S 46 KR 2088/15

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
48
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 46 KR 2088/15
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
L 1 KR 155/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.542,91 EUR nebst 5 Prozent Zinsen seit dem 11.11.2013 zu zahlen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat diese selbst zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenhauskosten. Die Klägerin betreibt in Hamburg ein Krankenhaus. Die Beklagte und die Beigeladene sind gesetzliche Krankenkassen.

Die Klägerin behandelte in den Zeiträumen 15.03.2012 bis 19.03.2012, 28.03.2012 bis 4.04.2012, vom 13.04.2012 bis 19.04.2012 und am 21.04.2012 einen Patienten. Hierfür entstanden Kosten von insgesamt 7.542,88 EUR.

Die Teilbeträge machte die Klägerin bei der Beklagten und der Beigeladenen geltend:

Die Beklagte lehnte die Kostenübernahme nach Erhalt der Abrechnungsdaten am 29.03.2012 ab. Auch die Beigeladene lehnte die Kostenübernahme ab.

Mit der am 11.12.2015 erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Sie führt aus, dass die Beklagte jedenfalls im Wege der Auffangpflichtversicherung eintrittspflichtig sei, da sie keinen anderweitigen Versicherungsschutz des Patienten nachweisen könne, der nach der zuletzt bei ihr bestandenen Versicherung vorgelegen habe. Es sei überdies auch nach den allgemeinen Beweisregeln anzunehmen, dass der Patient bei der Beklagten versichert gewesen sei, da etwas anderes völlig fernab der Realität liege. Alternativ sei die Beigeladene eintrittspflichtig, da der Patient dort über eine Familienversicherung seiner – inzwischen geschiedenen – Ehefrau versichert gewesen sei. Diese habe die Klägerin auch vorgerichtlich um Kostenübernahme ersucht.

Die Klägerin beantragt,

1. Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 7.542,91 EUR nebst 5 Prozent Zinsen hierauf seit dem 11.11.2013 zu zahlen.

2. hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, an die Klägerin 7.542,91 EUR nebst 5 Prozent Zinsen hierauf seit dem 11.11.2013 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Patient sei seit dem 6.03.2012 nicht mehr bei ihr versichert gewesen. Eine Auffangversicherung komme nicht in Frage, weil vorrangig eine Familienversicherung über die Ehefrau des Patienten durchzuführen gewesen sei. Diese sei bei der Beigeladenen als Beschäftigte versichert gewesen. Im Übrigen treffe die Klägerin die objektive Beweislast dafür, dass der Patient bei der Beklagten versichert gewesen sei. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen habe in der Vergangenheit geregelt, dass Versicherte, die ihren Meldepflichten bei den Krankenkassen nicht nachkämen, nicht in der Auffangversicherung versicherungspflichtig seien. Außerdem habe die Beklagte den Versicherten noch Ende Februar und am 9.03.2012 angeschrieben und erneut zur Mitwirkung aufgefordert. In diesen Schreiben habe sie auch zum Ausdruck gebracht, dass er nicht nur seinen – damals noch bestehenden – Anspruch auf Krankengeld verliere, sondern auch seine Mitgliedschaft bei ihr enden werde. Explizit habe sie die Mitgliedschaft ggü. dem Versicherten dann am 7.03.2012 beendet.

Mit Beschluss vom 20.12.2016 hat das Sozialgericht durch die zuvor zuständige Kammer 38 die AOK Rheinland/Hamburg auf Antrag beigeladen.

Die Beigeladene behauptet, der Patient sei nur bis ins Jahr 1996 bei ihr Mitglied gewesen. Es habe ein weiteres Verfahren diesen Patienten betreffend gegeben (S 28 KR 2088/13). Aus dem dort vorgelegten Versicherungsverlauf der D. sei ersichtlich, dass es nach der Mitgliedschaft bei der Beigeladenen weitere Pflichtversicherungszeiten gegeben habe. Die zuständige Krankenkasse könne leider nicht entnommen werden. Eine Mitgliedschaft bei ihr habe erst ab dem 13.11.2012 wieder bestanden. Sie komme daher lediglich für den Zeitraum vom 19.12.2012 bis 9.01.2013 als leistungspflichtig in Frage. Diesen Anspruch habe die Klägerin vorgerichtlich auch nicht bei ihr geltend gemacht. Im Übrigen sei die Ehefrau des Patienten seit 2011 von diesem geschieden, sodass ein Anspruch des Patienten aus der Familienversicherung im Jahre 2012 ausscheide. Bis zum 6.03.2012 sei der Patient dann Mitglied der Beklagten gewesen. Sie sei daher für die Auffangversicherung zuständig.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Gerichtsakte nebst der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der Prozessakte zum Verfahren S 38 KR 2088/13 sowie die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung vom 20.05.2019 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

I. Die Klage ist als sog. echte Leistungsklage nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig (vgl. statt vieler vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2008 - Az.: B 1 KN 3/08 R m.w.N.). Das Gericht konnte hierüber durch Urteil ohne (weitere) mündliche Verhandlung entscheiden, denn die Beteiligten haben sich damit in der mündlichen Verhandlung vom 20.05.2019 einverstanden erklärt.

II. Die Klage ist begründet, denn die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Behandlungskosten sowie der geltend gemachten Zinsen.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der Vergütung des stationären Aufenthaltes des Versicherten. Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs. 4 Satz 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) und § 7 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) [ ] sowie dem am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Vertrag Allgemeine Bedingungen Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 zwischen der Hamburgischen Krankenhausgesellschaft e.V. und u.a. der Beklagten (Vertrag nach § 112 SGB V). Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts entsteht die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse unabhängig von einer Kostenzusage unmittelbar mit der Inanspruchnahme einer Leistung durch den Versicherten (BSG, Urteil vom 18.09.2008 – B 3 KR 15/07 R – Juris; Landessozialgericht Hamburg, Urteil vom 20. Juli 2016 – L 1 KR 13/15 –, Rn. 17, juris). Die Beklagte ist Vertragspartei dieses Vertrages, weil der entsprechende Hamburgische Landesverband (vgl. § 112 Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 205 Abs. 1 SGB V) Vertragspartei ist. Insoweit erlangt der Vertrag auch für sie Geltung.

Der Patient war zum Zeitpunkt der Krankenhausbehandlungen vom 15.03.2012 bis 19.03.2012, 28.03.2012 bis 4.04.2012, vom 13.04.2012 bis 19.04.2012 und am 21.04.2012 Mitglied der beklagten Krankenkasse. Etwas anderes folgt weder aus den gesetzlichen Vorschriften (dazu 1.), noch daraus, dass die Beklagte dem Versicherten ggü. am 7.03.2012 die Mitgliedschaft beendete (dazu 2).

1. Der Patient der Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) pflichtversichert. Dabei findet die Vorschrift auf den hier zu entscheidenden Fall in den Fassungen vom 20.12.2011 (gültig vom 1.01.2012 bis 31.03.2012 und ab dem 1.04.2012) Anwendung, wobei gerade die die Auffangpflichtversicherung nach Nr. 13 betreffenden Formulierungen wortgleich geblieben sind.

Versicherungspflichtig sind Personen, die keinen anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall haben und a) zuletzt gesetzlich krankenversichert waren oder b) bisher nicht gesetzlich oder privat krankenversichert waren, es sei denn, dass sie zu den in Absatz 5 oder den in § 6 Abs. 1 oder 2 genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten. Der Patient der Klägerin war ausweislich des dem Gericht vorliegenden Auszugs der Deutschen Rentenversicherung vor dem streitgegenständlichen Zeitraum zuletzt bis zum 6.02.2012 gesetzlich krankenversichert (vgl. Bl. 37R d. A. S 38 KR 2055/13). Unmittelbar vor dem streitigen Zeitraum war er bei der Beklagten gesetzlich mit Anspruch auf Krankengeld versichert. Dies folgt schon aus der vorgelegten Verwaltungsakte, denn noch am 13.03.2012 hat die Beklagte den Patienten wegen des Krankengeldbezuges und seiner Mitgliedschaft angeschrieben. Am 4.04.2012 hat sie ihn erneut wegen eines ab dem 5.01.2012 bestehenden Krankengeldanspruches angeschrieben. Jedenfalls bis zum 7.03.2012 war der Patient also bei der Beklagten (wohl) nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 als Beschäftigter pflichtversichert, im Anschluss nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Außerdem bestand im fraglichen Zeitraum auch keine nach § 5 Abs. 8a S. 1 SGB V vorrangige Familienversicherung, insbesondere nicht bei der Beigeladenen. Versichert sind [in der Familienversicherung] der Ehegatte, der Lebenspartner und die Kinder von Mitgliedern sowie die Kinder von familienversicherten Kindern, wenn diese Familienangehörigen 1. ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland haben, 2. nicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 bis 8, 11 oder 12 oder nicht freiwillig versichert sind, 3. nicht versicherungsfrei oder nicht von der Versicherungspflicht befreit sind; dabei bleibt die Versicherungsfreiheit nach § 7 außer Betracht, 4. nicht hauptberuflich selbständig erwerbstätig sind und 5. kein Gesamteinkommen haben, das regelmäßig im Monat ein Siebtel der monatlichen Bezugsgröße nach § 18 des Vierten Buches überschreitet; bei Renten wird der Zahlbetrag ohne den auf Entgeltpunkte für Kindererziehungszeiten entfallenden Teil berücksichtigt; für geringfügig Beschäftigte nach § 8 Abs. 1 Nr. 1, § 8a des Vierten Buches beträgt das zulässige Gesamteinkommen 400 Euro. (§ 10 Abs. 1 SGB V in der Fassung vom 22.12.2011). Der Patient und seine bei der Beigeladenen als Beschäftigte pflichtversicherte Ehefrau waren im streitigen Zeitraum allerdings nicht mehr verheiratet. Dies ergibt sich zum einen aus den überzeugenden Schilderungen der geschiedenen Ehefrau, die als Zeugin in der mündlichen Verhandlung ausgesagt hat. Dort führte sie – ohne dass das Gericht dies bezweifeln könnte – aus, dass die Ehe am 7.01.2011 geschieden worden sei. Der Umstand wird aber auch dadurch belegt, dass die Zeugin in der mündlichen Verhandlung den Beschluss des Amtsgerichts Hamburg-Harburg, 631 F 178/10 vom 7.01.2011 vorlegte, durch den die Ehe geschieden wurde. Das Gericht und die Beteiligten haben die Ausfertigung des Beschlusses in Augenschein genommen und sich von der Echtheit überzeugt.

Der Einwand der Beklagten, § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V finde auf den Patienten gem. § 5 Abs. 11 S. 1 SGB V keine Anwendung, weil vieles dafür spreche, dass er türkischer Staatsbürger sei, verfängt dagegen nicht. Für einen Anwendungsausschluss nach § 5 Abs. 11 SGB V reicht nämlich die türkische Staatsbürgerschaft (für die tatsächlich einiges sprechen mag) nicht aus, sondern die Personen dürfen über keine Niederlassungserlaubnis oder keine Aufenthaltserlaubnis mit einer Befristung auf mehr als zwölf Monate nach dem Aufenthaltsgesetz verfügen. Dies ist im hier zu beurteilenden Fall jedoch nicht ansatzweise ersichtlich, vielmehr ist das Gegenteil der Fall, denn der Patient hält sich ausweislich des dem Gericht vorliegenden Rentenversicherungsverlaufes mindestens seit dem 1.08.1989 in Deutschland auf und übt seitdem mit gelegentlichen Unterbrechungen Beschäftigungen aus (Bl. 37 d. A. S 38 KR 2088/13), ist in der Rentenversicherung dementsprechend pflichtversichert und bezog auch in der Vergangenheit Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) (vgl. Bl. 12 d. A. S 38 KR 2088/13). (1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die 1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben, 2. erwerbsfähig sind, 3. hilfebedürftig sind und 4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Ausgenommen sind 1. Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts, 2. Ausländerinnen und Ausländer, a) die kein Aufenthaltsrecht haben b) deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt oder c) die ihr Aufenthaltsrecht allein oder neben einem Aufenthaltsrecht nach Buchstabe b aus Artikel 10 der Verordnung (EU) Nr. 492/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Union (ABl. L 141 vom 27.5.2011, S. 1), die durch die Verordnung (EU) 2016/589 (ABl. L 107 vom 22.4.2016, S. 1) geändert worden ist, ableiten, und ihre Familienangehörigen, 3. Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes. Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben (§ 7 Abs. 1 S. 1 bis 3 Hs. 1 SGB II). Da der Patient Leistungen nach dem SGB II bezog und daher auch über die in § 7 SGB II genannten Aufenthaltstitel verfügen musste, steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass er auch über die in § 5 Abs. 11 SGB V genannten Aufenthaltsberechtigungen verfügte, die zu einer Versicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 berechtigen.

Diesem Ergebnis stehen weder die von der Klägerin zitierten Hinweise des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen noch die Mitwirkungsverpflichtung nach § 206 SGB V des Patienten entgegen.

Die Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V beginnt kraft Gesetzes mit dem Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen. Die so genannte Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V tritt kraft Gesetzes ein. Sie beginnt mit dem ersten Tag ohne anderweitigen Anspruch auf Absicherung im Krankheitsfall im Inland und setzt weder den Abschluss eines Vertrags voraus noch fordert sie Kenntnis von der Versicherungspflicht (Felix in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 5 SGB V, Rn. 92). Mangels Ermächtigungsgrundlage fehlt es dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen hier etwas anderes mit Außenwirkung zu regeln. Die zitierten Hinweise sind daher für das Gericht unbeachtlich.

Auch aus § 206 Abs. 1 SGB V folgt nichts anderes. Wer versichert ist oder als Versicherter in Betracht kommt, hat der Krankenkasse, soweit er nicht nach § 28o des Vierten Buches auskunftspflichtig ist, 1. auf Verlangen über alle für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht und für die Durchführung der der Krankenkasse übertragenen Aufgaben erforderlichen Tatsachen unverzüglich Auskunft zu erteilen, 2. Änderungen in den Verhältnissen, die für die Feststellung der Versicherungs- und Beitragspflicht erheblich sind und nicht durch Dritte gemeldet werden, unverzüglich mitzuteilen. Er hat auf Verlangen die Unterlagen, aus denen die Tatsachen oder die Änderung der Verhältnisse hervorgehen, der Krankenkasse in deren Geschäftsräumen unverzüglich vorzulegen (§ 206 SGB 5 in der Fassung vom 20.12.1988). Der Beklagten ist insoweit zuzugeben, dass § 206 bzgl. der Feststellung einer Versicherungspflicht den (potenziellen) Versicherten eine besondere Mitwirkungspflicht auferlegt. Die Beklagte verkennt jedoch, die Rechtsfolge der Vorschrift. Rechtsfolge der fehlenden Mitwirkung ist nicht das Nichtentstehen der Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, sondern die Rechtsfolge ist in § 206 Abs. 2 SGB V und ergänzend § 307 Abs. 2 Nr. 2 und 3, Abs. 3 SGB V geregelt. Die Krankenkasse kann die Auskunfts-, Mitteilungs- oder Vorlagepflicht durch Verwaltungsakt feststellen (§ 31 SGB X) und im Wege der Verwaltungsvollstreckung erzwingen (§ 66 Abs. 1 SGB X i. V. m. §§ 6 ff. VwVG). Im Rahmen der §§ 45, 48 SGB X kann grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz vorliegen, wenn ein Versicherter Angaben trotz seiner gemäß Abs. 1 bestehenden Pflichten unterlassen hat (vgl. z. B. BSG, Urt. v. 30. 10. 2013 - B 12 KR 21/11 R = SozR 4-2500 § 240 Nr. 19 und LSG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 18. 12. 2014 - L 6 KR 76/12). Entstehen der Krankenkasse durch eine Verletzung dieser Pflichten zusätzliche Aufwendungen, kann sie nach Abs. 2 von dem Versicherten deren Erstattung verlangen. Die Entscheidung hierüber liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Krankenkassen, die dabei u. a. berücksichtigen sollten, ob die Pflichtverletzung auf Verschulden beruht oder nicht. Erfolgt eine Auskunft oder Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig oder werden erforderliche Unterlagen nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig vorgelegt, kann dies als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße bis zu 2500 EUR geahndet werden (Sonnhoff in: Hauck/Noftz, SGB, 08/16, § 206 SGB V, Rn. 10).

Die Beklagte hat allerdings zu Recht darauf hingewiesen, dass auf den vorliegenden Fall § 188 Abs. 4 SGB V keine Anwendung findet, wonach für Personen, deren Versicherungspflicht oder Familienversicherung endet, sich die Versicherung mit dem Tag nach dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht oder mit dem Tag nach dem Ende der Familienversicherung als freiwillige Mitgliedschaft fortsetzt, es sei denn, das Mitglied erklärt innerhalb von zwei Wochen nach Hinweis der Krankenkasse über die Austrittsmöglichkeiten seinen Austritt. Der Austritt wird nur wirksam, wenn das Mitglied das Bestehen eines anderweitigen Anspruchs auf Absicherung im Krankheitsfall nachweist. Die Vorschrift ist nämlich erst zum 1.08.2013 in Kraft getreten. Aus der Gesetzesbegründung zu § 188 Abs. 4 SGB V folgt jedoch, dass in Fällen vor dessen Inkrafttreten, gerade die Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V unmittelbar einsetzt und erst nach dessen Inkrafttreten der vorherigen Pflichtversicherung eine freiwillige Versicherung folgt. Dies führte in der Vergangenheit zu hohen Beitragsschulden, wenn die Krankenkassen die Pflichtmitgliedschaft rückwirkend feststellen musste, weil der Versicherte nicht zeitlich unmittelbar an der Feststellung mitwirkte. Dem ist der Gesetzgeber dann mit der Einführung von § 188 Abs. 4 SGB V begegnet, indem er bei dem Ende einer Pflichtversicherung das Fortbestehen einer freiwilligen Versicherung gesetzlich normierte (vgl. BT-Drucks. 17/13947, S. 27). Dies bedeutet im Umkehrschluss: Nach dem gesetzgeberischen Willen setzte auch vor dem Inkrafttreten des § 188 Abs. 4 SGB V, also auch im hier zu beurteilenden Fall, unmittelbar nach dem Ende einer Pflichtmitgliedschaft die Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V ein, ohne dass es eines weiteren Zutuns des Versicherten bedurfte. Anderenfalls wäre das Entstehen von Beitragsschulden nicht erklärlich. Wäre das Einsetzen der Pflichtversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V, wie es die Beklagte vorträgt, von der Mitwirkung des Versicherten abhängig, so wären Fälle undenkbar, in denen das Bestehen dieser Versicherung er nachträglich festgestellt werden könnte und hohe Beitragsschulden entstehen könnten, denn dann würde die Versicherungs- und Beitragspflicht mangels Mitwirkung des Versicherten gar nicht entstanden sein.

2. Auch das Schreiben der Beklagten vom 7.03.2012 beendete die Mitgliedschaft des Patienten bei ihr nicht, sondern begründete gerade erst das Entstehen der Mitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V.

Der Patient war mindestens bis zum 7.03.2013 bei der Beklagten mit Anspruch auf Krankengeld (wahrscheinlich als Beschäftigter) pflichtversichert. Dies ergibt sich aus den diversen Schreiben in der Verwaltungsakte der Beklagten, aus denen hervorgeht, dass die Beklagte ihn wiederholt wegen seines Anspruches auf Krankengeld ab dem 5.01.2012 kontaktieren wollte.

Der Vortrag der Beklagten, sie habe die Mitgliedschaft des Versicherten mit Schreiben vom 13.03.2012 zum 7.03.2012 beendet, bringt daher den Vergütungsanspruch der Klägerin nicht zu Fall, sondern begründet ihn erst, denn – unterstellt der Bescheid der Beklagten ist dem Patienten auch zugestellt worden und die darin getroffene Regelung sei rechtmäßig, was das Gericht im Ergebnis offen lassen kann – bedeutet, dass am nächsten Tag, dem 8.03.2012, die Voraussetzungen der Auffangversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V vorlagen und der Patient bei ihr nach dieser Vorschrift versichert war (vgl. zum Ganzen schon 1.). Dem folgt dann der Vergütungsanspruch der Klägerin für die durchgeführten Behandlungen (s. o.).

3. Der Zinsanspruch folgt aus § 14 des Landesvertrages.

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Dabei hat das Gericht in entsprechender Anwendung des § 154 Abs. 3 VwGO die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht der Beklagten auferlegt, da die Beigeladene keinen Antrag gestellt hat.
Rechtskraft
Aus
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