S 14 AL 88/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 14 AL 88/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob dem Kläger ein Anspruch auf Entgeltsicherung gern. § 421 j Sozialgesetzbuch, Drittes Buch, (SGB 111) zusteht. Der 1953 geborene Kläger arbeitete seit 1978 bei der C1. Im Jahr 2002 wurde die Betriebsstätte C2 der C1 an die E1 GmbH & Co. KG (Handelsregister des Amtsgerichts C2 unter HRA 1) verkauft. Das Arbeitsverhältnis des Klägers ging dabei im Rahmen eines Betriebsübergangs nach § 613 a BGB ab dem 1. Mai 2002 auf die E GmbH & Co. KG über. Durch Beschluss des Amtsgerichts C2 vom 30. Dezember 2003 wurde über die E1 GmbH & Co. KG zum 1. Januar 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt T kündigte allen Arbeitnehmern der E1 GmbH & Co. KG das Arbeitsverhältnis, das Arbeitsverhältnis des Klägers mit Schreiben vom 23. Januar 2004 zum 30. April 2004. Der Insolvenzverwalter stellte den Kläger nicht frei, sondern entschied sich für die so genannte Ausproduktion. Mit Schreiben vom 29. März 2004 teilte der Insolvenzverwalter dem Kläger mit, dass er einen Kaufinteressenten für die insolvente Firma gefunden habe und einen Kaufvertrag abgeschlossen habe, nach dem das Anlage- und Umlaufvermögen zum 1. Mai 2004 auf die X2 GmbH (HRB 2) übergehen werde. Am 16. April 2004 schloss Rechtsanwalt T in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter der E GmbH & Co. KG i. I. einen Anstellungsvertrag mit dem Kläger, wonach der bestehende Anstellungsvertrag mit Wirkung ab 1. Mai 2004 zu neuen Bedingungen fortgesetzt werde. In der Präambel dieses Anstellungsvertrages wird darauf hingewiesen, dass eine Fortsetzung des Anstellungsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen aufgrund der geänderten Rahmenbedingungen nicht möglich sei und gemeinsam mit einem potenziellen Erwerber ein Konzept für die Fortführung der Firmen mit reduzierter Belegschaft zu geänderten Arbeitsbedingungen entwickelt worden sei. In § 1 des Vertrages heißt es: "Das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis wird zu den Bedingungen dieses Vertrages und der als Anlage beigefügten "Allgemeine Arbeitsbedingungen", die Bestandteil dieser Vereinbarung sind, fortgesetzt." Mit Schreiben vom 20. April 2004 teilte der Insolvenzverwalter dem Kläger mit, dass die Tariferhöhung von 1,6 % bereits vorweg auf den Monat Mai 2004 vorgenommen werde und der Bruttolohn des Klägers damit

2280,00 EUR betrage. Am 27. April 2004 stellte der Kläger einen Antrag auf Entgeltsicherung für ältere Arbeitnehmer. Mit Bescheid vom 9. Juni 2004 lehnte die Beklagte den Antrag ab, da die Aufnahme der Beschäftigung bei einem früheren Arbeitnehmer erfolgt sei, bei dem der Kläger während der letzten vier Monate vor Antragstellung mehr als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei. Den hiergegen eingelegten Widerspruch stützte der Kläger darauf, dass der alte Arbeitgeber und der neue Arbeitgeber nicht identisch seien. Der Widerspruch wurde unter Hinweis darauf, dass die Betriebsstätte ab dem 1. Mai 2004 gleich geblieben sei und die Ausgestaltung des neuen Arbeitsvertrages ebenfalls für eine Beschäftigung bei dem früheren Arbeitgeber spreche, mit Bescheid vom 5. August 2004 zurückgewiesen. In der hiergegen eingelegten Klage wiederholt und vertieft der Kläger das Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren. Der bisherige Arbeitgeber sei die unter der Handelsregister-Nr. HRS 2 eingetragene GmbH & Co. KG gewesen. Neuer Arbeitgeber sei die unter Handelsregister-Nr. HRB 13016 eingetragene GmbH. Er führe daher nicht ein bestehendes Beschäftigungsverhältnis beim gleichen Arbeitgeber fort. Der Kläger beantragt, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 9. Juni 2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2004 zu verurteilen, Entgeltsicherung gern. § 421 j SGB III nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu leisten. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, dass der mit der E GmbH & Co. KG bestehende Anstellungsvertrag ab dem 1. Mai 2004 fortgesetzt wurde. Ein Inhaberwechsel habe nicht stattgefunden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Leistungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 9. Juni 2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2004 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), weil dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Die Beklagte hat die Bewilligung von Leistungen der Entgeltsicherung gem. § 421 j SGB III zu Recht abgelehnt. Gern. § 421 j Abs. 1 SGB III haben Arbeitnehmer, die das 50. Lebensjahr beendet haben und ihre Arbeitslosigkeit durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beenden oder vermeiden, Anspruch auf Leistungen der Entgeltsicherung, wenn sie 1.einen Anspruch auf Arbeitslosengeld haben und bei Aufnahme der Beschäftigung noch über einen Restanspruch von mindestens 180 Tagen verfügen oder einen Anspruch auf Arbeitslosengeld für mindestens die gleiche Dauer hätten und 2.ein Arbeitsentgelt beanspruchen können, das den tariflichen oder, wenn eine tarifliche Regelung nicht besteht, ortsüblichen Bedingungen entspricht. Der Kläger erfüllt nicht die Anspruchsvoraussetzungen des § 421 j Abs. 1 SGB III. Der Kläger hat die Arbeitslosigkeit nicht durch Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung beendet oder vermieden. Er hat keine versicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Die Aufnahme einer neuen Beschäftigung erfordert die vorherige Beendigung der alten Beschäftigung. Das Beschäftigungsverhältnis bei der E GmbH & Co. KG sollte zwar durch Kündigung vom 23. Januar 2004 zum 30. April 2004 beendet werden. Diese Kündigung wurde jedoch durch den Anstellungsvertrag vom 16. April 2004, mit dem ausdrücklich das bisherige Beschäftigungsverhältnis fortgesetzt werden sollte, hinfällig. Der Kläger hat die bisherige Beschäftigung nicht beendet. Er hat seine versicherungspflichtige Beschäftigung lediglich — wenn auch zu neuen Bedingungen — fortgeführt, nicht aber neu aufgenommen. Eine

Unterbrechung des versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Auch die Tatsache, dass ab 1. Mai 2004 nicht mehr die E GmbH &. Co. KG, sondern nunmehr die X GmbH Arbeitgeberin des Klägers war, führt nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Alleinige Ursache für den Wechsel der Arbeitgeber des Klägers war ein Betriebsübergang gem. § 613a BGB. Die X GmbH ist aufgrund des Betriebsübergangs gern. § 613 a BGB mit allen Rechten und Pflichten der bisherigen Arbeitgeberin in das Arbeitsverhältnis eingetreten. Eine Änderung des Beschäftigungsverhältnisses hat sich durch den Betriebsübergang nicht ergeben. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass der Betriebsübergang in der Insolvenz stattgefunden hat. Aus der Erwähnung des Betriebsübergangs in § 128 Ins° wird deutlich, dass § 613 a BGB auch im Rahmen einer Betriebsveräußerung in der Insolvenz Anwendung findet (siehe z. B. Urteil des BAG vom 28. Oktober 2004, Az.: 8 AZR 391/03). Für die Aufnahme einer neuen Beschäftigung spricht auch nicht, dass ab dem 1. Mai 2004 andere Arbeitsbedingungen gelten. In § 1 des neuen Anstellungsvertrages vom 16. April 2004 heißt es ausdrücklich, dass das zwischen den Parteien bestehende Anstellungsverhältnis zu neuen Bedingungen fortgesetzt wird. Auch wenn man der Ansicht des Klägers folgen würde, dass die Fortführung des Beschäftigungsverhältnisses zu schlechteren Bedingungen als Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses anzusehen sei, wäre der Anspruch auf Entgeltsicherung gern. § 421 J Abs. 5 Nr. 2 SGB III ausgeschlossen, da die neuen Bedingungen mit der bisherigen Arbeitgeberin des Klägers vereinbart wurden. Gern. § 421 j Abs. 5 Nr. 2 SGB III ist die Entgeltsicherung ausgeschlossen, wenn die Aufnahme der Beschäftigung bei einem früheren Arbeitgeber erfolgt, bei dem der Arbeitnehmer während der letzten vier Jahre vor Antragstellung mehr als drei Monate versicherungspflichtig beschäftigt war; dies gilt nicht, wenn es sich um eine befristete Beschäftigung schwerbehinderter Menschen im Sinne des § 104 Abs. 1 Nr. 3 a — d des SGB IX handelt. Den Anstellungsvertrag vom 16. April 2004 hat der Kläger ausweislich der Vertragsurkunde ausdrücklich mit dem Rechtsanwalt T in dessen Eigenschaft als Insolvenzverwalter der E GmbH & Co. KG abgeschlossen. Er hat diesen Vertrag nicht mit dem

neuen Arbeitgeber, der X GmbH abgeschlossen. Damit sind die neuen ungünstigeren Arbeitsbedingungen, die nach Ansicht des Klägers die Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnis begründen, noch mit dessen alter Arbeitgeberin, vertreten durch den Insolvenzverwalter, abgeschlossen worden. Allein die Tatsache, dass die neuen Bedingungen erst ab dem 1. Mai 2004, also dem Datum des Betriebsübergangs gelten sollen, führt nicht dazu, dass der neue Anstellungsvertrag als Vertrag des Klägers mit der neuen Arbeitgeberin anzusehen wäre. Die neue Arbeitgeberin wird nicht durch den Anstellungsvertrag zur Arbeitgeberin, sondern durch den Betriebsübergang und die damit verbundene Einnahme der Rechtsposition der alten Arbeitgeberin.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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