S 24 (17) SB 338/004

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
24
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 24 (17) SB 338/004
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist im Klageverfahren die Höhe des bei dem Kläger bestehenden Grades der Behinderung – GdB – nach dem Sozialgesetzbuch Neunter Teil – SGB IX -.

Der im Jahre 1959 geborene Kläger beantragte am 22.10.2001 beim Amt für soziale Angelegenheiten in L die Feststellung von Behinderungen und reichte medizinische Unterlagen ein. Das Amt für soziale Angelegenheiten holte einen Befundbericht des Arztes für Allgemeinmedizin C ein und stellte dann mit Bescheid vom 05.03.2002 fest, dass bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 20 wegen der Beeinträchtigung Schlaf-Apnoe-Syndrom vorliege. Mit seinem gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch trug der Kläger vor, dass er an einer schweren Form des Schlaf-Apnoe-Syndroms leide. Sein Grad der Behinderung betrage daher mindestens 30, möglicherweise sogar 50. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 07.05.2002 des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung Rheinland-Pfalz zurückgewiesen.

Am 07.06.2002 hat der Kläger, welcher inzwischen nach B verzogen war, Klage beim Sozialgericht L erhoben (Az. S 3 SB 200/02). Mit Beschluss vom 17.07.2002 hat das Sozialgericht L den Rechtsstreit an das Sozialgericht Köln verwiesen und die Akten im Oktober 2004 an das Sozialgericht Köln gesandt.

Der Kläger weist erneut daraufhin, dass er unter einer schweren Form des Schlaf-Apnoe-Syndroms leide. Er sei ständig in ärztlicher Behandlung.

In der mündlichen Verhandlung, zu der der Kläger mit Einschreiben/Rückschein und sein Bevollmächtigter mit Empfangsbekenntnis geladen worden sind, ist für diesen niemand erschienen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,

den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 05.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2002 zu verurteilen, bei ihm einen Grad der Behinderung von 30 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält den Bescheid für rechtmäßig.

Das Gericht hat ein internistisch-kardiologisches, arbeitsmedizinisches Gutachten von Dr. D eingeholt. Anschließend hat auf Antrag des Klägers Prof. Dr. S ein pneumologisches Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz – SGG – erstellt. Der Kläger reichte in der Folge einen Bericht des Prof. Dr. U über eine polysomnographische Diagnostik ein. Hierzu ist eine Stellungnahme des Dr. D eingeholt worden. Wegen des Ergebnisses der medizinischen Ermittlungen wird auf die in der Gerichtsakte enthaltenen Unterlagen Bezug genommen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakte des Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger ist durch den Bescheid vom 05.03.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2002 nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG, da dieser Bescheid nicht rechtswidrig ist. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung eines höheren GdB als 20.

Nach § 69 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest. Die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft werden als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft festgestellt, wobei die im Rahmen des § 30 Abs. 1 des Bundesversorgungsgesetzes festgelegten Maßstäbe entsprechend gelten. Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigung in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

Bei dem Kläger ist zu Recht ein GdB von 20 festgestellt. Ein höherer GdB ist nicht zu begründen. Dieses Ergebnis beruht auf der Beweisaufnahme, auf dem Gutachten des Dr. D. Das Gericht hatte keine Bedenken, sich den Ausführungen dieses Sachverständigen hinsichtlich der beim Kläger festzustellenden Funktionsbeeinträchtigungen und der Bewertung der Einzel-GdB anzuschließen. Das Gutachten ist nach ausführlicher ambulanter Untersuchung des Klägers unter Berücksichtigung sämtlicher bei den Akten befindlicher medizinischer Unterlagen erstellt worden. Das von Dr. D gefundene Ergebnis wurde zudem durch den vom Kläger benannten Sachverständigen Prof. Dr. S im Ergebnis bestätigt. Danach liegt beim Kläger ein Schlaf-Apnoe-Syndrom mit einem Einzel-GdB von 20, eine arterielle Hypertonie mit einem GdB von 10, ein wiederkehrendes Hals- und Lendenwirbelsäulensyndrom bei Fehlhaltung der Wirbelsäule mit einem GdB von 10, eine wiederkehrende schmerzhafte Schultersteife bds., rechts betont mit einem Einzel-GdB von 10 und wiederkehrende Hämorrhoidalbeschwerden mit einem Einzel-GdB von 10 vor.

Dem Schlaf-Apnoe-Syndrom ist kein höherer GdB als 20 zuzuordnen. Zu berücksichtigen sind insoweit die "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, 2004," herausgeben vom Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung. Diese haben zwar keine Normqualität, sondern können weitgehend als antizipierte Sachverständigengutachten verstanden werden. Sie wirken sich aber in der Verwaltungspraxis normähnlich aus und sind im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Rechtsnormen von den Gerichten anzuwenden, bis der Gesetzgeber die erforderliche Ermächtigungsnorm geschaffen hat (BSG Sozialrecht 3, 3870 § 4 Nr. 6, § 3 Nr. 5). Die in den Anhaltspunkten festgelegten Bewertungsmaßstäbe konkretisieren den vom Gesetz für die Bestimmung des GdB festgelegten Maßstab nach § 69 Abs. 1, Abs. 3 SGB IX, in Verbindung mit § 30 Abs. 1 Bundesversorgungsgesetz. In den Anhaltspunkten ist für ein obstruktives und gemischtförmiges Schlaf-Apnoe-Syndrom ohne Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasalen Überdruckbeatmung ein GdB von 0 – 10, mit Notwendigkeit einer kontinuierlichen nasaler Überdruckbeatmung von 20 vorgesehen. Nur bei nicht durchführbarer nasalen Überdruckbeatmung ist ein GdB von wenigstens 50 gegeben. Der von Dr. D und Prof. Dr. S angenommene Einzel-GdB von 20 entspricht insoweit den Anhaltspunkten, da eine Behandlung des Schlaf-Abnoe-Syndroms im Falle des Klägers durchführbar ist.

Das von Prof. Dr. S vermutete Restless-legs-Syndrom wurde in der Folge bei der von ihm angeregten polysomnographischen Diagnostik nicht festgestellt. Insoweit ist eine weitere Beeinträchtigung nicht festzustellen. Aus den Einzel-GdB von 20 und mehrfach 10 ist der Gesamt-GdB von 20 zu bilden. Bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen ist gemäß § 69 Abs. 3 SGB IX der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit festzustellen. Dabei ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt, und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Beeinträchtigung größer wird. Es ist zu beachten, dass von – hier nicht ersichtlichen – Ausnahmefällen abgesehen, auch mehrere leichte Gesundheitsstörungen mit einem GdB von 10 grundsätzlich nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnte. Sie können auch nicht vor der Gesamt-GdB-Bildung untereinander zusammengefasst werden. Hiernach verbleibt es bei dem höchsten Einzel-GdB von 20, der zugleich der Gesamt-GdB ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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