Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
31
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 31 EG 5/17
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld, als ihr bewilligt wurde.
Am 19.9.2016 beantragte sie Elterngeld für ihre am xxxxx2016 geborene Tochter F. für den 1. bis 12. Lebensmonat.
Nach einer Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 30.8.2016 erhielt die Klägerin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 74,28 EUR kalendertäglich für den Zeitraum vom 17.6.2016 bis zum 8.10.2016, Mutterschaftsgeld erhielt die Klägerin im gleichen Zeitraum in Höhe von 13,- EUR täglich.
Mit Bescheid vom 20.10.2016 bewilligte ihr die Beklagte Elterngeld in Höhe von 0,- EUR für den Zeitraum vom xxxxx2016 bis zum 12.9.2016 (1. Lebensmonat), von 200,12 EUR für den Zeitraum vom 13.9.2016 bis zum 12.10.2016 (2. Lebensmonat) sowie in Höhe von jeweils 1.500,80 EUR für den Zeitraum vom 13.10.2016 bis zum 12.8.2017 (3. bis 12. Lebensmonat). Die Beklagte legte ihrer Berechnung wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld vor der Geburt den Bemessungszeitraum von Juni 2015 bis Mai 2016 zu Grunde und ermittelte so ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit im Bemessungszeitraum (Elterngeldnetto) in Höhe von 2.258,87 EUR, davon 65 % als Elterngeld, mithin 1.500,80 EUR. Die Beklagte legte bei ihrer Berechnung die Werte aus den Lohnabrechnungen der Klägerin zu Grunde, berücksichtigte bei der Berechnung jedoch nicht die der Klägerin in den Monaten Juni 2015, August 2015, September 2015 , Oktober 2015, November 2015, Dezember 2015, Januar 2016, Februar 2016, März 2016, April 2016 gezahlten Provisionen/Tantiemen von jeweils 800,- EUR sowie das der Klägerin im November 2015 gezahlte Weihnachtsgeld von 1.000,- EUR und das der Klägerin im Mai 2016 gezahlte Urlaubsgeld in Höhe von 750,- EUR. Diese Bezüge werden in den Gehaltsabrechnungen neben dem Grundgehalt als "Prov./Tantieme" bzw. als "Weihnachtsgeld" und "Urlaubsgeld ausgeworfen.
Mit Widerspruch vom 28.10.2016 wandte sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung der erhaltenen Provisionen und Sonderzahlungen mit der Begründung, dass diese keinen sonstigen Bezug darstellten.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 3.3.2017 zurück. Begründet wird dieses damit, dass § 2 Buchst. c Abs. 1 S. 2 BEEG ausdrücklich bestimme, dass bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit solche Einnahmen nicht berücksichtigt würden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Was als sonstige Bezüge zu verstehen sei, sei in § 38 Buchst. a EStG definiert, nämlich Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde. Weil der Arbeitgeber der Klägerin die Provisionen jeweils als gesonderten Posten neben dem laufenden Grundgehalt ausgewiesen habe, handele es sich bei diesen Bezügen nicht um laufendes Gehalt, sondern um sonstige Bezüge im Sinne des § 38 Buchst. a EStG. Dies gelte selbst dann, wenn die Klägerin die Tantiemen in jedem Monat bezogen hätte, was nicht der Fall sei, weil solche Einnahmen im Juli 2015 nicht vorgelegen hätten.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 30.3.2017 vorliegende Klage erhoben: Bei den Provisionen handele es sich um feste regelmäßige Gehaltsbestandteile die dann, wenn die Voraussetzungen für die Zahlungen vorlägen, auch ausgekehrt würden. Es handele sich damit um laufenden Arbeitslohn gemäß § 39 Buchst. b Abs. 2 EStG und nicht um einen sonstigen Bezug. Sie habe im maßgeblichen Zeitraum einen Anspruch auf Vergütung gehabt, der neben dem monatlichen Grundgehalt und dem Sachbezug auch eine monatliche Provisionszahlung von 800,- EUR beinhaltet habe unter der Voraussetzung, dass die vereinbarte Umsatz-Planzahl des zu verantworteten Verkaufs-Bezirk erreicht werde. Nach der Rechtsprechung seien auch das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld in die Berechnung einzubeziehen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.3.2017 zu verpflichten, sie unter Berücksichtigung der im maßgeblichen Jahreszeitraum bezogenen Tanitiemen/Provisionen und Urlaubs- und Weihnachtsgeld erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist Sie darauf, dass für die Sachbearbeitung nach dem Bundeselterngeldgesetz die Beklagte davon ausgehen müsse, dass die vom jeweiligen Arbeitgeber ausgestellten Entgeltbescheinigungen den gesetzlichen Vorgaben entsprächen, insbesondere dass § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Entgeltbescheinigungsverordnung beachtet werde, nach der laufende oder einmalige Bezüge gesondert ausgewiesen würden.
Die Leistungsakte der Klägerin ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Elterngeldzahlungen, als ihr von der Beklagten bewilligt wurden. Insbesondere waren die geltend gemachten Zahlungen für Tantiemen bzw. Provisionen ebenso wenig als Einkommen im Bemessungszeitraum heranzuziehen wie die Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen, die die Klägerin erhalten hat.
Heranzuziehen ist das Bundeselterngeldgesetz in der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung, weil das Kind der Klägerin nach dem 1.1.2015 geboren wurde (§ 27 BEEG).
Nach § 2 c Abs. 1 Satz 1 BEEG ist Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben.
Nach § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG werden bei der Bemessungsgrundlage Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Hierbei ist von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin (§ 2 c Abs. 2 BEEG) auszugehen. Diese weisen sowohl die Zahlungen für Tantiemen/Provisionen als auch die Urlaubsgeld- bzw. Weihnachtsgeldzahlungen als sonstige Zahlungen aus. Dieses entspricht auch den steuerlichen Grundlagen. Denn nach § 38 a Abs. 3 EStG ist – wie in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 b Entgeltbescheinigungsverordnung ausgeführt – zwischen dem laufenden Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zu unterscheiden.
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass im Falle der Klägerin die eindeutige gesetzliche Regelung aus § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht zum Zuge kommt. Soweit die Klägerin auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R – verweist, ist festzustellen, dass diese Entscheidung zu § 2 Abs. 7 BEEG a.F. bzw. zu § 2 c Abs. 1 S. 2 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung ergangen ist, auf die ab dem 1.1.2015 geltende Fassung daher keine Anwendung finden kann.
Zur neuen Rechtslage ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Zum Teil wird vertreten, dass quartalsmäßig gezahlte Provisionen bei der Bemessung des Elterngeldes nunmehr seit dem 1.1.2015 nicht mit zu berücksichtigen seien (vergleiche Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 20.2.2017 –S 5 EG 2985/16). Zum Teil wird vertreten, dass es bei der alten Rechtslage bleiben soll und dass auch weiterhin viertel– bzw. halbjährlich abzurechnende und damit fällige Provisionszahlungen weiter zu berücksichtigen seien (vergleiche Sozialgericht Berlin, Urteil vom 21.12.2016 – S 2 EG 51/15; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.3. 2017 – L 11 EG 1538/16).
Das Gericht ist zu der Überzeugung gekommen, dass aufgrund der ab dem 1.1.2015 geltenden Rechtslage die der Klägerin gezahlten Provision/Tantiemen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Dieses entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wenn es in der Begründung zu dem ab dem 1.1.2015 geltenden § 2 c Abs. 1 BEEG heißt: "Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (siehe u.a. R 39b.2 Absatz 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch für Provisionen." (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/2583 S. 25).
Letztlich entspricht auch nur eine solche Auslegung Sinn und Zweck des Elterngeldes: Die Elterngeldberechtigte soll für ihre Einkommenseinbußen durch die Elternzeit das an Einkommen erhalten, was sie voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit sicher erwarten konnte. Die der Klägerin vorliegend gewährten Tantiemen/Provisionen jedoch waren an Vorgaben gebunden, nämlich daran dass die Klägerin die vereinbarte Umsatz–Planzahl im zu verantworteten Verkaufsbezirk erreichen werde. Dass eine solche Bedingung immer eintrat mit der Folge, dass die Klägerin eine solche zusätzliche Zahlung immer zu erwarten hatte, ist nicht zu erkennen. Dieses auch deswegen nicht, weil die Klägerin z.B. im Monat Juli 2015 keine Provision erhalten hat.
Weiterhin hat die Klägerin auch keinen Anspruch darauf, dass das ihr im November 2015 gezahlte Weihnachtsgeld i.H.v. 1.000,- EUR sowie das ihr im Mai 2016 gezahlte Urlaubsgeld in Höhe von 750,- EUR in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird. Bereits zu der Vorgängernorm des § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG hat das Bundessozialgericht entschieden, dass nur dann keine sonstigen Bezüge, sondern laufender Arbeitslohn vorliegt, wenn es sich um keine anlassgebundenen Bezüge handelt wie z.B. bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld, es sei denn, diese würden Monat für Monat erwirtschaftet (BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R). Bei den Zahlungen handelt es sich um anlassgebundene Zahlungen, die in den vorgelegten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin als "Urlaubs- und Weihnachtsgeld" bezeichnet wurden. Sie wurden auch nicht Monat für Monat erwirtschaftet, sondern unabhängig von der Arbeitsleistung gezahlt. Es kommt mithin auch nicht darauf an, dass die Klägerin einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf diese Zahlungen hat (vgl. auch Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 24.4.2014 – L 2 EG 7/13).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beruht auf § 193 SGG.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld, als ihr bewilligt wurde.
Am 19.9.2016 beantragte sie Elterngeld für ihre am xxxxx2016 geborene Tochter F. für den 1. bis 12. Lebensmonat.
Nach einer Bescheinigung ihres Arbeitgebers vom 30.8.2016 erhielt die Klägerin einen Zuschuss zum Mutterschaftsgeld in Höhe von 74,28 EUR kalendertäglich für den Zeitraum vom 17.6.2016 bis zum 8.10.2016, Mutterschaftsgeld erhielt die Klägerin im gleichen Zeitraum in Höhe von 13,- EUR täglich.
Mit Bescheid vom 20.10.2016 bewilligte ihr die Beklagte Elterngeld in Höhe von 0,- EUR für den Zeitraum vom xxxxx2016 bis zum 12.9.2016 (1. Lebensmonat), von 200,12 EUR für den Zeitraum vom 13.9.2016 bis zum 12.10.2016 (2. Lebensmonat) sowie in Höhe von jeweils 1.500,80 EUR für den Zeitraum vom 13.10.2016 bis zum 12.8.2017 (3. bis 12. Lebensmonat). Die Beklagte legte ihrer Berechnung wegen des Bezuges von Mutterschaftsgeld vor der Geburt den Bemessungszeitraum von Juni 2015 bis Mai 2016 zu Grunde und ermittelte so ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit im Bemessungszeitraum (Elterngeldnetto) in Höhe von 2.258,87 EUR, davon 65 % als Elterngeld, mithin 1.500,80 EUR. Die Beklagte legte bei ihrer Berechnung die Werte aus den Lohnabrechnungen der Klägerin zu Grunde, berücksichtigte bei der Berechnung jedoch nicht die der Klägerin in den Monaten Juni 2015, August 2015, September 2015 , Oktober 2015, November 2015, Dezember 2015, Januar 2016, Februar 2016, März 2016, April 2016 gezahlten Provisionen/Tantiemen von jeweils 800,- EUR sowie das der Klägerin im November 2015 gezahlte Weihnachtsgeld von 1.000,- EUR und das der Klägerin im Mai 2016 gezahlte Urlaubsgeld in Höhe von 750,- EUR. Diese Bezüge werden in den Gehaltsabrechnungen neben dem Grundgehalt als "Prov./Tantieme" bzw. als "Weihnachtsgeld" und "Urlaubsgeld ausgeworfen.
Mit Widerspruch vom 28.10.2016 wandte sich die Klägerin gegen die Nichtberücksichtigung der erhaltenen Provisionen und Sonderzahlungen mit der Begründung, dass diese keinen sonstigen Bezug darstellten.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchbescheid vom 3.3.2017 zurück. Begründet wird dieses damit, dass § 2 Buchst. c Abs. 1 S. 2 BEEG ausdrücklich bestimme, dass bei der Berechnung des Einkommens aus nichtselbständiger Erwerbstätigkeit solche Einnahmen nicht berücksichtigt würden, die im Lohnsteuerabzugsverfahren als sonstige Bezüge zu behandeln seien. Was als sonstige Bezüge zu verstehen sei, sei in § 38 Buchst. a EStG definiert, nämlich Arbeitslohn, der nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt werde. Weil der Arbeitgeber der Klägerin die Provisionen jeweils als gesonderten Posten neben dem laufenden Grundgehalt ausgewiesen habe, handele es sich bei diesen Bezügen nicht um laufendes Gehalt, sondern um sonstige Bezüge im Sinne des § 38 Buchst. a EStG. Dies gelte selbst dann, wenn die Klägerin die Tantiemen in jedem Monat bezogen hätte, was nicht der Fall sei, weil solche Einnahmen im Juli 2015 nicht vorgelegen hätten.
Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 30.3.2017 vorliegende Klage erhoben: Bei den Provisionen handele es sich um feste regelmäßige Gehaltsbestandteile die dann, wenn die Voraussetzungen für die Zahlungen vorlägen, auch ausgekehrt würden. Es handele sich damit um laufenden Arbeitslohn gemäß § 39 Buchst. b Abs. 2 EStG und nicht um einen sonstigen Bezug. Sie habe im maßgeblichen Zeitraum einen Anspruch auf Vergütung gehabt, der neben dem monatlichen Grundgehalt und dem Sachbezug auch eine monatliche Provisionszahlung von 800,- EUR beinhaltet habe unter der Voraussetzung, dass die vereinbarte Umsatz-Planzahl des zu verantworteten Verkaufs-Bezirk erreicht werde. Nach der Rechtsprechung seien auch das Urlaubsgeld und das Weihnachtsgeld in die Berechnung einzubeziehen.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 20.10.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 3.3.2017 zu verpflichten, sie unter Berücksichtigung der im maßgeblichen Jahreszeitraum bezogenen Tanitiemen/Provisionen und Urlaubs- und Weihnachtsgeld erneut zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist Sie darauf, dass für die Sachbearbeitung nach dem Bundeselterngeldgesetz die Beklagte davon ausgehen müsse, dass die vom jeweiligen Arbeitgeber ausgestellten Entgeltbescheinigungen den gesetzlichen Vorgaben entsprächen, insbesondere dass § 1 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b Entgeltbescheinigungsverordnung beachtet werde, nach der laufende oder einmalige Bezüge gesondert ausgewiesen würden.
Die Leistungsakte der Klägerin ist zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Die angegriffenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin daher nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höhere Elterngeldzahlungen, als ihr von der Beklagten bewilligt wurden. Insbesondere waren die geltend gemachten Zahlungen für Tantiemen bzw. Provisionen ebenso wenig als Einkommen im Bemessungszeitraum heranzuziehen wie die Weihnachts- und Urlaubsgeldzahlungen, die die Klägerin erhalten hat.
Heranzuziehen ist das Bundeselterngeldgesetz in der ab dem 1.1.2015 geltenden Fassung, weil das Kind der Klägerin nach dem 1.1.2015 geboren wurde (§ 27 BEEG).
Nach § 2 c Abs. 1 Satz 1 BEEG ist Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Höhe des Elterngeldes bei Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit der monatlich durchschnittlich zu berücksichtigende Überschuss der Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit in Geld oder Geldeswert über ein Zwölftel des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vermindert um die Abzüge für Steuern und Sozialabgaben.
Nach § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG werden bei der Bemessungsgrundlage Einnahmen nicht berücksichtigt, die im Lohnsteuerabzugsverfahren nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind. Hierbei ist von der Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben in den maßgeblichen Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin (§ 2 c Abs. 2 BEEG) auszugehen. Diese weisen sowohl die Zahlungen für Tantiemen/Provisionen als auch die Urlaubsgeld- bzw. Weihnachtsgeldzahlungen als sonstige Zahlungen aus. Dieses entspricht auch den steuerlichen Grundlagen. Denn nach § 38 a Abs. 3 EStG ist – wie in den Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 b Entgeltbescheinigungsverordnung ausgeführt – zwischen dem laufenden Arbeitslohn und sonstigen Bezügen zu unterscheiden.
Das Gericht vermag auch nicht zu erkennen, dass im Falle der Klägerin die eindeutige gesetzliche Regelung aus § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG nicht zum Zuge kommt. Soweit die Klägerin auf das Urteil des Bundessozialgerichts vom 26.3.2014 - B 10 EG 14/13 R – verweist, ist festzustellen, dass diese Entscheidung zu § 2 Abs. 7 BEEG a.F. bzw. zu § 2 c Abs. 1 S. 2 BEEG in der bis zum 31.12.2014 geltenden Fassung ergangen ist, auf die ab dem 1.1.2015 geltende Fassung daher keine Anwendung finden kann.
Zur neuen Rechtslage ist die Rechtsprechung uneinheitlich. Zum Teil wird vertreten, dass quartalsmäßig gezahlte Provisionen bei der Bemessung des Elterngeldes nunmehr seit dem 1.1.2015 nicht mit zu berücksichtigen seien (vergleiche Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 20.2.2017 –S 5 EG 2985/16). Zum Teil wird vertreten, dass es bei der alten Rechtslage bleiben soll und dass auch weiterhin viertel– bzw. halbjährlich abzurechnende und damit fällige Provisionszahlungen weiter zu berücksichtigen seien (vergleiche Sozialgericht Berlin, Urteil vom 21.12.2016 – S 2 EG 51/15; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 28.3. 2017 – L 11 EG 1538/16).
Das Gericht ist zu der Überzeugung gekommen, dass aufgrund der ab dem 1.1.2015 geltenden Rechtslage die der Klägerin gezahlten Provision/Tantiemen nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind. Dieses entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wenn es in der Begründung zu dem ab dem 1.1.2015 geltenden § 2 c Abs. 1 BEEG heißt: "Nach dieser Regelung sind demnach alle Lohn- und Gehaltsbestandteile, die richtigerweise nach den lohnsteuerlichen Vorgaben als sonstige Bezüge zu behandeln sind (siehe u.a. R 39b.2 Absatz 2 LStR), auch elterngeldrechtlich als sonstige Bezüge zu behandeln. Dies gilt insbesondere auch für Provisionen." (Deutscher Bundestag, Drucksache 18/2583 S. 25).
Letztlich entspricht auch nur eine solche Auslegung Sinn und Zweck des Elterngeldes: Die Elterngeldberechtigte soll für ihre Einkommenseinbußen durch die Elternzeit das an Einkommen erhalten, was sie voraussichtlich unter Zugrundelegung des Bemessungszeitraums während der Elternzeit sicher erwarten konnte. Die der Klägerin vorliegend gewährten Tantiemen/Provisionen jedoch waren an Vorgaben gebunden, nämlich daran dass die Klägerin die vereinbarte Umsatz–Planzahl im zu verantworteten Verkaufsbezirk erreichen werde. Dass eine solche Bedingung immer eintrat mit der Folge, dass die Klägerin eine solche zusätzliche Zahlung immer zu erwarten hatte, ist nicht zu erkennen. Dieses auch deswegen nicht, weil die Klägerin z.B. im Monat Juli 2015 keine Provision erhalten hat.
Weiterhin hat die Klägerin auch keinen Anspruch darauf, dass das ihr im November 2015 gezahlte Weihnachtsgeld i.H.v. 1.000,- EUR sowie das ihr im Mai 2016 gezahlte Urlaubsgeld in Höhe von 750,- EUR in die Bemessungsgrundlage einbezogen wird. Bereits zu der Vorgängernorm des § 2 c Abs. 1 Satz 2 BEEG hat das Bundessozialgericht entschieden, dass nur dann keine sonstigen Bezüge, sondern laufender Arbeitslohn vorliegt, wenn es sich um keine anlassgebundenen Bezüge handelt wie z.B. bei Urlaubs- und Weihnachtsgeld, es sei denn, diese würden Monat für Monat erwirtschaftet (BSG, Urteil vom 29.8.2012 - B 10 EG 20/11 R). Bei den Zahlungen handelt es sich um anlassgebundene Zahlungen, die in den vorgelegten Lohn- und Gehaltsbescheinigungen der Klägerin als "Urlaubs- und Weihnachtsgeld" bezeichnet wurden. Sie wurden auch nicht Monat für Monat erwirtschaftet, sondern unabhängig von der Arbeitsleistung gezahlt. Es kommt mithin auch nicht darauf an, dass die Klägerin einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf diese Zahlungen hat (vgl. auch Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 24.4.2014 – L 2 EG 7/13).
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten der Klägerin beruht auf § 193 SGG.
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