S 40 U 170/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
40
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 40 U 170/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Leitsätze
1. Mitentscheidend für die Zuordnung einer (versicherten) Tätigkeit ist, ob ein Versicher-ter eine dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese (fremdnützige) Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls be-stätigt wird. Dabei ist es für die Zuordnung grundsätzlich unerheblich ist, aus welchen Motiven oder Beweggründen der Entschluss zum Tätigwerden kommt, sondern viel-mehr, für welches Unternehmen konkret – objektiv – eine Handlung vorgenommen wurde.
2. Es spielt für die unfallversicherungsrechtliche Zuordnung keine Rolle, ob die Klägerin, wie es geplant gewesen war, bereits für die Tierklinik in irgendeiner Art und Weise – in einem Beschäftigungsverhältnis oder ohne vertragliche Beziehungen - tätig geworden ist. Die zum Unfall führende Tätigkeit bezog sich ausschließlich auf eine Hilfeleistung in Bezug auf die private Reittierhaltung. Über diese konkrete Hilfeleistung bestand Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII.
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, welcher Unfallversicherungsträger der verbandsmäßig zuständige Träger für den Arbeitsunfall der Klägerin vom 28.12.2008 ist.

Die am 26.12.1984 in A. geborene Klägerin ist Pferdeliebhaberin und besaß in A. ein eigenes Pferd. Sie besitzt die a. und b. Staatsangehörigkeit. Nach Abschluss einer Ausbildung in A. wollte die Klägerin in Deutschland ein Praktikum in der Tierarztklinik für Pferde des Zeugen, dem Tierarzt Dr. N.B., ab Ende 2008 für mindestens 6 Monate absolvieren. Ein schriftlicher Arbeits- bzw. Praktikumsvertrag wurde nicht geschlossen. Aus dem Vorbringen der Beteiligten ergibt sich unter anderem, dass die Klägerin für die Praktikumszeit von der Tierarztklinik ein Entgelt in Höhe von 600,00 EUR monatlich erhalten sollte, sowie in einer von der Tierklinik angemieteten Einzimmerwohnung kostenfrei wohnen durfte.

Der Kontakt zwischen der Klägerin und der Familie B. (Zeugin Frau M.B. und Dr. N.B.) kam auf Vermittlung der Zeugin T.S., eine Freundin der Klägerin, zustande. Der geplante Aufenthalt in Deutschland und weitere vorläufige inhaltliche Fragen wurden teilweise per Email vorab zwischen der Klägerin und Frau B. geklärt.

Die Klägerin reiste am 9.12.2008 auf eigene Kosten von A. nach Deutschland und wohnte anfangs mit in dem Privathaus der Familie B ... Mit Wirkung zum 1.1.2009 wurde ein Mietvertrag für die Unterkunft der Klägerin geschlossen bzw. eine Wohnung angemietet. Die Klägerin konnte diese Wohnung bereits ab dem 16.12.2008 beziehen und wohnte seit diesem Tage dort. Einen b. Pass hatte die Klägerin bei Einreise nach Deutschland noch nicht, dieser wurde erst im Dezember 2018 beantragt.

Die Eheleute B. besaßen im Dezember 2008 sieben Pferde, die unter anderem auf Turnieren für Spring- bzw. Dressurreitübungen eingesetzt wurden. Für die Klägerin schloss Frau B. bei der A1-Versicherung eine dreimonatige private Krankenversicherung für den Aufenthalt in Deutschland ab.

Nach dem Eintreffen in Deutschland versorgte die Klägerin die Pferde der Familie B. zum Teil mit, weil sie, nach Aussagen der beiden Zeugen B., noch nicht in der Tierklinik eingesetzt werden konnte. Nach Aussage der Zeugen B. sollte die Klägerin erst nach dem Vorliegen einer Arbeitserlaubnis bzw. des b. Passes bei der gesetzlichen Sozialversicherung über die Tierarztklinik aufgrund eines Praktikums-/Beschäftigungs-verhältnisses angemeldet werden. Eine entsprechende Arbeitserlaubnis wurde beim Landratsamt am 16.12.2008 für die Klägerin beantragt.

Am 26.12.2008 feierte die Klägerin im Hause der Zeugen B. zeitweise ihren Geburtstag. Hierbei erhielt die Klägerin 500,00 EUR von der Familie B ... Nach Aussage der Zeugen B. handelte es sich unter anderem um Entgelt für die Tätigkeit der Pflege und Unterstützung ihrer eigenen Pferde.

Am Sonntag den 28.12.2008 führte die Klägerin ein Pferd der Zeugin B., den vierjährigen Wallach S1, morgens gegen 8:30 Uhr in den Ställen des Reitvereines, wo die Privatpferde der Familie B. untergebracht waren, zur dortigen Reithalle. In einem ca. 1,5 m breiten Durchgang zur Halle passierte - aus ungeklärten Umständen - ein Unfall, bei dem die Klägerin, vermutlich durch Pferdetritte, insbesondere schwerste Kopfverletzungen erlitt.

Die zuständige Haftpflichtversicherung (H.) der Pferdehalterin (Frau B.) meldete den Unfall der Klägerin telefonisch am 4.6.2009 der B1 Landesunfallkasse mit der Bitte um Prüfung, ob ein Arbeitsunfall vorgelegen hätte.

Mit Bescheid vom 29.6.2009 erkannte die B1 Landesunfallkasse das Ereignis vom 28.12.2008 als Arbeitsunfall an. In dem Bescheid wird weiter ausgeführt, dass der zuständige Unfallversicherungsträger (B2 oder Landesunfallkasse M.) noch nicht abschließend geklärt sei, weil für beide Unfallversicherungsträger in einer Personaleinheit gearbeitet werden würde, dürfte diese Thematik für den Fall jedoch bedeutungslos sein.

Mit den weiteren Bescheiden vom 8.8.2013 gewährte die Kommunale Unfallversicherung B3 der Klägerin vorläufige Leistungen, unter anderem eine Rente auf unbestimmte Zeit und Pflegegeld und führte in den Bescheiden aus, weil der zuständige Versicherungsträger noch nicht feststünde, würden die Leistungen vorläufig erbracht werden (§ 139 SGB VII in Verbindung mit § 43 SGB I).

Parallel zu den Feststellungen der Träger der gesetzlichen Unfallversicherung machte die Klägerin einen Schadensersatzanspruch und Schmerzensgeld gegen die Tierhalterin Frau B. in einem Verfahren vor dem Landgericht Memmingen (Aktenzeichen 24 O 1843/11) geltend und verwies dort insbesondere darauf, dass das Haftungsprivileg nach § 104 Abs. 2 SGB VII nicht gelten würde, denn der Arbeitsunfall sei nicht bei einer Tätigkeit für die Zeugin Frau B., sondern durch eine Tätigkeit für die Tierklinik des Zeugen Dr. N.B. eingetreten. Das Landgericht Memmingen hat das Verfahren mit Beschluss vom 27.3.2013 nach § 148 ZPO und § 108 SGB VII ausgesetzt.

Mit Schreiben vom 22.4.2014 (Akten-ID 411) hatte die Beigeladene zu 2. (BG-Verkehr) ihre verbandsmäßige Zuständigkeit für das Unfallereignis der Klägerin vom 28.12.2008 erklärt, weil es sich um ein Unfallereignis im Rahmen einer privaten Reittierhaltung gehandelt hatte, so dass ihre Zuständigkeit gegeben sei. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.

Mit Schreiben vom 30.6.2014 wandte sich die Klägerin gegen diese Feststellung der Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. Ein Widerspruchsbescheid wurde daraufhin nicht erteilt.

Mit Schreiben vom 2.6.2014 wandte sich die Klägerin an die Beklagte und bat um Feststellung ihrer verbandsmäßigen Zuständigkeit für den Arbeitsunfall der Klägerin vom 28.12.2008. Zur Begründung führte sie sehr umfangreich aus, dass zwischen der Klägerin und der Tierarztklinik bzw. dem Zeugen Dr. N.B. ein Anstellungsverhältnis am 10.12.2008 geschlossen worden wäre, und sich somit die Zuständigkeit der Beklagten für das Unfallereignis vom 28.12.2008 ergeben würde.

Mit Schreiben vom 5.6.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sich aus den Unterlagen ihre Zuständigkeit nicht ergeben hätte, denn die zum Unfall führende Tätigkeit sei nicht für die Tierklinik erbracht worden, sondern für die private Reittierhaltung der Zeugin B ...

Gegen dieses Schreiben legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.8.2015 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, dass das Schreiben vom 2.6.2015 einen belastenden Verwaltungsakt darstellen würde, denn es liege sehr wohl ein Beschäftigungsverhältnis mit der Tierarztklinik des Dr. B. vor.

Mit Schriftsatz vom 25.8.2015 teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass das Unfallgeschehen bereits über einen anderen Unfallversicherungsträger als Arbeitsunfall anerkannt worden sei, so dass die Beklagte nicht befugt wäre, in dieser Angelegenheit einen Verwaltungsakt zu erlassen. Es habe sich bei dem Schreiben vom 2.6.2015 [gemeint: Schreiben vom 5.6.2015] lediglich um eine Antwort auf die Anfrage der Klägerin vom 2.6.2014 gehandelt. Ein Rechtsmittel wäre nur gegenüber dem zuständigen Unfallversicherungsträger statthaft.

Am 1.7.2016 hat die Klägerin Klage mit dem Begehren erhoben, die Zuständigkeit der Beklagten für den Unfall der Klägerin vom 28.12.2008 festzustellen. Zur Begründung hat sie umfangreich ausgeführt, dass die Klägerin für die Tierarztpraxis ein Praktikum von mindestens sechs Monaten absolvieren sollte. Sie reiste am 9.12.2008 nach Deutschland und wohnte anfangs bei den Eheleuten B ... Dr. B. stellte ihr über die Tierklinik eine Wohnung zur Verfügung, die die Klägerin bereits vor Weihnachten 2008 bezogen hatte. Die Klägerin wurde von der Tierklinik, durch Dr. B., am 10.12.2008 angestellt. Das Pferd "K." wurde eine Woche vor dem Unfallereignis aus der Tierklinik auf den Reiterhof verbracht, der im gemeinschaftlichen Eigentum der Zeugen B. stehe. Es spiele im Übrigen keine Rolle, dass die Klägerin weder über eine Arbeitserlaubnis, noch als EU-Bürgerin, denn der b. Pass lag noch nicht vor, grundsätzlich nicht tätig sein durfte, denn auch eine Schwarzarbeit für die Tierklinik würde unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung fallen und die Zuständigkeit der Beklagten begründen.

Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen (sinngemäß gefasst),

festzustellen, dass die Beklagte der verbandsmäßig zuständiger Unfallversicherungsträger für das Unfallereignis der Klägerin vom 28.12.2008 ist.

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Sie hat unter anderem darauf hingewiesen, dass eine Tätigkeit für die Tierarztpraxis des Zeugen Dr. B., die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen würde, nicht nachgewiesen sei. Die konkret zum Unfall führende Tätigkeit sei im Rahmen der privaten Reittierhaltung erfolgt, so dass unfallversicherungsrechtlich diese Tätigkeit maßgeblich für die Zuständigkeit des Versicherungsträgers sei. Im Übrigen sei die Klage unzulässig.

Mit Beschluss vom 19.8.2016 wurden die Unfallversicherungsträger zu 1. und zu 2. beigeladenen.

Die Beigeladenen zu 1. und zu 2. haben keinen Antrag gestellt.

Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 2.11.2018 wurden die Zeugen Frau T.S., Frau M.B. und Dr. N.B. gehört. Zur Beweisaufnahme hat die Klägerin umfangreich vorgetragen.

Mit Verfügung vom 16.1.2019 hat das Gericht den Beteiligten mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden. Den Beteiligten wurde eine angemessene Frist zur Stellungnahme eingeräumt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt und der beigezogenen Akten Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der Entscheidungs-findung des Gerichts.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nach Anhörung der Beteiligten durch Gerichtsbescheid entscheiden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht aufweist und der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist. Die Entscheidung durch Gerichtsbescheid setzt nach § 105 Abs. 1 SGG kein Einverständnis der Beteiligten voraus.

Die Klage ist als Anfechtungs- und Feststellungsklage statthaft und zulässig.

Die Klägerin hat ein besonderes Feststellungsinteresse hinsichtlich der unfallversicherungs-rechtlichen Zuständigkeit hinsichtlich der verbandsmäßigen Zuordnung ihres Arbeitsunfalles vom 28.12.2008, denn die Zuordnung für die Entschädigung ihres festgestellten Arbeitsunfalles zur Beigeladenen zu 2. würde für sie bedeuten, dass mögliche zivilrechtliche Ansprüche nicht nach den §§ 104 ff Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) - Gesetzliche Unfallversicherung - (Haftungsprivileg) ausgeschlossen wären. Insoweit ist eine rechtkräftige Feststellung der verbandsmäßigen Zuordnung des Arbeitsunfalles vom 28.12.2008 für das Verfahren beim Landgericht Memmingen zwingende Voraussetzung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten und der Beigeladenen zu 1. und zu 2. ist die Klage nicht unzulässig. Bereits mit Bescheid vom 29.6.2009 hatte die B1 Landesunfallkasse das Ereignis vom 28.12.2008 als Arbeitsunfall anerkannt. In diesem Bescheid wurde weiter ausgeführt, dass der zuständige Unfallversicherungsträger noch nicht abschließend geklärt sei.

Es spielt hierbei keine Rolle, dass die B1 Landesunfallkasse damals fälschlicherweise davon ausging, dass die Zuständigkeit zwischen dem B2 oder der Landesunfallkasse M. offen sei, denn insoweit ist dieser Bescheid bzw. die konkrete (vorläufige) Regelung im Bescheid nicht bindend geworden.

Die Beigeladene zu 2. hatte als verbandsmäßig zuständiger Unfallversicherungsträger für nichtgewerbsmäßige (private) Reittierhaltungen mit Schreiben vom 22.4.2014 gegenüber der Klägerin ihre originäre Zuständigkeit für das Unfallereignis vom 28.12.2008 erklärt. Dieses Schreiben ist als Verwaltungsakt auszulegen, denn die Beigeladene zu 2. regelte hierin ihre Zuständigkeit im Außenverhältnis zur Klägerin. Dieser Bescheid enthielt keine Rechtsmittelbelehrung, sodass nach § 84 SGG ein Widerspruch innerhalb eines Jahres zulässig war. Mit Schreiben vom 30.6.2014 wandte sich die Klägerin gegen die Feststellung der Zuständigkeit an die Beigeladene zu 2.

Die Auslegung dieses Schreibens (vom 30.6.2014) ergibt, dass sich die Klägerin nicht mit der Feststellung der Zuständigkeit durch die Beigeladene zu 2. einverstanden erklärt hatte, sodass hierin ein Widerspruch gegen den (Feststellungs-)Bescheid vom 22.4.2014 zu sehen ist. Mit Schreiben vom 2.6.2014 wandte sich die Klägerin auch an die Beklagte und bat um deren originäre Feststellung der Zuständigkeit für das Unfallereignis der Klägerin. Auch nach Auslegung dieses Begehren ist festzustellen, dass sich die Klägerin – möglicherweise an die falsche Behörde – gegen die Feststellung der Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. wandte.

Der Erlass eines Widerspruchsbescheides gegen die verbandsmäßige Zuständigkeit der Beigeladenen zu 2. ist bisher durch keinen Unfallversicherungsträger erfolgt. Damit ist die Klage als Anfechtungs- und Feststellungsklage zulässig.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung der verbandsmäßigen Zuständigkeit der Beklagten für das Unfallereignis vom 28.12.2008, denn die Klägerin hat zum Unfallzeitpunkt keine versicherte Tätigkeit verrichtet, die einem Unternehmen im Zuständigkeitsbereich der Beklagten – hier konkret der Tierarztklinik des Zeugen Dr. B. – zuzurechnen ist.

Die verbandsmäßige Zuständigkeit für ein Unfallereignis richtet sich danach, welchem Unternehmen die verrichtete (versicherte) Tätigkeit zugerechnet wird (vgl. §§ 121 ff, 133 Abs. 1 SGB VII).

Vorliegend ereignete sich die zum Unfall führende Tätigkeit im Reitstall, in dem die Zeugen B. ihre privaten Reittiere untergebracht hatten. Die Klägerin hat ein im Eigentum der Familie B. stehendes Pferd, den vierjährigen Wallach S1, am Sonntagmorgen gegen 8:30 Uhr in die Reithalle des Reitvereines führen wollen, als das Unfallereignis eingetreten ist. Konkret war die Handlung der Klägerin zum Unfallzeitpunkt darauf gerichtet, dieses private Reittier der Familie B. zu versorgen, indem es zum Auslauf in die Reithalle geführt werden sollte. Kurz vor der Reithalle, in dem engen Durchgang, ereignete sich dann der sehr schwere Unfall, der zu den erheblichen und schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen bei der Klägerin führte. Diese Tätigkeit ist ausschließlich der privaten Reittierhaltung der Familie B. zuzurechnen, denn die Tätigkeit diente ausschließlich diesem Unternehmen.

Die Zurechnung der konkret zum Unfallereignis führenden Tätigkeit im Reitstall zur Tierklinik des Dr. B. ist nicht möglich, denn das Versorgen des Reittiers "S1" war eine Tätigkeit, die ausschließlich dem Unternehmen der privaten Reittierhaltung diente. Insoweit kann es offenbleiben, ob bereits ein Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Tierklinik geschlossen wurde, was zwischen den Beteiligten streitig ist. Es fehlt an einem konkreten Bezug der unfallbringenden Tätigkeit zur (möglichen) Tätigkeit bei der Tierklinik.

Es kann nicht festgestellt werden, dass ein Pferd, das in der Tierklinik behandelt wurde, im Reitstall stand und von der Klägerin am Unfalltage hätte betreut bzw. gepflegt oder versorgt werden müssen. Der Unfalltag war ein Sonntag, an dem die Tierklinik weder geöffnet war, noch konnte festgestellt werden, dass überhaupt Pferde der Tierklinik in den Ställen des Reitvereines untergebracht waren. Nach der Zeugenaussage des Dr. B. hat die Tierklinik eigene Ställe für die Unterbringung der ärztlich zu behandelnden Pferde. Die Klägerin ist auch offenkundig bei der Tätigkeit mit einem Privatpferd der Familie B. verletzt worden und nicht von "anderen" Pferden, die einen Zusammenhang zur Tierklinik herstellen könnten. Eine solche Unterbringung von "kranken" Pferden im Reitstall kann aus den Unterlagen und Zeugenaussagen nicht festgestellt werden. Würde im Ergebnis aber auch zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen, weil maßgeblich auf die konkrete Tätigkeit zum Unfallzeitpunkt abzustellen ist. Im Übrigen liegt zwischen der Tierklinik und dem Reitstall mehr als ein Kilometer Entfernung, so dass auch hieraus eine räumliche Verbindung nicht abzuleiten ist.

Selbst wenn die Klägerin - fälschlicherweise - davon ausging, dass bereits ein Beschäftigungsverhältnis mit der Tierklinik bzw. Dr. B. persönlich begründet worden sein sollte, weil, wie sie vorträgt, der Zeuge "als Chef" die Anordnung für ihre Tätigkeiten im Reitstall gegeben hätte und dies teilweise die Zeugin S. bestätigt hat, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Zum einen hat die Zeugin S. ihre Erkenntnisse ausschließlich aufgrund von Angaben der Klägerin selbst, denn die Zeugin war nicht mit der Klägerin zusammen im Reitstall, insoweit ist sie "nur" Zeugin vom Hörensagen. Zum anderen ist die unfallbringende Tätigkeit am Sonntagmorgen vor der Reithalle eindeutig der privaten Reittierhaltung der Familie B. zuzurechnen.

Mitentscheidend für die Zuordnung der (versicherten) Tätigkeit ist, ob ein Versicherter eine dem fremden Unternehmen dienende Tätigkeit ausüben wollte und ob diese (fremdnützige) Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird. Dabei ist es für die Zuordnung grundsätzlich unerheblich ist, aus welchen Motiven oder Beweggründen der Entschluss zum Tätigwerden kommt, sondern vielmehr, für welches Unternehmen konkret – objektiv – eine Handlung vorgenommen wurde. Vorliegend hat die Klägerin nach den maßgeblichen Umständen eine versicherte Tätigkeit für die private Reittierhaltung der Familie B. verrichtet. Sämtliche objektiven Umstände weisen auf eine solche fremdbestimmte Tätigkeit hin, die insoweit im Vollbeweis durch das Gericht festgestellt wird. Am Unfalltag, dem Sonntag (28.12.2008), ist kein objektiver Bezug zu einer Tätigkeit für die Tierarztklinik festzustellen. Das Versorgen des privaten Reittiers der Zeugen B. ist deutlicher Ausdruck der objektiven Handlungstendenz für die private Reittierhaltung. Auch wenn das Motiv oder die Beweggründe der Klägerin darin gelegen haben sollten, dass sie die Tierklinik oder Dr. B. selbst "unterstützen" oder "dienen" wollte/sollte, lassen die objektiven Umstände keine andere Wertung zu. Insoweit ist die Feststellung eines Beschäftigungsverhältnisses, was zwischen der Klägerin und den Zeugen B. streitig ist, rechtlich entbehrlich.

Es spielt für die unfallversicherungsrechtliche Zuordnung daher keine Rolle, ob die Klägerin, wie es geplant gewesen war, bereits für die Tierklinik in irgendeiner Art und Weise – in einem Beschäftigungsverhältnis oder ohne vertragliche Beziehungen - tätig geworden ist. Die zum Unfall führende Tätigkeit bezog sich ausschließlich auf eine Hilfeleistung in Bezug auf die private Reittierhaltung der Familie B ... Über diese konkrete Hilfeleistung bestand Versicherungsschutz nach § 2 Abs. 2 Satz 1 SGB VII. Insoweit sind die Ausgangsbescheide zutreffend, die entsprechenden Versicherungsschutz über diese Vorschrift begründen. Selbst wenn bereits ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr 1 SGB VII als Praktikantin zur Tierarztklinik geschlossen worden wäre, wäre die konkrete zum Unfallzeitpunkt verrichtete Tätigkeit nicht diesem Praktikums-/Beschäftigungsverhältnis zuzurechnen, denn die konkrete Tätigkeit ist ausschließlich für die private Reittierhaltung verrichtet worden, die mit der Tierklinik in keinem sachlichen Zusammenhang stand.

Insoweit hat es rechtlich auch keine Relevanz, dass über die Tierarztklinik bereits eine Wohnung für die Klägerin angemietet wurde und möglicherweise vorvertragliche bzw. "Vor-"Vereinbarungen über das konkrete Praktikumsverhältnis geschlossen worden waren und ggf. auch ein "Entgelt" geleistet wurde. Ohne rechtliche Bedeutung ist weiterhin, ob die Klägerin bereits eine konkrete Tätigkeit für die Tierklinik bis zum Unfallereignis verrichtet hatte, ob sie bereits die Räumlichkeiten der Klinik aufgesucht hatte oder auch nur kannte usw., welches zwischen der Klägerin und den Zeugen B. streitig ist. Ob insoweit ggf. auch "versicherte" Schwarzarbeit vorgelegen hatte, ist ebenfalls ohne rechtliche Relevanz.

Auch aus den Regelungen über die Konkurrenzen von Versicherungstatbeständen (§ 135 SGB VII) ergibt sich nichts Anderes. Zwar geht grundsätzlich nach § 135 Abs. 1 Nr. 7 SGB VII die Versicherung nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII (Beschäftigungsverhältnis) einer Versicherung nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII ("wie"-Beschäftigte) vor, aber nach § 135 Abs. 6 SGB VII gilt: Kann über die Absätze 1 bis 5 hinaus eine Tätigkeit zugleich nach mehreren Vorschriften des § 2 versichert sein, geht die Versicherung vor, der die Tätigkeit vorrangig zuzurechnen ist. Wie bereits ausgeführt, kann die Tätigkeit der Klägerin nicht vorrangig einem Beschäftigungsverhältnis zur Tierarztklinik zugeordnet werden. Eine solche würde aber auch in den Hintergrund treten, weil die konkrete Tätigkeit der Klägerin der privaten Reittierhaltung der Familie B. zuzurechnen ist.

Die Klägerin war bei dieser Sachlage nicht mehr selbst als Beteiligte vom Gericht zu hören.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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