S 4 R 2129/17

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Konstanz (BWB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Konstanz (BWB)
Aktenzeichen
S 4 R 2129/17
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 BA 142/20
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Der Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. Mai 2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2017 (ergangen un-ter der Versicherungsnummer ) wird aufgehoben. Es wird festgestellt, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2.) als Chefdirigent und künstlerischer Leiter bei der Klägerin zu 1.) nicht der Versicherungspflicht in den Versicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Kläger.

Tatbestand:

Im Streit zwischen den Beteiligten steht die Frage, ob der Kläger zu 2.) in der seit dem 1. Sep-tember 2016 bis dato fortlaufend bei der Klägerin zu 1.) ausgeübten Tätigkeit als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Der Kläger zu 2.) ist ausgebildeter Violinist und Dirigent. Vor seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 1.) war der Kläger zu 2.) unter anderem als Chefdirigent des L. Orchestra (1985 bis 1989) sowie eines Radioorchesters (1994 bis 2002) und ab 1998 auch der J. Sinfonia tätig. Diese Positi-on hatte der Kläger zu 2.) von 1999 bis 2004 auch bei der Sinfonietta in P. (Finnland) inne. Im Zeitraum 2002/2003 bis 2008/2009 war der Kläger zu 2.) Generalmusikdirektor der Staatsphil-harmonie R. in L ... Darüber hinaus hatte der Kläger zu 2.) auch Engagements bei weiteren in- und ausländischen Orchestern. Bislang wurden über 50 seiner musikalischen Leitungen auf Tonträger eingespielt.

Unter dem 26. Juli 2016 (Blatt 12 ff. der Verwaltungsakte) schlossen die Klägerin zu 1.) – ein Eigenbetrieb der Stadt K. –, vertreten durch den Oberbürgermeister B., und der Kläger zu 2.) einen "Dirigentenvertrag". Darin heißt es unter anderem:

§ 1 (Bestellung zum Chefdirigenten des Eigenbetriebs K. / Laufzeit des Vertrages) (2) Der Vertrag hat eine Dauer von fünf Jahren. Er beginnt am 1.9.2016 und endet am 31.8.2021. Dies entspricht fünf Spielzeiten. (3) Das Recht beider Vertragsparteien, den Vertrag außerordentlich aus wichtigem Grund zu kündigen, bleibt unberührt. Ein wichtiger Grund für die Philharmonie liegt insbesondere dann vor, wenn der Ruf der Philharmonie durch den Chefdiri-genten Schaden nimmt. [ ] (4) Über eine Verlängerung des Vertrags sowie die Dauer einer etwaigen Verlänge-rung und eine hiermit einhergehende etwaige Anpassung der Vergütung entschei-den die Vertragsparteien einvernehmlich und in Abstimmung mit dem Orchester. Eine Verlängerung setzt voraus, dass der Chefdirigent dem Intendanten der Phil-harmonie bis spätestens zum Ablauf des 30. September 2019 mitteilt, dass er an einer Verlängerung des Vertrages interessiert ist.

§ 2 (Umfang und Art der Tätigkeit, künstlerische Leitung) (2) In jeder Spielzeit soll der Chefdirigent mindestens zwanzig Konzerte planen, vor-bereiten und dirigieren. (3) Der Chefdirigent ist für die von ihm dirigierten Konzerte mit dem Orchester der Philharmonie in Absprache mit dem Intendanten verantwortlich. Der Chefdirigent hat hierbei ein Vorschlagsrecht. Die Vorschläge des Chefdirigenten dürfen von dem Intendanten der Philharmonie nur abgelehnt werden, sofern und soweit sie nicht im Einklang mit dem Charakter der Philharmonie oder mit ihrem Haushalts-plan und ihren finanziellen Mitteln stehen. Das Orchester der Philharmonie untersteht dem Chefdirigenten in künstlerischen Angelegenheiten. Er hat die künstlerische Leitung für das Orchester inne und ist der Philharmonie gegenüber für die künstlerische Weiterentwicklung verantwort-lich. (4) Um auch nach außen die angestrebte Identifikation der Philharmonie mit ihrem Chefdirigenten zu repräsentieren, ist dieser sofern für die Philharmonie wichtige Ereignisse stattfinden (insbesondere Sitzungen des Gemeinderates oder des Or-chesterausschusses der Stadt K.), hinsichtlich drei dieser Ereignisse verpflichtet, anwesend zu sein und die Philharmonie zu repräsentieren. Dies umfasst nach Möglichkeit die persönliche Darlegung von Konzepten oder Programmen. Der Intendant hat zuvor mit dem Chefdirigent abzuklären, ob der Chefdirigent ter-minlich zur Verfügung steht. Darüber hinaus hat der Chefdirigent das Recht, bei wichtigen Ereignissen anwesend zu sein und die Philharmonie zu repräsentieren, sofern er dies wünscht. Er hat dies dem Intendanten rechtzeitig anzuzeigen. (5) Der Chefdirigent ist die erste Option für alle auswertigen Konzerte und Tourneen der Philharmonie, für die er terminlich zur Verfügung steht. Es steht dem Chefdi-rigenten frei, diese anzunehmen. Termine, Programm und Vergütung der Gast-spiele und Tourneen werden jeweils separat zwischen der Philharmonie und dem Chefdirigenten verhandelt. (6) Der Chefdirigent unterliegt bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Philharmonie. Er ist in der Gestaltung seiner Tätigkeit selbstständig tätig.

§ 3 (Aufführungsorte, Spielzeiten, Probezeiten) (1) Sofern es sich nicht um Gastkonzerte handelt, sind die Konzerte grundsätzlich in den Konzertsälen der Philharmonie aufzuführen. Dies gilt nicht, sofern für be-stimmte Projekte ein anderer Aufführungsort vereinbart wird, z.B. die Auffüh-rung in einer Schulaula im Rahmen des Programms eduART. (2) Die Konzerte sind grundsätzlich innerhalb der üblichen Spielzeit, das heißt zwi-schen September und Juli aufzuführen. Abweichende Spielzeiten können in Ab-sprache mit dem Intendanten vereinbart werden. (3) Die Probendisposition kann der Chefdirigent frei bestimmen.

§ 4 (Vergütung und Rechnungsstellung) (1) Der Chefdirigent erhält für die in § 2 beschriebenen geschuldeten Leistungen pro Spielzeit ein Pauschalhonorar in Höhe von xx.000 EUR (in Worten: Euro). (2) Darüber hinaus erhält der Chefdirigent • für jedes Konzert im Kon-zertbetrieb (übliche Länge) - x.000 EUR (in Worten: Euro) • für jedes kürzere Konzert im Konzertbetrieb inner-halb eines Projekts - x.000 EUR (in Worten: Euro) • für jedes erste Konzert in einem eduART Projekt - x.000 EUR (in Worten: Euro) • für jedes weitere Konzert in einem eduART Projekt - x.000 EUR (in Worten: Euro)

(4) Das Pauschalhonorar nach § 4 Abs. (1) wird der Chefdirigent in zwei Tranchen nach jeweils Ende September und Ende April abrechnen. (5) Die Honorare für einzelne Konzerte nach § 4 Abs. (2) wird der Chefdirigent mo-natlich abrechnen. (6) Die Zahlung des Honorars erfolgt nur auf Rechnung (mit Mindestbestandteilen nach § 14 UStG) und ist jeweils zwei Wochen nach Rechnungserhalt fällig.

§ 5 (Aufwendungsersatz) (1) Die Philharmonie erstattet dem Chefdirigenten für dessen Aufenthaltsdauer in K. für die Proben- und Konzertarbeit die Übernachtungskosten bis zu einer Höhe von brutto xxx EUR (in Worten: Euro) pro Nacht unter Vorlage der Original-Belege. (2) Der Chefdirigent erhält für die Anwesenheit an drei wichtigen Ereignissen nach § 2 Abs. (5) dieses Vertrages eine Reisekostenpauschale in Höhe von jeweils brutto xxx EUR (in Worten: Euro). (3) Sonstige Aufwendungen, die der Chefdirigent zur ordnungsgemäßen Erbringung vertraglich geschuldeter Leistungen erbringt, sind von dem Chefdirigenten selbst zu tragen.

§ 6 (Urheber- und Verwertungsrechte) Der Chefdirigent überträgt die Nutzungsrechte für Aufnahmen und Mitschnitte aus Veranstal-tungen und Produktionen, die durch die Mitwirkung der Philharmonie zustande gekommen sind, zeitlich und räumlich uneingeschränkt, unwiderruflich und übertragbar der Philharmonie. Die Nutzungseinräumung ist nach § 4 dieses Vertrages abgegolten. Abweichend von § 6 S. 1 und S. 2 dieses Vertrages wird eine gesonderte Vereinbarung getroffen für den Fall, dass Aufnahmen und Mitschnitte von Konzerten für eine CD-Produktion oder eine TV-Ausstrahlung genutzt werden und zum Zeitpunkt des diesbezüglichen Vertragsschlusses mit dem Dritten feststeht, dass hieraus ein monetärer Gewinn für die Philharmonie verbunden ist.

§ 7 (Neueinstellung und Entlassung von Orchestermitgliedern) Die Neueinstellung und Entlassung von Orchestermitgliedern erfolgt allein durch den Inten-danten auf Vorschlag des Chefdirigenten und in Absprache mit dem Personalrat sowie dem Orchestervorstand. Voraussetzung für eine Neueinstellung ist ein Probespiel des jeweiligen Musikers. Die Probespieltermine werden mit dem Chefdirigenten abgestimmt und nach Mög-lichkeit während seiner Aufenthalte in K. anberaumt.

§ 8 (Verpflichtung von Solisten, Gastdirigenten, Aushilfen und Verstärkungen) Die Verpflichtung von Solisten, Gastdirigenten, Aushilfen und Verstärkungen erfolgt durch den Intendanten auf Vorschlag des Chefdirigenten. Die Terminplanung erfolgt durch den In-tendanten in Abstimmung mit dem Chefdirigenten. Die Verhandlungen mit Agenturen sowie die Festsetzung der Honorare erfolgen ausschließlich durch den Intendanten.

§ 9 (Anderweitige Dirigate) Der Chefdirigent ist in der Annahme und Ausführung anderweitiger Dirigate für bzw. mit drit-te(n) Orchester(n) oder Opernhäuser(n) frei. Der Chefdirigent stellt sicher, dass diese Dirigate zeitlich mit den Verpflichtungen nach diesem Vertrag vereinbar sind.

§ 11 (Selbstständigkeit) Der Chefdirigent ist im Verhältnis zur Philharmonie selbstständig; ein auch befristetes Arbeits- oder Beschäftigungsverhältnis soll damit ausdrücklich nicht begründet werden. Aufgrund der Selbstständigkeit im Sinne auch des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des Sozialgesetz-buches IV (SGB IV) sind die diesbezüglichen Steuern und Sozialabgaben nicht von der Phil-harmonie einzubehalten und zu entrichten. Der Chefdirigent ist daher für eine ordnungsgemä-ße Versteuerung des Honorars selbst verantwortlich.

§ 13 (Bedingung) Da die Philharmonie stets rechtskonforme Verträge abschließen möchte, wird sie kurzfristig ein Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV einleiten. Der Dirigent verpflichtet sich, bei allen hierzu notwendigen Handlungen mitzuwirken. Dieser Vertrag ist daher auflösend bedingt. Er wird unwirksam, wenn ein Statusfeststellungsverfahren rechtskräftig derart beschieden wird, dass zwischen der Philharmonie und dem Chefdirigenten ein versicherungspflichtiges Beschäfti-gungsverhältnis besteht.

Mit Schreiben vom 27. September 2016 stellte die – inzwischen anwaltlich vertretene – Klägerin zu 1.) bei der Beklagten einen Antrag auf Statusfeststellung des Klägers zu 2.) hinsichtlich des-sen Beauftragung als Chefdirigent der S. Philharmonie.

Diesem Schreiben war ein Antragsformular (Blatt 3 ff. der Verwaltungsakte) beigefügt. Darin heißt es unter anderem:

Punkt 1.9 Sind Sie neben dem zu beurteilenden Vertragsverhältnis selbstständig tätig und stellt das Ar-beitseinkommen dieser Tätigkeit den überwiegenden Teil ihres Gesamteinkommens dar? JA

Punkt 3.1 "Als Chefdirigent bestimmt der Auftragnehmer das Repertoire des Orchesters für jede Spielzeit. Er bestimmt das Konzept (seine Interpretation), wonach die Werke aufgeführt werden und stu-diert die Werke mit dem Orchester ein. Er bestimmt die Konzerttermine innerhalb der Spielzeit und repräsentiert das Orchester nach außen bei wichtigen Terminen. Mitbestimmung bei Einstell. u. Kündigung v. Musikern."

Punkt 3.2 "Auftragnehmer hat allein künstlerische Leitung über Orchester, unterliegt keinen Weisungen und ist in Gestaltung seiner Tätigkeit frei. Für Inhalt und Art der Konzerte hat er ein Vorschlags-recht. Vorschläge dürfen nur abgelehnt werden, wenn nicht im Einklang mit Charakter Auftrag-geber oder dessen finanz. Mitteln. Entscheidungsfreiheit, Angebote auf ausländische Konzerten und Tourneen anzunehmen."

Punkt 3.3 "Hinsichtlich Konzertvorbereitung und Probezeiten mit dem Orchester ist der Auftragnehmer in seinen Arbeitszeiten frei. Die Aufführung der Konzerte hat innerhalb der Spielzeit (zwischen September und Juli) zu erfolgen, innerhalb dieses Zeitrahmens ist der Auftragnehmer in der Ent-scheidung frei. Zur Repräsentanz nach außen hat der Auftragnehmer an drei wichtigen Ereignis-sen teilzunehmen."

Punkt 3.4 "Die Planung und Vorbereitung der Konzerte kann der Auftragnehmer ausführen, wo immer es ihm beliebt. Für die Proben mit dem Orchester ist die Anwesenheit in K. bei dem Orchester er-forderlich. Die Konzerte werden grundsätzlich in K. aufgeführt, es sei denn, ein anderer Spielort wurde vereinbart. Für die drei wichtigsten Ereignisse gibt der Auftraggeber den Ort vor."

Punkt 3.5 "Abgesehen von einigen Besprechungen mit dem Intendanten, die der Auftragnehmer mit dem Intendanten vereinbart, und der Repräsentanz des Orchesters bei drei wichtigen Terminen pro Spielzeit ist der Auftragnehmer unabhängig von der Arbeitsorganisation des Auftraggebers. Ei-gene Kleidung. Bzgl. Einstellung u. Entlassung von Orchestermitgliedern hat der Auftragnehmer ein Vorschlagsrecht."

Punkt 3.6 "Der Auftragnehmer hat eine eigene Homepage (www ...), auf der er u.a. seine Biografie, der Konzertplan und CDs dargestellt werden. Das Honorar für seine Dirigate wird stets mit dem jeweiligen Auftraggeber verhandelt. Der Auftragnehmer bedient sich eines externen Manage-ments, bzw. einer Agentur, die für ihn tätig werden."

Punkt 3.7 "Der Auftragnehmer erhält für die zu beurteilende Tätigkeit nur ein geringes fixes Honorar. Das restliche Honorar hängt von der Anzahl der Konzerte ab, die er für den Auftraggeber hält. Bei schlechten Konzerten hat dies direkte negative Auswirkungen auf den Ruf des Auftragnehmers, der sein Kapital darstellt und für weitere Aufträge maßgeblich ist. Der Auftragnehmer haftet für Schäden des Auftraggebers."

Mit separaten Schreiben vom 20. Oktober 2016 (Blatt 32 ff. der Verwaltungsakte) hörte die Be-klagte die Kläger zur beabsichtigten Feststellung der abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 2.) bei der Klägerin zu 1.) sowie der Versicherungspflicht des Klägers zu 2.) in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung an. Aus Sicht der Beklagten seien folgende Merkmale für die Charakterisierung als abhängiges Beschäftigungsver-hältnis entscheidend: • Dem Auftragnehmer untersteht die künstlerische Leitung des Orchesters. • Es wird ein reguläres Arbeitsentgelt i.H.v. xx.000.,00 EUR pro Spielzeit bezahlt. • Erstattung der Reisekosten durch den Auftraggeber. • Es wird kostenfrei ein Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt. • Der Auftragnehmer hat die Verpflichtung, zu Repräsentationszwecken, an drei Sitzungen anwesend zu sein. • Teilnahme an Besprechungen mit dem Intendanten und bis zu 3 weiteren vorgegebenen Terminen. • Der Auftragnehmer trägt kein unternehmerisches Risiko. • Der Auftragnehmer hat an Orchesterproben teilzunehmen. • Mitbestimmung bei Einstellung und Entlassung von Musikern. • Repräsentant des Orchesters nach außen. • Die Inhalte und die Art der Konzerte müssen vom Auftraggeber genehmigt werden. • Der Arbeitsort wird durch den Auftraggeber vorgegeben. • Der Auftragnehmer hat dem Auftraggeber vorrangig zur Verfügung zu stehen.

Hingegen seien folgende Merkmale vorhanden, die für eine selbstständige Tätigkeit sprechen: • Es werden keine Weisungen hinsichtlich der Art und Weise der Tätigkeit erteilt. • Konzerttermine werden ebenfalls vom Auftragnehmer festgelegt. • Es besteht keine Ausschließlichkeitsvereinbarung. • Auftragnehmer ist werbend am Markt tätig. • Er ist für mehrere Auftraggeber tätig.

Nach der Gesamtwürdigung aller zur Beurteilung der Tätigkeit relevanten Tatsachen würden die Merkmale für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis überwiegen.

Mit Schreiben vom 14. November 2016 (Blatt 46 ff. der Verwaltungsakte) nahm die Klägerin zu 1.) – wiederrum anwaltlich vertreten – Stellung zu der vorstehenden beabsichtigten Festsetzung seitens der Beklagten. Konkret trug sie unter anderem Folgendes vor:

Das Merkmal, dass dem Kläger zu 2.) die künstlerische Leitung des Orchesters unterstehe, spre-che nicht für eine abhängige Beschäftigung. Der Kläger zu 2.) sei damit nicht in das Unterneh-men der Philharmonie eingegliedert, da die künstlerische Leitung nicht mit einer organisatori-schen Einbindung in das Unternehmen der Philharmonie verbunden sei. Die künstlerische Lei-tung beschränke sich auf die musikalische, sachlich-inhaltliche Leitung. Der Kläger zu 2.) be-stimme demnach Art und Inhalt der Konzerte (Musikrichtung, Epoche, Komponisten und einzel-ne Werke). Er sei völlig frei in der Art und Weise, wie er die Werke dirigiere.

Auch der Hinweis auf das Pauschalhonorar sei nicht geeignet, eine abhängige Beschäftigung zu begründen. Insoweit würde dieses zum einen nicht monatlich – wie es bei einem abhängig Be-schäftigten üblich sei – sondern zwei mal pro Spielzeit fällig werden. Darüber hinaus stelle das Pauschalhonorar im Verhältnis circa ein Viertel des maximal möglichen leistungsabhängigen Ho-norars, sofern man von der Mindestanzahl von 20 Konzerten nach § 2 Abs. (2) des Dirigenten-vertrages ausgehe (dies entspreche einem leistungsabhängigen Honorar von xx.000,00 Euro). Das Pauschalhonorar stelle lediglich einen Mindestwert dar, den der Kläger zu 2.) ausgehandelt habe. Der Anteil des Pauschalhonorars sei daher gegenüber dem Mindestbetrag gering. Überdies sei auch die vertraglich geregelte Erstattung von Reisekosten durch die Klägerin zu 1.) kein taugliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Zum einen sehe der Dirigentenvertrag in § 5 Abs. (1) und (2) maximale oder pauschale Erstattungsbeträge vor. Mithin habe der Kläger zu 2.) etwaig höhere Reisekosten selbst zu tragen. Das Merkmal sei allenfalls als neutral einzuord-nen, da auch eine Vielzahl von selbstständigen Tätigkeiten die Erstattung von Reisekosten bein-halte, so zum Beispiel würden Handwerker, Rechtsanwälte, Steuer- und Unternehmensberater ihren Mandanten regelmäßig ihre Reisekosten in Rechnung stellen. Auch müsse der Kläger zu 2.) stets in Vorleistung treten. Eine direkte Übernahme seitens der Philharmonie erfolge nicht.

Für die Annahme der Beklagten, dem Kläger zu 2.) werde der Arbeitsplatz kostenfrei zur Verfü-gung gestellt, fehle es an einer entsprechenden Regelung im Dirigentenvertrag. So erfolge die Vorbereitungsphase (Erarbeitung eines musikalischen Konzepts, Studieren von Noten) unstreitig nicht in den Räumlichkeiten des Orchesters. Die Philharmonie stelle hierfür keine Räumlichkeiten zur Verfügung. Soweit die Beklagte darauf abstelle, dass Proben mit dem Orchester notwendi-gerweise auch in den Konzertsälen der Philharmonie durchgeführt würden, so könne dies nicht als Arbeitsplatz, sondern als Bestandteil der Leistung angesehen werden, da insoweit die Phil-harmonie keinen Arbeitsplatz, sondern das Orchester als Klangkörper zur Verfügung stelle, ohne die die vertraglich seitens des Klägers zu 2.) geschuldete Leistung überhaupt nicht möglich sei. Des Weiteren sei zu beachten, dass die Durchführung von Proben in anderen Räumlichkeiten vertraglich nicht ausgeschlossen, in der Praxis aber schon aufgrund der Orchestergröße unüblich sei. Überdies verfüge die Philharmonie über keine eigenen Säle, sondern miete diese von der Klägerin zu 1.) an. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin zu 1.) im Rahmen ihrer Daseinsfür- und -vorsorge dazu verpflichtet sei, ihren Bürgern ein gewisses kulturelles An-gebot zu unterbreiten. Dies müsse vor Ort geschehen. Eine Durchführung der Konzerte in ande-ren Städten würde dieser Verpflichtung indes nicht gerecht werden. Auch so sei das Unterhalten eines eigenen Orchesters und eigener Konzertsäle durch den Kläger zu 2.) zum einen nicht praxis-tauglich, zum anderen würde die Beauftragung der Philharmonie ad absurdum geführt. Insoweit sei generell die Praxis, fremde, renommierte Dirigenten für bestimmte Orchester und bestimmte Spielzeiten (in freier Tätigkeit) unter Vertrag zu nehmen. Dieses Konzept sei unter der vorste-henden Annahme eines eigenen Orchesters für jeden Dirigenten undenkbar.

Auch die Verpflichtung des Klägers zu 2.), zu Repräsentationszwecken an drei Sitzungen anwe-send zu sein, stelle kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung dar. Zum einen handele es sich – in Anbetracht der gesamten beauftragten Tätigkeit – um eine sehr geringe Präsenzpflicht. Zum anderen sei die Präsenzpflicht vielmehr dem Zweck geschuldet, das musikalische Renommee des Klägers zu 2.) mit der Philharmonie zu verknüpfen. Ebenso spreche der Umstand, dass die Prä-senzpflichttermine im Vorfeld mit dem Kläger zu 2.) abgestimmt werden müssen, gegen eine abhängige Beschäftigung.

Soweit die Beklagte darüber hinaus meine, der Dirigentenvertrag sehe überdies eine Verpflich-tung des Klägers zu 2.) vor, an Besprechungen mit dem Intendanten und drei weiteren vorgege-benen Terminen teilzunehmen, so sei dies nicht zutreffend. Die Teilnahme an drei weiteren vor-gegebenen Terminen sehe der Dirigentenvertrag nicht vor. Es liege damit seitens der Beklagten eine doppelte Berücksichtigung der bereits erläuterten Präsenzpflicht des Klägers zu 2.) vor. Auch eine Teilnahme an Besprechungen mit dem Intendanten sei vertraglich so nicht geregelt. Vielmehr sehe der Vertrag an einigen Stellen (unter Verweis auf § 2 Abs. (3) und (4), § 7 und § 8) lediglich die Absprache beziehungsweise Interaktion des Klägers zu 2.) mit dem Intendanten vor. Diese Regelungen ließen sich nicht darauf reduzieren, dass der Kläger zu 2.) einseitig ver-pflichtet worden sei, an Besprechungen teilzunehmen. Insbesondere sehe § 2 Abs. (4) vor, dass der Intendant zuvor mit dem Kläger zu 2.) abzuklären habe, ob dieser terminlich zur Verfügung stehe. Diese Praxis bezwecke das Einvernehmen beider Seiten und stelle genau das Gegenteil eines Weisungsrechts dar.

Entgegen der Auffassung der Beklagten trage der Kläger zu 2.) auch unternehmerisches Risiko. Dies bestehe zunächst bereits darin, dass der Kläger zu 2.) überhaupt unter Vertrag genommen worden sei. Zudem bestehe es darin, ob die Philharmonie mit seiner Leistung zufrieden sei. Sei sie dies nicht, so würde das bestehende Vertragsverhältnis nicht verlängert werden. Komme es unter der künstlerischen Leitung des Klägers zu 2.) zu einer Rufschädigung, so sei die Philhar-monie nach § 1 Abs. (3) des Dirigentenvertrages zur außerordentlichen Kündigung berechtigt. Dies unterscheide den Kläger zu 2.) von abhängigen Beschäftigten, da er bei Schlechtleistung ohne Weiteres außerordentlich gekündigt werden könne. Außerdem habe eine etwaige Rufschä-digung auch negative Auswirkungen für den Kläger zu 2.) in Bezug auf mögliche weitere Enga-gements bei anderen potenziellen Auftraggebern. Auch der Umstand, dass es keine einheitlichen Konditionen am Markt für Dirigentenhonorare gebe, sondern jeder Dirigent – ausgerichtet an seinem persönlichen Renommee – dieses individuell aushandele, sei Teil des unternehmerischen Risikos des Klägers zu 2.). Zudem sei – wie bereits beschrieben – ein Großteil des Honorars des Klägers zu 2.) leistungsabhängig und hänge maßgeblich davon ab, wie viele Konzerte er pro Spielzeit aufführe und von welcher Art diese Konzerte seien. Diese Regelung sei bei einem ab-hängig Beschäftigten aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) unzulässig.

Auch lasse sich dem Dirigentenvertag keine Regelung entnehmen, wonach der Kläger zu 2.) ver-pflichtet sei, an Orchesterproben "teilzunehmen". Insoweit nehme er nicht teil, er dirigiere. Dies sei Kern seiner vertraglich geschuldeten Leistung. Zudem sei zu berücksichtigen, dass der Kläger zu 2.) gemäß § 3 Abs. (3) des Dirigentenvertrages in der Probendisposition frei sei. Mithin könne er bestimmen, wann und wie lange das Orchester probe. Vor diesem Hintergrund sei der Kläger zu 2.) auch nicht weisungsgebunden.

Entgegen der Auffassung der Beklagten räume der Dirigentenvertrag dem Kläger zu 2.) kein echtes Mitbestimmungsrecht hinsichtlich der Einstellung und Entlassung von Musikern ein. In-soweit vermittle § 7 des Dirigentenvertrages dem Kläger zu 2.) ein Vorschlagsrecht. Das Vor-schlagsrecht basiere auf dem Umstand, dass der Kläger zu 2.) als künstlerischer Leiter einschät-zen könne, wer hinsichtlich Qualifikation und Stil am besten zu dem Orchester passe. Die letzt-endliche Entscheidung liege aber allein beim Intendanten in Absprache mit dem Orchestervor-stand. Hierbei habe der Kläger zu 2.) kein Mitspracherecht; auch seien Intendant und Orchester-vorstand an seinen Vorschlag nicht gebunden. Ein Vetorecht stehe dem Kläger zu 2.) nicht zu.

Soweit die Beklagte darauf abstellt, der Kläger zu 2.) sei Repräsentant des Orchesters nach au-ßen, was als Indiz für eine abhängige Beschäftigung zu werten sei, so sei dies unzutreffend. In-soweit beschränke sich die Repräsentanz des Klägers zu 2.) ausschließlich auf künstlerische In-halte. Dies entspreche jedoch gerade der Orchesterpraxis mit der Beauftragung renommierter Dirigenten und könne damit nicht als taugliches Indiz für eine abhängige Beschäftigung gewertet werden. Nicht umfasst sei hingegen eine Form der juristischen Repräsentanz, aus der man eine Eingliederung in den Betrieb der Philharmonie ableiten könne. Auch sei der Kläger zu 2.) frei, wie er die (künstlerische) Repräsentanz ausübe. An Weisungen sei er hierbei nicht gebunden.

Das Merkmal, der Kläger zu 2.) müsse Inhalt und Art der Konzerte durch die Klägerin zu 1.) genehmigen lassen, sei unzutreffend und lasse sich so nicht aus dem Dirigentenvertrag ableiten. Insoweit normiere § 2 Abs. (3), dass dem Kläger zu 2.) ein Vorschlagsrecht zukomme. Diesen Vorschlag könne der Intendant nur ablehnen, sofern und soweit dieser nicht im Einklang mit dem Charakter der Philharmonie oder mit dem Haushaltsplan und den finanziellen Mitteln stehe. Die Ablehnungsmöglichkeiten seien folglich streng limitiert. Diese limitierten Vetorechte des Intendanten würden aber lediglich das berechtigte Interesse jedes Auftraggebers darstellen, die finanzielle Kontrolle über ein Projekt behalten und einen Ruf schützen zu wollen. Eine Wei-sungsabhängigkeit lasse sich daraus nicht begründen. Überdies regele § 2 Abs. (6) des Vertrages ausdrücklich, dass der Kläger zu 2.) bei der Durchführung der übertragenen Tätigkeiten keinen Weisungen der Philharmonie unterliege und in der Gestaltung seiner Tätigkeit selbstständig agie-re. Lediglich hilfsweise werde darauf hingewiesen, dass eine gegensätzliche Einschätzung dieses Merkmals angesichts der Limitierung von untergeordneter Bedeutung in der Gesamtbetrachtung aller Umstände seien dürfte.

Hinsichtlich der Vorgabe des Arbeitsortes durch den Auftraggeber sei auf die Ausführung zur kostenlosen Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes durch den Auftraggeber verwiesen.

Soweit die Beklagte ausführt, der Kläger zu 2.) habe dem Auftraggeber vorrangig zur Verfügung zu stehen, so werde nicht ganz klar, was damit gemeint sei. Insoweit sei selbstverständlich der Kläger zu 2.) verpflichtet, seine vertraglich geschuldete Leistung gegenüber der Klägerin zu 1.) zu erfüllen. Dies sei aber bei jedem Vertragsverhältnis anzunehmen insoweit, dass Verträge grundsätzlich einzuhalten und Vertragspflichtverletzungen zu vermeiden seien. Dem sei imma-nent, dass der Kläger zu 2.) seine weiteren Tätigkeiten für andere Auftraggeber so koordiniere, dass er keine Vertragspflichtverletzung gegenüber der Philharmonie begehe. Soweit sich die Be-klagte hierbei auf § 2 Abs. (5) des Dirigentenvertrages beziehe, wonach der Kläger zu 2.) die erste Option bei auswertigen Konzerten sei, so liege ein Missverständnis vor. Diese Regelung stelle lediglich sicher, dass der Kläger zu 2.) bei auswertigen Konzerten für die Philharmonie der erste Ansprechpartner sei, bevor diese das Konzert an einen anderen Dirigenten vergebe. Dieses Vorrecht des Klägers zu 2.) werde auch durch die Formulierung deutlich: "Es steht dem Chefdi-rigenten frei, diese anzunehmen."

Überdies seien – neben den bereits seitens der Beklagten angeführten Indizien für eine selbst-ständige Tätigkeit – auch noch folgende Aspekte hierbei zu berücksichtigen:

Zunächst stehe der Philharmonie keine Handhabe gegen den Kläger zu 2.) zur Verfügung, wenn dieser weniger als die zwanzig gewünschten Konzerte pro Spielzeit durchführe. Als einzige di-rekte Folge erhalte der Kläger zu 2.) nur weniger an (größtenteils leistungsabhängigem) Honorar. Anders also als beim Kläger zu 2.) bestehe im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhält-nisses die Möglichkeit, über die Ausübung einer einseitigen Weisung eine entsprechende Tätig-keit – gegebenenfalls unter Androhung disziplinarischen Maßnahmen – durchzusetzen.

Auch sehe § 10 des Dirigentenvertrages – anders als bei abhängigen Beschäftigten – keine Haf-tungserleichterung vor, wie sie bei fast allen Arbeitnehmern der Fall sei.

Zudem spreche § 5 Abs. (3) des Dirigentenvertrages für eine selbstständige Tätigkeit des Klägers zu 2.), da er hiernach sonstige Aufwendungen, die zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner ver-traglich geschuldeten Tätigkeit erforderlich sind (zum Beispiel Noten, Notenblätter, Taktstock oder Konzertkleidung), selbst zu tragen hat.

Des Weiteren sehe § 6 des Dirigentenvertrages eine echte Gewinnbeteiligung vor, soweit Auf-zeichnungen und Mitschnitte von Konzerten für eine CD-Produktion oder eine TV-Ausstrahlung genutzt würden. Abhängige Beschäftigte erhielten hingegen in diesen Fällen Sonderzuwendun-gen in Form eines Bonus, nicht jedoch – wie vorliegend – in Form einer echten Gewinnbeteili-gung.

Abschließend sehe der Dirigentenvertrag keine Regelung zur Gewährung von Urlaub, Sozialleis-tungen oder Überstundenvergütung vor, die bei einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis cha-rakteristisch seien. Ihr Fehlen sei als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten.

Im Ergebnis würde damit eine Gesamtbetrachtung eindeutig in Richtung einer selbstständigen Tätigkeit des Klägers zu 2.) ausgehen. Dies werde durch die Urteile des Bayrischen Verwal-tungsgerichtshofs -VGH Bayern- vom 9. Juli 2009 (Aktenzeichen: 21 BV 07.546, 21 BV 07.335, 21 BV 07.405 sowie 21 BV 07.437) belegt, der in einer vergleichbaren Sachverhaltskonstellation auch eine selbstständige Tätigkeit festgestellt habe.

Mit separaten Bescheiden vom 6. Januar 2017 (Blatt 92 ff. der Verwaltungsakte) stellte die Be-klagte gegenüber den Klägern das abhängige Beschäftigungsverhältnis des Klägers zu 2.) zur Klägerin zu 1.) sowie die Versicherungspflicht des Klägers zu 2.) in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung fest. Zur Begründung führte sie aus, dass die im Rahmen der schriftlichen Anhörung klägerseitig vorgetragenen Gründe bei der Entscheidung zum Status berücksichtigt worden seien, dies jedoch zu keinem abweichendem Ergebnis geführt habe. Allein der Wille der Parteien bestimme nicht, ob die Tätigkeit als selbstständig oder abhängig beschäf-tigt einzustufen sei. Hierfür seien in erster Linie die tatsächlichen Umstände der Leistungserbrin-gung von Bedeutung, nicht jedoch die Bezeichnung durch die Parteien oder deren gewünschte Rechtsfolgen. Auch Arbeitnehmer können ein hohes Maß an eigener Verantwortung und Ent-scheidungsfreiheit tragen. Der Auftraggeber setze vorliegend jedoch einen Rahmen, innerhalb dessen der Kläger zu 2.) tätig werde. Insoweit habe der Kläger zu 2.) den organisatorischen Rahmen einzuhalten, der durch den Auftraggeber einseitig vorgegeben werde. In diesem Falle liege ein Direktionsrecht seitens des Auftraggebers auch dann vor, wenn keine ausdrücklichen Weisungen erteilt werden. Entscheidend sei, dass dem Kläger zu 2.) nahezu keine unternehmer-gleichen Inhalte verblieben, da Dauer und Hauptinhalte der Tätigkeit durch den Auftraggeber vorgeschrieben seien. Durch die Teilnahme an den Besprechungen könne der Aufraggeber Ein-fluss auf die Durchführung seiner Tätigkeit nehmen. Der Auftraggeber erteile dem Kläger zu 2.) einseitig im Wege des Direktionsrechts eines Arbeitgebers Weisungen, die Dauer und Ort der zu beurteilenden Tätigkeit sowie Art und Weise von deren Durchführung betreffen. Es sei nicht entscheidend, ob das Weisungs- und Direktionsrecht des Auftraggebers ständig ausgeübt werde. Vielmehr komme es darauf an, dass dieser die Rechtsmacht habe, die Durchführung der Beschäf-tigung einseitig zu bestimmen. Ein gewichtiges Indiz für eine selbstständige Tätigkeit sei das mit dem Einsatz eigenen Kapitals verbundene erhebliche Unternehmerrisiko. Dieses sei zum einen durch den Einsatz finanzieller Mittel geprägt, um einen zum Zeitpunkt des Einsatzes dieser Mit-tel ungewissen Gewinn zu erzielen, zum anderen auch das Risiko des Einsatzes der eigenen Ar-beitskraft, wenn offenbleibt, ob der Arbeitende für seine Tätigkeit überhaupt Entgelt erhalte. Der Kläger zu 2.) setze jedoch überwiegend die eigene Arbeitskraft ein sei damit funktionsgerecht dienend in einer fremden Arbeitsorganisation tätig. Ein erheblicher Kapitaleinsatz, der auch mit der Möglichkeit eines Verlustes verbunden sei, liege nicht vor. Der Kläger zu 2.) arbeite zudem an einem vom Auftraggeber vorgegebenen Ort. Hierbei würden die von Auftraggeber zur Verfü-gung gestellten Arbeitsmittel kostenfrei genutzt werden. Regelmäßige Anwesenheits- und Ar-beitszeiten habe er zwar nicht einzuhalten, jedoch erfahre die Wahl der Arbeitszeit nicht nur in den Fällen eine Einschränkung, in denen die Vorgabe durch den Arbeitgeber erfolge, sondern auch, wenn der zeitliche Rahmen durch die geregelten Probetermine und/oder Verfügbarkeit des Konzertsaales bestimmt werde. Diese Einschränkung bestehe selbst dann, wenn dem Beschäftig-ten die freie Gestaltung der Arbeitszeit vertraglich überlassen sei, die Gestaltungsmöglichkeit durch den genannten zeitlichen Rahmen jedoch faktisch begrenzt sei. Sofern der Kläger zu 2.) für mehrere Auftraggeber tätig sei, schließe diese Tatsache das Vorliegen eines Beschäftigungs-verhältnisses nicht aus. Für jedes der zu beurteilenden Auftragsverhältnisse sei gesondert zu prü-fen, ob die Tätigkeit selbstständig oder im Rahmen eines Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werde. Hinsichtlich der Versicherungspflicht führte die Beklagte aus, dass der Kläger zu 2.) als – nach ihren Feststellungen – abhängig Beschäftigter in der Rentenversicherung (§ 1 S. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch, SGB VI) und nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 25 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch, SGB III) versicherungspflichtig sei, da sich aus den vorlie-genden Unterlagen keine Tatbestände ergeben würden, die die Versicherungspflicht ausschließen oder die Versicherungsfreiheit begründen würden. Auch bestehe keine Befreiung von der Versi-cherungspflicht. Entgegen der Anhörung sei aber festzustellen, dass die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung ausgeschlossen sei, da der Kläger zu 2.) hauptberuflich selbstständig erwerbstätig sei (§ 5 Abs. 5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch, SGB V). Die zu beurteilende Be-schäftigung begründe darüber hinaus auch keine Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversi-cherung, da in der Beschäftigung keine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversi-cherung vorliege (§ 20 Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch, SGB XI). Der Beginn der Ver-sicherungspflicht sei vorliegend der 1. September 2016 als Tag der Aufnahme des Beschäfti-gungsverhältnisses. Die Voraussetzungen für einen späteren Beginn der Versicherungspflicht nach § 7a Abs. 6 S. 1 SGB VI seien vorliegend nicht erfüllt, da dem späteren Beginn der Sozial-versicherungspflicht nicht zugestimmt worden und ein anderer Versicherungsschutz zur Absiche-rung gegen das finanzielle Risiko von Krankheit und zur Altersvorsorge nicht nachgewiesen worden sei.

Mit Schreiben vom 7. Februar 2017 (Blatt 100 ff. der Verwaltungsakte) erhob die Klägerin zu 1.) – wiederrum anwaltlich vertreten – Widerspruch gegen den vorstehenden Bescheid der Beklag-ten vom 6. Januar 2017. Zur Begründung wurde unter anderem Folgendes ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Beklagten werde dem Kläger zu 2.) weder Inhalt noch Dauer seiner Tätigkeit einseitig vorgegeben. Hinsichtlich des Inhalts ergebe sich dies bereits aus § 2 Abs. (6) des Diri-gentenvertrages. Auch durch die Festlegung von mindestens 20 Konzerten pro Spielzeit nach § 2 Abs. (2) des Vertrages könne nicht auf die Bestimmung des Inhalts der Tätigkeit des Klägers zu 2.) geschlossen werden. Insoweit geschehe dies im Interesse der Philharmonie, den Kläger zu 2.) an sich zu binden. Überdies könne dieser die Termine für die Konzerte nach seinem Belieben frei wählen. Auch habe die Philharmonie keine Handhabe, wenn der Kläger zu 2.) die vorgegebenen 20 Konzerte nicht abhalte. Dies sei absolut arbeitnehmeruntypisch und spreche daher für eine selbstständige Tätigkeit. Soweit die Beklagte aus der zunächst vereinbarten fünfjährigen Zusam-menarbeit auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis schließen möchte, greife dies nicht durch, da der gegebene Bekanntheitsgrad, das musikalische Renommee und die künstlerische Kompe-tenz des Klägers zu 2.) von der Philharmonie für ihren Ruf nur dann erfolgreich verwertet und eingesetzt werden könne, wenn vorhersehbar sei, dass der Kläger zu 2.) für eine gewisse Dauer – zumindest auch – im Dienste der Philharmonie stehe. Eine längere Zusammenarbeit sei seitens der Philharmonie gewollt und in der Orchesterpraxis üblich.

Die Annahme der Beklagten, der Kläger zu 2.) sei verpflichtet, an Besprechungen teilzunehmen, sei in keiner Weise zutreffend. Insoweit sehe der Dirigentenvertrag lediglich Absprachen bezie-hungsweise Interaktionen zwischen dem Kläger zu 2.) und dem Intendanten vor. Darüber hinaus sei darauf verwiesen, dass ausweislich § 2 Abs. (4) des Dirigentenvertrages der Intendant zuvor mit dem Kläger zu 2.) abzuklären habe, ob dieser terminlich zur Verfügung stehe. Dies spreche eindeutig gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis, in dem terminliche Verfügbarkeit ge-rade nicht zur Disposition des Beschäftigten stehe.

Auch die Auffassung der Beklagten, der Kläger zu 2.) arbeite an einem von der Philharmonie vorgegebenen, zeitlich nur begrenzt zur Verfügung stehenden Ort und nutze dort die zur Verfü-gung gestellten Arbeitsmittel kostenlos, sei unzutreffend. Insoweit ergebe sich der Arbeitsort des Klägers zu 2.) aus der Natur der Sache; die Philharmonie schreibe ihm jedenfalls keinen Arbeits-ort vor. Auch die Proben mit dem Orchester seien keine kostenlose Nutzung von zur Verfügung gestellten Arbeitsmitteln. Insoweit sei die Erbringung der vertraglich geschuldeten Leistung für den Kläger zu 2.) ohne derartige Proben gar nicht möglich. Das Orchester sei damit kein Arbeits-platz, sondern Bestandteil der Leistung. Auch sei zu berücksichtigen, dass die Proben durchaus auch an einem anderen Ort durchführbar seien.

Soweit die Beklagte weiterhin davon ausgehe, die freie Gestaltung der Arbeitszeit sei vorliegend durch die Verfügbarkeit eines Konzertsaales beschränkt, so treffe dies nicht zu. Die Anmietung der Konzertsäle durch die Philharmonie sei grundsätzlich flexibel möglich, es würden keine Ka-pazitäts- oder Verfügbarkeitsprobleme drohen. Die Verfügbarkeit eines Konzertsaales könne nur dann als Kriterium für eine abhängige Beschäftigung herangezogen werden, wenn ständige Dienstbereitschaft erwartet werde oder der Mitarbeiter in nicht unerheblichem Umfang auch oh-ne entsprechende Vereinbarung herangezogen werde, ihm also letztlich die Arbeiten "zugewie-sen" würden (unter Verweis auf: Bundesarbeitsgericht -BAG-, Urteil vom 19. Januar 2000 – 5 AZR 644/98). Dies sei beim Kläger zu 2.) aber gerade nicht der Fall.

Entscheidend für die Einordnung der Tätigkeit des Klägers zu 2.) als selbstständig sei weiter, dass dieser die Möglichkeit habe, für weitere Auftraggeber am Markt tätig zu sein. Dies sei ein entscheidendes Indiz für ein unternehmerisches Risiko und damit für eine selbstständige Tätig-keit. Der Kläger zu 2.) sei auch tatsächlich zurzeit für andere Auftraggeber tätig, so beispielswei-se für: N. Symphoniker, P. Symphony Orchestra (A.), O. F., Royal S. Symphony Orchestra (S.) und OSB B ...

Überdies verhalte sich die Beklagte widersprüchlich, wenn sie auf der einen Seite darlege, dass der Kläger zu 2.) vom Auftraggeber Weisungen hinsichtlich Art und Weise der Durchführung dessen Tätigkeit erteile, auf der anderen Seite aber als Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit ausführe, der Kläger zu 2.) unterliege keinen Weisungen hinsichtlich Art und Weise der Tätigkeit. Insoweit seien die seitens der Beklagten als Merkmale für selbstständige Tätigkeit aufgeführten Positionen im Rahmen der Gesamtbetrachtung wesentlich stärker zu gewichten und würden vor-liegend eindeutig für eine selbstständige Tätigkeit sprechen.

Bei den Ausführungen zur Versicherungspflicht widerspreche sich die Beklagte, wenn sie an-nehme, dass der Kläger zu 2.) nach § 5 Abs. 5 SGB V versicherungsfrei in der gesetzlichen Krankenversicherung sei, da diese Norm eine hauptberufliche Selbstständigkeit voraussetze, die Beklagte nach ihren bisherigen Ausführungen jedoch von einer abhängigen Beschäftigung ausge-gangen sei. Diese würde aber gerade eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversi-cherung begründen.

Abschließend liege der Beginn der Versicherungspflicht – unterstellt, es liege überhaupt eine vor – entgegen der Auffassung der Beklagten nicht am Tag des Tätigkeitsbeginns am 1. September 2016, sondern vielmehr am Tag des Zugangs des Statusfeststellungsbescheides, was vorliegend der 11. Januar 2017 sei. Insoweit seien die Voraussetzungen des § 7a Abs. 6 S. 1 SGB VI erfüllt, da der Antrag auf Statusfeststellung innerhalb eines Monats nach Tätigkeitsaufnahme gestellt worden sei und die erforderliche Zustimmung des Versicherten noch nach Bekanntgabe des Sta-tusfeststellungsbescheides nachgeholt werden könne, was sich aus dem Rundschreiben zur "Sta-tusfeststellung von Erwerbstätigen" des GKV-Spitzenverbandes Berlin, der Deutschen Renten-versicherung sowie der Bundesagentur für Arbeit vom 13. April 2010 ergebe. Auch sei der Klä-ger zu 2.) im Zeitpunkt der Antragsstellung auf Statusfeststellung auf einem ausreichenden Ni-veau anderweitig im Hinblick auf Krankheits- und Altersvorsorge versichert gewesen.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Mai 2017 (Blatt (Blatt 164 ff. der Verwaltungsakte) reichte der Kläger zu 2.) – über die anwaltliche Vertretung der Klägerin zu 1.) – bei der Beklagten zum Nachweis eines ausreichenden Versicherungsschutzes Unterlagen der folgenden Versicherungen ein: E. I. Company Ltd, OP I. Ltd. sowie P ...

Daraufhin teilte die Beklagte den Klägern mit separaten Bescheiden vom 22. Mai 2017 (Blatt 177 ff. der Verwaltungsakte) mit, dass der Bescheid vom 6. Januar 2017 bezüglich des Versiche-rungsbeginns aufgehoben und nunmehr der Beginn der Versicherungspflicht ab dem 11. Januar 2017 festgestellt werde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 13. Juni 2017 (Blatt 180 ff. der Verwaltungsakte) teilte die Klägerin zu 1.) mit, dass auch angesichts des Bescheides vom 22. Mai 2017 der Widerspruch weiter aufrechterhalten und nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) dieser Bescheid nunmehr Be-standteil des Widerspruchsverfahrens werde.

Mit separaten Widerspruchsbescheiden vom 7. September 2017 (Blatt 193 ff. der Verwaltungs-akte) wies die Beklagte den Widerspruch – soweit diesem nicht im Bescheid vom 22. Mai 2017 abgeholfen wurde – als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, dass Abgrenzungs-kriterium der Beschäftigung von anderen Vertragsverhältnissen der Grad der persönlichen Ab-hängigkeit sei, in der sich der zur Dienstleistung Verpflichtete befinde. Beschäftigter sei, wer seine vertraglich geschuldete Leistung im Rahmen einer von Dritten bestimmten Arbeitsorganisa-tion erbringe. Eine selbstständige Tätigkeit werde hingegen durch eine freie Verfügungsmöglich-keit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeits-zeit und dem Vorliegen eines unternehmerischen Risikos – dem aber entsprechende unternehme-rische Chancen und Möglichkeiten gegenüberstehen müssen – gekennzeichnet. Entscheidend für die versicherungsrechtliche Beurteilung sei das Gesamtbild der Tätigkeit nach Maßgabe der den Einzelfall bestimmenden rechtlichen und tatsächlichen Gestaltung der Verhältnisse, wozu auch – unabhängig von ihrer Ausübung – die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht gehöre. Maß-gebend sei die Rechtsbeziehung, wie sie praktiziert werde, und die praktizierte Beziehung, so wie sei rechtlich zulässig sei. Gerade weil sich die Tätigkeiten für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätigen Personen unterschied-lich ausgestalten und für viele verschiedene ständig wechselnde Produktionsfirmen ausgeübt würden, habe die Künstlersozialkasse einen Abgrenzungskatalog vom 5. Juli 2005 entworfen. Danach sei bei einem Dirigenten eine selbstständige Tätigkeit anzunehmen, soweit dieser die Ein-studierung nur eines bestimmten Stückes oder Konzertes übernehme und/oder nach dem jeweili-gen Gastspielvertrag voraussehbar nicht mehr als fünf Vorstellungen oder Konzerte dirigiere. Dies sei beim Kläger zu 2.) nicht erfüllt, da der Dirigentenvertrag nicht nur die Einstudierung eines bestimmten Stückes oder Konzertes umfasse, sondern auch auf mehr als fünf Konzerte ausgelegt sei. Die Vertragsdauer umfasse vorerst fünf Jahre, in denen der Kläger pro Spielzeit mindestens zwanzig Konzerte planen, vorbereiten und dirigieren solle. Die Anzahl der Konzerte sei damit vorgegeben, das eduART-Projekt sei ebenfalls vom Auftraggeber initiiert. Ein unter-nehmerisches Risiko sei beim Kläger zu 2.) nicht zu erkennen, da dieser zum einen ein Pauschal-honorar in Höhe von xx.000,00 Euro und zusätzlich im Vorfeld festgelegte Honorare für jedes einzelne Konzert erhalte. Außerdem erhalte der Kläger zu 2.) Erstattungen für Übernachtungs- und Reisekosten. Der Kläger zu 2.) setze kein eigenes Kapital und auch nicht seine Arbeitskraft mit der Gefahr des Verlustes ein. Ein Wagnis, das über dasjenige hinausgehe, kein Entgelt zu erzielen, bestehe für den Kläger zu 2.) nicht. Zum echten Unternehmerrisiko würde dieses Risiko regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein Einkommen oder Entgelt aus der Arbeit erzielt werde, sondern zusätzlich auch wesentliche Kosten für erhebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte Investitionen brachliegen würden. Der Kläger zu 2.) laufe keine Gefahr, eigene Investitionen zu gefährden, weil er derartige Investitionen nicht getä-tigt habe. Eine im unternehmerischen Sinne freie Bestimmung der Arbeitszeiten und –orte sei dem Kläger zu 2.) nicht möglich gewesen. Diese haben sich aus der Art der Tätigkeit, Vorgaben zu Konzertterminen, den vorgegebenen beziehungsweise vom Auftraggeber vorgesehenen Kon-zertsälen ergeben bzw. würden sich nach deren Verfügbarkeit richten. Ein Mitspracherecht bei der Festlegung bestimmter Termine (z.B. Proben) spreche nicht gegen das Vorliegen eines Be-schäftigungsverhältnisses. Soweit der Kläger zu 2.) die Verantwortung für die von ihm dirigier-ten Konzerte trage, ihm ein Vorschlagsrecht zustehe und dieses nur in begründeten Fällen abge-lehnt werden könne, spreche dies nicht für eine unternehmerische Tätigkeit. Es sei lediglich Be-standteil der ihm übertragenen Aufgaben. Jeder künstlerische Leiter habe Einfluss auf die von ihm dirigierten Konzerte und trage die Verantwortung dafür. Gleiches gelte für die Mitwirkung bei der Neueinstellung und Entlassung von Orchestermitgliedern und Verpflichtungen von Solis-ten, Gastdirigenten, Aushilfen und Verstärkungen. Bei qualifizierten und anspruchsvollen Tätig-keiten sei es geradezu typisch, dass den Mitarbeitern ein hohes Maß an Eigenverantwortlichkeit und Eigenständigkeit zukomme, da diese Mitarbeiter bei der Durchführung der Arbeiten selbst-ständig über den Einsatz der erforderlichen Maßnahmen in der jeweiligen Situation entscheiden müssten und nicht aufgrund ständiger Einzelanweisungen tätig werden würden. Eine detaillierte Anweisung durch den Arbeitgeber bedarf es bei qualifizierten Tätigkeiten in der Regel nicht. Auch wenn die Art und Weise der Ausübung der Tätigkeit der Entscheidung des Auftragneh-mers überlassen sei, unterscheide er sich nicht von einem angestellten Mitarbeiter mit gleicher Qualifikation. Ein entsprechendes Indiz für eine selbstständige Tätigkeit lasse sich daraus nicht ableiten. Des Weiteren spreche für eine Eingliederung des Klägers zu 2.) in die betriebliche Or-ganisation des Arbeitgebers dessen Weisung, dass der Kläger zu 2.) bei wichtigen Ereignissen (Gemeinderatssitzungen oder Sitzungen des Orchesterausschusses der Stadt K.) an drei dieser Ereignisse anwesend zu sein habe. Auch der Wille der Parteien bestimme nicht, ob die Tätigkeit als Beschäftigung oder Selbstständigkeit zu definieren sei (unter Verweis auf Bundessozialge-richt -BSG-, Urteil vom 24. Januar 2007 – B 12 KR 31/06 R). Der Annahme eines Arbeitsver-hältnisses stehe auch nicht entgegen, dass die Zahlung einer Vergütung im Urlaubs- und Krank-heitsfall nicht erfolge oder dass keine Regelung zum Urlaubsanspruch und Lohnfortzahlung im Krankheitsfall getroffen worden sei, da diese für die Begründung eines abhängigen Beschäfti-gungsverhältnisses nicht konstitutiv seien. Ein Umkehrschluss aus deren Fehlen begründe daher kein Indiz dafür, dass kein Beschäftigungsverhältnis vorliege.

Hiergegen haben die Kläger am 9. Oktober 2017 Klage erhoben.

Zur Begründung verweisen sie zunächst auf den im Rahmen des Vorverfahrens getätigten Vor-trags, insbesondere den Inhalt der Schriftsätze vom 27. September 2016, 14. November 2016, 7. Februar 2017 und 13. Juni 2017. Ergänzend tragen sie vor, die Beklagte habe eine differenzierte Auseinandersetzung mit dem Sachverhalt im Rahmen des Vorverfahrens vermissen lassen, ge-wichtige faktische und rechtliche Argumente seien übergangen worden, insbesondere die zitierte Rechtsprechung, die eine eindeutige Sprache in Richtung selbstständige Tätigkeit spreche. Der Kläger zu 2.) halte sich (nur) circa 15 Prozent des Jahres (acht bis neun Wochen) im Raum K. auf. Von den rund 60 gegebenen Konzerten in der Spielzeit 2016/2017 habe der Kläger zu 2.) insge-samt 21 Konzerte (also lediglich rund ein Drittel) für die Klägerin zu 1.) dirigiert.

Es sei nicht ersichtlich warum der vorliegende Fall, liege er doch mit denen in den Verfahren vor dem VGH Bayern (Urteil vom 9. Juli 2009, a.a.O.) und dem Sozialgericht -SG- Dresden (Akten-zeichen S 47 KR 789/12, Verfahren endete durch Anerkenntnis der Beklagten) sehr ähnlich, nicht kongruent zu diesen Verfahren seitens der Beklagten beurteilt werde. Im Fall des VGH Bayern seien sogar mindestens 40 Konzerte pro Spielzeit vereinbart gewesen und dennoch habe das Gericht am Ende auf eine selbstständige Tätigkeit des Dirigenten entschieden. Auch der Verweis der Beklagten auf den Abgrenzungskatalog der Künstlersozialkasse vom 5. Juli 2005 stärke deren Auffassung nicht. Insoweit handele es sich bei der dortigen Angabe – Übernahme der Einstudierung nur eines bestimmten Stückes oder Konzertes und/oder nach jeweiligem Gast-spielvertrag voraussehbar nicht mehr als fünf Dirigate bei Vorstellungen beziehungsweise Kon-zerten – lediglich um eine pauschale Vermutung. Ein Umkehrschluss dahingehend, dass bei einer Anzahl von mindestens sechs Konzerten zwingend von einer abhängigen Beschäftigung auszu-gehen sei, trage vor diesem Hintergrund nicht. Auch die vorzitierten Entscheidungen, die beide zeitlich nach dem Abgrenzungskatalog liegen würden, seien trotz deutlich höherer Anzahl an Konzerten zu einer selbstständigen Tätigkeit gelangt. Eine Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2.) aufgrund der Verpflichtung an drei Veranstaltungen teilzunehmen, könne vorliegend nicht abgeleitet werden. Im Gegenteil spreche diese Normierung gerade für eine selbstständige Tätig-keit des Klägers zu 2.). Dies vor dem Hintergrund, dass bei einem abhängigen Beschäftigungs-verhältnis kraft des dort bestehenden Direktionsrechts des Arbeitgebers keine Notwendigkeit bestehe, eine derartige Verpflichtung vertraglich zu normieren.

Ursprünglich haben die Kläger mit Klageschriftsatz vom 9. Oktober 2017 unter anderem bean-tragt, festzustellen, dass der Kläger zu 2.) in seiner Beschäftigung bei der Klägerin zu 1.) als künstlerischer Leiter und Chefdirigent nicht in der gesetzlichen Krankenversicherung, sozialen Pflegeversicherung, gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung versicherungspflichtig ist.

Nach einem gerichtlichen Hinweis im Rahmen der mündlichen Verhandlung beantragen die Klä-ger nunmehr,

den Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. Mai 2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2017 (ergangen unter der Versicherungsnummer ) aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2.) als Chefdirigent und künstlerischer Leiter bei der Klägerin zu 1.) nicht der Versicherungspflicht in den Versicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliegt.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist zu zunächst auf den Inhalt des Widerspruchsbescheids. Ergänzend trägt sie vor, dass die klägerseitig zitierten Verfahren der Annahme einer abhängigen Beschäfti-gung des Klägers zu 2.) nicht entgegenstehen würden, da es sich bei der Feststellung des sozial-versicherungsrechtlichen Status jeweils um Einzelfallentscheidungen handele. Die Frage, ob die Beklagte in gleichgelagerten Fällen ebenfalls ein Anerkenntnis abgegeben (wie vor dem SG Dresden im vorstehenden Fall) oder eine selbstständige Tätigkeit angenommen habe, sei vorlie-gend auch unter Beachtung des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht relevant. Insoweit vermittle Art. 3 Abs. 1 GG den Klägern keinen Anspruch darauf, dass die Behörde falsche Ent-scheidungen auf vermeintlich gleich gelagerte Fälle anwende. Das Anerkenntnis des Behörden-vertreters vor dem SG Dresden habe sich nicht mit der im Allgemeinen in vergleichbaren Einzel-fällen vertretenen Auffassung der Beklagten gedeckt.

Das Gericht hat den Sachverhalt am 16. Juli 2019 erörtert und am 25. November 2019 mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde die Intendan-tin der Klägerin zu 1.), Frau P., als Zeugin zur Frage der tatsächlichen Handhabung des Dirigen-tenvertrages vernommen.

Wegen der Einzelheiten – auch zum übrigen Sach- und Streitstand – wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte, die jeweils Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist zulässig und begründet.

Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1 S. 1 1. Alt. i.V.m. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG statthaft (zur Zulässigkeit siehe nur BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R). Sie wurde form- sowie fristgerecht erhoben und begegnet auch im Übrigen keinen Zulässigkeitsbedenken.

Die Klage hat auch in der Sache Erfolg.

Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. Mai 2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2017, in dem die Beklagte festgestellt hat, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2.) als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Klägerin zu 1.) im Rahmen eines abhängigen Beschäf-tigungsverhältnisses ausgeübt werde und der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenver-sicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung unterliege. Soweit die Beklagte im Be-scheid vom 7. Januar 2017 von einem Beginn der Versicherungspflicht am 1. September 2016 ausgegangen ist, hat sie unter Verweis auf § 7a Abs. 6 SGB IV im Teilabhilfebescheid vom 22. Mai 2017 den Beginn der Versicherungspflicht am 11. Januar 2017 festgestellt.

Die vorstehend streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung ist rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (vgl. § 54 Abs. 2 SGG). Zu Unrecht hat die Beklagte die Tätigkeit des Klägers zu 2.) als abhängige Beschäftigung eingestuft und hierauf aufbauend eine Versiche-rungspflicht in den Versicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung angenommen.

Der angegriffene Statusfeststellungsbescheid findet seine gesetzliche Grundlage in § 7a SGB IV. Nach § 7a Abs. 1 S. 1 SGB IV können Beteiligte schriftlich oder elektronisch eine Entscheidung beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versi-cherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragsstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung ei-ner Beschäftigung eingeleitet. Hierfür sind vorliegend jedoch weder aus dem Akteninhalt noch aus dem Vortrag der Beteiligten Anhaltspunkte ersichtlich. Zuständig für die Entscheidung über diesen Antrag ist gemäß § 7a Abs. 1 S. 3 SGB IV – abweichend von § 28h Abs. 2 SGB IV – die Beklagte. Sie entscheidet ausweislich § 7a Abs. 2 SGB IV aufgrund einer Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles, ob eine Beschäftigung vorliegt.

In formeller Hinsicht bleibt der angegriffene Bescheid beanstandungsfrei. Die Beklagte hat die Kläger ordnungsgemäß mit separaten Schreiben vom 20. Oktober 2016 gemäß § 24 Abs. 1 Sozi-algesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) angehört. Sie hat sich auch im Bescheid vom 6. Januar 2017 nicht nur auf die Feststellung der abhängigen Beschäftigung beschränkt – diese käme einer unzu-lässigen Elementenfeststellung gleich –, sondern hat auch eine Aussage darüber getroffen, in welchen Sozialversicherungszweigen die – von ihr angenommene – abhängige Beschäftigung zur Sozialversicherungspflicht geführt hat (siehe BSG, Urteil vom 11. März 2009 – B 12 R 11/07 R).

Auch ein Verstoß gegen die Begründungspflicht nach § 35 Abs. 1 SGB X liegt nicht vor. Zwar richten sich Inhalt und Umfang der Begründung nach den Besonderheiten des Rechtsgebietes sowie den Umständen des Einzelfalles, aufgrund dessen das Gericht insbesondere im Hinblick auf die umfangreichen Ausführungen der Klägerin zu 1.) im Anhörungs- und Widerspruchsver-fahren (siehe hierzu auch Vermerk der Sachbearbeiterin in der Entscheidungsvorlage vom 7. De-zember 2016 "Der Auftraggeber hat sich jetzt ausführlich zu unserer Anhörung geäußert Bl. 46 bis 83."; Blatt 90 der Verwaltungsakte) die Verbalisierung der eingehenden Auseinandersetzung mit den vorgetragenen Argumenten der Kläger für angezeigt erachtet hätte anstelle des bloßen Hinweises im Bescheid vom 7. Januar 2017, dass die im Rahmen der Anhörung angeführten Gründe bei der Entscheidung zum Status berücksichtigt worden seien, jedoch zu keiner anderen Entscheidung geführt hätten. Gemäß § 35 Abs. 1 S. 2 SGB X beschränkt sich jedoch die Be-gründungspflicht auf die Mitteilung der "wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe", die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben. Die Begründung muss sich mithin nicht mit allen in Betracht kommenden Umständen auseinandersetzen. Ausreichend – aber auch erfor-derlich – für eine Begründung ist jedenfalls, dass dem Betroffenen die Gründe so bekanntgege-ben werden, dass er seine Rechte sachgerecht wahrnehmen kann (vgl. BSG, Urteil vom 9. De-zember 2004 – B 6 KA 44/03 R; zitiert bei Mutschler in: Kasseler Kommentar Sozialversiche-rungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 35 SGB X Rn. 8). Dies ist vorliegend der Fall. Die Frage der rechtlichen Tragfähigkeit ist kein Aspekt der Ordnungsmäßigkeit der Begründung, sondern der materiellen Rechtmäßigkeitsprüfung des Verwaltungsaktes (vgl. BSG, Urteil vom 7. September 2006 – B 4 RA 43/05 R; zitiert bei Mutschler, a.a.O., § 35 SGB X Rn. 10).

In materieller Hinsicht begegnet der Bescheid der Beklagten vom 6. Januar 2017 in der Gestalt des Teilabhilfebescheides vom 22. Mai 2017 sowie des Widerspruchsbescheides vom 7. Septem-ber 2017 jedoch durchgreifenden Bedenken. Die Rechtsauffassung der Beklagten, die Tätigkeit des Klägers zu 2.) als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Klägerin zu 1.) sei als abhängige Beschäftigung zu qualifizieren, woraus sich eine Versicherungspflicht in den Versicherungszwei-gen der gesetzlichen Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung ableiten las-se, hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Nach Gesamtabwägung aller Umstände des Einzelfalles gelangt das Gericht zum Ergebnis, dass der Kläger zu 2.) im Rahmen einer selbstständigen Tätigkeit für die Klägerin zu 1.) als Chefdiri-gent und künstlerischer Leiter tätig wird, da die Merkmale, die vorliegend für eine selbstständige Tätigkeit sprechen, die Merkmale, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen, überwiegen. Entsprechend unterliegt diese Tätigkeit dann auch nicht der Versicherungspflicht in den Versi-cherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförde-rung, da sowohl § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI als auch § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III für die Annahme einer Versicherungspflicht nur Personen umfasst, die gegen Arbeitsentgelt (oder zu ihrer Berufsausbil-dung) beschäftigt sind, was beim Kläger zu 2.) nach den gerichtlichen Feststellungen jedoch ge-rade nicht der Fall ist.

Ausweislich des gesetzlichen Ausgangspunktes des § 7 Abs. 1 SGB IV ist eine Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Ar-beitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2).

Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassen-den Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegen-über ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vor-handensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Um-ständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale über-wiegen. (BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R; sowie BSG, Urteil vom 18. Novem-ber 2015 – B 12 KR 16/13 R). Dieses bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen, zu denen die rechtlich relevanten Umstände gehören, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ausgangspunkt der versicherungsrechtlichen Prüfung ist dabei das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wies sich aus den von ihnen getroffe-nen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Wi-derspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung gehen der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich sind die Rechtsbeziehungen danach so, wie sie praktiziert werden, und die praktizierte Bezie-hung so, wie sie rechtlich zulässig ist (so bereits Sächsisches Landessozialgericht -LSG-, Urteil vom 24. September 2019 – L 9 KR 193/14, unter Verweis auf BSG, Urteil vom 28. September 2011 – B 12 R 17/09 R).

Gemessen an den vorstehenden Kriterien überwiegen die Merkmale für eine selbstständige Tä-tigkeit des Klägers zu 2.) deutlich, da das Gericht weder eine signifikante Weisungsgebundenheit noch eine relevante Eingliederung des Klägers zu 2.) in einen fremden Betrieb feststellen konnte.

Als ein wesentliches Abgrenzungskriterium ist in der Rechtsprechung die Weisungsgebundenheit des Auftragnehmers anerkannt (siehe Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungs-recht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 81, mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung). Gemeint ist das Vorhandensein eines Direktionsrechtes des Auftraggebers, aufgrund dessen der Auftragnehmer seine Tätigkeit im Wesentlichen nicht selbst bestimmen kann, sondern hinsichtlich Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung (Umkehrschluss aus § 84 Abs. 1 S. 2 Handelsgesetzbuch, HGB) seiner Arbeit einem umfassenden Weisungsrecht und der sich daraus ergebenden ständigen Überwachung und Beaufsichtigung unterliegt (vgl. BSG, Ur-teil vom 28. Oktober 1960 – 3 RK 13/56). Je höher die Qualifikation des Auftragnehmers ist, desto geringer sind in der betrieblichen Praxis die fachlichen Weisungen, die ihm zur Erfüllung der gestellten Aufgaben erteilt werden (zum Beispiel angestellte Krankenhausärzte, IT-Spezialisten oder Rechtsanwälte). Nicht selten wird es sogar an der Erteilung konkreter Vorga-ben fehlen, weil es Aufgabe des Beauftragten ist, eigenständig Unternehmenskonzepte oder IT-Konzepte zu entwickeln und Aufgaben für sich und andere zu definieren. Bei "Diensten höherer Art" ist das Weisungsrecht des Auftraggebers eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienen-den Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" (vgl. unter anderem BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 13/17 R). In diesen Fällen kommt bei der Abgrenzung des Beschäftigungsverhältnis-ses von der selbstständigen Tätigkeit dem Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus ein entscheidendes Gewicht zu (grundlegend dazu: BSG, Urteil vom 29. März 1962 – 3 RK 74/57). Höhere Dienste werden im Rahmen abhängiger Beschäftigung geleistet, wenn sie fremdbestimmt bleiben, sie folglich in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Be-triebes aufgehen (siehe zum Ganzen Zieglmeier, a.a.O., § 7 SGB IV, Rn. 82 f.).

Nach den Feststellungen des Gerichts ist vorliegend keine signifikante Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2.) hinsichtlich Ort, Zeit und Art der Ausübung seiner Tätigkeit vorhanden.

Im Hinblick auf den Ort der Tätigkeit ist der Beklagten zwar insoweit zuzugeben, dass die Pro-ben und Konzerte, die der Kläger zu 2.) dirigiert, nicht in eigenen Betriebsstätten des Klägers zu 2.), sondern in seitens der Klägerin zu 1.) angemieteten Sälen stattfinden (so auch die vertragli-che Regelung in § 3 Abs. (1) des Dirigentenvertrages, wenngleich dort die Durchführung in den Sälen der Klägerin zu 1.) nicht als zwingend, sondern mit Ausnahmemöglichkeiten normiert wird; "grundsätzlich"). Eine maßgebliche Indizwirkung für die Annahme einer abhängigen Be-schäftigung kann hieraus jedoch entgegen der Auffassung der Beklagten nicht abgeleitet werden. Insoweit ist das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte für das Gesamtergebnis nur dann erheblich, wenn eine eigene Betriebsstätte bei Tätigkeiten der fraglichen Art zu erwarten oder notwendig ist. Dass Dirigenten eigene Betriebsräume – wie es das BSG fordert – zur Ausführung ihrer Tä-tigkeit vorhalten, ist jedoch aufgrund der Dirigententätigkeit weder zu erwarten noch notwendig (siehe BSG, Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R, Rn. 44). Flankierend dazu hat das BSG überdies noch entschieden, dass das Fehlen einer eigenen Betriebsstätte von nicht ausschlagge-bender Bedeutung ist, wenn – wie auch hier vorliegend – dies angesichts der "Natur der Tätig-keit" nicht anders zu erwarten ist (vgl. BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 R 3/17 R, Rn. 22; zur Frage des sozialversicherungsrechtlichen Status` eines Instrumentalmusiklehrers; derselben Ansicht: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 19. April 2016 – L 11 R 2428/15, im Hinblick auf die Tätigkeit eines auf Honorarbasis tätigen Arztes in den Betriebsräumen der Klägerin; zitiert bei Rolfs in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 20. Auflage 2020, § 7 SGB IV Rn. 12).

Darüber hinaus ist zu diesem Punkt zu konstatieren, dass die Klägerin zu 1.) im Übrigen dem Kläger zu 2.) im Hinblick auf seine eigene persönliche Vorbereitung auf Konzertproben und die Konzerte selbst keine Räumlichkeiten zur Verfügung stellt. Insoweit war und ist der Kläger zu 2.) frei in der Wahl seines Tätigkeitsortes.

Auch bezüglich der Arbeitszeit vermag das Gericht keine nennenswerte Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2.) feststellen zu können. Bereits auf Basis der vertraglichen Grundlage in § 3 Abs. (3) des Dirigentenvertrages war der Kläger zu 2.) in der Lage, die Probetermine nach seinen zeitlichen Vorstellungen zu organisieren. Insoweit hatte er zum Beispiel nach eigener Angabe im Rahmen der mündlichen Verhandlung die Rechtsmacht, entgegen dem eigentlich angedachten Probenplan eine Doppelprobe anzusetzen. Dass er bei der Ausübung dieser Dispositionsfreiheit auf die Belange der Orchestermitglieder Rücksicht genommen hat, macht ihn nicht zu einem ab-hängig Beschäftigten. Zum einen entspricht es regelmäßig der Intention auch selbstständig tätiger Personen, durch Berücksichtigung aller Belange, den geschuldeten tätigkeitsbezogenen Erfolg zu steigern oder zumindest nicht zu gefährden. Zum anderen kommt es vorliegend nicht maßgeblich auf die Frage der Ausübung, sondern auf die Inhaberschaft der Rechtsmacht als solche an. Diese liegt letztinstanzlich beim Kläger zu 2.).

Darüber hinaus begründet auch die Regelung zur Spielzeit aus § 3 Abs. (2) des Dirigentenvertra-ges keine Weisungsgebundenheit hinsichtlich der Zeit der Tätigkeit. Hiernach sind grundsätzlich Konzerte innerhalb der üblichen Spielzeit – mithin zwischen September und Juli – aufzuführen (Satz 1). Schon diese Regelung gewährt faktisch eine zeitlich – mit Ausnahme des Monats Au-gust – unbegrenzte Dispositionsfreiheit. Abweichende Spielzeiten können nach Satz 2 in Abspra-che mit dem Intendanten (nun Intendantin) vereinbart werden. Hierbei ist allerdings zu berück-sichtigen, dass nach Angabe der Zeugin in der mündlichen Verhandlung tarifvertragliche Rege-lungen der Orchestermitglieder zu beachten sind, die danach einen gesetzlichen Urlaubsanspruch im Umfang von 45 Tagen am Stück haben und Ausnahmen hiervon der Zustimmung des Perso-nalrates bedürfen. Da diese tarifvertraglichen Regelungen von jedem Dirigenten – unabhängig von seinem Status – zu beachten sind, kann hierin kein Indiz allein für die Annahme einer abhän-gigen Beschäftigung gesehen werden. Abschließend zu diesem Punkt schlägt auch die Argumentation der Beklagten fehl, soweit sie die Auffassung vertritt, dass die Klägerin zu 1.) bereits durch die Regelung in § 1 Abs. (2) des Diri-gentenvertrages einen zeitlichen Rahmen gesetzt habe, in dem sich der Kläger zu 2.) zu bewegen habe und daraus ein Indiz für eine abhängige Beschäftigung abgeleitet werden könne. § 1 Abs. (2) des Dirigentenvertrages normiert lediglich die Laufzeit des Vertrages von fünf Jahren im Zeitraum 1. September 2016 bis 31. August 2021. Die Beklagte verkennt, dass es sich hierbei um einen Zeitvertrag handelt, der auch und gerade bei selbstständig Tätigen zulässig und in der Pra-xis üblich ist.

Schließlich ergibt sich weder aus dem Vertragswerk noch aus dessen tatsächlicher Praktizierung auf Klägerseite eine Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2.).

Zunächst ist der Beklagten zu widersprechen, wenn sie behauptet, neben der Dauer seien auch die Hauptinhalte der Tätigkeit des Klägers zu 2.) durch die Klägerin zu 1.) vorgegeben respektive bedürften ihrer Zustimmung. Hierbei verkennt die Beklagte sowohl die vertragliche Fixierung dieser Thematik in § 2 Abs. (3) des Dirigentenvertrages als auch die tatsächliche Umsetzung die-ser Regelung. § 2 Abs. (3) normiert, dass der Kläger zu 2.) für die von ihm dirigierten Konzerte selbst verantwortlich ist (Satz 1). Hierbei hat der Kläger zu 2.) ein Vorschlagsrecht (Satz 2). Die Vorschläge des Klägers zu 2.) dürfen nur abgelehnt werden, sofern und soweit sie nicht im Ein-klang mit dem Charakter der Philharmonie oder mit dem Haushaltsplan und ihren finanziellen Mitteln stehen (Satz 3). Damit ist bereits nach der einschlägigen vertraglichen Grundlage gerade keine Zustimmungspflicht der Klägerin zu 1.) normiert. Vielmehr sieht der Vertrag an dieser Stel-le einen genau gegensätzlichen Regelungsmechanismus dahingehend vor, dass der Vorschlag des Klägers zu 2.) solange Bestand hat, bis er durch die Intendantin abgelehnt wird. Entscheidend für die Frage, ob der Kläger insoweit Weisungen der Intendantin unterlegen ist, ist folglich der Umfang ihrer Rechtsmacht. Diese schätzt das Gericht im Ergebnis als gering ein, da mit den ein-zuhaltenden Voraussetzungen der Charakter der Philharmonie sowie dem Haushaltsplan derart hohe Hürden vertraglich verankert wurden, dass das Vetorecht sich als überaus limitiert darstellt. Insoweit versteht sich die Klägerin zu 1.) zwar ihrem Ursprung nach als Sinfonieorchester, dem im Grundsatz ein Kulturauftrag für klassische Musik zukommt. Jedoch ist der Begriff des "Cha-rakters der Philharmonie" nach Angaben der Zeugin weit zu verstehen und insoweit auch neueren musikalischen Strömungen zugänglich. Als einziges Kriterium, was inkompatibel mit dem Cha-rakter der Philharmonie sei, konnte die Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung nur die "Big Band" angeben. In der Konsequenz ergibt sich damit auf erster Stufe (Frage, "ob" ein bestimmter Inhalt überhaupt gespielt wird) bereits ein signifikant eingeschränk-tes Ablehnungsrecht der Intendantin. Dies zeigt sich auch in der praktischen Auswirkung der vertraglichen Regelung. Insoweit hat die Zeugin berichtet, dass eine Ablehnung aufgrund der Inkompatibilität mit dem Charakter der Philharmonie bislang noch nicht stattgefunden habe. Sie hat in diesem Rahmen ebenfalls klargestellt, dass bei Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und dem Kläger zu 2.) hinsichtlich der programmatischen Ausrichtung der Philharmonie der Klä-ger zu 2.) letztlich entscheiden dürfte. Ihr bleibe in diesen Fällen nur die Möglichkeit, auf den Kläger zu 2.) argumentativ zuzugehen. Eine entsprechende Rechtsmacht auf Ablehnung vorge-schlagener Programminhalte stehe ihr – mit Ausnahme der vertraglich festgelegten Ablehnungs-gründe – nicht zu. Auf der zweiten Stufe (Frage, "wie" bestimmte Programminhalte gespielt werden) besteht indes gar keine Eingriffsmöglichkeit der Intendantin mehr. Die künstlerische Umsetzung der beschlossenen Programminhalte obliegt – wie sich auch bereits aus § 2 Abs. (6) des Dirigentenvertrages ergibt – ausschließlich dem Kläger zu 2.).

Im Hinblick auf die Verpflichtung des Klägers zu 2.), an mindestens drei Veranstaltungen der Klägerin zu 1.) zu Repräsentationszwecken teilzunehmen (§ 2 Abs. (4) des Dirigentenvertrages), ist zwar der Beklagten im Grundsatz zuzugeben, dass eine derartige, einseitig vorgegebene Ver-pflichtung zunächst für eine entsprechende – jedenfalls partielle – Weisungsgebundenheit des Klägers zu 2.) im Verhältnis zur Klägerin zu 1.) spricht. Insoweit hat der Kläger zu 2.) dies auch als Verpflichtung praktisch empfunden, wie sich aus seiner im Rahmen der mündlichen Verhand-lung abgegebenen Einlassung "An den Veranstaltungen will und muss ich teilnehmen." ergibt. Diesem Umstand ist jedoch nach Auffassung des Gerichts nur geringe Indizwirkung für die An-nahme einer abhängigen Beschäftigung beizumessen, da sich diese vertragliche Verpflichtung gleich in mehrerlei Hinsicht relativiert. Zum einen stellt sich der zeitliche Umfang der Präsenz-pflicht im Verhältnis zur gesamten Spielzeit als relativ geringfügig dar, sodass schon in zeitlicher Hinsicht nur eine begrenzte Indizwirkung für eine abhängige Beschäftigung hieraus angenommen werden kann. Darüber hinaus normiert § 2 Abs. (4) S. 3 des Dirigentenvertrages, dass im Vorfeld derartiger Veranstaltungen mit dem Kläger zu 2.) abzuklären ist, ob dieser terminlich zur Verfü-gung steht. Dies führt nach Angaben des Klägers zu 2.) in der Praxis dazu, dass er faktisch die Veranstaltungstermine selbst bestimmen kann. So konnte der Kläger zu 2.) exemplarisch von ei-ner Situation berichten, in der die Klägerin zu 1.) eine für ihn verpflichtende Veranstaltung am 13. Mai ursprünglich geplant hatte. Nachdem er der Klägerin zu 1.) signalisiert hatte, dass er an diesem Tag terminlich anderweitig eingebunden sei, er jedoch am 20. Mai zur Verfügung stehen würde, hat die Klägerin zu 2.) den Termin auf den 20. Mai festgelegt. Zum anderen reduziert sich die Bedeutung der beschriebenen Präsenzpflicht dadurch, dass der Klägerin zu 1.) – abwei-chend zu einem Arbeitgeber im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses – faktisch keine Sanktionie-rungsmöglichkeit auf Basis des Dirigentenvertrages für den Fall des unentschuldigten Ausblei-bens zur Verfügung steht. Insoweit verbleibt lediglich die allgemeine Kündigungsmöglichkeit aus "wichtigem Grund" nach § 1 Abs. (3) des Dirigentenvertrages. Dieser liegt nach § 1 Abs. (3) S. 2 des Dirigentenvertrages jedoch insbesondere (nur) bei Rufschädigung durch den Kläger zu 2.) vor; eine Hürde, die beim Ausbleiben bei vereinzelten Veranstaltungen regelmäßig nur schwerlich erreicht sein dürfte. Korrespondierend hierzu hat auch die Zeugin im Rahmen ihrer Vernehmung in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass selbst bei Fernbleiben des Klägers zu 2.) bei verpflichtenden Veranstaltungen keine Sanktionierung hierfür eintritt.

Soweit die Beklagte im Bescheid vom 6. Januar 2017 als weiteres Merkmal für eine abhängige Beschäftigung des Klägers zu 2.) die Teilnahme an Besprechungen mit der Intendantin und an bis zu drei weiteren vorgegebenen Terminen anführt, vermag das Gericht dem nicht zu folgen. Eine entsprechende Verpflichtung an drei weiteren – über die in § 2 Abs. (4) des Dirigentenver-trages geregelten – Terminen lässt sich weder dem Vertragswerk noch den Ausführungen des Klägers zu 2.) und der Zeugin zur praktischen Handhabung des Vertrages entnehmen. In diesem Zusammenhang kann auch der Einwand des Beklagtenvertreters innerhalb der mündlichen Ver-handlung, gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit spreche vorliegend auch, dass das Verhältnis der Kläger untereinander zu stark durch Absprachen (und weniger durch eigenständi-ge Entscheidungen des Klägers zu 2.) geprägt sei, nicht durchgreifen. Dass Vertragsparteien zur Erreichung ihres vertraglich vereinbarten (projektbezogenen) Ziels Absprachen untereinander treffen ist praxisüblich und macht aus einer selbstständigen Tätigkeit noch keine abhängige Be-schäftigung. Vielmehr ist ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis regelmäßig durch die einseiti-ge Vorgabe des Arbeitgebers zur Erreichung der anvisierten Ziele charakterisiert.

Hinsichtlich der Vorgabe aus § 2 Abs. (2) des Dirigentenvertrages, der Kläger zu 2.) soll mindes-tens 20 Konzerte in jeder Spielzeit planen, vorbereiten und dirigieren, lässt sich ebenfalls kein gewichtiges Indiz für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung ableiten. Die Planung, Vor-bereitung und Durchführung von Dirigaten ist – unabhängig vom sozialversicherungsrechtlichen Status – Kernbestandteil einer vertraglichen Vereinbarung mit einem Chefdirigenten und kann folglich nicht als einseitiges Merkmal für eine abhängige Beschäftigung gewertet werden. Über-dies ist diese vertragliche Fixierung vor allem auf das Interesse der Klägerin zu 1.) zurückzufüh-ren, den eigenen Erfolg durch Verwertung des Renommees des Klägers zu 2.) zu sichern. Dies gelingt – vor allem perspektivisch betrachtet – jedoch nur, wenn die Zurverfügungstellung der Dienste des Klägers zu 2.) für die Klägerin zu 1.) planerisch absehbar ist. Dies führt auch nicht automatisch zur Annahme einer abhängigen Beschäftigung, da die beschriebene Vorgehensweise derjenigen entspricht, die mit selbstständigen Künstlerpersönlichkeiten getroffen wird, die auf-grund ihres Rufs die Qualität und Reputation des Orchesters verbessern sollen (derselben An-sicht: Bayrischer Verwaltungsgerichtshof -VGH-, Urteile vom 9. Juli 2009 – 21 BV 07.335 sowie 21 BV 07.546). Der Beklagten hilft in diesem Zusammenhang auch der Verweis auf den Ab-grenzungskatalog der Künstlersozialkasse für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätige Personen vom 5. Juli 2005 nicht weiter. Unter Punkt 2 (Tätigkeit bei Theaterunternehmen oder Orchesterträgern) im Unterpunkt 2.2 (Gastspielverpflichtete Künstler) heißt es zwar unter anderem: "Von einer selbstständigen Tätigkeit ist weiter auszugehen, bei einem - Dirigenten, der die Einstudierung nur eines bestimmten Stückes oder Konzertes übernimmt und/oder nach dem jeweiligen Gastspielvertrag voraussehbar nicht mehr als fünf Vorstellungen o-der Konzerte dirigiert; [ ]

Gastspielverspflichtete Künstler einschließlich der Instrumentalsolisten sind selbstständig, wenn sie an einer nur gelegentlich aufgeführten konzertanten Opernaufführung, einem Oratorium, Lie-derabend oder dergleichen mitwirken."

Eine Vorgabe für die sozialversicherungsrechtliche Statusbeurteilung lässt sich aus dieser Vorga-be im Abgrenzungskatalog jedoch nicht entnehmen. Dies ergibt sich bereits aus der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid. Nach § 7a Abs. 2 SGB IV hat die Beklagte auf Grundlage aller Umstände des Einzelfalles über die Frage, ob eine Beschäfti-gung vorliegt, zu entscheiden. Eine Reduzierung dieser umfangreichen Prüfung allein auf die Anzahl der vorgegebenen Konzerte wäre zum einen mit dem Wortlaut der Norm, der eine Einzel-fallbetrachtung vorgibt, inkompatibel, zum anderen würde damit dem Umstand einer immer mehr dynamisierenden Arbeitswelt und deren differenzierten Erscheinungsformen diverser Tätigkeits-bilder, die einer pauschale Zuordnung zu einem sozialversicherungsrechtlichen Status allein an-hand eines einzigen Merkmals schon dem Grunde nach nicht zugänglich sind, nicht im ausrei-chenden Maße Rechnung getragen werden. Insoweit jedenfalls konsequent regelt der Abgren-zungskatalog unter Punkt 1 (Allgemeines) schließlich auch Folgendes: "Rechtsverhältnisse, deren sozialversicherungsrechtlicher Status mit Hilfe dieses Abgrenzungskataloges nicht zweifelsfrei geklärt werden können, sind im Einzelfall anhand der von der Rechtsprechung entwickelten Kri-terien zu beurteilen."

Soweit durch die Beklagte noch vorgetragen wurde, für die Annahme einer abhängigen Beschäf-tigung spreche der Umstand, dass der Kläger zu 2.) an Orchesterproben teilnehmen müsse, führt auch dies nicht zu einem abweichenden Gesamtergebnis. Die Kläger weisen insoweit zutreffend darauf hin, dass die Teilnahme des Klägers zu 2.) an Orchesterproben für die Erbringung der sei-nerseits vertraglich geschuldeten Leistung unerlässlich ist. Würde – diese Argumentation der Be-klagten weitergedacht – eine Person allein aufgrund der Wahrnehmung ihrer vertraglichen Ver-pflichtung zu einer abhängig beschäftigten Person werden, so gäbe es keine selbstständigen Tä-tigkeiten mehr; der sozialversicherungsrechtliche Status eines Selbstständigen wäre damit fak-tisch abgeschafft. Insoweit kann auch in diesem Punkt auf die bereits getätigten Ausführungen des Gerichts zur Frage des Ortes der Tätigkeit, der aufgrund der Natur der Sache vorgegeben ist, verwiesen werden.

Schließlich ist die Annahme der Beklagten, der Kläger zu 2.) müsse der Klägerin zu 1.) vorrangig zur Verfügung stehen, vor dem Hintergrund der vertraglichen Regelung des § 9 des Dirigenten-vertrages nicht haltbar. Gemäß § 9 S. 1 des Dirigentenvertrages ist dem Kläger zu 2.) ausdrück-lich die freie Annahme und Ausführung anderweitiger Dirigate für beziehungsweise mit dritten Orchestern und Opernhäusern gestattet. Auch aus § 9 S. 2 des Dirigentenvertrages ergibt sich keine abweichende Einschätzung. Hiernach hat der Kläger zu 2.) lediglich sicherzustellen, dass die externen Dirigate zeitlich mit den Verpflichtungen dieses Dirigentenvertrages vereinbar sind. Hieraus ergibt sich – entgegen der Auffassung der Beklagten – gerade nicht die Verpflichtung, der Klägerin zu 1.) vorrangig zur Verfügung zu stehen. § 9 S. 2 des Dirigentenvertrages soll le-diglich in dem Wissen, dass der Kläger zu 2.) aufgrund seines Renommees bereits vor seiner Tä-tigkeit bei der Klägerin zu 1.) international tätig war und dies auch weiterhin ist, die zeitliche Koordination seiner diversen Aufträge sicherstellen. Dieser Umstand unterscheidet den Kläger zu 2.) jedoch nicht von einem – zum Beispiel im Bauhandwerk – selbstständigen Tätigen, der auch bei Durchführung mehrerer Projekte bei jedem einzelnen Projekt zeitliche Vorgaben zu be-achten hat. Dass vorliegend die Klägerin zu 1.) stets vorrangig zu berücksichtigen sei, ergibt sich hingegen weder aus dem Wortlaut des Vertragswerkes noch aus dessen praktischer Umsetzung. Insoweit hat der Kläger zu 2.) im Rahmen der mündlichen Verhandlung berichtet, dass er – die gesamte Spielzeit betrachtet – an circa 50 bis 60 Tagen im Jahr in K. sei und – wie bereits be-schrieben – bei seiner Zeiteinteilung flexibel sei. Zeitliche Kollisionen mit anderen Aufträgen wurden ebenso wenig geschildert wie die Annahme der Beklagten, der Kläger zu 2.) habe der Klägerin zu 1.) vorrangig zur Verfügung zu stehen.

Entgegenstehendes ergibt sich auch nicht aus der Regelung des § 2 Abs. (5) des Dirigentenver-trages. Soweit die Beklagte aus der Formulierung "erste Option" für alle auswertigen Konzerte eine vorrangige Verpflichtung des Klägers zu 2.) gegenüber der Klägerin zu 1.) ableiten möchte, so schlägt dies fehl, da insoweit eine Missinterpretation seitens der Beklagten vorliegt. § 2 Abs. (5) des Dirigentenvertrages soll lediglich sicherstellen, dass die Klägerin zu 1.) bei anstehenden auswertigen Konzerten und Tourneen den Kläger zu 2.) als ersten Ansprechpartner zu kontaktie-ren hat. Eine vorrangige Verpflichtung zur Übernahme dieser Konzerte und Tourneen ergibt sich hieraus jedoch gerade nicht, was sich anschaulich aus der – insoweit klarstellenden – Regelung des § 2 Abs. (5) S. 2 des Dirigentenvertrages ergibt. Danach steht es dem Kläger zu 2.) frei, ent-sprechend angebotene auswertige Konzerte anzunehmen. Die letztendliche Entscheidung, ob der Kläger zu 2.) ein auswertiges Konzert oder eine auswertige Tournee übernimmt, obliegt bereits nach dem Vertragswerk ausschließlich dem Kläger zu 2.). Eine Weisungsgebundenheit gegenüber der Klägerin zu 1.) lässt sich auch hierüber nicht begründen.

Wie anfangs bereits ausgeführt kann das Weisungsrecht des Auftraggebers eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert" sein. Dann kommt bei der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit dem Merkmal der Eingliederung in einen übergeordneten Organismus ein entscheidendes Gewicht zu. Hierbei wer-den höhere Dienste im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung geleistet, wenn sei fremdbe-stimmt bleiben, sie folglich in einer von anderer Seite vorgegebenen Ordnung des Betriebes auf-gehen. Eine entsprechende Eingliederung des Klägers zu 2.) vermag das Gericht im hier zu ent-scheidenden Fall nicht zu erkennen.

Am ehesten für eine Eingliederung in eine fremde Betriebsstruktur spricht vorliegend noch der Umstand, dass dem Kläger zu 2.) gemäß §§ 7 und 8 des Dirigentenvertrages ein Vorschlagsrecht hinsichtlich der Neueinstellung und Entlassung von Orchestermitgliedern (§ 7 des Dirigentenver-trages) sowie bei der Verpflichtung von Solisten, Gastdirigenten, Aushilfen und Verstärkungen (§ 8 des Dirigentenvertrages) zusteht. Steht einem Auftragnehmer die Rechtsmacht zu, mit sei-nem Votum maßgebliche Entscheidungen im Betrieb mit zu beeinflussen, die auch die eigene Tätigkeit betreffen, so kann darin grundsätzlich eine Einbindung des Auftragnehmers in einen fremden Betrieb – und damit dessen Eingliederung – liegen. Vorliegend reicht die Rechtsmacht des Klägers zu 2.) jedoch nicht soweit, dass man von einem entscheidenden und ausschlagge-benden Mitspracherecht ausgehen kann. Insoweit normieren §§ 7 und 8 des Dirigentenvertrages jeweils, dass dem Kläger zu 2.) bei den beschriebenen Personalentscheidungen (lediglich) ein Vorschlagsrecht zukommt, was sich aus seiner Expertise als künstlerischer Leiter des Orchesters verständlich ableiten lässt. Die abschließende Entscheidung über die geregelten Personalent-scheidungen obliegt jedoch ausschließlich ("allein"; vgl. § 7 des Dirigentenvertrages) der Inten-dantin, bei Neueinstellung und Entlassung von Orchestermitgliedern in Absprache mit dem Per-sonalrat. Dem Kläger zu 2.) steht damit ausweislich des Vertragswerkes keine Rechtsmacht zu, unliebsame Personalentscheidungen der Intendantin durch ein eigenes Vetorecht zu verhindern. Auf der anderen Seite ist die Stellung des Klägers zu 2.) nicht mit der eines Arbeitnehmers, der seinerseits keinen mitbestimmenden Einfluss auf die Willensbildung im Betrieb hat (als Indiz für eine abhängige Beschäftigung; vgl. Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 100), zu vergleichen. Dies vor dem Hinter-grund, dass die §§ 7 und 8 des Dirigentenvertrages den Kläger zu 2.) in den Willensbildungspro-zess durch Gewährung eines Vorschlagrechtes einbinden. Die – sich von der Stellung als Arbeit-nehmer hervorhebende – Position des Klägers zu 2.) in diesem Punkt kommt auch dadurch nor-mativ zum Ausdruck, dass § 7 S. 3 des Dirigentenvertrages regelt, dass Probespieltermine, die § 7 S. 2 des Dirigentenvertrages als verpflichtende Voraussetzung normiert, mit dem Kläger zu 2.) terminlich abzustimmen sind, und zwar möglichst dahingehend, dass diese während der Aufent-haltszeit des Klägers zu 2.) in K. anzuberaumen sind.

Entgegen der Auffassung der Beklagten spricht der Umstand, dass dem Kläger zu 2.) die künst-lerische Leitung des Orchesters obliegt, nicht gegen die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit, sondern dafür. In Ansehung der vertraglichen Ausgestaltung wird deutlich, dass dem Kläger zu 2.) im Hinblick auf seine Vorstellung von Programm- und Konzertinhalten ein sehr hohes Maß an Eigenständigkeit eingeräumt wurde (vgl. vor allem § 2 Abs. (3) S. 1 des Dirigentenvertrages). Die Eingriffsmöglichkeiten der Klägerin zu 1.) beschränken sich – wie bereits festgestellt – auf ein sehr überschaubares Maß. Durch diese Vertragsgestaltung und Verteilung der Rechtsmacht zur Realisierung der eigenen programmatischen Vorstellungen zugunsten des Klägers zu 2.) erhält dessen künstlerische Leitung des Orchesters im hier zu entscheidenden Fall eine im Gesamtbe-trieb exponierte Stellung, die mit der Annahme eines abhängig Beschäftigten nicht kompatibel ist, da diesem durch seine Einstellung keine künstlerische Leitung (des Orchesters) übertragen wird, sondern er im Wege der Eingliederung eine (weitestgehend) fremde künstlerische Vorstel-lung praktisch umsetzt. Die reine Zusammenarbeit mit einem Orchester begründet mangels orga-nisatorischer Eingliederung keine abhängige Beschäftigung (so im Ergebnis auch: Bayrischer VGH, Urteil vom 9. Juli 2009 – 21 BV 07.546).

Inwieweit die Repräsentation des Orchesters durch den Kläger zu 2.) als Merkmal für eine ab-hängige Beschäftigung gewertet werden kann – wovon die Beklagte ausweislich ihres Beschei-des vom 6. Januar 2017 ausgeht – erschließt sich für das Gericht nicht. Ausgangspunkt für die Klägerin zu 1.), den Kläger zu 2.) auch zu Repräsentationszwecken an einer (geringen) Min-destanzahl an Veranstaltungen teilnehmen zu lassen, ist die Überlegung, durch das Renommee des Klägers zu 2.) den Ruf und den eigenen Bekanntheitswert öffentlichkeitswirksam zu stei-gern. Die realistische Möglichkeit, diese Intention zu realisieren, hängt folglich maßgebend von der Person des Chefdirigenten ab. Es erscheint nach Dafürhalten des Gerichts nicht gänzlich aus-geschlossen, dass eine entsprechende Repräsentation sowohl durch abhängig Beschäftigte als auch durch selbstständig tätige Dirigenten erfolgen kann. Mithin kann die Repräsentation des Orchesters – wenn überhaupt – noch als statusneutral gewertet werden. Die Annahme einer sta-tusrelevanten Eingliederung mit der Folge einer abhängigen Beschäftigung des Klägers zu 2.) scheidet vorliegend jedoch aus. Die Fortführung dieses argumentativen Ansatzes hätte zur Folge, dass der Kläger zu 2.) sämtliche Dirigententätigkeiten nur noch im Rahmen abhängiger Beschäf-tigung ausüben könnte. Mit dieser Annahme würde sich die Beklagte jedoch zu sich selbst in Widerspruch setzen, hat sie bereits mit Bescheid vom 6. Januar 2017 – bestätigt durch den Teil-abhilfebescheid vom 22. Mai 2017 sowie durch den Widerspruchsbescheid vom 7. September 2017 – festgestellt, dass der Kläger aufgrund einer hauptberuflich selbstständigen Tätigkeit (er ist ausschließlich als Dirigent respektive künstlerischer Leiter tätig) nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs. 5 SGB V) sowie der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 S. 1 SGB XI) unterliegt. Valide Anhaltspunkte dafür, dass die Tätigkeit eines Chefdirigenten oder künstlerischen Leiters – unabhängig von der Einschätzung der Beklagten zur (nicht bestehenden) Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung) – nur im Rahmen abhängiger Beschäftigung ausgeübt werden könne, vermag das Gericht jedoch nicht zu erkennen. Abrundend ist zum Punkt der Repräsentation noch festzuhalten, dass der Kläger zu 2.) hinsichtlich der Art und Weise, wie er die Repräsentation ausgestaltet, frei und insoweit auch – mit Ausnahme der geringen Präsenzpflicht, an deren Verstoß faktisch keine Sanktionsfolgen ge-knüpft sind – an keine Vorgaben der Klägerin zu 1.) gebunden ist. Gegenteiliges ergibt sich we-der aus dem Dirigentenvertrag noch aus der praktischen Handhabung dieses Vertrages, wie sie durch Kläger zu 2.) und Zeugin in der mündlichen Verhandlung geschildert wurde.

Eine Eingliederung des Klägers zu 2.) scheidet auch vor dem Hintergrund, dass er den Musikern der Klägerin zu 1.) in Ausübung seiner Tätigkeit Vorgaben erteilen darf, aus. Grundsätzlich stellt sich die Rechtsmacht, Angestellten eines bestimmten Betriebes im Rahmen von Arbeitsabläufen (quasi als vom Betriebsleiter abgeleitetes Direktionsrecht) Vorgaben erteilten zu dürfen, als Merkmal für die Eingebundenheit sowie Eingliederung des Auftragnehmers in den fremden Be-trieb – und damit im Ausgangspunkt atypisch für einen Selbstständigen – dar. Allerdings steht auch diese Rechtsmacht der Annahme einer selbstständigen Tätigkeit nicht entgegen, solange sich der Umfang dieses Rechts des Auftragnehmers auf rein projektbezogene Weisungen, die ergebnisorientiert auf die zu erbringende werkvertraglich geschuldete Leistung begrenzt sind, beschränkt (siehe dazu Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 84). Das Recht des Klägers zu 2.), den Orchestermusi-kern Vorgaben dahingehend zu erteilen, wie sie bestimmte Musikstücke zu spielen haben, redu-ziert sich ausschließlich auf die projektbezogene Umsetzung der seitens des Klägers zu 2.) ver-traglich geschuldeten Leistung, von ihm übernommene Konzerte in eigener Verantwortung zu dirigieren (vgl. § 2 Abs. (3) des Dirigentenvertrages). Die Erlaubnis, darüberhinausgehend auch arbeitsrechtliche Weisungen gegenüber den Musikern zu erteilen (zum Beispiel bei ein- oder mehrmalig aufgetretener Verspätung des Musikers zu Konzertproben), was als Indiz für eine ab-hängige Beschäftigung sprechen würde (vgl. Zieglmeier, a.a.O.), steht dem Kläger zu 2.) nach den gerichtlichen Feststellungen jedoch gerade nicht zu. Zwar wendet sich der Kläger zu 2.) nach eigener Angabe in der Praxis bei derartigen Vorfällen an die Klägerin zu 1.); die Letztentschei-dungsbefugnis in diesen Personalangelegenheiten obliegt jedoch ausschließlich dem Personalrat. Eine entsprechende Befugnis ergibt sich für den Kläger zu 2.) – wie bereits dargestellt – auch nicht aus § 7 des Dirigentenvertrages.

Abschließend ist unter dem Punkt Eingliederung noch anzuführen, dass generell die sozialversi-cherungsrechtliche Statuseinordnung tätigkeitsbezogen zu erfolgen hat, mithin der Tätigkeit für andere Auftraggeber – isoliert betrachtet – keine Indizwirkung für eine selbstständige Tätigkeit beigemessen werden kann. Da es insoweit unter anderem auch abhängigen Teilzeitbeschäftigten möglich ist, im nennenswerten Umfang nebeneinander für mehrere Arbeitgeber tätig zu werden, ist das Vorhandensein mehrerer Auftraggeber im Grundsatz als statusneutral zu bewerten. Eigen-ständiges Gewicht im Rahmen der Abwägung erhält eine Mehrzahl von Auftraggebern dann, wenn – wie vorliegend – bei einer Gesamtschau weitere typische Merkmale einer selbstständigen Tätigkeit in der Person des Auftragnehmers erfüllt sind. Insoweit weist die Beklagte bereits in ihrem Bescheid vom 6. Januar 2017 zutreffend darauf hin, dass der Kläger zu 2.) nicht nur für mehrere Auftraggeber tätig ist, sondern auch werbend am Markt – als weiteres typisches Merk-mal einer selbstständigen Tätigkeit (siehe Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversiche-rungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 124) – auftritt.

Neben den in § 7 Abs. 1 S. 2 SGB IV gesetzlich normierten Anknüpfungsmerkmalen der Wei-sungsgebundenheit und der Eingliederung in einen fremden Betrieb zieht die Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis und einer selbstständigen Tä-tigkeit zur Annahme Letzterer im Grundsatz das Vorhandensein eines unternehmerischen Risikos heran (siehe unter anderem zuletzt: BSG, Urteil vom 14. März 2018 – B 12 KR 12/17 R).

Soweit die Beklagte ihre Entscheidung, der Kläger zu 2.) übe seine Tätigkeit als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Klägerin zu 1.) im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsver-hältnisses aus, auf das kaum beziehungsweise nicht vorhandene Unternehmerrisiko zu stützen versucht, ist auch dies im Ergebnis für die durchzuführende Gesamtabwägung nicht maßgeblich.

Der Beklagten ist noch insoweit zuzugeben, dass die Gewährung eines Pauschalhonorars in Höhe von xx.000,00 Euro, wie es § 4 Abs. (1) des Dirigentenvertrages vorsieht, eindeutig als Merkmal für eine abhängige Beschäftigung des Klägers zu 2.) spricht. Relativierend ist in diesem Zusam-menhang jedoch festzustellen, dass der Anteil des Pauschalhonorars am Gesamthonorar des Klä-gers zu 2.) für eine gesamte Spielzeit, dass nach eigenem Vortrag – unter Zugrundelegung der Durchführung von 20 Konzerten im Konzertbetrieb mit üblicher Länge; vgl. § 4 Abs. (2) erste Spalte – xxx.000,00 Euro beträgt (xx.000,00 Euro Pauschalhonorar + xx.000,00 Euro erfolgsab-hängiges Honorar), noch nicht einmal bei einem Viertel liegt. Nach Angabe des Klägers zu 2.) nimmt er auch tatsächlich pro Spielzeit die vertraglich vorgesehenen 20 Konzerte wahr.

Das hieraus abgeleitete geringe unternehmerische Risiko des Klägers zu 2.) führt jedoch – entge-gen der Auffassung der Beklagten – nicht zum Entfall des Status` eines Selbstständigen. Wie das BSG in seiner Entscheidung vom 31. März 2017 (Aktenzeichen B 12 R 7/15 R) unter Rand-nummer 42 ausführt, stellt die Feststellung eines allenfalls geringen Unternehmerrisikos des Auf-tragnehmers kein ins Gewicht fallendes Indiz für eine (abhängige) Beschäftigung dar, sofern es sich bei der zu beurteilenden Tätigkeit – wie vorliegend – um reine Dienstleistungen handelt, die im Wesentlichen nur Know-How sowie Arbeitszeit- und Arbeitsaufwand voraussetzen, da in diesen Konstellationen per se unternehmerisches Tätigwerden nicht mit größeren Investitionen in Werkzeuge, Arbeitsgeräte oder Arbeitsmaterialien verbunden ist.

Soweit der Kläger zu 2.) zur Ausübung seiner vertraglich geschuldeten Tätigkeit eigene Arbeits-materialien (zum Beispiel Notenblätter, Taktstock oder Konzertkleidung) benötigt, so werden diese ihm nicht durch die Klägerin zu 1.) gestellt oder die Kosten hierfür von der Klägerin zu 1.) übernommen. Vielmehr ergibt sich aus § 5 Abs. (3) des Dirigentenvertrages, dass der Kläger zu 2.) die Aufwendungen für entsprechende Arbeitsmaterialien selbst zu tragen hat (was als Indiz gegen die Annahme einer abhängigen Beschäftigung spricht; vgl. Zieglmeier in: Kasseler Kom-mentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 111).

Auch die Auffassung der Beklagten, der Umstand, dass der Kläger zu 2.) auf Grundlage von § 5 Abs. (2) des Dirigentenvertrages durch die Klägerin zu 1.) seine Reisekosten erstattet bekomme, kann bereits aus mehreren Gesichtspunkten nicht als Indiz für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung sprechen. Zum einen ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Norm, dass der Kläger zu 2.) nicht seine konkret entstandenen Reisekosten ersetzt bekommt, sondern hierfür eine Pauschale erhält. Damit ist bereits im Vertragswerk das Risiko des Klägers zu 2.) angelegt, je nach eigenem Kostenaufwand für seine Anwesenheitspflicht auf einem Teil der ihm entstande-nen Kosten sitzen zu bleiben. Darüber hinaus begrenzt die Regelung des § 5 Abs. (2) des Diri-gentenvertrages auch durch ihre Formulierung den eigenen Anwendungsbereich auf die Anwe-senheitspflicht bei den nach § 2 Abs. (5) des Dirigentenvertrages vorgesehenen drei wichtigen Veranstaltungen. Für die Erstattung der übrigen Reisekosten, die dem Kläger zu 2.) in Zusam-menhang mit seiner Tätigkeit bei der Klägerin zu 1.) entstehen, sieht der Dirigentenvertrag keine normative Grundlage vor. Entscheidend gegen die solitäre Auslegung dieses Umstandes für eine abhängige Beschäftigung spricht jedoch, dass entsprechende Reisekostenpauschalen auch unter anderem bei selbstständigen Handwerkern üblich sind (der gleichen Ansicht: BSG, Urteil vom 31. März 2017 – B 12 R 7/15 R, Rn. 46).

Entsprechend verhält es sich auch bei der Frage der Übernahme von Übernachtungskosten wäh-rend des Aufenthaltes des Klägers zu 2.) in K. für Proben- und Konzertarbeit. Auch hier normiert § 5 Abs. (1) des Dirigentenvertrages die Verpflichtung der Klägerin zu 1.) zur Übernahme einer – als Maximalbetrag festgelegten – Pauschale, sodass auch hier beim Kläger zu 2.) ein etwaiges Ausfallrisiko verbleibt, wenngleich das Gericht dieses bei einem Pauschalhöchstbetrag in Höhe von xxx,00 Euro – selbst für die Übernachtungsverhältnisse in K. – als eher gering einschätzt.

Nicht zuzustimmen ist den Klägern jedoch insoweit, als dass sie als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit das Fehlen von Regelungen zu Urlaubs- und Überstundenvergütung annehmen. Das Vorenthalten (wie auch die fehlende Inanspruchnahme) von gesetzlichen Arbeitnehmerrechten – wie Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall oder Urlaub – machen einen Arbeitnehmer nicht zu einem selbstständig erwerbstätigen Unternehmer. Insoweit ergeben sich die Rechtsfolgen einer Beschäftigung aus dem Gesetz und sind nicht abdingbar. Der bestehende Wille der Vertragspar-teien, ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis nicht begründen zu wollen, stellt lediglich ein Indiz für das Vorliegen einer selbstständigen Erwerbstätigkeit dar, das im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen ist. Der Wille der Beteiligten kann aber weder die Beklagte noch die Gerichte für die nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 SGB IV vorzunehmende statusrechtliche Beurteilung bindend festlegen (so ganz ausdrücklich: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 27. Juli 2016 – L 5 R 2554/15, Rn. 43; der gleichen Ansicht: Schleswig-Holsteinisches LSG, Urteil vom 25. Januar 2006 – L 5 R 130/04; anderer Ansicht: Bayrischer VGH, Urteile vom 9. Juli 2009 – 21 BV 07.546, Rn. 31/ 21 BV 07.335, Rn. 21/ 21 BV 07.405, Rn. 25 sowie 21 BV 07.437, Rn. 25, allerdings jeweils ohne nähere Begründung). Entsprechend ist es den Klägern auch verwehrt, bereits durch die Regelung des § 11 S. 1 des Dirigentenvertra-ges den sozialversicherungsrechtlichen Status des Klägers zu 2.) eigenmächtig zu bestimmen.

Auch die Ansicht der Kläger, das unternehmerische Risiko des Klägers zu 2.) sei mitunter darin zu sehen, dass die Klägerin zu 1.) im Falle einer Unzufriedenheit mit der Leistung des Klägers zu 2.) das Vertragsverhältnis mit ihm nicht verlängern würde (vgl. hierzu § 1 Abs. (4) des Dirigen-tenvertrages), und spreche als Merkmal für eine selbstständige Tätigkeit, vermag nicht zu über-zeugen. Dies vor dem Hintergrund, dass jeder im Rahmen von befristeten Arbeitsverträgen ab-hängig Beschäftige diesem Risiko gleichermaßen ausgesetzt ist, mithin dieses Risiko als status-neutral einzustufen ist.

Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen, wonach dem Aspekt des unternehmeri-schen Risikos vorliegend kein erhebliches Gewicht im Rahmen der Gesamtabwägung beizumes-sen ist, bedürfen die aufgeworfenen Fragen, ob – wie die Kläger behaupten – sowohl der Um-stand, dass das Honorar dem Kläger zu 2.) ausweislich der Regelung in § 4 Abs. (4) des Dirigen-tenvertrages nicht – wie bei Arbeitnehmern üblich – jeden Monat, sondern in zwei Tranchen En-de September und Ende April abgerechnet wird, als Indiz für eine selbstständige Tätigkeit zu werten sei als auch, dass gemäß § 6 des Dirigentenvertrages dem Kläger zu 2.) – nach klägeri-schem Vortrag – eine "echte Gewinnbeteiligung" hinsichtlich der Verwertung von Aufnahmen und Mitschnitten von Konzerten, sofern diese für eine CD-Produktion oder TV-Ausstrahlung genutzt würden, zustehe, wohingegen Arbeitnehmer an gleicher Stelle stattdessen einen Bonus (aber keine "echte Gewinnbeteiligung") erhalten würden, nach alledem keiner vertieften Ausei-nandersetzung.

Entsprechend verhält es sich abschließend in diesem Punkt zum Unternehmerrisiko bezüglich der Frage, ob dieses Risiko darin zu sehen ist, dass durch die Möglichkeit der außerordentlichen Kündigung (vgl. § 1 Abs. (3) des Dirigentenvertrages) wegen Rufschädigung durch den Kläger zu 2.), diese außerdem negative Auswirkungen auf die potenzielle Beauftragung des Klägers zu 2.) durch andere Auftraggeber (wie zum Beispiel Orchester oder Hochschulen) haben könnte. Dies insoweit, da das Renommee, das der Kläger zu 2.) genieße, auch bedeute, dass ihm eine gewisse Aufmerksamkeit zuteilwerde, aufgrund derer sich schlechte Nachrichten schneller ver-breiten und auswirken würden. Dieser Argumentation ist insoweit zustimmend einzuräumen, dass selbstständige Unternehmer typischerweise als Wettbewerber am Markt auftreten, wohinge-gen Arbeitnehmer in der Regel nur ihre Arbeitskraft einem Arbeitgeber zur Verfügung stellen und nicht am Markt operieren. Dem Risiko, keine Aufträge (mehr) zu erhalten und kein Einkom-men zu erzielen, steht die unternehmerische Chance erfolgsabhängiger Gewinne gegenüber (so auch Zieglmeier in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, Werkstand: 105. EL August 2019, § 7 SGB IV, Rn. 117). Einen automatischen Rückschluss darauf, dass durch den Aus-spruch einer außerordentlichen Kündigung abhängig Beschäftigte – insbesondere in höheren Po-sitionen – in ihren potenziellen Beschäftigungsmöglichkeiten nicht (in vergleichbarer Weise) ein-geschränkt werden, lassen die vorstehenden Ausführungen indes jedoch nicht – im Sinne eines einseitigen Merkmals zur Annahme einer selbstständigen Tätigkeit – zu.

Da innerhalb der vorzunehmenden Gesamtabwägung die Merkmale für eine selbstständige Tätig-keit signifikant überwiegen, war die streitgegenständliche Verwaltungsentscheidung, die von einer abhängigen Beschäftigung ausging, aufzuheben. Soweit man nach den vorstehenden Aus-führungen den Indizien für eine abhängige Beschäftigung (vor allem das in § 4 Abs. (1) des Diri-gentenvertrages geregelte erfolgsunabhängige Pauschalhonorar) noch ein eigenständiges Gewicht beimessen mag, ändert dies nichts an der Gesamtbeurteilung, da insoweit nicht das ausschließli-che Vorliegen von Merkmalen für einen Status, sondern – lediglich – das überwiegende Vorlie-gen von Merkmalen für einen Status erforderlich ist (so auch: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 30. Oktober 2009 – L 1 KR 315/08, Rn. 54).

Entsprechend den vorstehenden Ausführungen war auch der Feststellungsantrag im Hinblick auf die – im Ergebnis nicht vorliegende – Versicherungspflicht des Klägers zu 2.) erfolgreich. Auf-grund der Selbstständigkeit der Tätigkeit des Klägers zu 2.) als Chefdirigent und künstlerischer Leiter der Klägerin zu 1.) greifen die seitens der Beklagten in Ansatz gebrachten Normen des § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI (gesetzliche Rentenversicherung) sowie § 25 Abs. 1 S. 1 SGB III (Recht der Arbeitsförderung vorliegend nicht ein. Der Kläger zu 2.) ist nicht gegen Arbeitsentgelt beschäf-tigt. Weitere Regelungen, die der getroffenen Feststellung, der Kläger zu 2.) unterliege nicht der Versicherungspflicht in den Versicherungszweigen der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung, entgegenstehen, sind weder für das Gericht ersichtlich noch wurden diese seitens der Beklagten vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht einheitlich – mithin auch gegenüber der nicht kostenprivilegier-ten Klägerin zu 1.) – auf § 193 Abs. 1 SGG, da der Kläger zu 2.) als kostenprivilegierter Beteilig-ter im Wege der subjektiven Klagehäufung am Verfahren teilgenommen hat (siehe dazu: LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17. Oktober 2019 – L 7 BA 2028/18, Rn. 104; unter Verweis auf BSG, Beschluss vom 29. Mai 2006 – B 2 U 391/05 B, LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Oktober 2014 – L 4 R 2204/13, LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 24. März 2011 – L 8 R 1107/10 B, Bayerisches LSG, Beschluss vom 6. Dezember 2017 – L 6 R 70/15 R sowie Beschluss vom 2. März 2010 – L 5 R 109/10 B).

§ 197a SGG ist vorliegend nicht einschlägig, da es sich nicht um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren handelt. Gemäß § 183 S. 1 SGG ist das Verfahren vor den Gerichten der Sozialge-richtsbarkeit unter anderem für Versicherte kostenfrei, soweit sie in dieser Eigenschaft als Kläger oder Beklagte am Verfahren beteiligt sind. Diese Kostenprivilegierung kommt hier auch dem Kläger zu 2.) zugute, da sich ein Beteiligter bereits dann auf die Kostenprivilegierung des § 183 SGG berufen kann, wenn – wie vorliegend – der Versicherungsstatus des Betroffenen selbst im Streit steht (siehe dazu Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 183 Rn. 5). Dass sich der Kläger zu 2.) vorliegend mit seiner Klage gerade gegen die Feststellung der Versicherungspflicht gewandt hat, steht seiner Kostenprivilegierung als Versi-cherter im Sinne von § 183 S. 1 SGG nicht entgegen. Insoweit gilt § 183 S. 1 SGG auch bei Kla-gen gegen die Feststellung der Versicherungspflicht (so auch: BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 – B 10 LW 5/05 R sowie Sächsisches LSG, Beschluss vom 14. Juli 2011 – L 7 KR 199/09 B; jeweils zitiert bei Schmidt, a.a.O.). Dem steht auch nicht die Regelung des § 183 S. 3 SGG ent-gegen. Hiernach steht jemand einer Person nach § 183 S. 1 und 2 SGG gleich, wenn er im Falle eines Obsiegens zu diesem Personenkreis gehören würde. Ein Umkehrschluss hieraus dahinge-hend, dass jemand, der bei Obsiegen gerade nicht (mehr) zum Personenkreis des § 183 S. 1 und 2 SGG gehören würde, die Kostenprivilegierung nicht mehr genießen dürfte, ist hingegen nicht zulässig. Entscheidend bleibt, dass der Versichertenstatus des Beteiligten im Streit steht (der gleichen Ansicht Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 183 Rn. 9; unter Verweis auf BSG, Urteil vom 5. Oktober 2006 – B 10 LW 5/05 R).

Nach § 193 Abs. 1 SGG hat die Beklagte die außergerichtlichen Kosten der Kläger im vollen Umfang zu tragen. Insoweit bindet das SGG die Kostenentscheidung nicht an den Ausgang des Verfahrens – wenngleich dieser neben den anderen Gesichtspunkten zu berücksichtigen ist – und stellt die Kostenentscheidung ins pflichtgemäße Ermessen des Gerichts (siehe hierzu Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 193 Rn. 12). Vor dem Hin-tergrund, dass die Beklagte bereits im Verwaltungsverfahren festgestellt hatte, dass die Tätigkeit des Klägers zu 2.) bei der Klägerin zu 1.) nicht der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Krankenversicherung sowie sozialen Pflegeversicherung unterliegt, fällt die insoweit im Rahmen der mündlichen Verhandlung nach richterlichem Hinweis getätigte Klarstellung des ursprüngli-chen Klageantrages zu 2.) aus der Klageschrift der Kläger vom 9. Oktober 2017, mit der weder eine Verzögerung des Rechtsstreits noch eine erhebliche Mehrbelastung einhergegangen ist, nicht maßgeblich – im Sinne einer Kostenquotelung – ins Gewicht.
Rechtskraft
Aus
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