S 2 SB 1734/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 SB 1734/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG kann durch Gerichtsbescheid ergehen.
2.) Für eine allzu enge Auslegung der tatbestandlichen Voraussetzungen von § 131 Abs. 5 SGG ist mit Blick auf die der Vorschrift zu Grunde liegende Gesetzesbegründung und den Gang der Gesetzgebung kein Raum. Sie ist auch nicht mit Blick auf die Möglichkeit einer Kostenauferlegung nach § 192 Abs. 4 SGG geboten.
3.) Kann eine Behörde aufgrund ihrer persönlichen und sachlichen Mittelausstattung von einem gesetzlich vorgesehenen Beweismittel überhaupt nicht oder nur in absolut unzureichendem Maß Gebrauch machen und verlagert deswegen die Erhebung des Beweismittels in nahezu allen Fällen ins gerichtliche Verfahren, liegt ein systematisches Defizit vor.
4.) Das Interesse der Beteiligten an einer durch die Weiterführung des Verfahrens (vermeintlich) eintretenden Verfahrensbeschleunigung ist Einzelfallbezogen zu würdigen und tritt bei Vorliegen eines systematischen Defizits regelmäßig in den Hintergrund.
5.) Die Notwendigkeit der Einholung eines einzigen Gutachtens genügt regelmäßig zur Annahme einer „Erheblichkeit“ im Sinne von § 131 Abs. 5 S. 1 SGG.
Der Bescheid vom 13.12.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12.04.2019 wird aufgehoben. Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Gründe:

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Neufeststellung eines Grades der Behinderung von 50. Nach entsprechendem Hinweis des Gerichts ist die Zulässigkeit einer Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) als Streitpunkt in den Vordergrund gerückt. Die Klägerin ist im Dezember 1956 geboren und leidet im Wesentlichen unter Gesundheitsstörungen auf psychiatrischem und orthopädischem Fachgebiet. Der Beklagte stellte mit Bescheid vom 21.11.2013 einen GdB von 30 fest. Dem lag nach vorangegangener versorgungsärztlicher Einschätzung die Funktionsbeeinträchtigung im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche mit einem Teil-GdB von 30 für die Funktionsstörungen "psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, chronisches Schmerzsyndrom, Depression" und ein Teil-GdB im Funktionssystem Rumpf mit einem Teil-GdB von 10 für die Funktionsstörungen "Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Polyarthrose" zu Grunde. Einen im Jahr 2014 gestellten Antrag auf Erhöhung des GdB lehnte der Beklagte ab. Im Juni 2018 beantragte die Klägerin erneut die Erhöhung des GdB. Sie gab an, im Bereich der Wirbelsäule unter einer starken Schmerzzunahme zu leiden und teilte als behandelnden Orthopäden Dr. B. mit, bei dem sie am 20.02.2018 zuletzt in Behandlung gewesen sei. Dem Antrag fügte sie ein Attest desselben vom 16.02.2018 bei, in dem als gesicherte Diagnose ein zervikaler Bandscheibenvorfall (NPP) mit Radikulopathie angegeben wurde. Daneben machte die Klägerin eine seit 2014 wiederkehrende Depression, eine chronische Erschöpfung, Bruxismus (Zähneknirschen) und Lebensmittelunverträglichkeiten geltend. Auf dem Antragsformular gab sie an, man solle bei Fragen auf den Anrufbeantworter sprechen, da sie im Kindergarten arbeite und deshalb Gespräche nicht gleich annehmen könne. Der Beklagte befragte daraufhin den Hausarzt und die für die psychischen Leiden angegebene Diplompsychologin, nicht aber den Orthopäden Dr. B. Der Hausarzt wies auf ein schweres degeneratives Wirbelsäulensyndrom mit Schmerzen in Ruhe, bei Bewegung und im Liegen hin und gab als Ursache einen zervikalen NPP an. Er legte einen (gegenüber dem aktenkundigen Attest) veralteten Bericht vom 19.05.2017 bei, in dem lediglich einen Verdacht auf zervikalen Bandscheibenvorfall dokumentiert worden war. Zudem gelangte ein noch älter radiologischer Bericht aus dem Jahr 2016 zur Akte. Auf dieser Grundlage erfolgt eine versorgungsärztliche Stellungnahme. Nach dieser seien die Funktionsbeeinträchtigungen "psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, chronisches Schmerzsyndrom, Depression, Bruxismus" mit einem Teil-GdB von 30, "Funktionsbeeinträchtigung der Wirbelsäule" mit einem Teil-GdB von 20 und "Allergie" mit einem Teil-GdB von 10 zu Grunde zu legen und ein Gesamt-GdB von 30 weiter als angemessen zu erachten. Hierauf gestützt lehnte der Beklagte den Antrag auf Erhöhung des GdB mit Bescheid vom 13.12.2018 ab, da eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands nicht eingetreten sei. Die Verhältnisse, welche der letzten Feststellung zu Grunde gelegen hätten, seien zwar verändert, dies habe jedoch keine Auswirkung auf den Gesamt-GdB. Die Klägerin hat ihren hiergegen eingelegten Widerspruch in der Folge damit begründen lassen, dass bereits auf die Betreuung durch Dr. B hingewiesen worden sei. Es bestehe eine schmerzhafte Einschränkung der kompletten Wirbelsäule, die Leiden hätten sich seit 2013 wesentlich verschlechtert. Es komme zu Taubheitsgefühlen in den Fingern und Beinen durch die Kompression in der Wirbelsäule. Auch bestehe ein Schulter-Arm-Syndrom. Der Beklagte legt die Widerspruchsbegründung seinem ärztlichen Dienst zur erneuten Stellungnahme vor. Mit Schreiben vom 20.02.2019 legte die Klägerin den radiologischen Bericht vom 24.01.2019 (Zugang 27.02.2019) vor. Aus diesem ergab sich unter anderem, dass im Wirbelsäulensegment C5/6 ein "breitflächig abgestützter NPP mit aufgebrauchtem vorderen Subarachnoidalraum und eine ossär bedingte hochgradige Neuroforamenstenose beidseits" vorliege. Auch in anderen Segmenten seien Einengungen festzustellen, eine zervikale Spinalkanalstenose bestehe hingegen nicht. Diesen Bericht, welcher aufgrund seines Datums der letzten versorgungsärztlichen Stellungnahme nicht zu Grunde gelegen haben kann, nahm der Beklagte gleichwohl nicht zum Anlass für weitere Ermittlungen. Unter dem 20.02.2019 wies der ärztliche Dienst des Beklagten drauf hin, dass eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bereits gewürdigt sei und dass eine schwerere Störung nicht erkannt werden könne. Auch seien häufig rezidivierende und Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome bereits anerkannt. Die Allergien seien angemessen gewürdigt. Mit Widerspruchsbescheid vom 12.04.2019 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück, ohne den Bericht vom 20.02.2019 versorgungsärztlich auswerten zu lassen. Zum Wirbelsäulenleiden führte der Beklagte aus, es entspreche den aktenkundigen Befundunterlagen, wenn von einem Wirbelsäulenschaden mit mittelgradigen funktionellen Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt ausgegangen worden sei. Mit ihrer am 16.05.2019 erhobenen Klage hat die Klägerin die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft weiterverfolgt. Am 22.07.2019 hat der Beklagte erstmals seine Verwaltungsakte vorgelegt. Zur Begründung der Klage hat die Klägerin nach erfolgter Akteneinsicht erneut auf Dr. B und den Befund im Bericht vom 24.01.2019 hingewiesen. Dr. B könne auch über das Schulter-Arm-Syndrom Auskunft geben. Im Mai 2019 sei eine neurologische Untersuchung bei Dr. M erfolgt. Darüber hinaus wies die Klägerin erstmals auf eine Schlafapnoe hin, welche bei Dr. F behandelt werde. Das Gericht wies sodann darauf hin, dass es erheblichen Ermittlungsbedarf sehe und deshalb beabsichtige, den Rechtsstreit nach § 131 Abs. 5 SGG an den Beklagten zurückzuverweisen. Es sei beabsichtigt, dies durch einen Gerichtsbescheid zu tun. Der Beklagte hat daraufhin umfangreich Einwendungen erhoben. Aus seiner Sicht sei eine Entscheidung mittels Gerichtsbescheid nicht zulässig. Zur Frage der Zurückverweisung hat er sich im Wesentlichen dahingehend eingelassen, dass es grundsätzlich im Ermessen des Beklagten stehe, welche Ermittlungsmittel er bemühe. Es stelle eine Verletzung der Gewaltenteilung dar, wenn das Gericht vorgebe, es müssten ambulante Untersuchungen erfolgen. Im Übrigen sei nach häufig vertretener Auffassung die Einholung nur eines Gutachtens nicht ausreichend, um eine Rückverweisung zu rechtfertigen. Ob das Verfahren wirklich beschleunigt werde, sei nicht klar, weil nicht geklärt sei, ob der jeweilige Landkreis über auf dem konkreten Sachgebiet qualifizierte Gutachter verfüge. Eine Zurückverweisung sei aber nicht sachdienlich, wenn der Beklagte nicht über eine bessere Ausstattung verfüge als das Gericht. Zudem habe die Klägerin im Klageverfahren erstmals eine Behandlung bei Dr. M im Jahr 2019 angegeben, hierzu habe noch keine Ermittlung erfolgen können. Das Gericht hat daraufhin Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Die Klägerin hat dort erklären lassen, ihr sei zur Vermeidung einer Verfahrensverzögerung an einer Weiterführung des Klageverfahrens gelegen, einer Zurückverweisung werde entgegengetreten. Die Klägerin lässt entsprechend beantragen, den Bescheid vom 13.12.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.04.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei der Klägerin das Vorliegen der Schwerbehinderteneigenschaft seit Antragstellung festzustellen. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Das Gericht hat in der mündlichen Verhandlung das Ergebnis der Befragung des (auch noch im vorliegenden Verfahren anwesenden) Sitzungsvertreters des Beklagten zum zuvor verhandelten Verfahren S 2 SB 2442/17 durch Wiedergabe der Kernaussagen in das vorliegende Verfahren eingeführt. Der Sitzungsvertreter hatte angegeben, dass er seit zehn Jahren beim Landesversorgungsamt tätig sei und in dieser Zeit in etwa fünf im Verwaltungsverfahren eigenständig eingeholte ambulante Begutachtungen erlebt habe, wobei diese wohl zumindest teilweise beim Landesblindenarzt durchgeführt worden seien. Er bearbeite jährlich ca. 600 Gerichtsverfahren und daneben ca. 300 Widerspruchsverfahren, wobei es vorkommen könne, dass die Klageverfahren solche Verfahren umfassten, in welchen er auch den Widerspruchsbescheid erstellt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitendes wird auf die Prozessakte nebst beigezogener Verwaltungsakte (87 Blatt) verwiesen, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

A.) Die Kammer entscheidet im vorliegenden Verfahren entgegen seiner ursprünglichen Ankündigung aufgrund mündlicher Verhandlung, obwohl eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG), anders als vom Beklagten behauptet, nach zutreffender Rechtsansicht durchaus durch Gerichtsbescheid erfolgen kann (so auch: Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04. Januar 2006 – L 6 SB 197/05 –, abrufbar bei juris; Landessozialgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 04. Januar 2006 – L 6 SB 197/05 –, abrufbar bei juris; Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 11. Mai 2005 – L 8 RJ 141/04 –, abrufbar bei juris; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 15. Mai 2019 – L 18 AS 2147/18 –, abrufbar bei juris; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 09. Mai 2014 – S 15 U 4024/13 –, abrufbar bei juris; Michael Wolff-Dellen in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl. 2014, § 131, Rn. 22; Burkiczak in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl. 2017, § 105 SGG, Rn. 34; Bolay in Lüdtke/Berchtold, Sozialgerichtsgesetz 5. Auflage 2017: HK-SGG, § 131 Rn. 32; nunmehr auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG - 12. Auflage 2017 – § 131 Rn 19b; abweichend von der Vorauflage auch B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG - 12. Auflage 2017 – § 105 Rn. 7a). Die vom Beklagten ins Feld geführte Entscheidung des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren L 4 R 1519/08 (Urteil vom 27. Januar 2009, veröffentlicht bei juris) lässt ausdrücklich offen, ob eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid möglich ist und führt als Beleg für eine die Möglichkeit des Gerichtsbescheids verneinende Rechtsansicht (vgl. juris Rn. 21) neben der zwischenzeitlich aufgegebenen Auffassung von Keller noch die zur Verwaltungsgerichtsordnung vertretene Auffassung von Gerhardt in Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner (Stand: März 2008, § 113 Rn. 51) an. Die Entscheidung des Landessozialgericht Berlin-Brandenburg im Verfahren L 11 SB 45/11 (Urteil vom 19. April 2012, abrufbar bei juris) befasst sich an keiner Stelle mit der Möglichkeit einer Entscheidung per Gerichtsbescheid, sondern kommt zu dem Ergebnis, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 131 Abs. 5 SGG nicht vorgelegen haben. Dem zitierten Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt im Verfahren L 7 SB 54/09 lag in erster Instanz ein Urteil zu Grunde, so dass es sich naturgemäß ebenfalls nicht zu der Frage verhält, ob eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG durch Gerichtsbescheid ergehen kann. Soweit das Landessozialgericht Baden-Württemberg im Verfahren L 5 R 4256/13 (Urteil vom 21. Oktober 2015, abrufbar bei juris), dort war ein Gerichtsbescheid nicht grundsätzlich ausgeschlossen worden, die Auffassung zu vertreten scheint, eine Zurückverweisungsentscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG werde "grundsätzlich durch Urteil zu treffen" sein, so dass ein Gerichtsbescheid "regelmäßig nicht ergehen könne", da in den Fällen des § 131 Abs. 5 SGG meist besondere Schwierigkeiten tatsächlicher Art im Sinne von § 105 Abs. 1 Satz 1 SGG vorliegen werden, bezieht sich dies wohl (was aus dem bei Rn. 38 aufgeführten Zitat geschlossen wird) auf die früher von Keller vertretene Auffassung, welche jedoch zwischenzeitlich zu Recht aufgegeben wurde (s.o.), weil sich eine tatsächliche Schwierigkeit nicht aus der bei § 131 Abs. 5 SGG tatbestandlich vorausgesetzten mangelnden Aufklärung des Sachverhalts ergeben kann. Nachdem das Landessozialgericht Baden-Württemberg sich der Auffassung von Keller unter Verweis auf die zitierte Entscheidung des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz im Verfahren L 6 SB 197/05 gerade nicht anschließt, ist die Kammer überzeugt, dass der vom Beklagten eingenommene Rechtsstandpunkt, eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG könne in keinem Fall durch Gerichtsbescheid ergehen, weder in der sozialgerichtlichen Rechtsprechung noch in der sozialgerichtlichen Literatur in ernstzunehmender Häufigkeit vertreten wird. Entsprechend sind Sozialgerichte gerade nicht daran gehindert, eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG durch Gerichtsbescheid zu treffen, wenn sie vom Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift überzeugt sind. B.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht Karlsruhe erhobene kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist zulässig und in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. I.) Gem. § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG kann das Gericht nach vorangegangener Anhörung der Beteiligten, wenn es eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Dabei gilt § 131 Abs. 5 S. 1 SGG seit Einfügung des § 131 Abs. 5 Satz 2 SGG mit Wirkung zum 01.01.2009 ausdrücklich auch für die vorliegende Klage auf Verurteilung zum Erlass eines Verwaltungsakts. Die Entscheidung muss ferner nach § 131 Abs. 5 S. 5 SGG innerhalb von sechs Monaten nach Zugang der Verwaltungsakte ergehen. Diese tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG sind zur Überzeugung der Kammer vorliegend erfüllt. 1.) Die Entscheidung ist innerhalb von sechs Monaten seit Zugang der Verwaltungsakten, welche dem Gericht erstmals am 22.07.2019 vorlagen, erfolgt. Die Beteiligten wurden zuvor angehört. 2.) Die Voraussetzung, dass die Entscheidung "auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten" sachdienlich sein muss, ist vorliegend erfüllt. Wie dieses Tatbestandsmerkmal zu verstehen ist, bedarf zur Überzeugung der Kammer der Auslegung nach allgemeiner Methodik. Entsprechend sind Wortsinn, Systematik, Historie und Sinn und Zweck der Vorschrift zu berücksichtigen, wobei Sinn und Zweck eine besondere Bedeutung zukommt. a.) Deshalb ist zunächst die im Entwurf eines Gesetzes zur Modernisierung der Justiz (Justizmodernisierungsgesetz – JuMoG) – Bundestagsdrucksache 15/1508, Seite 29 – wiedergegebenen Gesetzesbegründung in den Blick zu nehmen. Diese lautet: "Für das verwaltungsgerichtliche Verfahren eröffnet §113 Abs. 3 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung im Interesse einer zügigen Erledigung des Rechtsstreits dem Gericht, das eine weitere Sachaufklärung für erforderlich hält, die Möglichkeit, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufzuheben, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Voraussetzung ist, dass die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Eine entsprechende Regelung für das finanzgerichtliche Verfahren sieht §100 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung vor. Sie soll nunmehr auch für das sozialgerichtliche Verfahren geschaffen werden, um dem Gericht eigentlich der Behörde obliegende zeit- und kostenintensive Sachverhaltsaufklärungen zu ersparen. Nach Beobachtungen der Praxis wird die erforderliche Sachverhaltsaufklärung von den Verwaltungsbehörden zum Teil unterlassen, was zu einer sachwidrigen Aufwandsverlagerung auf die Gerichte führt." Hierzu ist festzustellen, dass der Beklagte zur vollen Überzeugung des Gerichts seit mindestens einem Jahrzehnt seiner gesetzlichen Verpflichtung zur Durchführung von Amtsermittlungen im Sinne von § 20, 21 Abs. 1 S. 2 Fall 2 SGB X nur in unzureichendem Maße nachkommt. Die Behörde hat nach § 20 Abs. 1 S. 1 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln und bestimmt dabei nach § 20 Abs. 1 S. 2 SGB X Art und Umfang der Ermittlungen, ohne an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten gebunden zu sein. Die Behörde hat dabei nach § 20 Abs. 2 SGB X alle für den Einzelfall bedeutsamen Umstände zu berücksichtigen, insbesondere auch die für die Beteiligten günstigen. Hierin kommt zum Ausdruck, dass die Behörde zu einer umfassenden Sachverhaltsermittlung verpflichtet ist (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 20 SGB X, Rn. 17) und sich deshalb, soweit es zur Aufklärung erforderlich ist, aller zulässigen Beweismittel des § 21 SGB X bedienen muss. Nach § 21 Abs. 1 S. 2 Fall 2 SGB X ist ausdrücklich das Beweismittel der mündlichen oder schriftlichen Vernehmung von Sachverständigen vorgesehen. Soweit es der Einzelfall erfordert, hat die Begutachtung dabei eine ambulante oder stationäre Untersuchung des Betroffenen zu umfassen, was sich nicht zuletzt als Gegenstück aus der in § 62 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) statuierten Verpflichtung des Betroffenen zur Mitwirkung bei einer Begutachtung ergibt. Der Sachverständigenbeweis nach § 21 Abs. 1 S. 2 Fall 2 SGB X vermittelt der Behörde in deren Auftrag das ihr fehlende Fachwissen zur Beurteilung von Tatsachen. Der Gutachter begutachtet damit einen von der Behörde festzustellenden und zu würdigenden Sachverhalt und ist - anders als der Zeuge - regelmäßig durch andere Personen mit entsprechendem Wissen ersetzbar, er ist Helfer und Berater der Behörden (Vogelgesang in: Hauck/Noftz, SGB, 08/11, § 21 SGB X, Rn. 18). Die Behörde muss Sachverständige hinzuziehen, wenn die Beurteilung des Sachverhalts besondere Sachkunde erfordert, die kein Angehöriger der Behörde besitzt (BSG v. 17. 12. 1971 - 1 RA 245/70, BSGE 33, 279; BVerwG v. 20. 12. 1963 - VII C 103.62, BVerwGE 17, 342; BVerwG v. 10. 11. 1983 - 3 C 56.82, BVerwGE 68, 177,182 u. BVerwG v. 9. 3. 1984 - 8 C 97.83, BVerwGE 69, 70, 73). Nun ist zu konstatieren, dass der Beklagte über einen versorgungsärztlichen Dienst verfügt, der in einem Großteil der zu entscheidenden Fälle die Expertise zur Beurteilung des Sachverhalts verfügen wird. Die Kammer ist jedoch davon überzeugt, dass es im Rahmen von § 21 Abs. 1 S. 2 Fall 2 SGB X nicht ausreicht, die erforderliche Sachkunde theoretisch vorzuhalten, vielmehr muss diese auch in einem die Sachverhaltsfeststellung ausreichend ermöglichenden Ausmaß vorhanden sein. Aufgrund der Angaben des Sitzungsvertreters des Beklagten im Verfahren S 2 SB 2442/19, welche durch Bezugnahme in das vorliegende Verfahren eingeführt wurden, und der in der mündlichen Verhandlung artikulierten Erfahrungen des Kammervorsitzenden, welcher das Rechtsgebiet des Schwerbehindertenrechts seit mehr als sechs Jahren bearbeitet und für ein Verfahren aus dem Schwerbehindertenrecht keinen einzigen Fall erinnern kann, in dem der Beklagte im Verwaltungs- oder Vorverfahren eine ambulante Begutachtung veranlasst hätte, steht für die erkennende Kammer frei von jedem Zweifel fest, dass die finanzielle und sachliche Ausstattung von Versorgungsämtern und Landesversorgungsamt, für welche der Beklagte als Rechtsträger verantwortlich ist, eine für seinen Bereich besonders bedeutende Ausgestaltung des Sachverständigenbeweises, nämlich die ärztliche Begutachtung aufgrund ambulanter Untersuchung, überhaupt nicht zulässt und rechtsträgerseitig auch nicht ernstlich als Möglichkeit in Erwägung gezogen wird. Vielmehr ist die Kammer davon überzeugt, dass der Beklagte eine ambulante Begutachtung durch den eigenen ärztlichen Dienst oder durch Dritte (insbesondere durch den vom Sitzungsvertreter des Beklagten genannten Landesblindenarzt), wenn überhaupt nur in absoluten Ausnahmefällen durchführen lässt und damit in einer unüberschaubaren Zahl von Fällen gerade besonders schutzbedürftigen Menschen mit Behinderung eine adäquate Sachverhaltsfeststellung verweigert. Zu dieser Überzeugung gelangt die Kammer, weil sie zu Grunde legt, dass der Ermittlungsumfang des Beklagten und der Ermittlungsumfang der Sozialgerichte identisch ausgeprägt sind, was letztlich dazu führen müsste, dass die Anzahl der ambulanten Untersuchungen bei der Verwaltung annähernd genauso häufig stattfinden müssten wie bei den Sozialgerichten. Nach den Angaben des Sitzungsvertreters im Verfahren S 2 SB 2442/19 hat dieser jedoch in 10 Jahren bei mindestens 6000 bearbeiteten Verfahren erst etwa fünf Fälle erlebt, in denen eine ambulante Begutachtung durchgeführt wurde, was einer Quote von weniger als 1/1000 entspricht. Geht man, äußerst pessimistisch geschätzt, davon aus, dass vor den Sozialgerichten in mindestens 10 % der das Scherbehindertenrecht (Sachgebiet "SB") betreffenden Verfahren Gutachten aufgrund ambulanter Untersuchung eingeholt werden, während Gutachten nach Aktenlage nur höchst ausnahmsweise eingeholt werden, wird offenbar, dass zum einen die Anzahl der Begutachtungen beim Sozialgericht diejenigen beim Beklagten mindestens um den Faktor 100 übersteigen und dass zum anderen eine Beurteilung nach Aktenlage in aller Regel gerade nicht für eine über Zweifel erhabene Beurteilung der komplexen Krankheitsbilder und der damit einhergehenden Teilhabebeeinträchtigungen ausreichend ist. Will man nicht der deutlichen Mehrheit der Richter in der Sozialgerichtsbarkeit vorwerfen, die Einholung ambulanter Gutachten erfolge in einer Vielzahl der Fälle ohne rechtliche Notwendigkeit, was der erkennenden Kammer fern liegt, muss man aber zu dem Schluss kommen, dass der Beklagte – entgegen der in den §§ 20f Abs. 2 SGB X statuierten (Bundes-) gesetzlichen Verpflichtung – aufgrund der vorgegebenen sachlichen und finanziellen Mittel offensichtlich erforderliche Ermittlungen durch ambulante ärztliche Untersuchung von vornherein nicht in ausreichendem Maße vorsieht und dadurch wissentlich und willentlich, freilich ohne entsprechende gesetzliche Grundlage, an die Sozialgerichte delegiert. Folglich liegt exakt diejenige Konstellation vor, an die der Gesetzgeber nach der Gesetzesbegründung des § 131 Abs. 5 SGG gedacht hat. b.) Sowohl teleologisch als auch historisch bedeutsam ist auch die Zielsetzung, mit der der Gesetzgeber § 131 Abs. 5 S. 2 SGG ins Gesetz aufgenommen hat. Nach dem Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes war das Ziel ausdrücklich, die Sozialgerichtsbarkeit nachhaltig zu entlasten und zugleich eine Straffung der sozialgerichtlichen Verfahren herbeizuführen (Bundestags-Drucksache 16/7716, Seite 1). Dabei hat der Gesetzgeber insbesondere Wert darauf gelegt, das zwischen einer hochspezialisierten Verwaltung auf der einen Seite und den Versicherten, Leistungsempfängern und behinderten Menschen auf der anderen Seite bestehende Ungleichgewicht auszugleichen. Dabei waren insbesondere auch die Herstellung von Waffengleichheit und die Beschleunigung des Verfahrens tragende Gründe (Bundestags-Drucksache 16/7716, Seite 2f). Unter Berücksichtigung dieser Gründe hat der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung von § 131 Abs. 5 S. 2 SGG mit Blick auf den einleitend genannten Missstand dem Wunsch, die Sozialgerichtsbarkeit von eigentlich der Verwaltung obliegenden Ermittlungen zu entlasten, Nachdruck verliehen und dessen Anwendungsbereich stärken wollen, so dass für eine allzu restriktive Auslegung kein Raum besteht. Dieser Auffassung lässt sich zur Überzeugung der Kammer das Urteil des 5. Senats des Bundessozialgerichts vom 17. April 2007 im Verfahren B 5 RJ 30/05 R auch weiterhin nicht entgegenhalten. Dort hat das Bundessozialgericht zwar zu der bis zum 31. März 2008 geltenden Fassung des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG in nicht die Entscheidung tragenden Passagen ausgeführt, dass dessen Anwendung strengen Voraussetzungen unterliege und dessen Tatbestandsvoraussetzungen nur als erfüllt anzusehen seien, wenn die Behörde nach personeller und sachlicher Ausstattung die für erheblich und erforderlich gehaltenen Ermittlungen besser bzw. rascher durchführen könne als das Gericht. Der Gesetzgeber müsse daher die Anwendung der Regelung von deutlich weniger strengen Voraussetzungen abhängig machen, wenn er den Sozialgerichten ein effizientes Instrument zur Entlastung und Beschleunigung der Verfahren zur Verfügung stellen sowie eine unerwünschte Verlagerung der zunächst den Behörden obliegenden Amtsermittlung in das Gerichtsverfahren verhindern wolle (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2007 – B 5 RJ 30/05 R, juris, Rn. 20). Dass sich eine derart strenge Anforderung dem Wortlaut von § 131 Abs. 5 S. 1 SGG gerade nicht entnehmen lässt, hat das SG Karlsruhe (a.a.O.) bereits in seiner Entscheidung vom 09.05.2014 (a.a.O. Rn. 26f) aufgezeigt. Es erschließt sich auch der erkennenden 2. Kammer nicht, in welcher Weise der Gesetzgeber, der nur Zugriff auf Gesetzeswortlaut und Gesetzesbegründung hat, noch deutlicher hätte machen sollen, dass die Vorschrift neben den tatbestandlichen Voraussetzungen gerade keine strengen Anforderungen an eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG stellt. Im Übrigen spricht der Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG durch die Einfügung des § 131 Abs. 5 S. 2 SGG mit Wirkung zum 01.01.2009 auf Verpflichtungs- und (allgemeine) Leistungsklagen erweitert hat, erheblich gegen die Normdeutung des 5. Senats des Bundessozialgerichts in der zitierten Entscheidung. Würde der Gesetzgeber die Auffassung teilen, dass § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG aufgrund strenger Tatbestandsvoraussetzungen ohnehin nur selten bis nie angewendet werden kann, hätte die Änderung des Anwendungsbereiches sein Ziel, die Sozialgerichte "nachhaltig zu entlasten", gerade nicht erreichen können. Dass der Gesetzgeber gleichwohl den formellen Anwendungsbereich der Norm erweitert hat, streitet in der Tat dafür, dass er der Regelung auch ansonsten einen relevanten Anwendungsbereich beimisst und nicht von engen Tatbestandsvoraussetzungen ausgeht (ebenso LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26). Daher sind die strengen Voraussetzungen, die das Bundesverwaltungsgericht im Anschluss an die Gesetzesmaterialien zu § 113 Abs. 3 VwGO zur reinen Anfechtungsklagenkonstellation angenommen hat und an die wiederum das Bundessozialgericht in der erwähnten Entscheidung anknüpft, im sozialgerichtlichen Verfahren durch die weitere Entwicklung des Gesetzes überholt. Es ist nach Einschätzung der erkennenden Kammer gerade nicht anzunehmen, dass der Gesetzgeber den formellen Anwendungsbereich eines ansonsten weitgehend leerlaufenden Instrumentes erweitern wollte. Soweit in der Rechtsprechung aus dem Handeln des Gesetzgebers bzw. aus dessen Verzicht auf eine Änderung der materiellen Voraussetzungen des § 131 Abs. 5 Satz 1 SGG darauf geschlossen wird, dass der Gesetzgeber die restriktive Auffassung des 5. Senats des Bundessozialgerichts akzeptiert und in Kauf genommen habe, womit sich ein relevanter Anwendungsbereich praktisch nicht eröffne (so z.B. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 26), überzeugt dies die erkennende Kammer nicht. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, auf Entscheidungen der Gerichte zu reagieren, insbesondere wenn es sich lediglich um nicht tragende Erwägungen eines einzelnen Senats eines obersten Bundesgerichts handelt (vgl. zur eingeschränkten Reichweite gerichtlicher Entscheidungen BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06 u.a., juris, Rn. 79f). Den vorliegend eingenommenen, einer allzu restriktiven Auslegung entgegentretenden Standpunkt sieht die erkennende Kammer im Übrigen durch das Urteil des 11. Senat des Landessozialgericht Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2015 und dortigen Ausführungen (vgl. juris Rn. 21) gestärkt. c.) Ferner folgt aus dem Wortlaut von § 131 Abs. 1 S. 1 SGG, wonach eine Aufhebung "auch" unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich sein muss, dass es nicht ausschließlich auf die Belange der Beteiligten ankommen kann. Diese dürfen vielmehr im Rahmen einer Gesamtabwägung der für und gegen eine Aufhebung sprechenden Gesichtspunkte einer Aufhebung nicht entgegenstehen. Bei der insoweit anzustellenden Gesamtabwägung ist zur Überzeugung der Kammer zunächst festzuhalten, dass der Beklagte wie dargelegt seiner ihm bundesgesetzlich vorgegebenen Verpflichtung zur Durchführung von Amtsermittlung nach §§ 20f SGB X wissentlich und willentlich nur absolut unzureichend nachkommt, indem er die Tatsachenfeststellung durch ein (auch) ihm obliegendes Mittel der Beweiserhebung bei mangelhafter Bereitstellung sächlicher und finanzieller Mittel im Bereich der Versorgungsverwaltung unmöglich macht und diese in den Bereich der Sozialgerichtsbarkeit verlagert. Nachdem die betroffene Sozialgerichtsbarkeit ebenfalls vom Beklagten finanziell und sachlich ausgestattet wird, mag man auf die Idee kommen, dass es nicht darauf ankomme, wo die Ermittlungen durchgeführt werden, wenn der Beklagte ohnehin für diese aufzukommen hat. Diese Sichtweise verkennt jedoch in elementarer Weise, dass es sich bei den §§ 20f SGB X um für den Beklagten verbindliche Vorgaben des Bundesrechts handelt, die nicht nach Belieben umgestaltet werden können. Dass eine vollständige Sachverhaltsausforschung zwingend bereits im Verwaltungs- und Vorverfahren erfolgen muss, ergibt sich bereits aus dem in der erwähnten Gesetzesbegründung genannten Gesichtspunkt der Waffengleichheit sowie aus dem in Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) niedergelegten Aspekt der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. In einem Rechtsstaat kann es zur Überzeugung der Kammer nicht widerspruchslos hingenommen werden, dass ein Recht und Gesetz unterworfener Rechtsträger seine Behörden so ausstattet, dass eine Vielzahl von behinderten Menschen im Verwaltungsverfahren überhaupt nicht zu ihrem Recht auf vollständige Amtsermittlung kommen können und deshalb regelmäßig auf die Bestreitung des Rechtswegs angewiesen sind. Dieses Vorgehen ist umso weniger hinnehmbar, wenn man beachtet, dass im Bereich des Schwerbehindertenrechts naturgemäß in aller Regel wegen ihrer Behinderung besonders schutzbedürftige Menschen von der erwähnten Praxis betroffen sind. So sind gerade behinderte Menschen häufig nicht (selbst) in der Lage, sich gegen eine unrechtmäßige Verwaltungspraxis zur Wehr zu setzen, sei es, weil ihnen hierzu krankheitsbedingt die Kraft oder behinderungsbedingt finanziell Ausstattung fehlt. Die Praxis des Beklagten benachteiligt im Ergebnis also in nicht zu rechtfertigender Weise gerade einen gesundheitlich und finanziell besonders benachteiligten Personenkreis. Diesem Missstand ist zur Überzeugung der Kammer hauptsächlich auf einem Weg zu begegnen, nämlich durch eine konsequente Anwendung von § 131 Abs. 5 SGG in den hierfür in Frage kommenden Fällen, denn nur dann wird der Beklagte gehalten sein, seine nachgeordneten Behörden mit den für ihre Aufgabenerfüllung erforderlichen sachlichen und finanziellen Mitteln auszustatten. Die teilweise ins Feld geführte Möglichkeit, dem Beklagten nach § 192 Abs. 4 SGG ganz oder teilweise diejenigen Kosten aufzuerlegen, die dadurch verursacht werden, dass erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen und im gerichtlichen Verfahren nachgeholt worden sind, dürfte kaum geeignet sein, den Missstand zu beseitigen, weil der Beklagte neben der finanziellen Ausstattung der Versorgungsverwaltung auch für die finanzielle Ausstattung der Gerichte zuständig ist. Insoweit trägt er die Kosten einer Begutachtung durch das Gericht unabhängig von einer Entscheidung nach § 192 Abs. 4 SGG, so dass ihn eine solche Entscheidung kaum dazu veranlassen wird, die seit mindestens einem Jahrzehnt geübte Praxis der Verlagerung von Verwaltungsaufgaben in die Gerichtsbarkeit zu beseitigen. Vertreter einer den Anwendungsbereich von § 131 Abs. 5 SGG bis zur faktischen Unanwendbarkeit verengenden Interpretation müssen deshalb dem Vorwurf begegnen, zur Perpetuierung einer rechtswidrigen Verwaltungspraxis, welche gerade besonders schutzbedürftige Menschen mit Behinderung in besonderer Weise benachteiligt, beizutragen. Im Ergebnis liegen also bereits systembedingt erhebliche Ermittlungsdefizite beim Beklagten vor, denen aus Sicht der Kammer durch eine Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG begegnet werden kann. Es versteht sich von selbst, dass die Aufrechterhaltung eines aus Sicht der Kammer gesetzeswidrigen Zustands nicht als berechtige Belange im Sinne dieser Vorschrift zu berücksichtigen sind. Deshalb kann sich der Beklagte auch nicht mit Erfolg darauf berufen, dass mit einer Zurückverweisung eine mögliche Verzögerung des Rechtsstreits einherginge, wenn der Grund eben dieser Verzögerung gerade darauf beruht, dass er selbst sich fortgesetzt weigert, die für eine zügige Durchführung ambulanter Begutachtungen erforderlichen persönlichen und sachlichen Mittel bereitzustellen. Im Übrigen ist die Kammer davon überzeugt, dass allenfalls der behinderte Mensch, nicht aber die Verwaltung in relevanter Weise durch eine lange Verfahrensdauer benachteilig ist. Entsprechend sind bei systemimmanenten Defiziten wie den vorliegenden berechtigte Belange des Beklagten nur im absoluten Ausnahmefall denkbar, für einen solchen liegen jedoch keinerlei Anhaltspunkte vor. Insoweit können nur die berechtigten Belange der Klägerin dem Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 SGG entgegenstehen. Erklärtermaßen ist der Klägerin an einer Vermeidung "weiterer Verfahrensverzögerungen" gelegen. Auch wenn die Kammer der Auffassung ist, dass es nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, ist anzumerken, dass der Eintritt einer Verzögerung bei Durchführung einer ambulanten Begutachtung zu Recht bezweifelt wird (vgl. z.B. SG Karlsruhe, Urteil vom 29.07.2019, S 12 SB 877/19, abrufbar bei Juris, Rn. 126ff). Es ist nämlich nicht einzusehen, weshalb der Beklagte die Klägerin nicht kurzfristig durch einen seiner Versorgungsärzte ambulant untersuchen lassen können sollte. Soweit der Beklagte sich unter Berücksichtigung seines Vortrags nicht sicher zu sein scheint, ob er über zur Durchführung ambulanter Untersuchungen ausreichend qualifiziertes Personal verfügt, muss er sich den Vorhalt gefallen lassen, dass er eben dieses Personal zur Beurteilung der Aktenlage offenkundig als hinreichend qualifiziert angesehen hat. Damit muss er sich aber auch die Frage gefallen lassen, ob er ernstlich behaupten will, dass seine versorgungsärztlichen Stellungnahmen von hierfür nicht qualifiziertem Personal erstellt werden. Besteht die für eine versorgungsärztliche Auswertung der Aktenlage erforderliche Qualifikation, steht aber der Durchführung einer ambulanten Untersuchung durch denselben Arzt erkennbar nichts im Wege. Tatsächlich ist die Kammer zudem überzeugt, dass selbst eine mögliche Verzögerung zulasten der Klägerin ein Absehen von einem Vorgehen nach § 131 Abs. 5 SGG nicht ohne weiteres rechtfertigen kann. In der zuvor zitierten Gesetzesbegründung werden neben dem Grundsatz der Verfahrensbeschleunigung gleichberechtigt die Herstellung von Waffengleichheit und die Entlastung der Sozialgerichte als Gesetzesziele genannt, denen man nicht ausreichend Rechnung tragen würde, wenn jede Verzögerung, unabhängig von den damit verbundenen konkreten Auswirkungen ein Vorgehen nach § 131 Abs. 5 SGG verhindern könnte. Entsprechend kommt es auf die konkreten Auswirkungen der Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG für die Klägerin an. Deren eigentliches Ziel besteht zur Überzeugung der Kammer, welche sie aus dem Vorbringen des Bevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, darin, ab dem Monat der Vollendung eines Lebensalters von 63 Jahren und 10 Monaten die nach der Übergangsvorschrift des § 236a SGB VI vorgesehene Altersrente für schwerbehinderte Menschen in Anspruch zu nehmen. Für die Inanspruchnahme dieser Rente ist, auch wenn der Wortlaut "bei Beginn der Altersrente als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 Neuntes Buch) anerkannt sind" etwas anderes nahelegt, nicht Voraussetzung, dass bereits zum Zeitpunkt des Rentenbeginns eine Schwerbehinderung vom Beklagten festgestellt ist. Vielmehr reicht es aus, dass der Eintritt des der Anerkennung zugrundeliegenden Sachverhalts zum Zeitpunkt des Rentenbeginns vorgelegen hat (vgl. Uta Freudenberg in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl. 2013, § 37 SGB VI, Rn. 29). Da §§ 37 bzw. 236a SGB VI auf die Anerkennung der Schwerbehinderung abstellen, kommt es auf die Feststellung durch die zuständige Behörde an (vgl. Gürtner: in Kasseler Kommentar, § 37 SGB VI, Rn. 5). Die Rentenversicherung oder das Gericht haben nicht selbst zu prüfen, ab wann die Schwerbehinderung vorliegt (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 29. Februar 2016 – L 13 R 784/13 –, Rn. 60, juris). Entsprechend steht es der Klägerin unabhängig vom rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens frei, ab dem 01.01.2021, also ab Beginn des auf die Vollendung eines Lebensalters von 63 Jahren und 10 Monaten folgenden Monats eine solche Rente zu beantragen und bei ansonsten identischen Voraussetzungen (Wartezeit von 35 Jahren) bis zu einer Feststellungsentscheidung des Beklagten eine Altersrente für langjährig Versicherte nach § 236 SGB VI vorzeitig mit entsprechenden Abschlägen in Anspruch zu nehmen. Dass ihr hieraus unter Abwägung mit den vorgenannten Gründen, die in erheblicher Weise für eine Aufhebung nach § 131 Abs. 5 SGG sprechen, ein nicht hinzunehmender Nachteil entstünde, der ausnahmsweise die Zurückverweisung nach § 131 Abs. 5 SGG tatbestandlich ausschließen würde, vermag die Kammer nicht zu erkennen. 3.) Die Kammer hält auch eine weitere Sachaufklärung für erforderlich und deren Art oder Umfang für erheblich. a.) Weitere Sachaufklärung ist nur dann nicht notwendig, wenn die Sache ohne weiteres spruchreif ist. Dies richtet sich nach den konkreten Umständen des Einzelfalls und nach dem auf diesen Einzelfall anwendbaren rechtlichen Rahmen. Der rechtliche Rahmen zeichnet sich vorliegend dadurch aus, dass der Beklagte gestützt auf die Aktenlage einen Gesamt-GdB von 30 festgesellt und dabei für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem "Rumpf" einen Teil-GdB von 20, für die Funktionsbeeinträchtigungen im Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" einen Teil-GdB von 30 und für die Funktionsbeeinträchtigung "Allergie" einen weiteren Teil-GdB von 10 zu Grunde gelegt hat. Weiter ist anzumerken, dass die begehrte Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft als Antrag auf Feststellung eines Gesamt-GdB von 50 auszulegen ist, § 2 Abs. 2 SGB IX. Selbst wenn das Ergebnis der Ermittlungen dahinter zurückbleibt, muss das Gericht dem Antrag teilweise entsprechen und einen Gesamt-GdB von 40 feststellen, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Spruchreife besteht deshalb nur dann, wenn sich ohne weitere Ermittlungen feststellen lässt, dass der Gesamt-GdB mit 30 angemessen bewertet ist. Liegen wie vorliegend mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird der Gesamt-GdB gem. § 152 Abs. 3 S. 1 SGB IX nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt. Folglich werden in einem ersten Schritt die einzelnen nicht nur vorübergehenden Gesundheitsstörungen im Sinne von regelwidrigen (von der Norm abweichenden) Zuständen (§ 2 Abs. 1 SGB IX) und die sich daraus ableitenden Teilhabebeeinträchtigungen bestimmt. In einem zweiten Schritt sind diese mit einem Einzel-GdB zu bewerten und den jeweils unter Teil A Ziff. 2 Buchstabe e) der VMG genannten Funktionssystemen zuzuordnen. Innerhalb der Funktionssysteme sind die jeweiligen Einzel-GdB sodann zu einem Teil-GdB zusammen zu fassen. In einem dritten Schritt ist gemäß Teil A Ziff. 3 der VMG dann in der Regel ausgehend von der Beeinträchtigung mit dem höchsten Teil-GdB in einer Gesamtschau unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen der einzelnen Beeinträchtigungen der Gesamt-GdB zu bilden. Dabei können die Auswirkungen der einzelnen Beeinträchtigungen ineinander aufgehen (sich decken), sich überschneiden, sich verstärken oder beziehungslos nebeneinanderstehen. Außerdem sind bei der Gesamtwürdigung die Auswirkungen mit denjenigen zu vergleichen, für die in der GdB-Tabelle feste Grade angegeben sind. Bei der Bildung des Gesamt-GdB ist ferner zu beachten, dass zusätzliche leichte Gesundheitsstörungen in Funktionssystemen, die nur einen Teil-GdB von 10 bedingen, von Ausnahmefällen abgesehen nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen, die bei der Gesamtbeurteilung berücksichtigt werden könnten. Dies gilt auch dann, wenn mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen (Teil A Ziff. 3 Buchstabe d) ee) VMG). Bei Gesundheitsstörungen, welche in Funktionssystemen einen Teil-GdB von 20 bedingen, ist es vielfach ebenfalls nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen. Maßgeblich ist hier, inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen, ob sich eine Behinderung auf eine andere besonders nachhaltig auswirkt oder inwieweit sie sich überschneiden (Teil A Ziff. 3 Buchstaben a-d VMG). Da die Kammer der Beurteilung des Beklagten folgt, wonach im Funktionssystem Gehirn einschließlich Psyche ein Teil-GdB von 30 vorliegt, würde ein weiterer Teil-GdB von 30 im Funktionssystem Rumpf zwangsläufig dazu führen, dass der Gesamt-GdB mindestens mit 40 zu bewerten wäre, weil dann eben nicht mehr von einer leichten und damit nicht erhöhungsrelevanten Gesundheitsstörung mit einem Teil-GdB von 20 ausgegangen werden könnte. Es kommt also in besonderer Weise auf die Bewertung dieses Funktionssystems an. Nach Teil B Ziff. 18.9 VMG ergibt sich der Einzel-GdB bei Wirbelsäulenleiden primär aus dem Ausmaß der Bewegungseinschränkungen, der Wirbelsäulenverformung und -instabilität, sowie der Anzahl der betroffenen Wirbelsäulenabschnitte. Wirbelsäulenschäden ohne Bewegungseinschränkung oder Instabilität bedingen einen Einzel-GdB von 0. Bei Wirbelsäulenschäden mit geringen funktionellen Auswirkungen (Verformung, rezidivierende und anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität geringen Grades, seltene und kurz auftretende leichte Wirbelsäulensyndrome) ist ein Einzel-GdB von 10 anzusetzen. Mittelgradige funktionelle Auswirkungen (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität mittleren Grades, häufig rezidivierende und über Tage andauernde Wirbelsäulensyndrome) in einem Wirbelsäulenabschnitt bedingen einen Einzel-GdB von 20. Schwere funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt (Verformung, häufig rezidivierende oder anhaltende Bewegungseinschränkung oder Instabilität schweren Grades, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome) sind mit einem Einzel-GdB von 30 zu bemessen, bei mittelgradigen bis schweren funktionellen Auswirkungen in zwei Wirbelsäulenabschnitten ist von einem Einzel-GdB von 30 bis 40 auszugehen, bei besonders schweren Auswirkungen (z. B. Versteifung großer Teile der Wirbelsäule; anhaltende Ruhigstellung durch Rumpforthese, die drei Wirbelsäulenabschnitte umfasst) beträgt der Einzel-GdB 50 bis 70. Anhaltende Funktionsstörungen infolge Wurzelkompression mit motorischen Ausfallerscheinungen - oder auch die intermittierenden Störungen bei der Spinalkanalstenose - sowie Auswirkungen auf die inneren Organe (z. B. Atemfunktionsstörungen) sind zusätzlich zu berücksichtigen. Bei außergewöhnlichen Schmerzsyndromen kann auch ohne nachweisbare neurologische Ausfallerscheinungen (z. B. Postdiskotomiesyndrom) ein GdB über 30 in Betracht kommen. Die Klägerin hat für das orthopädische Fachgebiet das Attest vom 16.02.2018 vorgelegt, in welchem ein gesicherter Bandscheibenvorfall mit Radikulopathie, also mit Reizung oder Schädigung der Nervenwurzeln beschrieben ist. Nach dem radiologischen Bericht vom 24.01.2019 lag seit 30.05.2017 im Wesentlichen unverändert ein NPP C5/6/7 mit Einengung des vorderen Subarachnoidalraums sowie ossär bedingter hochgradiger Neuroforamenstenosen beidseits C5/6 und mäßiger Neuroforamenstenose links C6/7 vor. Eine seit zwei Jahren bestehende hochgradige Neuroforamenstenose C5/6 ist zur Überzeugung der Kammer bei attestierter Radikulopathie durchaus geeignet, häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome im Bereich hervorzurufen und sind bestens mit dem von der Klägerin geschilderten Schulter-Arm-Syndrom vereinbar. Entsprechend ist das Vorbringen der Klägerin anhand der objektiven Befunde ausreichend substantiiert, womit ihm weiter nachzugehen ist. In diesem Zusammenhang wäre zunächst die Befragung des die Klägerin behandelnden Orthopäden zwingend geboten gewesen, bereits dies hat der Beklagte aus nicht nachvollziehbaren Gründen für nicht notwendig erachtet. Zur Überzeugung der Kammer ist eine Befragung des behandelnden Orthopäden jedoch im vorliegenden Einzelfall nicht ausreichend, vielmehr bedarf es der Durchführung einer ambulanten Begutachtung. Dies folgt zunächst daraus, dass die Erhebung der für die Beurteilung des GdB erforderlichen Bewegungsmaße nach der Neutral-0-Methode nicht die Aufgabe der behandelnden Ärzte ist und insoweit regelmäßig nicht erfolgt. Zudem kommt es vorliegend nicht zuletzt darauf an, ob die Klägerin unter häufig rezidivierenden und Wochen andauernden ausgeprägten Wirbelsäulensyndromen leidet. Dies kann zur Überzeugung der Kammer nur dadurch festgestellt werden, dass die Klägerin im Rahmen einer ambulanten Untersuchung zu Häufigkeit, Dauer und Intensität des Wirbelsäulensyndroms befragt wird und die entsprechenden Angaben von einem versorgungsärztlich bzw. sozialmedizinisch qualifizierten Arzt mit dem Ergebnis der Bildgebung und der im Rahmen der ambulanten Untersuchung erhobenen umfassenden Befunde abgeglichen und auf ihre Plausibilität hin beurteilt werden. Eine solche Begutachtung wäre zur Überzeugung der Kammer selbst dann nicht entbehrlich, wenn der behandelnde Arzt häufig rezidivierende und Wochen andauernde ausgeprägte Wirbelsäulensyndrome beschreibt oder nicht beschreibt. Im zweiten Fall kann es mangels entsprechender Verpflichtung schlicht versäumt worden sein, tatsächliche Angaben schriftlich zu dokumentieren, weil sie für die Therapie nicht von besonderer Bedeutung sind, während im ersten Fall jedenfalls eine ausreichende Validierung, die eben nicht Aufgabe des Behandlers ist (zur gänzlich unterschiedlichen Zielsetzung von therapeutisch behandelndem und versorgungsärztlich begutachtendem Arzt vgl. SG Karlsruhe, S 12 SB 877/19, juris Rn. 115ff), nicht gegeben wäre. Dass der behandelnde Orthopäde gleichwohl zwingend befragt werden muss, liegt schlicht daran, dass möglicherweise weitere Befunde oder anamnestische Angaben der Klägerin dokumentiert sind, welche im Rahmen der zwingend erforderlichen ambulanten Begutachtung eine sachgerechtere Beurteilung ermöglichen. b.) Die deshalb in jedem Fall erforderliche ambulante Begutachtung durch den Beklagten selbst oder auf Veranlassung des Beklagten ist auch als erheblich anzusehen. Eine Erheblichkeit der Ermittlungen kann sich nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (Urteil vom 20. Oktober 2015 – L 11 R 2841/15 –, abrufbar bei juris, Rn. 21), welche die Kammer als zutreffend erachtet, aus Art, Zeitdauer, Umfang und den personellen Möglichkeiten des Gerichts ergeben. Die Ermittlungen sind insbesondere (Anmerkung der erkennenden Kammer: also gerade nicht "nur") dann erheblich, wenn die Behörde nach ihrer sachlichen und personellen Ausstattung eine Sachverhaltsermittlung besser bzw. schneller durchführen kann als das Gericht und es auch unter übergeordneten Gesichtspunkten vernünftiger und sachgerechter ist, die Behörde tätig werden zu lassen. Nach dieser aus Sicht der Kammer zutreffenden Rechtsauffassung ist dabei bereits die Einholung eines einzigen Sachverständigengutachtens erheblich (so u.A. wohl auch Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20. Oktober 2015 – L 11 R 2841/15 –, Rn. juris 21; LSG Sachsen, Urteil vom 4. Januar 2006 – L 6 U 150/05, juris, Rn. 75 f.; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. April 2012 – L 13 SB 10/12, juris, Rn. 26; SG Berlin, Gerichtsbescheid vom 1. Februar 2011 – S 30 R 4456/10, juris, Rn. 35; SG Karlsruhe, Gerichtsbescheid vom 09. Mai 2014 – S 15 U 4024/13 –, juris Rn. 22; a. A ... wohl Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Urteil vom 05. Mai 2011 – L 7 SB 54/09 –, juris; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19. April 2012 – L 11 SB 45/11, juris, Rn. 27; Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27. Januar 2009 – L 4 R 1519/08 , juris Rn. 23; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage, § 131 Rn. 19; in diese Richtung tendierend wohl auch Aussprung in Roos/Wahrendorf/Aussprung, 1. Aufl. 2014, SGG § 131 Rn. 95ff, der sich auf die Entscheidung des BSG im Verfahren B 5 RJ 30/05 R beruft). II.) Nachdem die tatbestandlichen Voraussetzungen vorliegen, steht es im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts, die Sache zur weiteren Sachaufklärung an den Beklagten zurückzuverweisen. Gegen die Durchführung der erforderlichen Ermittlungen durch das Gericht spricht, dass der Klägerin durch die rechtswidrige Verwaltungspraxis des Beklagten zwei Instanzen verloren gegangen sind. Nachdem der Beklagte sich zudem seit Jahren fortgesetzt dadurch über bestehendes Bundesrecht hinwegsetzt, dass er die für eine umfassende Amtsermittlung notwendigen Mittel im Schwerbehindertenrecht nicht bereitstellt und sich ob dieses Missstandes auch in keiner Weise einsichtig zeigt, wie sein Vorbringen auf die entsprechende Anhörung belegt, hält die Kammer eine Zurückverweisung für geboten. Dies gilt umso mehr, als der Beklagte nach Einschätzung der Kammer in dieser Weise am ehesten zu gesetzmäßigem Handeln angehalten werden und die Benachteiligung besonders schutzwürdiger Menschen mit Behinderung beendet werden kann. Das Interesse der Klägerin an einer Fortführung des gerichtlichen Verfahrens gebietet hingegen nicht die Fortführung des gerichtlichen Verfahrens. III.) Der Beklagte wird im wiedereröffneten Verwaltungsverfahren zunächst den behandelnden Orthopäden befragen und den erstmals im Klageverfahren geäußerten weiteren Leiden nachzugehen haben. Sollte dem Begehren der Klägerin nicht bereits auf Grundlage dieser Ermittlungen nachzukommen sein, wäre als nächstes zumindest das vom Gericht angesprochene orthopädische Gutachten mit ambulanter Untersuchung durch den ärztlichen Dienst zu erstellen oder bei einem qualifizierten externen Gutachter einzuholen. Sofern sich hieraus weiterer Ermittlungsbedarf ergibt, wäre selbstredend auch diesem in geeigneter Weise weiter nachzugehen. III.) Eine Klageabweisung im Übrigen erfolgt bei einer Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG nach zutreffender Ansicht nicht, da das Gericht den Streitgegenstand bei zulässiger Entscheidung nach § 131 Abs. 5 SGG auf den Anfechtungsteil beschränkt (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Auflage, § 131 Rn. 20). C.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt, dass der Beklagte bei Annahme eines beschränkten Streitgegenstands voll unterlegen ist. Dass auch die Klägerin einer Entscheidung gemäß § 131 Abs. 5 SGG entgegengetreten ist, fällt mit Blick hierauf nicht besonders ins Gewicht und rechtfertigt nach der Auffassung der Kammer keine Verminderung der Kostenerstattung, zumal sie bereits im Verwaltungsverfahren mehrfach angeregt hat, zumindest den behandelnden Orthopäden anzuhören.
Rechtskraft
Aus
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