S 35 R 112/18 KN

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Dresden (FSS)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
35
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 35 R 112/18 KN
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Der Rehabilitationsträger bleibt für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben solange zuständig und gesamtverantwortlich, bis die Rehabilitation mit dauerhaftem Erfolg abgeschlossen worden ist. Es existiert kein Automatismus dergestalt, dass bei erfolglosen Eingliederungsbemühungen das Teilhabeverfahren zu beenden ist.
I. Der Bescheid vom 01.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2017 wird aufgehoben.

II. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger aus dem Grundbescheid vom 01.07.2013 konkrete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bewilligen.

III. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die weitere Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben streitig.

Der 1971 geborene Kläger leidet an dem sogenannten Klinefeltersyndrom, das mit Testosteronsubstituton behandelt wird. In der Folge besteht bei ihm ein Hochwuchs (ca. 208 cm) mit Osteoporose und lumbalem Schmerzsyndrom. Der Kläger hat einen GdB nach dem Schwerbehindertenrecht von 40 mit Gleichstellungsbescheinigung. Er hat 1987 einen Abschluss zum Eisenbahntransportfacharbeiter (Teilfacharbeiter) abgelegt und 1990 den Abschluss als Verkehrskaufmann (Eisenbahnverkehr) erworben. Von Juli 1987 bis Juli 1997 hat der Kläger verschiedene Tätigkeiten im Bahnbereich ausgeübt (Dienstbriefabfertiger, Betriebsarbeiter, Pförtner/Wachmann, Palettenregistratur). Nach weiteren Tätigkeiten im Bahnbereich folgte ab 01.01.2001 eine berufliche Neuorientierung, zuletzt bis November 2002 bei M.-GmbH. Der Kläger hat von November 2002 bis April 2003 an der vom Arbeitsamt A ... geförderten Qualifizierungsmaßnahme "Geprüfte Sicherheitsfachkraft" IHK teilgenommen, aber nicht abgeschlossen. Ab April 2003 war er arbeitssuchend.

Im Juli 2005 begann der Kläger eine von der Agentur für Arbeit A ... geförderte Maßnahme (Berufswegplanung und beruflichen Widereingliederung) bei S. GmbH. Die Maßnahme wurde am 31.12.2005 beendet. Der Maßnahmeträger hat in seiner Stellungnahme vom 13.01.2006 ausgeführt, dass der Kläger sich zu Beginn der Maßnahme erhöht selbstbewusst und interessenabhängig motiviert gezeigt habe. Durch die zuständige Dipl.-Psychologin U. M. wurde eingeschätzt, dass der Kläger psychisch labil und in seinem Verhalten auffällig erscheint. Eine umfassende psychologische Diagnostik wurde empfohlen.

Am 25.01.2006 beantragte der Kläger Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei der Beklagten, die mit Bescheid vom 12.04.2006 einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber in Aussicht gestellt hat. Die Zusage war befristet bis 30.04.2007. Der Kläger wurde gebeten, sich intensiv um einen geeigneten Arbeitsplatz zu bemühen. Gleichzeitig wurde die Agentur für Arbeit A ... gebeten, die Bemühungen des Klägers im Rahmen der Arbeitsvermittlung zu unterstützen. Der Kläger war im Juni/Juli 2006 und im Oktober 2006 jeweils kurzfristig beschäftigt (als Produktionshelfer und Staplerfahrer). Auf seinen Weitergewährungsantrag hat die Beklagte die Zusage eines Eingliederungszuschusses verlängert bis 30.06.2008 (Bescheid vom 21.06.2007). Im Juli 2007 war der Kläger kurzfristig als Staplerfahrer beschäftigt.

Am 13.05.2008 hat der Kläger bei der Beklagten vorgetragen, er möchte einen Schein erwerben für das Führen von Mehrzweckgeräten (Erdbaumaschinen, Bagger, Radlager). Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat hierzu am 15.05.2008 mitgeteilt, dass diese Tätigkeiten nicht leidensgerecht sind, weshalb die Kosten für den beantragten Lehrgang von der Beklagten nicht übernommen wurden. Vom 11.06.2008 bis 05.07.2008 hat der Kläger als Produktionshelfer gearbeitet.

In einer Besprechungsnotiz vom 06.05.2009 zwischen Mitarbeitern der Beklagten und des Integrationsfachdienstes (IFD) ist festgehalten, dass der Kläger als sehr schwierig eingeschätzt wurde und scheinbar nicht daran interessiert sei, wieder in Arbeit zu kommen. Er habe bei jedem Angebot eine andere Ausrede gefunden, diese Arbeit nicht durchzuführen. Der IFD wollte den Kläger aus der Betreuung nehmen, da bereits die Polizei informiert werden musste wegen der Ankündigung eines Amoklaufes. Gleichwohl wurde der Kläger aufgefordert, weitere Teilhabeleistungen zu beantragen.

Am 11.06.2009 hat der Kläger die Verlängerung der Teilhabeleistungen beantragt. Der Sozialmedizinische Dienst der Beklagten hat in seiner Stellungnahme vom 02.07.2009 hierzu ausgeführt, der Kläger könne keine schweren oder anhaltend mittelschweren Arbeiten, sowie kein häufiges Bücken ausführen. Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 14.07.2009 weiterhin Leistungen in Form der Zusage eines Eingliederungszuschusses bei Arbeitsvermittlung, befristet bis 31.07.2010.

Der Kläger hat am 06.05.2009 eine Tätigkeit als Helfer bei J. aufgenommen. Das Arbeitsverhältnis wurde innerhalb der Probezeit vom Arbeitgeber zum 27.08.2009 beendet. Am 27.08.2009 hat der Kläger ein befristetes Arbeitsverhältnis bei A. als Fachhelfer aufgenommen, das zum 24.09.2009 gekündigt wurde.

Es kam in der Folge zu einem Rechtsstreit über die Höhe beantragter Fahrtkostenbeihilfe (Az. S 24 KN 975/11), der durch Klagerücknahme beendet wurde. Auf den Antrag des Klägers vom 15.09.2010 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2010 Leistungen zur Teilhabe dem Grunde nach und kündigte an, über Art und Umfang einen weiteren Bescheid zu erlassen. Mit Bescheid vom 26.10.2010 konkretisierte die Beklagte die Leistung und beauftragte die T. GmbH & Co. KG, ein Profiling (Erstellen eines Leistungsprofils) mit dem Kläger durchzuführen. Nach Klärung der Fahrtkostenerstattung hat der Kläger an dem Profiling am 01.12.2010 teilgenommen. Der Maßnahmeträger hat in dem Teilnahmeerhebungsbogen u.a. ausgeführt, dass der Kläger trotz seiner großen Ausführungen den Eindruck vermittelt habe, dass er an einer für ihn geeigneten Arbeitsaufnahme interessiert sei. Im März 2010 nahm der Kläger einen Minijob als Überführungsfahrer im Autotransfer auf, der bis September 2013 ausgeführt wurde.

Mit Bescheid vom 27.05.2011 bewilligte die Beklagte eine dreimonatige assistierte Arbeitsvermittlung durch die T. GmbH und Co.KG, die vom 19.09.2011 bis 19.12.2011 durchgeführt wurde. Auf Wunsch des Klägers wurden für ihn Bewerbungen als Lagermitarbeiter/Staplerfahrer, Auslieferungsfahrer und Wagenschieber beworben. Es gab insgesamt 34 schriftliche und telefonische Kontakte mit Arbeitgebern. Dabei stellte sich heraus, dass die Tätigkeiten nicht den gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers entsprachen. Die assistierte Arbeitsvermittlung führte nicht zu einer Arbeitsaufnahme. Auf den weiteren Antrag des Klägers sicherte die Beklagte mit Bescheid vom 18.04.2012 zu, einen Eingliederungszuschuss an einen Arbeitsgeber zu leisten, befristet bis 30.04.2013.

Nachdem der Kläger am 07.11.2012 mitteilte, eine Fahrertätigkeit bei T. in Aussicht zu haben, teilte die Beklagte dem Arbeitgeber T. mit Schreiben vom 08.11.2012 ihr Bereitschaft zur Gewährung von Eingliederungszuschüssen mit. Es kam nicht zum Abschluss eines Arbeitsvertrags.

Vom 22.05.2013 bis 12.06.2013 nahm der Kläger an einer stationären medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teil wegen: Rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom, Chondropathia patellae beidseits, Diabetes mellitus Typ 2 mit Tablettenpflicht, Adipositas Grad I BMI 31, Akromegalie. Es wurde eingeschätzt, dass der Kläger leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Vermeidung von häufigem Heben, Tragen, Bücken und Steigen mindestens sechs Stunden ausüben könne. Die letzte berufliche Tätigkeit als Produktionshelfer könne er nur noch unter drei Stunden verrichten (Entlassungsbericht vom 19.06.2013).

Auf den Weitergewährungsantrag des Klägers vom 24.06.2013 bewilligte die Beklagte mit Bescheid vom 01.07.2013 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach und kündigte an, über Art und Umfang der Leistungen einen weiteren Bescheid zu erlassen. In Ausführung des Grundlagenbescheides sicherte die Beklagte mit Bescheid vom 14.08.2013 zu, einen Eingliederungszuschuss an einen Arbeitsgeber zu leisten, befristet bis 31.08.2014.

In einer Gesprächsnotiz der Beklagten vom 24.10.2013 ist festgehalten, dass die zuständige Mitarbeiterin des IFD eine weitere Betreuung des Kläger ablehne. Es sei in der Vergangenheit zu sexuellen Übergriffen gekommen. Die Situation sei eskaliert, so dass der Kläger einen Amoklauf androhte, weshalb er dann von der Polizei aus der Wohnung geholt worden sei.

Am 29.07.2014 unterzeichnete der Kläger das Formular mit dem Inhalt, dass er weiterhin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben interessiert sei, weshalb die Beklagte mit Bescheid vom 28.08.2014 die Zusage für einen Eingliederungszuschuss bis 31.08.2015 verlängerte. Am 14.08.2015 unterzeichnete der Kläger die Erklärung, weiterhin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben interessiert zu sein, weshalb die Beklagte die Zusage des Eingliederungszuschusses mit Bescheid vom 04.09.2015 bis 30.09.2016 verlängerte. Auf die Erklärung des Klägers vom 08.09.2016, weiterhin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben interessiert zu sein, verlängerte die Beklagte ihre Zusage eines Eingliederungszuschusses mit Bescheid vom 17.10.2016 bis 31.10.2017.

Mit Unterschrift vom 27.10.2017 auf dem Formularvordruck erklärte der Kläger, weiterhin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben interessiert zu sein. Er erkundigte sich ferner telefonisch am 27.10.2017 nach der Kostenübernahme für eine KPR. Im Aktenvermerk der Beklagten ist hierzu festgehalten: "Der Versicherte ist mit der Beendigung des Reha-Verfahrens bei der KBS einverstanden. Den bereits gestellten Antrag (telefonisch) für die Verlängerung EGZ nimmt er zurück."

Die Beklagte erließ einen Bescheid mit Datum vom 01.11.2017 unter der Überschrift "Abschluss Verwaltungsverfahren Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben" und führte aus, der gültige Bescheid über Eingliederungszuschüsse habe am 31.10.2017 seine Gültigkeit verloren. Die in der Vergangenheit bewilligten Leistungen in Form von Eingliederungszuschüssen dem Grunde nach sowie assistierte Arbeitsvermittlung haben aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Aufnahme eines Beschäftigungsverhältnisses geführt. Weitere Leistungen würden daher wegen fehlender Erfolgsaussichten nicht mehr bewilligt werden. Zudem sei bei Versicherten, die in den letzten zehn Jahren ganz oder überwiegend arbeitslos waren, der Bezugspunkt der Prüfung der Erwerbsfähigkeit nicht mehr die zuletzt verrichtete Tätigkeit, sondern der allgemeine Arbeitsmarkt. Der Kläger stand seit 15.11.2002 mit einigen kurzfristigen Beschäftigungszeiten nicht mehr durchgehend in einem Arbeitsverhältnis. Auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein Leistungsvermögen von über sechs Stunden täglich. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien durch die Beklagte nicht mehr zu erbringen.

In seinem Widerspruch hiergegen monierte der Kläger sinngemäß die bisherigen Bemühungen zur Vermittlung und Eingliederung in Arbeit. Die Beklagte hat den Widerspruch zurückgewiesen (Widerspruchsbescheid vom 22.12.2017) und weiter ausgeführt, dem Kläger sei mit Bescheid vom 01.11.2017 mitgeteilt worden, dass das Verfahren zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zum 31.10.2017 beendet worden sei. Wenn nach einer wiederholten Zusage keine erfolgreiche Vermittlung erreicht werden konnte, sei das Verfahren beim Rehabilitationsträger abzuschließen.

Am 22.01.2018 hat der Kläger Klage erhoben und auf seine körperlichen Beeinträchtigungen (Osteoporose, Schmerzen beidseitig im Knie, Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule bei Tätigkeiten, die mit Tragen und Heben von Gewicht verbunden sind) verwiesen. Die Beklagte sei zum Erlass des Bescheids, mit dem die berufliche Rehabilitation beendet wurde, nicht berechtigt, da für einen solchen Bescheid keine Rechtsgrundlage bestehe. Nach Meinung des Klägers enthält der Widerspruchsbescheid vom 22.12.2017 durch die Erklärung, das Verfahren zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Wirkung zum 31.10.2017 zu beenden, eine zusätzliche selbstständige Beschwer ("Verböserung") gegenüber dem Ausgangsbescheid. Auch der Ausgangsbescheid vom 01.11.2017 sei rechtswidrig. Der Kläger habe Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über die beantragte Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Er verweist auf § 49 SGB IX (bis 01.01.2018: § 33 SGB IX). Hier sei die Beklagte ihrer Pflicht zur Ermessensbetätigung nicht nachgekommen und habe von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht. Sie habe keine geeigneten Maßnahmen erwogen, um dem Kläger einen Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. In Betracht komme hier eine Umschulung oder eine Integrationsmaßnahme, die dem Kläger eine berufliche Unabhängigkeit gewährleisten kann. Die Beklagte habe keine ziel- und zweckgerichtete Entscheidungsfindung vorgenommen. Die Anforderungen des § 49 SGB IX (Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit) seien unberücksichtigt geblieben. Im weiteren Verlauf verweist der Kläger auf die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.03.2016 (Az. L 2 R 712/15) und vom 03.12.2015 (Az. L 8 R 1033/14), wonach eine längere Zeit der Arbeitslosigkeit nicht dazu führt, dass sämtliche Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes als "Bezugsberufe" gelten.

Der Kläger beantragt: 1. Der Bescheid vom 01.11.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2017 wird aufgehoben. 2. Die Beklagte wird verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte verweist darauf, dass Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach erstmalig mit Bescheid vom 12.04.2006 anerkannt wurden. Die in der Vergangenheit bewilligten Leistungen haben nicht zur Aufnahme einer Beschäftigung geführt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung des BSG bleibe ein Rehabilitationsträger für die berufliche Eingliederung eines Betreuten so lange verantwortlich, bis dieser in ein Arbeitsverhältnis eingemündet ist oder mit einer beruflichen Widereingliederung nicht gerechnet werden kann. Kann nach einer wiederholten Zusage keine erfolgreiche Vermittlung erreicht werden, sei das Verfahren abzuschließen. Die zunächst noch vertretene Auffassung, dass Bezugspunkt für die Prüfung der Erwerbsfähigkeit der allgemeine Arbeitsmarkt sei, da der Kläger seit mehr als zehn Jahren arbeitslos ist, wird im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht mehr aufrechterhalten. Die Beklagte verweist darauf, dass Ziel der Teilhabeleistungen ist, die Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern und dem Versicherten dauerhaft in das Erwerbsleben wieder einzugliedern (§ 49 Abs. 1 SGB IX, § 9 SGB VI). Der Kläger habe im Telefonat am 27.10.2017 der Beendigung des Reha-Verfahrens zugestimmt. Die bisherigen Angebote der Eingliederungshilfen haben § 33 Abs. 4 SGB IX (a. F ...) entsprochen. Die Beklagte verweist auf den Verfahrensablauf. Nach zahlreichen Gesprächen mit dem Kläger sei bekannt, dass eine Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt unrealistisch ist. Auf richterliche Nachfrage, ob mit dem Bescheid vom 01.11.2017 eine Aufhebung der Teilhabeleistungen (für die Zukunft) nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X vorgesehen war, erklärt die Beklagte, der Bescheid vom 01.11.2017 sei kein Aufhebungsbescheid (Schriftsatz vom 14.02.2019). Der Kläger habe nach Meinung der Beklagten am 27.10.2017 neu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beantragt, über die mit Bescheid vom 01.11.2017 ermessensfehlerfrei entschieden wurde. Die von der Beklagten beauftragten Integrationsfachdienste würden die Zusammenarbeit mit dem Kläger verweigern.

Im Rahmen der Sachverhaltsermittlung wurde Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers beigezogen, auf die wegen der Einzelheiten verwiesen wird.

Des Weiteren wird Bezug genommen auf die beigezogenen drei Bände Verwaltungsakten der Beklagte sowie die Gerichtsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 01.11.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.12.2017 erweist sich als rechtswidrig, da der Kläger weiterhin aus dem Bescheid vom 01.07.2013 Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach hat.

Mit Bescheid vom 01.07.2013 hat die Beklagte Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligt und angekündigt, über Art und Umfang der Leistungen einen weiteren Bescheid zu erlassen. Es handelt sich bei dem Bescheid vom 01.07.2013 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung. Ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung liegt vor, wenn sich der Verwaltungsakt nicht in einem einmaligen Gebot oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem Bestand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Dementsprechend hat Dauerwirkung der Verwaltungsakt, dessen rechtliche Wirkung sich über eine einmalige Gestaltung der Rechtslage hinaus auf eine gewisse zeitliche Dauer erstreckt (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juni 1994 – 1 RK 45/93 – juris Rdnr. 14 m.w.N.).

Der Bescheid über die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 01.07.2013 besteht weiter, wenn er nicht (bestandskräftig) aufgehoben wurde. Eine Aufhebung (für die Zukunft) wäre nach § 48 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch, Zehntes Buch (SGB X) möglich. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben.

Die hier mögliche Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2013 für die Zukunft wegen Änderung der Verhältnisse (beispielsweise durch die fehlende Eingliederungsprognose) ist durch die Beklagte ausdrücklich nicht vorgenommen worden. Sie hat in ihrem Schriftsatz vom 14.02.2019 darauf hingewiesen, dass es sich bei dem angefochtenen Bescheid vom 01.11.2017 nicht um einen Aufhebungsbescheid handelt. Damit kann der Kläger weiterhin Leistungen aus dem Bescheid vom 01.07.2013 verlangen.

Entgegen der Annahme der Beklagten handelt es sich bei der Einverständniserklärung des Klägers vom 27.10.2017, weiterhin an Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben interessiert zu sein, auch nicht um einen neuen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Ein neuer Antrag war nach Auffassung des Gerichts nicht erforderlich, da der Kläger aus dem Bescheid vom 01.07.2013 bereits Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben beanspruchen kann.

Der Kläger hat den Inhalt des Telefonats vom 27.10.2017, wonach er mit der Beendigung des Reha-Verfahrens einverstanden war, im Klageverfahren nicht bestätigt. Entsprechend seiner schriftlichen Erklärung vom 27.10.2017 ist deshalb davon auszugehen, dass er an seinen Anträgen auf konkrete Teilhabeleistungen festhalten wollte.

Unzutreffend ist in diesem Zusammenhang die Annahme der Beklagten, ein Rehabilitationsträger bleibe so lang für die berufliche Eingliederung eines Betreuten verantwortlich, bis dieser in ein Arbeitsverhältnis eingemündet ist oder mit einer beruflichen Widereingliederung nicht gerechnet werden kann. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich die Kammer anschließt, bleibt der Rehabilitationsträger solange zuständig und gesamtverantwortlich, bis die Rehabilitation mit dauerhaftem Erfolg abgeschlossen worden ist (so in BSG, Urteil vom 16. Juni 1994 – 13 RJ 79/93 –, BSGE 74, 240-247, SozR 3-5090 § 5 Nr. 2, Rn. 35). Nach der Entscheidung des BSG vom 19. März 1980 (Az. 4 RJ 89/79 z.B. in BSGE 50, 51-55) erweist sich die Rehabilitation "( ) als Prototyp einer final ausgerichteten Leistung der sozialen Sicherung (vgl BSG SozR 2200 § 1236 Nr. 3), deren erfolgreicher Abschluß vom Ziel der Eingliederung und nicht allein von der Beseitigung der Behinderung oder deren Ursachen her zu beurteilen ist. Im Falle einer Umschulung ist das Ziel der Eingliederung iS des § 1 Abs 1 RehaAnglG nicht schon mit dem Abschluß der Umschulung selbst erreicht, sondern erst dann, wenn der Betreute in Arbeit vermittelt worden ist. Ein Arbeitsloser ist nicht "auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft" einge-gliedert. Er ist noch nicht in der Lage, seine Arbeitskraft wirtschaftlich zu verwerten und auf diese Weise seinen Lebensunterhalt sicherzustellen, sondern ist noch auf die Hilfe Dritter (Sozialleistungs-träger) angewiesen.( ) Eine berufliche Rehabilitation, die sich darauf beschränkt, Kenntnisse und Fähigkeiten zu vermitteln, bliebe auf halbem Wege stehen. Die Kenntnisse und Fähigkeiten haben nur dann einen Sinn, wenn sie im Erwerbsleben verwertet werden. Hierzu bedarf es der Vermittlung eines Arbeitsplatzes. Dies ergibt sich auch aus § 5 Abs 2 RehaAnglG, wonach die Leistungen so vollständig und umfassend zu erbringen sind, daß Leistungen eines anderen Trägers nicht erforderlich werden" (BSG, Urteil vom 19. März 1980 – 4 RJ 89/79 –, BSGE 50, 51-55, SozR 2200 § 1237a Nr 12, Rn. 15 - 16)( )". Die Grundsätze, die zum RehaAnglG aufgestellt wurden, sind auch bei der Prüfung der §§ 33 ff. SGB IX (a.F. bzw. §§ 49 ff. SGB IX n.F.) zu berücksichtigen. Es existiert mithin kein Automatismus dergestalt, dass bei erfolglosen Eingliederungsbemühungen das Teilhabeverfahren zu beenden ist.

Ausgehend von seinen gesundheitlichen Einschränkungen (durch ein rezidivierendes lumbales Schmerzsyndrom, Chondropathia patellae beidseits, Diabetes mellitus Typ 2 mit Tablettenpflicht, Adipositas Grad I BMI 31, Akromegalie) ist die Erwerbsfähigkeit des Klägers weiterhin gemindert im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch (SGB VI), so dass er seine bisherigen überwiegend ausgeübten Tätigkeiten (im Eisenbahnverkehr) nicht weiter ausüben kann. Maßgeblich bleiben diese zuletzt verrichteten versicherungspflichtigen Tätigkeiten, auch wenn der Kläger mit kurzen Unterbrechungen seit April 2003 arbeitslos ist. Weder der Wortlaut des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI noch die Regelungsgeschichte der rehabilitationsrechtlichen Vorschriften bieten Anhaltspunkte für eine Einschränkung des in § 9 SGB VI formulierten Teilhabeanspruchs wegen Zeitablaufs (vgl. Urteil des BSG vom 12.03.2019, Az. B 13 R 27/17 R in juris).

Die von der Klägerseite aufgeworfene Frage der Verböserung durch den Widerspruchsbescheid vom 22.12.2017, wonach das Verfahren zu Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Wirkung zum 31.10.2017 beendet werden sollte, kann offenbleiben.

Der Kläger hat jedenfalls bis zur (bestandskräftigen) Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2013 Anspruch auf konkrete Maßnahmen der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.

Für die konkreten Teilhabeleistungen ist das Sozialgesetzbuch, Neuntes Buch (SGB IX), in der bis 31.12.2017 geltenden Fassung deshalb weiterhin anzuwenden. Danach muss die Beklagte weiterhin Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach den §§ 33 ff. SGB IX erbringen (§ 16 SGB VI).

Zur Teilhabe am Arbeitsleben werden die erforderlichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wieder herzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern (§ 33 Abs. 1 SGB IX). Die Leistungen umfassen insbesondere auch berufliche Anpassung und Weiterbildung (§ 33 Abs. 3 Nr. 3 SG IX) sowie berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt schulisch durchgeführt werden (§ 33 Abs. 3 Nr. 4 SGB IX). Bei der Auswahl der Leistungen werden Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt angemessen berücksichtigt (§ 33 Abs. 4 Satz 1 SGB IX). Ziel ist die Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit behinderter Menschen und die Sicherung ihrer Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer (§ 33 Abs. 1 SGB IX, §§ 4 Abs. 1 Nr. 3, 10 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Die Regelung in § 33 Abs. 1 SGB IX eröffnet und beschränkt zugleich die Leistungserbringung auf die erforderlichen Teilhabeleistungen. Grundvoraussetzung dafür, die Erforderlichkeit bejahen zu können, ist die Eignung der entsprechenden Maßnahme für das Erreichen des Ziels, dass die Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer sichergestellt wird (Haines in: Sozialgesetzbuch IX, Lehr- und Praxiskommentar, 2. Aufl. 2009, § 33 SGB IX Rn. 9, 13). Hierfür ist vom Maßnahmeträger eine Prognoseentscheidung über die Aussichten, dass dieses Ziel voraussichtlich erreicht wird, gefordert.

Im konkreten Fall hat die Beklagte in der Vergangenheit jeweils Leistungen erbracht, die nach Auffassung der Kammer nicht geeignet waren, den Kläger dauerhaft in Arbeit einzugliedern. Die Einschätzung des Maßnahmeträgers S. GmbH (vom 13.01.2006) im Anschluss an die Berufswegplanung, wonach eine umfassende psychologische Diagnostik empfohlen wurde, wurde von der Beklagten ignoriert. Es wäre zum damaligen Zeitpunkt aber Aufgabe der Beklagten gewesen, durch Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens, festzustellen, welche Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bei Beachtung der körperlichen und psychischen Einschränkungen für den Kläger geeignet sind. Es hätte durch eine psychologische Begutachtung geklärt werden müssen, ob der Kläger aufgrund seiner Persönlichkeit überhaupt noch in der Lage ist, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten. Auch die Kammer hatte aufgrund der möglichen Verhandlung und des persönlichen Eindrucks des Klägers Zweifel, ob er aufgrund seiner Persönlichkeitsstruktur noch in der Lage ist, eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes zu verrichten.

Statt der psychologischen Begutachtung und weiterer Abklärung, welche Leistungen bei dem Persönlichkeitsprofil des Kläger in Betracht kommen, wurden von der Beklagten seit 2006 jährlich wiederholend Eingliederungszuschüsse für den Fall der Arbeitsaufnahme angekündigt. Mit den Zusagen von Eingliederungszuschüssen hat die Beklagte konkrete Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes jedoch nicht gewährt, sondern lediglich in Aussicht gestellt. Sie hat sich zwar bereiterklärt, einen Eingliederungszuschuss an den Arbeitgeber zu leisten. Der Eingliederungszuschuss selbst gehört jedoch nicht zu den Leistungen nach § 33 Abs. 3 Nr. 1 SGB IX, da er in § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB IX als Leistung an den Arbeitgeber geregelt wird.

Schließlich stellt die jährlich wiederholende Zusage von Eingliederungszuschüssen eine für die Persönlichkeit des Klägers vollkommen unzureichende Leistung dar. Der Kläger hat sich in der Folge jeweils um Tätigkeiten (Produktionshelfer, Staplerfahrer) beworben, die für in aufgrund seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung absolut ungeeignet sind. Der Beklagten hätte spätestens seit dem Rehabilitationsentlassungsbericht vom 19.06.2013 klar sein müssen, dass der Kläger nur noch leichte bis mittelschwere Tätigkeiten bei Vermeidung von häufigem Heben, Tragen, Bücken und Steigen mindestens sechs Stunden verrichten kann. Die letzte berufliche Tätigkeit als Produktionshelfer kann er danach nur noch unter drei Stunden verrichten. Da der Kläger offensichtlich nicht in der Lage ist, sich auch in anderen Bereichen zu bewerben, wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, ihm geeignete Alternativen (ggf. nach durchgeführter Umschulung) aufzuzeigen.

Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Beklagte einen Eingliederungsvorschlag unter Berücksichtigung der maßgebenden Kriterien des § 33 Abs. 4 Satz 1 SGB X erarbeitet hätte, um auf Grundlage dieses Eingliederungsvorschlages konkrete Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes anzubieten. Die Aufforderung an den Kläger in den Bescheiden (seit dem Bescheid vom 12.04.2006), sich der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen und sich intensiv um einen geeigneten Arbeitsplatz zu bemühen, stellt keine Leistung der Beklagten zur Erlangung eines Arbeitsplatzes dar (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 10. Februar 2017 – L 22 R 888/16 B PKH –, Rn. 34, juris)

Mit dem seit 2006 laufenden und aus Sicht der Kammer vollkommen unproduktiven weiteren Ankündigungen von Eingliederungszuschüssen hat die Beklagte ihren Ermessensspielraum verkannt. Die Beklagte hat ihr Ermessen - wie es in § 39 Abs. 1 Satz 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) vorgesehen ist - entsprechend dem Regelungszweck und den gesetzlichen Ermessensgrenzen auszuüben. Relevante Gesichtspunkte der Ermessensabwägung sind die individuelle Situation des Arbeitnehmers - insbesondere die Relation zwischen dem bisherigen Berufsverlauf und dem Weiterbildungswunsch (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. März 2013 - L 2 AS 377/13 B ER, L 2 AS 378/13 B, juris) - die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes, der anhand der Ergebnisse der Beratungs- und Vermittlungsgespräche ermittelten arbeitsmarktpolitische Handlungsbedarf, der Gleichbehandlungsgrundsatz und der Umstand, ob Vermittlungs- und Eigenbemühungen über einen angemessenen Zeitraum erfolglos waren (Hassel in: Brand, SGB III, 6. Aufl. 2012, § 81 Rn. 7; Reichel in: jurisPK-SGB III, 2014, § 81 SGB III Rn. 79). Kommen nach den oben dargelegten Grundsätzen bei Vorliegen der Voraussetzungen für einen Anspruch des Versicherten auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach verschiedene Maßnahmen in Betracht, die gleichermaßen geeignet sind, die Teilhabe des Versicherten am Arbeitsleben zu sichern, hat der Reha-Träger ein Auswahlermessen, welche Maßnahme er gewähren will (BSG 17.10.2006, B 5 RJ 15/05 R, SozR 4-2600 § 10 Nr. 2; 20.03.2007, B 2 U 18/05 R, SozR 4-2700 § 35 Nr. 1). Dieses Auswahlermessen muss pflichtgemäß ausgeübt werden (§ 39 Abs. 1 SGB I), also insbesondere am Gesetzeszweck der dauerhaften beruflichen Eingliederung ausgerichtet werden. Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Die besondere Bedeutung des Berufswunsches bei der Auswahl der Rehabilitationsmaßnahme kommt jedoch nur dann zum Tragen, wenn der behinderte Mensch einen die Eingliederung gewährleistenden Beruf wählt, für den er uneingeschränkt geeignet ist (BSG 28.03.1990, 9 B/7 RAr 92/88, BSGE 66, 275; BSG 18.05.2000, B 11 AL 107/99, juris).

Ein Eingliederungszuschuss wäre nur dann ermessensfehlerfrei, wenn mit dessen Hilfe eine Eingliederung realistischerweise möglich ist. Hier wäre es Aufgabe der Beklagten gewesen, herauszufinden, für welche konkrete Tätigkeit der Kläger aufgrund seiner körperlichen und psychischen Einschränkungen noch uneingeschränkt geeignet um ihn nachfolgend gezielt in diese Tätigkeit einzugliedern. Der Kläger kann, was unstrittig ist, nur noch leichte bis mittelschwere körperliche Arbeiten verrichten (ohne Heben, Tragen, Bewegen schwerer Lasten und nicht im Bücken). Nach Auffassung der Kammer besteht allein durch die Bewilligung eines Eingliederungszuschusses keine realistische Aussicht, eine Tätigkeit im Bereich der körperlich leichten bis mittelschweren Tätigkeiten zu finden. Vielmehr hätte, auch aufgrund der jahrelangen Entfremdung aus jeglicher Berufstätigkeit, zumindest der Versuch der Wiedereingliederung durch eine berufliche Schulungsmaßnahme erfolgen müssen.

Erst, wenn der Kläger eine geeignete Schulungsmaßnahme (z.B. aufgrund fehlender Motivation) nicht antritt oder nicht beendet, wäre die von der Beklagten sinngemäß angenommene fehlende Erfolgsprognose hinreichend bewiesen.

Danach hat der Kläger, jedenfalls bis zur bestandskräftigen Aufhebung des Bescheides vom 01.07.2013, weiterhin Anspruch auf konkrete Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.

Damit war dem Klageantrag in vollem Umfang zu entsprechen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.
Rechtskraft
Aus
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