohl sie seit dem 01.04.2018 nunmehr vollschichtig als angestellte und damit abhängig beschäftigte Logopädin in einer anderen Praxis arbeitet.

Selbst dieser Umstand führt zu keinem anderen Ergebnis. Auch bei Beschäftigten ist es durchaus nicht ungewöhnlich, dass sie noch für einen weiteren Arbeitgeber erwerbstätig sind (z. Bsp. in Form einer Nebenbeschäftigung), ohne dass sich damit der sozialversicherungsrechtliche Charakter der ersten Tätigkeit deshalb abweichend beurteilt werden müsste. Soweit dagegen bisweilen die Selbständigkeit einer von einer Praxis eingesetzten Physiotherapeutin bejahrt wurde (vgl. etwa LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14.10.2015 – L 4 R 3874/14; BSG, Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R), kann die Klägerin selbst daraus keine Rechtsfolgen ableiten. Denn die Abgrenzung zwischen Beschäftigung und Selbständigkeit erfolgt nämlich nicht abstrakt für bestimmte Berufs- oder Tätigkeitsfelder, weshalb es möglich ist, dass ein und derselbe Beruf – je nach konkreter Ausgestaltung der vertraglichen Grundlagen in ihrer gelebten Praxis – entweder in Form der Beschäftigung oder als selbständige Tätigkeit erbracht wird. Maßgebend sind allein die konkreten Umstände des individuellen Sachverhalts (vgl. auch BSG, Urteile vom 18.11.2015 – B 123 KR 16/13 R, vom 30.10.2013 – B 12 KR 17/11 R, jeweils mit weiteren Nachweisen).

Ob man darüber hinaus – mit der Rechtsauffassung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24.03.2016 – B 12 KR 20/14 R) – dem Zulassungserfordernis für Heilmittelerbringer der gesetzlichen Krankenversicherung keine Bedeutung für die Feststellung des Status als Beschäftigte im sozialversicherungsrechtlichen Sinne zukommen lässt (so noch: Landesozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 24.09.2014 – L 1 KR 351/12), kann die Kammer letztlich dahingestellt sein lassen. Immerhin hat das Bundessozialgericht in dem Fall der Statusfeststellung eines als Fahrlehrer in einer Fahrschule tätigen Mannes, der zwar über die Fahrlehrererlaubnis jedoch nicht über die Fahrschulzulassung verfügte, maßgeblich darauf abgestellt, dass er nach dem einschlägigen Fahrlehrergesetz nicht selbständig tätig sein könne, weil ihm die Fahrschulzulassung fehlte.

Angesichts der gebotenen Gesamtwürdigung der hier vorliegenden Vereinbarungen und deren tatsächlicher Umsetzung kommt die Kammer zu dem Schluss, dass die Beigeladene zu 1 während ihrer Tätigkeit für die von der Klägerin betriebenen Krankengymnastik-Praxis in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV stand, weshalb sie der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V), der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB XI), und der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) sowie nach dem, Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III) unterlag/unterliegt. Damit erweist sich der Bescheid der Beklagten vom 13. März 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Juli 2017 im Einklang mit der Sach- und Rechtslage, weshalb die dagegen am 04.09.2017 beim hiesigen Gericht erhobene Klage keinen Erfolg haben konnte.

Die Kostenentscheidung beruht - fälschlicherweise - auf § 193 SGG. Denn weder die Klägerin als Arbeitgeberin noch der beklagte Rentenversicherungsträger gehört zu den nach § 183 SGG privilegierten Personenkreisen. Daher hätte die Entscheidung gemäß § 197 a SGG in Verbindung mit § 154 Verwaltungsgerichtsordnung dahingehend ergehen müssen, dass die Klägerin die Kosten des Verfahrens trägt.
Rechtskraft
Aus
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