S 11 AS 36/07

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
11
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 11 AS 36/07
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Höhe der der Klägerin für die Zeit von Juli 2006 bis Juni 2007 zustehenden Leistungen für die Kosten der Unterkunft. Die 1949 geborene Klägerin ist von ihrem Mann getrennt lebend. Sie bewohnt in C zusammen mit ihrer 1972 geborenen Tochter L eine Wohnung mit einer Wohnfläche von 88 qm. Die Kaltmiete hierfür beträgt 485,73 E. Hinzu kommen Nebenkosten von 100 und Heizkosten (einschließlich der Kosten für die Warmwasserbereitung) von 90 EUR monatlich. Ab September 2006 sind die Heizkosten auf 110 erhöht worden. Seit Januar 2005 bezieht die Klägerin -wie ihre Tochter auch- Leistungen nach dem SGB II. Für die Monate Januar 2005 bis Dezember 2005 waren ihr insgesamt 674,86 bewilligt worden. Neben der Regelleistung von 345 EUR bezog sie Kosten der Unterkunft in Höhe von 329,86 EUR. Diese setzten sich zusammen aus der Hälfte der Miete, der Nebenkosten und der Heizkosten, bei denen ein Abschlag von 18 % für die im Regelsatz enthaltene Warmwasserbereitung vorgenommen wurde. Mit Schreiben vom 28.06.2005 hat die Beklagte die Klägerin davon unterrichtet, die von ihr und ihrer Tochter bewohnte Wohnung sei unangemessen. Als angemessene Kosten der Unterkunft wurde bei einer Belegung einer Wohnung mit zwei Personen ein Betrag von 540 (pro Person somit 270 EUR) genannt. Gleichzeitig wurde mitgeteilt, die bisherigen Kosten könnten nur noch bis Ende 2005 übernommen werden, die Klägerin müsse sich bis dahin um eine angemessene Wohnung kümmern. Nachdem in der Folgezeit keine Wohnungswechsel vorgenommen wurde, gewährte die Beklagte der Klägerin mit Bescheid vom 18.11.2005 für den Bewilligungsabschnitt von Januar 2006 bis Juni 2006 Leistungen nach dem SGB II in Höhe von nur noch 615 monatlich (Regelsatz: 345 Kosten der Unterkunft: 270 EUR). Der Widerspruch der Klägerin wurde von der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 19.04.2006 als unbegründet zurück gewiesen. Es hieß im wesentlichen, für einen Zwei-Personen¬Haushalt sei eine Wohnfläche von 60 qm angemessen. Nach den Kenndaten des Bergisch Gladbacher Wohnungsmarktes unter Berücksichtigung des Mietspiegels sei hierfür eine Gesamtmiete von 540 EUR angemessen. Der Klägerin stehe hiervon, da sie mit ihrer Tochter zusammen wohne, die Hälfte, mithin 270 EUR zu. Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben und seinerzeit hauptsächlich vorgetragen, sie bilde mit ihrer Tochter keine Bedarfsgemeinschaft. Jeder sei als alleinstehend anzusehen. Daher sei für sie und ihre Tochter eine Wohnfläche von jeweils 45 qm angemessen. Die derzeit bewohnte Wohnung übersteige diese Fläche nicht und sei somit angemessen, weshalb die Beklagte die Kosten hierfür tragen müsse. Im übrigen sei auch zu bedenken, dass bei einer Wohngemeinschaft von fremden Personen von einem Bedarf von 45 qm pro Person ausgegangen werde. Es sei nicht einzusehen, wieso das bei ihr und ihrer Tochter anders sein solle. Mit Urteil vom 24.11.2006 hat das Gericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Dieses Urteil wurde rechtskräftig. Mit Bescheid vom 08.06.2006 hat die Beklagte der Klägerin Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Juli 2006 bis Dezember 2007 und mit Bescheid vom 04.12.2006 für die Zeit von Januar 2007 bis Juni 2007 im bisherigen Umfang gewährt. Die von der Klägerin im Hinblick auf die Kosten der Unterkunft am 27.06. 2006 bzw. 04.01.2007 erhobenen Widersprüche hat die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2007 als unbegründet zurück gewiesen. Hiergegen richtet sich die am 13.02.2007 erhobene Klage. Die Klägerin begehrt nach wie vor höhere Kosten der Unterkunft.

Schriftsätzlich hat sie sinngemäß beantragt, die Beklagte unter Abänderung der Bescheide vom 08.06.2006 und 04.12.2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.02. 2007 zu verurteilen, ihr für die Zeit von Juli bis August 2006 Kosten der Unterkunft von 329,86 EUR monatlich und für die Zeit von September 2006 bis Juni 2007 Kosten der Unterkunft von 337,96 EUR zu gewähren. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hält ihre Entscheidung für zutreffend. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den der zum Verfahren beigezogenen Akte der Beklagten über die Klägerin ergänzend in vollem Umfang Bezug genommen. Alle Akten haben bei der Entscheidung vorgelegen.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht hat ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 Abs.1 SGG entscheiden können, weil die Sache keine Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art ausweist und der Sach-verhalt geklärt ist. Die Beteiligten sind vorher gehört worden (§ 105 Abs.1 Satz 2 SGG). Soweit die Klägerin einen Termin zur mündlichen Verhandlung beantragt und damit im Ergebnis Einwände gegen eine Entscheidung gemäß § 105 SGG erhoben hat, ist dies unerheblich. Im Gegensatz zur Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs.2 SGG bedarf es bei einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gerade

nicht des Einverständnisses der Beteiligten. Diese sind lediglich -wie geschehen- zu hören. Vernünftige Gründe dafür, dass eine mündliche Verhandlung unentbehrlich ist, sind nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Die zulässige Klage ist unbegründet. Die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Klägerin ist durch sie nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs.2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat die der Klägerin zu gewährenden Leistungen nach dem SGB-II richtig berechnet. Einen Anspruch auf höhere Leistungen für die Kosten der Unterkunft hat die Klägerin nicht. Gemäß § 22 Abs.1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft solange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für 6 Monate. Die Klägerin hat hier für insgesamt 12 Monate die tatsächlichen Unter kunfts- und Heizungskosten für die von ihr zusammen mit ihrer Tochter bewohnte Wohnung erhalten. Mit Schreiben vom 28.06.2005 die Beklagte auf die Unangemessenheit dieser Wohnung sowie auf die sich hieraus ergebenden Konsequenzen (Berücksichtigung lediglich der jeweils hälftigen Kosten für einen Zwei-Personen-Haushalt) hingewiesen. Die Frage der Angemessenheit der Wohnung ist vorliegend nach Ansicht des Gerichts unter Berücksichtigung des tatsächlich bestehenden Zwei Personen-Haushaltes zu prüfen. Nicht abzustellen ist, wie die Klägerin

offenbar meint, auf den fiktiven Bedarf zweier Ein-Personen-Haushalte, denn allein der tatsächliche Bedarf der von der Klägerin und ihrer Tochter frei gewählten Lebensform des Zwei-Personen-Haushaltes ist maßgebend. Laut § 22 Abs.1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Tatsächliche Aufwendungen entstehen vorliegend für einen Zwei-Personen-Haushalt, denn das Arbeitslosengeld II soll lediglich den tatsächlichen Bedarf decken. Bei dessen Ermittlung hat im Gegensatz zur Auffassung der Klägerin der Begriff der Bedarfsgemeinschaft keine Bedeutung. Dies ergibt sich bereits zwangsläufig daraus, dass es ansonsten zu einer Ungleichbehandlung von Lebensformen je nachdem kommt. ob diese eine Bedarfsgemeinschaft bilden (Art 3 Abs.1 Grundgesetz). Diese Ungleichbehandlung lässt sich aber durch keine sachlichen Gründe rechtfertigen. Durch die Lebensform der Haushaltsgemeinschaft -ohne dass es sich um eine Bedarfsgemeinschaft handelt-werden von den daran Beteiligten infolge zumindest gemeinsamen Wohnens Kosten gegenüber einem getrennten Wohnen eingespart. Diese Situation ist der von Familien bzw. Bedarfsgemeinschaften (mit minderjährigen Kindern) vergleichbar. Der Bedarf solcher Familien oder Lebensgemeinschaften, die eine Bedarfsgemeinschaft bilden, wird dabei jeweils anhand der für diese Bedarfsgemeinschaft vorgegebenen und als angemessen betrachteten Wohnungsgröße ermittelt. Nicht abgestellt wird auf den Bedarf jedes einzelnen Mitgliedes dieser Bedarfsgemeinschaft. Diesen gegenüber wären bloße Haushaltgemeinschaften oder Wohngemeinschaften leistungsrechtlich besser gestellt, wenn für diese auf einen fiktiven Bedarf abgestellt werden würde, ohne dass es einen sachlichen Grund für diese Differenzierung gäbe. Deshalb ist bei der Berechnung der zu zahlenden Unterkunftskosten auf die tatsächlich bestehende Wohnsituation abzustellen und deren Angemessenheit zu. prüfen (vergl. auch Bayerisches LSG , Beschluss vom 15.09.2006. Az.: L 10 B 429/05 AS ER). Eine Ermittlung des Unterkunfts- und Heizungskostenbedarfs anhand zweier fiktiven Ein-Personen-Haushalte würde zu einer Überversorgung dieser Haushaltsgemeinschaft führen, denn durch gemeinsames Wohnen

würde die Haushaltsgemeinschaft finanzielle Aufwendungen einsparen. Damit würde aus Steuermitteln ein nicht bestehender Bedarf gedeckt werden. Es ist somit der Bedarf der einzelnen Bewohner danach zu bemessen, welche Unterkunfts- und Heizungskosten in einem Zwei-Personen-Haushalt tatsächlich entstehen und dieser Bedarf ist dann anteilig auf beide Bewohner zu verteilen (im Ergebnis ebenso: Lang in Eicher/ Spellbrink, SGB lk, § 22 Rdnr 38; zur Rechtslage nach dem BSHG vgl. OVG Nds, Urteil vom 16.06.2004 - 12 LC 67/04 - veröffentlicht in "juris"). Die angemessenen Unterkunftskosten sind auch durch die Beklagte zutreffend ermittelt worden. Bei einer Belegung der Wohnung mit zwei Personen ist eine Wohnungsgröße -wie früher auch im Bereich der Sozialhilfe- von 60 qm durchaus angemessen und ausreichend. Der Betrag von insgesamt 540 EUR für eine 60 qm große Wohnung entspricht zudem den Angemessenheitskriterien für den S. Nach der Anlage zu § 8 WoGG ist bei einem Haushalt mit zwei Personen in C eine Miete von ca. 350 EUR bis 380 EUR berücksichtigungsfähig. Rechnet man Neben- und Heizkosten hinzu, ergibt sich eine angemessene Miete von -höchstens- 540 EUR. Einwände gegen diese Berechnung hat die Klägerin auch nicht vorgetragen. Anhaltspunkte dafür, dass es nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung auf ein angemessenes Maß zu senken, fehlen. Insbesondere hat die Klägerin die Unmöglichkeit bzw. Unzumutbarkeit nicht dargetan. Die Klage konnte nach alledem keinen Erfolg haben. Die Kostentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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