S 8 RA 804/03

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 8 RA 804/03
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz.

Der Klägerin wurde von der Ingenieurschule für Bauwesen Z. am 1965 die Berufsbezeichnung Techniker und von der Ingenieurschule für Bauwesen L. am 1969 die Berufsbezeichnung In-genieur verliehen. Im Ausweis für Arbeit und Sozialversicherung (SV-Ausweis) ist für die Zeit vom 01. Januar 1990 bis 30. Juni 1990 die Tätigkeit "Verkaufsingenieur Ausland" ver-zeichnet. In den Spalten "Stempel und Unterschrift des Betriebes" enthält der SV-Ausweis zum einen den Stempel des VEB Komplette Chemieanlagen D. (nachfolgend VEB KCA ge-nannt), Ernst-Thälmann-Straße 25-29 � Spalte 3 � und zum anderen den der Linde-KCA-D.-GmbH (nachfolgend Linde KCA GmbH genannt), Ernst-Thälmann-Straße 25-29 � Spalte 7. Der letzte Änderungsvertrag zum Arbeitsvertrag zwischen dem VEB KCA und der Klägerin vom 1981 datiert auf den 1989.

Am 01. März 2001 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Zeiten ihrer Beschäftigung vom 01. September 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversor-gungssystem der technischen Intelligenz nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberfüh-rungsgesetz (AAÜG) festzustellen.

Mit Bescheid vom 15. November 2002 lehnte die Beklagte die begehrte Feststellung ab. Zu Zeiten der DDR habe weder eine positive Versorgungszusage vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 eine Beschäftigung ausgeübt worden, die � aus bundesrechtlicher Sicht � dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen wäre.

Die Klägerin legte unter dem 05. Dezember 2002 gegen diesen Bescheid Widerspruch ein. Mit Widerspruchsbescheid vom 26. März 2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, dass die Klägerin im Juni 1990 keine Be-schäftigung in einem volkseigenen Produktionsbetrieb, sondern in der Linde KCA GmbH ausgeübt habe. Hinsichtlich der Privatisierung eines VEB komme es ausschließlich auf die amtliche Eintragung im Handelsregister und die Löschung im Register der volkseigenen Wirt-schaft an.

Hiergegen hat die Klägerin am 29. April 2003 (Eingang bei Gericht) vor dem Sozialgericht Dresden Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor, dass sie am 30. Juni 1990 Angehörige des VEB Chemieanlagenbau-Kombinat-L.-G. (nachfolgend VEB CLG genannt) gewesen sei. Der VEB CLG sei staatliches Leitungsorgan ihres Beschäftigungsbetriebes VEB KCA gewe-sen und erst am 28. Juli 1990 privatisiert worden. Zwischen den Gesellschaftern VEB CLG und Linde AG sei am 19. Juni 1990 ein Joint Venture abgeschlossen worden, wonach sich die Linde AG lediglich mit einer Sach- und Kapitaleinlage von 68 % am VEB KCA beteiligt ha-be. Der Linde AG-Anteil am Eigentum des VEB CLG habe somit nur im einstelligen Pro-zentbereich gelegen. Die Umwandlung des VEB KCA in die Linde KCA GmbH sei ausweis-lich des Registers der volkseigenen Wirtschaft erst am 01. Juli 1990 erfolgt. Am 30. Juni 1990 sei die Linde KCA GmbH dem Anteilseigener VEB CLG und somit dem Ministerium für Chemische Industrie unterstellt gewesen. Der VEB KCA sei über den 30. Juni 1990 bilanz-technisch, arbeits- und rentenrechtlich als VEB weitergeführt worden. Schließlich führt sie aus, dass sie Genehmigungen für die Zusatzversorgung vergleichbarer Mitarbeiter der Linde KCA GmbH als Widersprüche und Ungleichbehandlung empfinde.

Die Klägerin beantragt, den Bescheid der Beklagten vom 15. November 2002 in Gestalt des Widerspruchsbe-scheides vom 26. März 2003 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Be-schäftigungszeit vom 01. September 1969 bis 30. Juni 1990 als Zeit der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz nach Anlage 1 Nr. 1 zum AAÜG festzustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist sie auf den Widerspruchsbescheid und führt ergänzend und vertie-fend aus, dass der VEB KCA am 30. Juni 1990 zwar noch bestanden hätte, weil dessen Rechtsfähigkeit durch die im Rahmen eines Jointventure gegründete Linde KCA GmbH nicht beendet worden sei. Die Beschäftigungsverhältnisse hätten aber ab Eintragung der Linde KCA GmbH nur noch zu diesem Arbeitgeber bestanden. Dass der VEB KCA keine wirtschaftliche Tätigkeit mehr verrichtet habe, ergebe sich unter anderem daraus, dass nur für die Linde KCA GmbH eine DM-Eröffnungsbilanz erstellt worden sei, nicht auch für den VEB KCA. Damit könne am 30. Juni 1990 ein Beschäftigungsverhältnis nur zur Linde KCA GmbH bestanden haben.

Im Rahmen der Beweiserhebung hat das Gericht einen Auszug aus dem Register der volksei-genen Wirtschaft vom VEB KCA, Registernummer 110-12-862, beigezogen. Außerdem lagen dem Gericht Auszüge aus dem Handelsregister beim Amtsgericht Dresden von der Linde KCA GmbH, HR B 1518, und aus dem Handelsregister beim Amtgericht Berlin-Charlottenburg von der KCA GmbH, HR B 47015, vor. Über die Gründungsmodalitäten der Linde KCA GmbH befinden sich in der Gerichtsakte ein Bericht der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft über das notarielle Gründungsprotokoll vom 25. April 1990 des Staatlichen Notariats Dresden (Stadt), der bilanzierte Einbringungs-status zum 25. April 1990, null Uhr des Betriebs KCA des VEB KCA im VEB CLG und die Eröffnungsbilanz zum 25. April 1990 der Linde KCA GmbH, der Bericht über die DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 der Linde KCA GmbH und eine Auskunft des Amtsge-richts Dresden zur Erläuterung der fehlerhaften Löschung des VEB KCA im Register der volkseigenen Wirtschaft vom 22. Juli 2003. Schließlich lagen dem Gericht der Gründungsbericht der KCA GmbH vom 04. Dezember 1992, die Niederschrift über eine außerordentliche Gesellschafterversammlung der KCA GmbH vom 22. Dezember 1992 und der Gesellschaftsvertrag der KCA GmbH vom 28. Januar 1993 vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten der vorgenannten Unterlagen und des Vorbringens der Be-teiligten wird auf den Inhalt der gerichtlichen Verfahrensakte mit den Schriftsätzen nebst An-lagen sowie den Inhalt der vom Gericht beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten verwie-sen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid vom 15. November 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. März 2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG).

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzli-chen Altersversorgung der technischen Intelligenz nach Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberleitungsgesetz (AAÜG) gemäß § 8 Abs. 3 Satz 1 i. V. m. Abs. 1 und 2 AAÜG.

Das AAÜG ist nach § 1 Abs. 1 AAÜG auf die Klägerin nicht anwendbar. Da die Klägerin in der streitigen Zeit weder in einem volkseigenen Produktionsbetrieb noch in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war, besteht zwischen ihr und der Beklagten kein Versor-gungsrechtsverhältnis, für welches das AAÜG Geltung beanspruchen könnte.

1. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AAÜG gilt das AAÜG für Ansprüche und Anwartschaften, die auf Grund der Zugehörigkeit zu Zusatz- und Sonderversorgungssystemen (Versorgungssysteme) im Beitrittsgebiet erworben worden sind und bei Inkrafttreten dieses Gesetzes am 01. August 1991 bestanden. War ein Verlust der Versorgungsanwartschaft deswegen eingetreten, weil die Regelungen des Versorgungssystems diesen Verlust bei einem Ausscheiden vor dem Leis-tungsfall vorsahen, gilt dieser Anwartschaftsverlust nach § 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG als nicht eingetreten.

Geht man vom Wortlaut des § 1 Abs. 1 AAÜG aus, erfüllt die Klägerin weder den Tatbestand nach Satz 1 noch den nach Satz 2. Eine im Sinne von Artikel 19 Einigungsvertrag bindende Einzelfallregelung, durch die der Klägerin eine Versorgungsanwartschaft zuerkannt worden sein könnte (Versorgungszusage, Einzelfallentscheidung, Einzelvertrag), lag nicht vor. Die Klägerin war auch nicht auf Grund einer späteren Rehabilitierungsentscheidung in das Ver-sorgungssystem der technischen Intelligenz einbezogen worden. Schließlich hatte die Klägerin vor dem 30. Juni 1990 keine Rechtsposition inne, die sie hätte verlieren können.

2. Bei Personen, die am 30. Juni 1990 nicht einbezogen waren, ist nach ständiger Rechtspre-chung des Bundessozialgerichts (BSG) § 1 Abs. 1 AAÜG erweiternd verfassungskonform auszulegen (vgl. Urteile des BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 12 f., Nr. 3 S. 20, Nr. 4 S. 26 f., Nr. 5 S. 32, Nr. 6 S. 39, Nr. 7 S. 59, Nr. 8 S. 73). Danach ist zu prüfen, ob die Nichteinbezo-genen nach der am 30. Juni 1990 gegebenen Sachlage einen (fiktiven) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätten. Diese Prüfung ist anhand der Rechtslage am 01. Au-gust 1991 vorzunehmen. Ob ein solcher fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Zusage besteht, hängt von der Ausgestaltung der zu Bundesrecht gewordenen leistungs-rechtlichen Regelungen der Versorgungssysteme ab.

Die Voraussetzungen für die (bundesrechtlich fiktive) Einbeziehung in die zusätzliche Alters-versorgung der technischen Intelligenz (AVItech) ergeben sich aus den Texten der Verord-nung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech) vom 17. August 1950 (GB1. DDR I Nr. 93 S. 844) und der hierzu erlassenen Zweiten Durchführungsbestimmung zur VO-AVItech (2. DB zur VO-AVItech) vom 24. Mai 1951 (GB1. DDR Nr. 62 S. 487). Dabei kommt es für das Sprachverständnis auf den staatlichen Sprachgebrauch der DDR grundsätzlich am 02. Oktober 1990 an, welchem der Bundesgesetzgeber sich angeschlossen hat.

Gemäß § 1 VO-AVItech i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. DB zur VO-AVItech hängt ein An-spruch auf Einbeziehung von drei (persönlichen, sachlichen und betrieblichen) Voraussetzun-gen ab. Generell war dieses System eingerichtet für Personen, die berechtigt waren, eine be-stimmte Berufsbezeichnung zu führen, und die eine entsprechende Tätigkeit tatsächlich aus-geübt haben, und zwar in einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens (vgl. Urteile des BSG in SozR 3-8570 § 1 Nr. 2 S. 14, Nr. 5 S. 33, Nr. 6 S 40 f., Nr. 7 S. 60, Nr. 8 S. 74).

Zwar gehörte die Klägerin zum Personenkreis, der in den Anwendungsbereich der VO-AVItech fällt, weil sie aufgrund ihrer Ausbildung berechtigt war, den Titel eines Technikers und den eines Ingenieurs (letzteren nach der Verordnung über die Führung der Berufsbezeich-nung Ingenieur vom 12. April 1962, GBl. DDR II S. 278) zu führen und ausgehend von der beruflichen Qualifikation grundsätzlich in das Versorgungssystem der technischen Intelligenz hätte aufgenommen werden können. Nach § 1 Abs. 1 der 2. DB zur VO-AVItech gelten als Angehörige der technischen Intelligenz Ingenieure, Konstrukteure, Architekten etc.

Ihr (bundesrechtlich fiktiver) Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage scheitert je-doch unabhängig von der Frage, ob die Klägerin eine der VO-AVItech entsprechende Tätig-keit ausübte, daran, dass sie am 30. Juni 1990 weder in einem volkseigenen (Produktions-) Betrieb noch in einem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war.

Entgegen ihrer Auffassung war die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht im VEB CLG, der dem VEB KCA als Kombinat übergeordnet war, beschäftigt. Der VEB KCA war nicht unselbstän-diger Bestandteil des VEB CLG, sondern in das Register der volkseigenen Wirtschaft einge-tragen und als Kombinatsbetrieb des VEB CLG juristisch selbständig (vgl. hierzu §§ 1 Abs. 2 Nr. 2, 4 Abs. 1 Nr. 8 der Verordnung über die Führung des Registers der volkseigenen Wirt-schaft vom 10. April 1980, GBl. DDR I S. 115, wonach Kombinatsbetriebe der Eintragungs-pflicht unterlagen und der Beginn der Rechtsfähigkeit in das Register einzutragen war). Aus-weislich des Arbeitsvertrages vom 20. Mai 1981 und des Änderungsvertrages vom 15. Juni 1989 bestand jedenfalls zu diesen Zeiten ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und dem VEB KCA. Am 30. Juni 1990, dem maßgeblichen Zeitpunkt, könnte sie nach den widersprüchlichen Stempeln im SV-Ausweis im VEB KCA oder in der Linde KCA GmbH beschäftigt gewesen sein.

Der VEB KCA war entgegen der ursprünglich von der Beklagten vertretenen Auffassung am 30. Juni 1990 nicht bereits erloschen. Dies ergibt sich zweifelsfrei aus den vorliegenden Un-terlagen. Zwar war in das Register der volkseigenen Wirtschaft (110-12-862) unter der lau-fenden Nummer 22 ein Vermerk eingetragen worden, wonach der VEB KCA mit Wirkung vom 19. Juni 1990 seine Rechtsfähigkeit von Amts wegen beendet hat. Unter der laufenden Nummer 23 war dieser Vermerk jedoch am 30. März 1993 gelöscht worden. Das Amtsgericht Dresden hat in seiner Auskunft vom 22. Juli 2003 dazu treffend festgestellt, dass der Vermerk unter der laufenden Nummer 22 fälschlich eingetragen wurde. Der VEB KCA ist erst sehr viel später in die KCA GmbH umgewandelt worden, was sich aus der Eintragung der KCA GmbH in das Handelsregister beim Amtsgericht Charlottenburg in Berlin (HR B 47015) vom 03. Mai 1993 ergibt.

Wenngleich der VEB KCA am 30. Juni 1990 nicht erloschen war, ist die Kammer auf Grund der vorliegenden Unterlagen zu der Überzeugung gelangt, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht mehr im VEB KCA, sondern in der Linde KCA GmbH beschäftigt war. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass vor dem 30. Juni 1990 kein Arbeitsvertrag zwischen der Klägerin und der Linde KCA GmbH geschlossen wurde. Die besonderen Umstände der Gründung der Lin-de KCA GmbH zwingen jedoch zu dem Schluss, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 aus-schließlich in der Linde KCA GmbH beschäftigt war. Aus den vorliegenden Unterlagen ergibt sich nämlich, dass der VEB KCA ab dem 25. April 1990, null Uhr, nicht mehr produziert, sondern nur noch Grundstücke gehalten hat. Die Produktion erfolgte ab diesem Zeitpunkt aus-schließlich in der Linde KCA GmbH, so dass die Klägerin auch nur dort ihrer Beschäftigung nachgegangen sein konnte.

Diese Überzeugung der Kammer beruht auf folgenden Erwägungen: Ausweislich des Berichts der KPMG Deutsche Treuhand-Gesellschaft errichteten die VEB CLG und die Linde AG am 25. April 1990 die Linde KCA GmbH. Mit notariellem Einbrin-gungsvertrag vom selben Tag wurde vereinbart, dass mit Stichtag 25. April 1990, null Uhr, der wirtschaftlich selbständige Betrieb der KCA als Sacheinlage in die Linde KCA GmbH eingebracht und ab diesem Zeitpunkt für Rechnung der neuen Gesellschaft geführt werden sollte. Folgerichtig deckt sich der Einbringungsstatus des Betriebes KCA zum 25. April 1990 weitestgehend mit der Eröffnungsbilanz der Linde KCA GmbH zum 25. April 1990. Weiter wurde vereinbart, dass die Linde KCA GmbH ihren Sitz in Dresden, Ernst-Thälmann-Straße 25-29 haben sollte. Der Sitz der Linde KCA GmbH war damit identisch mit dem Sitz des VEB KCA. Laut DM-Eröffnungsbilanz zum 01. Juli 1990 war die Linde KCA GmbH alleiniger Rechtsträger und damit nachweislich alleiniger Eigentümer des Geschäftsgebäudes Ernst-Thälmann-Straße 25-29. In der DM-Eröffnungsbilanz wird zudem ausgeführt, dass am 01. Juli 1990 1112 Arbeitneh-mer beschäftigt waren.

Da der Betrieb KCA einschließlich seiner Gebäude und seines Personals in die Linde KCA GmbH eingebracht worden ist, konnte im VEB KCA keine Produktion mehr stattfinden. Die Eintragung der Linde KCA GmbH in das Handelsregister beim Amtsgericht Dresden (HR B 1518) erfolgte am 19. Juni 1990. Spätestens ab diesem Zeitpunkt wurde in dem VEB KCA nicht mehr produziert, da der "Betrieb KCA" in der Linde KCA GmbH aufgegangen war.

Dass die Rechtsfähigkeit des VEB KCA zu diesem Zeitpunkt nicht endete, beruhte allein auf einer Besonderheit in der Verordnung über die Gründung und Tätigkeit von Unternehmen mit ausländischer Beteiligung in der DDR vom 25. Januar 1990, GBl. DDR I Nr. 4 S. 16 (nach-folgend Jointventure-Verordnung genannt). Nach § 17 Abs. 2 der Jointventure-Verordnung konnte Boden von Beteiligten der DDR nur zur Nutzung in ein Unternehmen mit ausländi-scher Beteiligung in der DDR eingebracht werden. Damit war sichergestellt, dass Grundstücke allein "in Händen der DDR" blieben und nicht in das Eigentum von Unternehmen mit auslän-discher Beteiligung übergehen konnten. Da der VEB KCA nicht einschließlich des "Bodens" in die Linde KCA GmbH eingebracht werden konnte, musste der VEB KCA zum Zwecke des Haltens der Grundstücke weiterbestehen.

Die vorliegenden Unterlagen über die Gründung der KCA GmbH bestätigen, dass der VEB KCA nach Gründung der Linde KCA GmbH den Zweck hatte, die Grundstücke zu halten und, sobald dies rechtlich möglich war, an die Linde KCA GmbH zu übertragen. Nach § 2 des Ge-sellschaftsvertrags der KCA GmbH vom 28. Januar 1993 ist Gegenstand des Unternehmens in Erfüllung des Anspruches der Linde KCA GmbH gemäß dem Jointventure-Vertrag vom 25. April 1990 die Eigentumsübertragung der auf sie übergegangenen Grundstücke an die Linde KCA GmbH. Unter Anlage 4 findet sich eine Aufstellung von Grundstücken, die vom Rechtsnachfolger des VEB KCA, der KCA GmbH dem Jointventure Linde KCA GmbH zu übereignen sind. Im Gründungsbericht der KCA GmbH vom 04. Dezember 1992 wurde zu-dem ausgeführt, dass die KCA GmbH nach den Eigentumsübertragungen vermögenslos sein und im Handelsregister gelöscht werden wird. Unter Tagesordnungspunkt 3 der Niederschrift über die außerordentliche Gesellschafterversammlung der KCA GmbH vom 22. Dezember 1992 findet sich der Hinweis auf § 17 Abs. 2 der Joint-Venture-Verordnung, wonach lediglich das Nutzungsrecht, nicht aber das Eigentum auf die Linde KCA GmbH übertragen werden konnte und der VEB KCA Rechtsträger des Grund und Bodens geblieben war.

Aus den vorgenannten Gründen besteht der begehrte Anspruch auf Feststellung von Zusatz-versorgungszeiten nicht. Ein fiktiver bundesrechtlicher Anspruch auf Erteilung einer Versor-gungszusage scheitert daran, dass die Klägerin am 30. Juni 1990 nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb oder in einem diesem gleichgestellten Betrieb beschäftigt war, sondern in der Linde KCA GmbH, in die der vormalige Beschäftigungsbetrieb KCA eingebracht worden war.

3. Die Klägerin kann auch nicht mit der Begründung eine Einbeziehung beanspruchen, die Beklagte hätte im Falle ehemaliger Kollegen die Zugehörigkeit zur AVItech anerkannt, da, soweit diesen Entscheidungen tatsächlich vergleichbare Sachverhalte zu Grund gelegen haben und überhaupt Entscheidungen zur Anwendbarkeit des § 1 Abs. 1 AAÜG getroffen worden sind, eine vom Gesetz nicht getragene und damit rechtswidrige Entscheidung vorliegen wür-de. Auf eine entsprechende rechtswidrige Entscheidung hat die Klägerin jedoch keinen An-spruch, da Art. 3 Abs. 1 GG gerade eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht gewährleisten will, schon gar nicht dann, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den Antrag der Klägerin die insoweit rechtswidrige Verwaltungspraxis bereits aufgegeben war (vgl. BSG, Beschluss v. 09. Dezember 1999, Az: B 9 V 61/99 B, Urteil vom 09. November 1999, Az: B 4 RA 54/98 R).

Nach alledem war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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