S 31 AS 427/13

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
31
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 31 AS 427/13
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 AS 1331/19
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das mit Schreiben vom 18.1.2016 erneut gestellte Gesuch des Klägers, die Vorsitzende der 31. Kammer – Richterin am Sozialgericht Dr. Zengerle – wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, wird als unzulässig verworfen. Der Bescheid vom 09.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 wird aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 1/3.

Tatbestand:

Im Streit stehen vorliegend Leistungen nach dem SGB II.

Der Kläger bezog bis zum 29.10.2011 Arbeitslosengeld I von der Agentur für Arbeit. Am 25.10.2011 beantragte er beim Beklagten Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende. Er reichte zusammen mit seinem Antrag unter anderem einen Kontoauszug für 2010 der BHW Bausparkasse, Kontoauszüge seines Kontos bei der der Commerzbank Erlangen vom 29.9.2011, 28.10.2011, 2.11.2011 (Auszugsnummern 44,49 und 51) und Kontoauszüge seines Kontos bei der der Norisbank vom 1.9.2011, 28.10.2011, 2.11.2011 (Auszüge Nr. 1,4, 6) ein. Mit Mitwirkungsschreiben vom 3.11. 2011 forderte der Beklagte den Kläger auf, bis zum 20.11.2011 u.a. lückenlose Kontoauszüge sämtlicher Konten ab dem 25.7.2011, einen Kontoauszug der BHW-Bausparkasse von 2011, eine schriftliche Bestätigung der Zusatzversorgungskasse (VBL), welche Beiträge der Arbeitgeber und welche Beiträge der Kläger freiwillig bzw. zusätzlich gezahlt habe, sowie Kreditabrechnungen ab dem 25.7.2011 einzureichen.

Der Kläger reichte daraufhin unter anderem eine Finanzübersicht der Commerzbank vom 17.11.2011 ein, ferner ein Schreiben der VBL vom 17.11.2011. Hinsichtlich der angeforderten Kontoauszüge erteilte der Kläger dem Beklagten seine Zustimmung, die entsprechenden Informationen für den Zeitraum vom 25.7.2011 bis zum 25.10.2011 selbst einzuholen. Mit Mitwirkungsschreiben vom 22.11.2011 forderte der Beklagte den Kläger erneut zur Mitwirkung auf. Mit Schreiben vom 25.11.2011 verwies der Kläger auf die von ihm erteilte Zustimmung zur Einholung von Kontoauszügen.

Mit streitgegenständlichem Versagungs-/Entziehungsbescheid vom 9.12.2011 versagte der Beklagte Leistungen zur Grundsicherung ab dem 25.10.2011 ganz. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass die fehlenden Unterlagen/Nachweise, welche mit Schreiben des Beklagten vom 3.11.2011 angefordert worden seien und für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen zwingend benötigt würden, trotz Belehrung über die Rechtsfolgen nicht vollständig vorgelegt worden seien. Der Kläger sei seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen und habe die Aufklärung des Sachverhaltes erheblich erschwert. Bei der Entscheidung habe der Beklagte von dem ihm zustehenden Ermessen Gebrauch gemacht.

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 3.1.2012 und 25.6.2012, eingegangen beim Beklagten am 5.1.2012 bzw. 26.6.2012, Widerspruch ein. Am 5.1.2012 stellte der Kläger zudem einen Eilantrag beim Sozialgericht Köln (Az: S 19 AS 42/12 ER). Das Gericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 27.1.2012 ab. Gegen den Beschluss legte der Kläger Beschwerde ein. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens legte der Kläger unter anderem einen Kontoauszug der BHW Bausparkasse für das Jahr 2011 vor. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG NRW) holte von der Norisbank sowie der Commerzbank Kontoauszüge bzw. Kontoverdichtungen für die Zeit ab 25.7.2011 sowie eine Kreditkartenumsatzanzeige ein. Mit Beschluss vom 31.5.2012 (L 7 AS 330/12 B ER) verpflichtete das LSG NRW den dortigen Antragsgegner und hiesigen Beklagten, dem Antragsteller und hiesigen Kläger vorläufig für den Zeitraum vom 5.1.2012 bis 30.6.2012 Leistungen für Kosten der Unterkunft i.H.v. 400 EUR monatlich und Regelleistung i.H.v. 70 % der gesetzlichen Regelleistung zu gewähren. Mit Schreiben vom 5.6.2012 setzte der Beklagte den Beschluss des LSG NRW vom 31.5.2012 um. Hiergegen legte der Kläger ebenfalls Widerspruch ein.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.1.2013 wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 9.12.2011 als unbegründet und den Widerspruch gegen das Schreiben vom 5.6.2012 als unzulässig zurück. Zur Begründung verwies der Beklagte darauf, dass der Kläger zur Vorlage von Kontoauszügen verpflichtet sei. Aus den Kontoauszügen der Norisbank ergebe sich, dass der Kläger vor und auch nach Beantragung von SGB II-Leistungen trotz behaupteter Hilfebedürftigkeit mehrfach 500 EUR transferiert habe. Die Bestätigung der Zusatzversorgungskasse und Kreditkartenabrechnungen ab 25.7.2011 seien nach wie vor nicht eingereicht worden. Das Vorbringen des Klägers sei nicht widerspruchsfrei und der geltend gemachte Verbrauch der im Oktober 2011 noch vorhandenen erheblichen Summe im Zeitraum bis Januar 2012 zur Schuldentilgung und Sicherung des Lebensunterhalts nicht nachgewiesen. Durch die Unterlassung der Mitwirkung sei die Aufklärung wesentlich erschwert worden. Mangels Vorlage der Einkommens- und Vermögensnachweise sei die Hilfebedürftigkeit nicht überprüfbar gewesen.

Der Kläger hat am 4.2.2013 Klage zum Sozialgericht Köln erhoben mit dem Antrag, den Bescheid vom 9.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Kläger legt unter anderem dar, er habe alle Konten und alle Kontoauszüge, die er besitze, vorgelegt. Weitere Kontoauszüge vom 25.7.2011 bis zu der Auflösung der jeweiligen Konten seien nicht in seinem Besitz, weil er diese aus Datenschutzgründen vernichtet habe. Kreditkartenabrechnungen ab dem 85. 7. 2013 habe er nicht in seinem Besitz. Der Kläger hat eine Kopie des Bausparvertragsauszugs für das Jahr 2011 vorgelegt und sich zu den von ihm getätigten Überweisungen ab Oktober 2011 bis 2012 im einzelnen geäußert. Ferner hat ferner dahingehend geäußert, dass die Klage auch als Verpflichtungsklage zulässig sei.

Auf Anfrage des Gerichts hat der Kläger mitgeteilt, dass das Konto bei der BHW Bausparkasse am 5.1.2012, das Konto bei der Commerzbank Erlangen am 7.2.2012, das Konto bei der Norisbank am 23.1.2013 gekündigt worden sei.

Der Kläger beantragt zuletzt schriftsätzlich wörtlich,

"den Beklagten unter Feststellung der Rechtswidrigkeit seiner Ablehnungs- und Widerspruchsbescheide und deren Aufhebung zu verpflichten, dem Kläger die Leistungen des Arbeitslosengeldes 2 für den streitgegenständlichen Zeitraum zu bewilligen, diese entsprechend zu verzinsen und für die durch die streitgegenständlichen Ablehnungs- und Widerspruchsbescheide verursachten Schäden, insbesondere die Räumungsklage durch den damaligen Vermieter, Schadenersatz zu leisten."

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er vertieft zur Begründung seine Ausführungen im angegriffenen Widerspruchsbescheid. So führt der Beklagte unter anderem aus, dass die Ausführungen des Klägers hinsichtlich der von ihm unternommenen Überweisungen zwecks Schuldentilgung ungeachtet dessen, dass darüber kein Nachweis vorliege, nicht zu einer anderen Bewertung führen könnten. Der Kläger sei, so er eine Schuldentilgung unternommen habe, hierzu nicht gezwungen gewesen.

Die Kammer hat einen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung am 16.7.2015 wegen eines vom Kläger gegenüber der Vorsitzenden gestellten Befangenheitsantrages vertagt. Sie hat zudem einen zweiten Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.10.2015 wegen eines erneuten vom Kläger gegenüber der Vorsitzenden gestellten Befangenheitsantrages vertagt. Der erste Befangenheitsantrag des Klägers ist von der für die Entscheidung über das Befangenheitsgesuch zuständigen Kammer des Sozialgerichts Köln als unbegründet zurückgewiesen, der zweite ist als unzulässig verworfen worden. Das Gericht hat die Beteiligten sodann mit Schreiben vom 25.11.2015 zu der beabsichtigten Entscheidung durch Gerichtsbescheid angehört. Der Kläger hat gegenüber der Kammervorsitzenden sodann mit Schreiben vom 18.1.2016 erneut einen Befangenheitsantrag gestellt.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Verwaltungsakte betreffend den Kläger, sowie der beigezogenen Streitakten S 17 AS 4865/12 ER und S 19 AS 42/12 ER Bezug genommen, welche bei der Entscheidung vorgelegen haben.

Entscheidungsgründe:

I. 1. Über den zum dritten Mal im hiesigen Gerichtsverfahren gestellten Antrag des Klägers, die Kammervorsitzende wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, entscheidet die Kammer, vorliegend die abgelehnte Kammervorsitzende, ausnahmsweise selbst, da das Gesuch sich als offensichtlich rechtsmissbräuchlich darstellt (zu dieser Verfahrensweise allgemein BSG, Beschl. v. 35. 2. 2010 – B 11 AL 32/09 C). Der Kläger hat nichts vorgebracht, woraus sich ein konkret auf das Verfahren bezogene Befangenheit der Kammervorsitzenden ableiten lässt. Er wiederholt zunächst nur bzw. verweist auf bereits zuvor gestellten Befangenheitsanträge in früheren Verfahren. Wenn der Kläger sodann ausführt, die Absicht, den Rechtstreit durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, sei

"ein Vorwand, der offensichtlich dem Ziel der Verhinderung der Vernehmung bzw. Befragung des Beklagten durch den Kläger in der mündlichen Verhandlung dient."

verfolgt er damit allein den verfahrensfremden Zweck, die Kammer(vorsitzende) an einer instanzbeendenden Entscheidung zu hindern und sich einer von ihm bekämpften Rechtsauffassung des geschäftsplanmäßig zuständigen Richters zu entziehen. Denn zunächst begründet der Umstand, dass die Kammer von der gesetzlich – in § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgesehenen Möglichkeit, durch Gerichtsbescheid zu entscheiden, Gebrauch macht, offensichtlich kein Befangenheitsgesuch. Ginge es dem Kläger im Übrigen tatsächlich um die Befragung des Beklagten in einem Termin zur mündlichen Verhandlung, hätte er bereits in zwei durchgeführten Terminen zur mündlichen Verhandlung ausreichend Gelegenheit gehabt, dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen. Das Ansinnen eines Verfahrensbeteiligten, sich einer von ihm bekämpften Rechtsauffassung des geschäftsplanmäßig zuständigen Richters dadurch zu entziehen, dass er diesen ablehnt und mithilfe des danach eingreifenden Vertretungsmechanismus an andere Richter gelangt, zu akzeptieren, würde bedeuten, die grundgesetzliche Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG) in das Belieben der Verfahrensbeteiligten zu stellen. Die Missbräuchlichkeit und Unbeachtlichkeit des Ablehnungsgesuchs hat zur Folge, dass der abgelehnte Richter die Legitimation hat, das ihn betreffenden Ablehnungsgesuch in eigener Person als unzulässig zu verwerfen (etwa Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 18.12.1985 – L 9 AS 123/85).

2. Das Gericht konnte vorliegend gemäß § 105 SGG durch Gerichtsbescheid entscheiden, da die Sache weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht besondere Schwierigkeiten aufweist. Mangels Durchführung einer erneuten mündlichen Verhandlung bedurfte es auch nicht einer Entscheidung über die Zulassung des vom Kläger benannten C2 als Beistand im Sinne des § 73 Abs. 7 SGG – hinsichtlich dessen, ob die Beiordnung des C2 als Prozessbevollmächtigter begehrt wird, hat sich der Kläger trotz Nachfrage des Gerichts im Termin zur mündlichen Verhandlung am 29.10.2015 nicht weiter geäußert, sodass bereits aufgrund dessen für eine Beiordnung von als Bevollmächtigten kein Anlass bestand –, welcher allein im Rahmen einer mündlichen Verhandlung von Bedeutung ist.

3. Soweit der Kläger die Aufhebung der Beiziehung der Streitakten S 17 AS 4865/12 ER und S 19 AS 42/12 ER begehrt, sah das Gericht keinen Anlass, diesem Begehren nachzukommen, weil der dort niedergelegte Streitstand für das hiesige Verfahren von Bedeutung war.

II. Streitgegenständlicher Zeitraum ist die Zeit vom 25.10.2011 bis zum 30.6.2012. Danach hat der Kläger einen Weiterbewilligungsantrag gestellt und mit Bescheid vom 26.6.2015 Leistungen vorläufig erhalten.

Streitgegenständlich ist ferner allein der Bescheid vom 9.12.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013, nicht dagegen das Schreiben/der Bescheid vom 5.6.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013. Der Kläger hat sich mit seiner Klage eingangs nur gegen den Bescheid vom 9.12.2011 (in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013) gewendet. Soweit er im weiteren Verlauf des Verfahrens Ablehnungsbescheide in Gestalt derer Widerspruchsbescheide angreift, ist weder ersichtlich, welche weiteren Ablehnungsbescheide der Kläger meint, sodass wegen fehlender Substantiierung des Begehrens die Klage diesbezüglich schon deswegen unzulässig ist. Soweit es das Schreiben/den Bescheid vom 5.6.2012 betrifft, ist dieses/r auch nicht gemäß § 96 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Denn Ausführungsbescheide wie derjenige, mit welchem dem Kläger in Umsetzung des Beschlusses des LSG NRW vorläufig Leistungen bewilligt worden sind, werden weder nach § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Verfahrens noch erledigen sie den ursprünglichen belastenden Bescheid gemäß § 39 Abs. 2 SGB X (BSGE 9, 169 f.).

Selbst wenn dies anders gesehen würde und Gegenstand des Rechtsstreits auch der Bescheid vom 5.6.2012 wäre, wäre die Klage diesbezüglich unzulässig. Denn angesichts dessen, das der Beklagte mit diesem Bescheid keine eigene Entscheidung über den Leistungsantrag getroffen hat, sondern lediglich den Beschluss des LSG NRW fehlerfrei umgesetzt hat, insbesondere niedrigere Leistungen an den Kläger als im Beschluss vorgesehen nicht ausgekehrt hat, mangelt es dem Kläger am notwendigen Rechtsschutzbedürfnis, sich gegen den Bescheid zulässiger Weise zu wenden.

III. Die Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die Klage ist lediglich als reine Anfechtungsklage zulässig; diesbezüglich ist die Klage auch begründet (hierzu näher unter III.2). Das auf die Verurteilung des Beklagten zur Gewährung von SGB II-Leistungen inklusive Verzinsung gerichtete Begehren, welches der Kläger mit einer über die Anfechtungsklage hinausgehenden Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) verfolgt, ist ebenso unzulässig wie das auf Feststellung der angegriffenen Bescheide gerichtete Begehren des Klägers und das Begehren auf Schadenersatz (hierzu sogleich unter III.1)

1. Das auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der angegriffenen Bescheide gerichtete Begehren des Klägers ist schon deswegen unzulässig, weil die insofern auch erhobene Feststellungsklage gegenüber der ebenfalls vom Kläger erhobenen Anfechtungsklage subsidiär ist. Für das vom Kläger geltend gemachte Schadenersatzbegehren, welches dieser offenbar auf eine von ihm angenommene Amtspflichtverletzung des Beklagten stützt, ist das Sozialgericht sachlich unzuständig, zuständig ist insoweit das Landgericht. Die Kammer hatte daher über vorstehendes Begehren nicht zu befinden. Soweit der Kläger im Übrigen Leistungsklage auf Bewilligung von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II inklusive Verzinsung erhoben hat, ist die Klage ebenfalls unzulässig. Nach § 54 Abs. 4 SGG kann zwar mit einer Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsaktes gleichzeitig die Leistung verlangt werden, wenn der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung betrifft, auf die ein Rechtsanspruch besteht. Die Regelung setzt aber voraus, dass die Verwaltung über die begehrte Leistung entschieden hat. Dies ist jedoch nicht der Fall, wenn der Leistungsträger die Leistung ohne abschließende Ermittlung bis zur Nachholung der Mitwirkung nach § 66 SGB I versagt. Gegen einen solchen Versagungsbescheid ist regelmäßig nur die Anfechtungsklage eröffnet (BSG SozR 1200 § 66 Nr 13; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr 1).

Bei dem hier streitigen Bescheid vom 9.12.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.1.2013 handelte es sich um eine Versagung der Zahlung von Arbeitslosengeld II. Dies ergibt sich bereits aus einer Bezugnahme auf § 66 SGB I als Rechtsgrundlage der Versagung – sowohl im Versagungsbescheid vom 9.12.2011 selbst als auch Widerspruchsbescheid vom 31.1.2013, die Subsumtion unter diese Vorschrift sowie die Darlegungen zur Ermessensausübung, welche im Rahmen der Frage, ob Leistungen gemäß § 66 SGB I zu versagen sind, anzustellen sind. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, dass im streitgegenständlichen Widerspruchsbescheid auch Ausführungen enthalten sind, wonach der Kläger dadurch erhebliche Zweifel an seiner Hilfebedürftigkeit verursacht habe, dass er nicht zur abschließenden Klärung seiner wirtschaftlichen Verhältnisse beigetragen habe, und den Verbrauch von aus den Kontoauszügen bzw. Kontoverdichtungen, welche seitens des Landessozialgerichts NRW im Eilverfahren L 7 AS 337/12 B ER beigezogen worden waren, nicht nachgewiesen habe. Bereits der Umfang dieser Ausführungen tritt hinter dem Umfang der klar § 66 SGB I zuzuordnenden Ausführungen zurück und ist im Übrigen auch eingekleidet in Überlegungen zur fehlenden Mitwirkung. Insgesamt wird der Charakter als reiner Versagungsbescheid dadurch deutlich, dass der Beklagte im angegriffenen Widerspruchsbescheid abschließend festgestellt hat, dass die Aufklärung durch die vorgebliche fehlende Mitwirkung erschwert worden sei und mangels Vorlage der Einkommens-und Vermögensnachweise die Hilfebedürftigkeit nicht hat überprüft werden können. Damit dienten die Ausführungen des Beklagten im angegriffenen Widerspruchsbescheid zur fehlenden Darlegung des Klägers betreffend die Schuldentilgung allein der Bekräftigung der fehlenden Prüfungsmöglichkeit hinsichtlich der Hilfebedürftigkeit. Die Ausführungen zu den sich aus den Kontoauszügen bzw. Kontoverdichtungen ergebenden Unklarheiten vermögen die rechtliche Einordnung des angefochtenen Bescheids als Versagungsbescheid insgesamt nicht zu erschüttern.

Es liegen auch die von der Rechtsprechung entwickelten Voraussetzungen für eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass lediglich die isolierte Anfechtung des Versagungsbescheides statthaft ist, nicht vor (vgl. hierzu BSG USK 87161; BSG SozR 1200 § 66 Nr. 13; BSG SozR 4-1200 § 66 Nr. 1; vgl. auch BVerwGE 71, 8, 11 = Buchholz 435.11 § 66 SGB I Nr. 1). Für diese Rechtsprechung werden Gründe der Prozessökonomie und des effektiven Rechtsschutzes angeführt. Ausnahmen werden angenommen in den Fällen, in denen sich bei einer Aufhebung der Entscheidung über die Versagung wegen fehlender Mitwirkung das Verwaltungsverfahren lediglich wiederholen würde oder die anderweitige Klärung der Leistungsvoraussetzungen zwischen den Beteiligten unstreitig ist (BSG, Urteil vom 01.07.2009 - B 4 AS 78/08 R, juris RdNrn. 14 und 16; BSG, Beschluss vom 25.02.2013 - B 14 AS 133/12 B, juris RdNr. 5). Eine derartige Situation liegt hier nicht vor. Es ist zwischen den Beteiligten nicht unstreitig gewesen, dass die Leistungsvoraussetzungen für einen Anspruch des Klägers auf Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II vorliegen. In einer derartigen Situation, in der die Anspruchsvoraussetzungen insgesamt nicht geklärt sind, kann nicht aus Gründen der Prozessökonomie auf die Durchführung eines vorgehenden Verwaltungsverfahrens zur Klärung sämtlicher Anspruchsvoraussetzungen verzichtet werden. Eine Verletzung des Gebots effektiven Rechtsschutzes kann hierin nicht gesehen werden (vgl. BSG, Urteil vom 01. Juli 2009 – B 4 AS 78/08 R –, SozR 4-1200 § 66 Nr. 5, BSGE 104, 26-29, SozR 4-1500 § 54 Nr. 14, Rn. 14).

Schon angesichts dessen, dass die Klage als Leistungsklage unzulässig war, bedurfte es ebenso wenig der Vernehmung der vom Kläger benannten A, B und C als Zeugen wie der Beiziehung der Streitakten S 31 AS 2369/15 ER und S 31 AS 3398/15 ER.

2. Soweit die Klage zulässig ist – als Anfechtungsklage –, ist sie auch begründet. Zu Unrecht hat der Beklagte mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 9.12.2011 Leistungen gegenüber dem Kläger gemäß § 66 Abs. 1 SGB I versagt. Die Voraussetzungen für eine Versagung nach § 66 Abs. 1 Satz 1 SGB I lagen nicht vor. Maßgeblicher Zeitpunkt für die rechtliche Beurteilung ist der Erlass des Widerspruchsbescheides am 31.1.2013. Der Kläger hatte zu diesem Zeitpunkt seine ursprünglich geforderten Mitwirkungspflichten erfüllt. Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB I hat, wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen. Diese Mitwirkungsobliegenheiten gelten auch im Rahmen des SGB II (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R, juris RdNr. 13).

Der Kläger wurde u.a. mit Schreiben vom 3.11.2011 dazu aufgefordert, lückenlose Kontoauszüge sämtlicher Konten ab dem 25.7.2011, den Kontoauszug der BHW-Bausparkasse von 2011 sowie Kreditabrechnungen ab dem 25.7.2011 einzureichen. Auf diese Aufforderung hin hat der Kläger eine Finanzübersicht der Commerzbank vom 17.11.2011 eingereicht und hinsichtlich der angeforderten Kontoauszüge dem Beklagten seine Zustimmung erteilt, die entsprechenden Informationen für den Zeitraum vom 25.7.2011 bis zum 25.10.2011 selbst einzuholen. Im Beschwerdeverfahren L 7 AS 3 37/12 B ER hat der Kläger angegeben, dass er über die geforderten Kontoauszüge nicht mehr verfüge, da er sie aus Datenschutzgründen vernichtet habe, und auch die finanziellen Mittel nicht besitze, um Kontoauszüge selbst zu erlangen, denn ein Auszug werde ein zweistelliger Betrag von den Banken verlangt.

Gegen die Forderung, Kontoauszüge anzufordern, bestehen keine grundsätzlichen Bedenken. Dies gilt jedenfalls für die Kontoauszüge der letzten drei Monate (vgl. BSG, Urteil vom 19.02.2009 - B 4 AS 10/08 R, juris RdNr. 17; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19. Dezember 2014 – L 2 AS 267/13 –, Rn. 30, juris). Sofern der Antragsteller über Kontoauszüge verfügt, ist er gehalten, die Kontoauszüge dem Leistungsträger vorzulegen. In einem solchen Falle kommt die Erteilung lediglich einer Zustimmung gegenüber dem Leistungsträger dahingehend, dass dieser selbstständig Kontoauszüge einholen möge, nicht in Betracht. Die Kammer brauchte nicht darüber zu befinden, ob es an einer hinreichenden Mitwirkung des Antragstellers, hier des Klägers, mangelte, als er dem Beklagten gegenüber die Zustimmung zur Einholung von Kontoauszügen erteilte, ohne im einzelnen darzulegen, warum er selbst über Kontoauszüge nicht mehr verfüge und auch die finanziellen Mittel für eine selbstständige Anforderung bei seinen Banken nicht habe. Denn jedenfalls im Beschwerdeverfahren L 7 AS 3 37/12 B ER hat der Kläger konkret angegeben, warum er über die angeforderten Kontoauszüge nicht mehr verfüge. So hat er auf die Vernichtung der Kontoauszüge aus Gründen des Datenschutzes und das Fehlen finanzieller Mittel für die Anforderung von Ersatzkontoauszügen bei seinen Banken verwiesen. Angesichts dessen, dass der Kläger vor Antragstellung beim Beklagten am nicht im Leistungsbezug stand und daher nicht aus der Erfahrung heraus damit zu rechnen hatte, dass zur Prüfung der Hilfebedürftigkeit auch Kontoauszüge regelmäßig angefordert werden, kann dem Kläger auch nicht entgegengehalten werden, er hätte von einer Vernichtung der Kontoauszüge absehen müssen. Eine generelle Pflicht zur Vorhaltung von Kontoauszügen sehen die gesetzlichen Vorschriften (für Privatpersonen) nicht vor.

Im Übrigen hatte der Kläger im Beschwerdeverfahren L 7 AS 337/12 B ER einen Kontoauszug für das Jahr 2011 der BHW Bausparkasse AG vorgelegt. Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen selbst hatte zumindest Kontoverdichtungen für den Zeitraum von Juli 2011 bis März 2012 von der Commerzbank sowie Kontoverdichtungen für den Zeitraum vom 28. 7. 2011 bis zum 22.3.2012 von der Norisbank, ferner eine Umsatzübersicht hinsichtlich der Mastercard des Klägers bei der Commerzbank eingeholt (Abrechnungen im Original konnte die Bank nicht mehr nacherstellen). Soweit der Beklagte darüber hinausgehend den Kläger dazu aufgefordert hatte, eine Bestätigung der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder Karlsruhe (VBL) vorzulegen, welche Beiträge der Arbeitgeber bzw. der Kläger selbst freiwillig bzw. zusätzlich geleistet hat/habe, war der Kläger dieser Aufforderung durch Vorlage des Schreibens vom 17.11.2011 der VBL nachgekommen. In dem Schreiben hatte die VBL mitgeteilt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt allein die VBLklassic unterhalten habe, also keine freiwillige Zusatzversorgung bedient habe.

Insgesamt hat der Kläger im Rahmen des Zumutbaren mitgewirkt, so dass der Versagungsbescheid sowie der zugehörige Widerspruchsbescheid aufzuheben war.

IV. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 183, 193 SGG und folgt der Entscheidung in der Sache.
Rechtskraft
Aus
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