Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
SG Leipzig (FSS)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 8 KR 178/01
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Eine Verböserung (reformatio in peius) ist auch im Kostenrecht ausgeschlossen.
Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten war im Hauptsacheverfahren das Bestehen einer Familienversicherung streitig.
Die am ... geborene Klägerin stellte am 07.05.1997 einen Antrag auf Feststellung einer Familienversicherung, den sie nach Ablehnung eines am 06.10.1999 begehrten An-trags auf vorläufigen Rechtsschutz am 20.11.2000 im Überprüfungswege wiederholte. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2000 ab.
Den hiergegen am 13.12.2000 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2001 zurück.
Der Beigeladene zu 1.) hat deswegen am 14.08.2001 Klage zum Sozialgericht Leipzig er-hoben. Nach gerichtlichem Hinweisschreiben vom 24.09.2002 in Bezug auf den Adressa-ten des Widerspruchsbescheides erließ die Beklagte am 07.11.2002 gegenüber der Kläge-rin einen inhaltsgleichen Widerspruchsbescheid. Den Widerspruchsbescheid vom 02.08.2000 gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) hob sie auf. Mit Beschluss vom 06.01.2003 hat das Gericht den Ehemann der Klägerin zum Verfahren beigeladen und durch Beschluss vom 27.01.2003 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Durch Urteil vom 07.04.2004 hat das Sozialgericht Leipzig die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 21.07.2004 hat es den Streitwert auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Auf die gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig eingelegte Berufung hin haben die Beteiligten in einem Erörterungstermin vor dem Sächsischen Landessozialgericht vom 16.03.2005 einen Vergleich dahingehend abgeschlossen, dass unter Abänderung des streit-gegenständlichen Bescheides die Klägerin bei der Beklagten ab 23.03.2004 familienversi-chert ist und die Beteiligten die Kosten auf sich selbst behalten.
Mit Schreiben vom 02.02.2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) Erstattung von PKH-Gebühren in Höhe von insgesamt 397,37 EUR beantragt.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 hat die Kostenbeamtin des Gerichts die dem Rechtsanwalt der Beigeladenen zu 1.) aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 210,55 EUR festgesetzt. Der Ansatz einer halben Mittelgebühr erscheine nach den maßgeblichen Umständen gerechtfertigt, da dem Prozessbevollmächtigten durch die gleichzeitige Vertretung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1.) keine besonderen Schwierigkeiten oder zusätzliche Aufwendungen erwachsen seien; vielmehr könne von einem gewissen "Rationalisierungseffekt" ausgegangen werden.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) am 25.07.2005 das Rechtsmittel der
E r i n n e r u n g
eingelegt. Zwar sei es richtig, dass er bereits im Jahr 2001 beauftragt worden sei und die anwaltliche Vergütung nach altem Recht zu erfolgen habe; gleichwohl seien die PKH-Gebühren für den Beigeladenen zu 1.) als Rahmengebühren abgerechnet worden, obwohl der Streitwert auf 4.000,00 EUR festgesetzt worden sei. Deshalb werde Neufestsetzung wie folgt beantragt:
Rechtsanwaltsgebührenrechnung Leistungszeit: 09.08.2001 bis 25.07.2005 Gegenstandswert: 4.000,00 EUR (7.823,32 DM) Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, Prozessgebühr § 116 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 10/10 186,37 EUR Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, Verhandlungsgebühr § 116 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 10/10 186,37 EUR Post- und Telekommunikation § 26 BRAGO 20,45 EUR
Zwischensumme netto 393,19 EUR 16 % Umsatzsteuer § 25 Abs. 2 BRAGO 62,91 EUR zu zahlender Betrag: 456,10 EUR
Auch nach Schriftwechsel mit dem Bezirksrevisor beim Sächsischen Landessozialgericht hat die Kostenbeamtin der Erinnerung nicht abgeholfen. Zwar müsse der Erinnerung grundsätzlich stattgegeben werden, da der Streitwert maßgebend sei; Rahmengebühren hätten deshalb nicht in Ansatz gebracht werden dürfen. Entgegen der Auffassung des Be-zirksrevisors dürfe der einmal festgesetzte Betrag jedoch nicht unterschritten werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Über die nach § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 hat das Gericht, bei dem die Vergütung fest-gesetzt ist, durch Beschluss zu entscheiden (§ 178 S. 1 SGG, § 128 Abs. 3 Bundesrechts-anwaltsgebührenordnung (BRAGO)). Die statthafte und zulässige Erinnerung erweist sich jedoch im Ergebnis als unbegründet.
Die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung hat nach altem Recht zu erfolgen, denn der Anwalt ist bereits im Jahr 2001 beauftragt worden (§ 134 BRAGO, § 61 Abs. 1 Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (RVG)). Daher hätte – wie von der Kostenbeamtin zu Recht festge-stellt - eine Kostenfestsetzung auf der Grundlage des mit Beschluss vom 21.07.2004 fest-gesetzten Streitwertes erfolgen müssen und nicht auf Grundlage von Rahmengebühren. Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) als weiterem Auftraggeber nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO hätte demzufolge nur ein Anspruch auf Kostenfestsetzung in Höhe von 89,70 EUR zugestanden (Streitwert: 7.823,32 DM, hiervon 3/10 Prozessgebühr abzüglich 10 v.H. 111,24 DM, zuzüglich Auslagenpauschale 40,00 DM, zuzüglich 24,20 DM Mehr-wertsteuer = 175,44 DM, entsprechend 89,70 EUR).
Für eine Kostenfestsetzung auf der Grundlage einer höheren Rahmengebühr fehlt es mithin an einer rechtlichen Grundlage, weil – wie aufgezeigt – durch die gerichtliche Streitwert-festsetzung mit Beschluss vom 21.07.2004 eine Gebührenberechnung nach einem Rahmen an sich nicht mehr zulässig war (vgl. §§ 9, 116 BRAGO).
Entgegen der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors ist indes auch eine Unterschreitung des durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 festgesetzten Betrages ausgeschlos-sen; denn eine Verböserung ("reformatio in peius") findet nicht statt (abweichend, ohne nähere Begründung: Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage, § 128 BRAGO Rdnr. 41). Die im Rechtsmittelverfahren vorgenommene Änderung einer gerichtlichen Entscheidung zu Ungunsten des Rechtsmittelführers ist regelmäßig unzulässig.
Dieser Grundsatz gilt nach Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts allgemein und um-fassend: So darf das Urteil im Zivilprozess nicht zum Nachteil des Rechtsmittelführers geändert werden. Anders ist der Fall nur zu beurteilen, wenn auch der Prozessgegner ein Rechtsmittel eingelegt hat (§§ 524, 559 Zivilprozessordnung (ZPO)). Im Strafprozess darf eine Änderung nur zu Gunsten des Angeklagten, nicht zu dessen Nachteil, erfolgen, selbst wenn nur die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelführerin ist und unabhängig von der Frage, ob die Änderung zu Gunsten oder zum Nachteil des Angeklagten erstrebt wird (§§ 331, 358, 301 Strafprozessordnung (StPO)). Der Grundsatz der "reformatio in peius" gilt auch für Verfahren der Verwaltungsgerichte, weil für diese die Grundsätze des Zivilprozesses ebenfalls gelten (§§ 129, 141 Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO)), ebenso für förmliche Rechtsbehelfsakte (§ 79 Verwal-tungsverfahrensgesetz (VwVfG)). Das Sozialgerichtsgesetz verweist nach § 202 SGG gleichfalls auf eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Gerichtsverfassungs-gesetzes (GVG) und der ZPO, soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfah-ren enthält und grundsätzliche Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht aus-schließen. Für das Kostenrecht kann mithin nichts anderes gelten. Eine Änderung zu Un-gunsten des Erinnerungsführers erweist sich damit als unzulässig.
Mithin braucht nur überprüft zu werden, ob der festgesetzte Betrag die Forderung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwaltes übersteigt, falls die Staatskas-se Beschwerde eingelegt hätte. Für den Fall, dass der im Wege der Prozesskostenhilfe bei-geordnete Rechtsanwalt Erinnerung eingelegt hat, hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob der bereits festgesetzte Betrag zu erhöhen ist (von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Ei-cken/Madert, BRAGO, 31. Auflage, § 128 Rdnr. 25; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 189 Rdnr. 3). Dies ist nicht der Fall. Die Kostenbeamtin weist zu Recht darauf hin, dass unter Zugrundelegung einer Rahmengebühr der Ansatz der Mittelgebühr für die Vertretung des Beigeladenen zu 1.) nicht der Billigkeit entspricht; auf die diesbezüglichen Ausführun-gen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 wird Bezug genommen. Das Gericht macht sich diese nach Überprüfung zu Eigen. Von einer weiteren Darstellung der Gründe war damit nach § 136 Abs. 3 SGG analog abzusehen. Gegen eine entsprechende Anwen-dung dieser Vorschrift für Beschlüsse bestehen trotz fehlender ausdrücklicher Regelung im Sozialgerichtsgesetz keine Bedenken. Das Gericht ist insoweit einer unnötigen Begrün-dung enthoben, weil der Zweck der Begründungspflicht auch durch eine Bezugnahme er-reicht wird (vgl. dazu: BVerwG in: NJW 1980, 953; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 153 Rdnr. 6 m.w.N.).
Die Entscheidung ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 128 Abs. 5 BRAGO, nunmehr: § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG) und ist nach Maßgabe des § 128 Abs. 4 BRAGO (vgl. nunmehr: § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) beschwerdefähig. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 RVG ist nur für den Fall, dass der Rechtsanwalt am 01. Juli 2004 in derselben Angelegenheit und, wenn ein gericht-liches Verfahren anhängig ist, in demselben Rechtszug bereits tätig ist, für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, dieses Gesetz an-zuwenden. Zwar handelt es sich bei der Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung um "dieselbe Ange-legenheit" im Sinne des § 16 Nr. 12 RVG; gleichwohl war in demselben Rechtszug das Verfahren mit Urteil vom 07.04.2004 am 01.07.2004 nicht mehr anhängig. Mithin gilt § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach die BRAGO weiter anzuwenden ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 vor dem 01. Juli 2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist.
Gründe:
I.
Zwischen den Beteiligten war im Hauptsacheverfahren das Bestehen einer Familienversicherung streitig.
Die am ... geborene Klägerin stellte am 07.05.1997 einen Antrag auf Feststellung einer Familienversicherung, den sie nach Ablehnung eines am 06.10.1999 begehrten An-trags auf vorläufigen Rechtsschutz am 20.11.2000 im Überprüfungswege wiederholte. Dies lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 30.11.2000 ab.
Den hiergegen am 13.12.2000 erhobenen Widerspruch wies die Beklagte gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) mit Widerspruchsbescheid vom 02.08.2001 zurück.
Der Beigeladene zu 1.) hat deswegen am 14.08.2001 Klage zum Sozialgericht Leipzig er-hoben. Nach gerichtlichem Hinweisschreiben vom 24.09.2002 in Bezug auf den Adressa-ten des Widerspruchsbescheides erließ die Beklagte am 07.11.2002 gegenüber der Kläge-rin einen inhaltsgleichen Widerspruchsbescheid. Den Widerspruchsbescheid vom 02.08.2000 gegenüber dem Beigeladenen zu 1.) hob sie auf. Mit Beschluss vom 06.01.2003 hat das Gericht den Ehemann der Klägerin zum Verfahren beigeladen und durch Beschluss vom 27.01.2003 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt.
Durch Urteil vom 07.04.2004 hat das Sozialgericht Leipzig die Klage abgewiesen. Mit Beschluss vom 21.07.2004 hat es den Streitwert auf 4.000,00 EUR festgesetzt.
Auf die gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig eingelegte Berufung hin haben die Beteiligten in einem Erörterungstermin vor dem Sächsischen Landessozialgericht vom 16.03.2005 einen Vergleich dahingehend abgeschlossen, dass unter Abänderung des streit-gegenständlichen Bescheides die Klägerin bei der Beklagten ab 23.03.2004 familienversi-chert ist und die Beteiligten die Kosten auf sich selbst behalten.
Mit Schreiben vom 02.02.2005 hat der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) Erstattung von PKH-Gebühren in Höhe von insgesamt 397,37 EUR beantragt.
Durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 hat die Kostenbeamtin des Gerichts die dem Rechtsanwalt der Beigeladenen zu 1.) aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen auf 210,55 EUR festgesetzt. Der Ansatz einer halben Mittelgebühr erscheine nach den maßgeblichen Umständen gerechtfertigt, da dem Prozessbevollmächtigten durch die gleichzeitige Vertretung der Klägerin und des Beigeladenen zu 1.) keine besonderen Schwierigkeiten oder zusätzliche Aufwendungen erwachsen seien; vielmehr könne von einem gewissen "Rationalisierungseffekt" ausgegangen werden.
Hiergegen hat der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) am 25.07.2005 das Rechtsmittel der
E r i n n e r u n g
eingelegt. Zwar sei es richtig, dass er bereits im Jahr 2001 beauftragt worden sei und die anwaltliche Vergütung nach altem Recht zu erfolgen habe; gleichwohl seien die PKH-Gebühren für den Beigeladenen zu 1.) als Rahmengebühren abgerechnet worden, obwohl der Streitwert auf 4.000,00 EUR festgesetzt worden sei. Deshalb werde Neufestsetzung wie folgt beantragt:
Rechtsanwaltsgebührenrechnung Leistungszeit: 09.08.2001 bis 25.07.2005 Gegenstandswert: 4.000,00 EUR (7.823,32 DM) Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, Prozessgebühr § 116 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO 10/10 186,37 EUR Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, Verhandlungsgebühr § 116 Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 31 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO 10/10 186,37 EUR Post- und Telekommunikation § 26 BRAGO 20,45 EUR
Zwischensumme netto 393,19 EUR 16 % Umsatzsteuer § 25 Abs. 2 BRAGO 62,91 EUR zu zahlender Betrag: 456,10 EUR
Auch nach Schriftwechsel mit dem Bezirksrevisor beim Sächsischen Landessozialgericht hat die Kostenbeamtin der Erinnerung nicht abgeholfen. Zwar müsse der Erinnerung grundsätzlich stattgegeben werden, da der Streitwert maßgebend sei; Rahmengebühren hätten deshalb nicht in Ansatz gebracht werden dürfen. Entgegen der Auffassung des Be-zirksrevisors dürfe der einmal festgesetzte Betrag jedoch nicht unterschritten werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.
II.
Über die nach § 197 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhobene Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 hat das Gericht, bei dem die Vergütung fest-gesetzt ist, durch Beschluss zu entscheiden (§ 178 S. 1 SGG, § 128 Abs. 3 Bundesrechts-anwaltsgebührenordnung (BRAGO)). Die statthafte und zulässige Erinnerung erweist sich jedoch im Ergebnis als unbegründet.
Die Festsetzung der anwaltlichen Vergütung hat nach altem Recht zu erfolgen, denn der Anwalt ist bereits im Jahr 2001 beauftragt worden (§ 134 BRAGO, § 61 Abs. 1 Rechtsan-waltsvergütungsgesetz (RVG)). Daher hätte – wie von der Kostenbeamtin zu Recht festge-stellt - eine Kostenfestsetzung auf der Grundlage des mit Beschluss vom 21.07.2004 fest-gesetzten Streitwertes erfolgen müssen und nicht auf Grundlage von Rahmengebühren. Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1.) als weiterem Auftraggeber nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BRAGO hätte demzufolge nur ein Anspruch auf Kostenfestsetzung in Höhe von 89,70 EUR zugestanden (Streitwert: 7.823,32 DM, hiervon 3/10 Prozessgebühr abzüglich 10 v.H. 111,24 DM, zuzüglich Auslagenpauschale 40,00 DM, zuzüglich 24,20 DM Mehr-wertsteuer = 175,44 DM, entsprechend 89,70 EUR).
Für eine Kostenfestsetzung auf der Grundlage einer höheren Rahmengebühr fehlt es mithin an einer rechtlichen Grundlage, weil – wie aufgezeigt – durch die gerichtliche Streitwert-festsetzung mit Beschluss vom 21.07.2004 eine Gebührenberechnung nach einem Rahmen an sich nicht mehr zulässig war (vgl. §§ 9, 116 BRAGO).
Entgegen der Rechtsauffassung des Bezirksrevisors ist indes auch eine Unterschreitung des durch Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 festgesetzten Betrages ausgeschlos-sen; denn eine Verböserung ("reformatio in peius") findet nicht statt (abweichend, ohne nähere Begründung: Hartmann, Kostengesetze, 32. Auflage, § 128 BRAGO Rdnr. 41). Die im Rechtsmittelverfahren vorgenommene Änderung einer gerichtlichen Entscheidung zu Ungunsten des Rechtsmittelführers ist regelmäßig unzulässig.
Dieser Grundsatz gilt nach Rechtsauffassung des erkennenden Gerichts allgemein und um-fassend: So darf das Urteil im Zivilprozess nicht zum Nachteil des Rechtsmittelführers geändert werden. Anders ist der Fall nur zu beurteilen, wenn auch der Prozessgegner ein Rechtsmittel eingelegt hat (§§ 524, 559 Zivilprozessordnung (ZPO)). Im Strafprozess darf eine Änderung nur zu Gunsten des Angeklagten, nicht zu dessen Nachteil, erfolgen, selbst wenn nur die Staatsanwaltschaft Rechtsmittelführerin ist und unabhängig von der Frage, ob die Änderung zu Gunsten oder zum Nachteil des Angeklagten erstrebt wird (§§ 331, 358, 301 Strafprozessordnung (StPO)). Der Grundsatz der "reformatio in peius" gilt auch für Verfahren der Verwaltungsgerichte, weil für diese die Grundsätze des Zivilprozesses ebenfalls gelten (§§ 129, 141 Verwal-tungsgerichtsordnung (VwGO)), ebenso für förmliche Rechtsbehelfsakte (§ 79 Verwal-tungsverfahrensgesetz (VwVfG)). Das Sozialgerichtsgesetz verweist nach § 202 SGG gleichfalls auf eine entsprechende Anwendung der Vorschriften des Gerichtsverfassungs-gesetzes (GVG) und der ZPO, soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfah-ren enthält und grundsätzliche Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht aus-schließen. Für das Kostenrecht kann mithin nichts anderes gelten. Eine Änderung zu Un-gunsten des Erinnerungsführers erweist sich damit als unzulässig.
Mithin braucht nur überprüft zu werden, ob der festgesetzte Betrag die Forderung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Rechtsanwaltes übersteigt, falls die Staatskas-se Beschwerde eingelegt hätte. Für den Fall, dass der im Wege der Prozesskostenhilfe bei-geordnete Rechtsanwalt Erinnerung eingelegt hat, hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob der bereits festgesetzte Betrag zu erhöhen ist (von Eicken in: Gerold/Schmidt/von Ei-cken/Madert, BRAGO, 31. Auflage, § 128 Rdnr. 25; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 189 Rdnr. 3). Dies ist nicht der Fall. Die Kostenbeamtin weist zu Recht darauf hin, dass unter Zugrundelegung einer Rahmengebühr der Ansatz der Mittelgebühr für die Vertretung des Beigeladenen zu 1.) nicht der Billigkeit entspricht; auf die diesbezüglichen Ausführun-gen im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 08.07.2005 wird Bezug genommen. Das Gericht macht sich diese nach Überprüfung zu Eigen. Von einer weiteren Darstellung der Gründe war damit nach § 136 Abs. 3 SGG analog abzusehen. Gegen eine entsprechende Anwen-dung dieser Vorschrift für Beschlüsse bestehen trotz fehlender ausdrücklicher Regelung im Sozialgerichtsgesetz keine Bedenken. Das Gericht ist insoweit einer unnötigen Begrün-dung enthoben, weil der Zweck der Begründungspflicht auch durch eine Bezugnahme er-reicht wird (vgl. dazu: BVerwG in: NJW 1980, 953; Meyer-Ladewig, SGG, 7. Auflage, § 153 Rdnr. 6 m.w.N.).
Die Entscheidung ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 128 Abs. 5 BRAGO, nunmehr: § 56 Abs. 2 Satz 2 RVG) und ist nach Maßgabe des § 128 Abs. 4 BRAGO (vgl. nunmehr: § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG) beschwerdefähig. Gemäß § 61 Abs. 1 Satz 2 RVG ist nur für den Fall, dass der Rechtsanwalt am 01. Juli 2004 in derselben Angelegenheit und, wenn ein gericht-liches Verfahren anhängig ist, in demselben Rechtszug bereits tätig ist, für das Verfahren über ein Rechtsmittel, das nach diesem Zeitpunkt eingelegt worden ist, dieses Gesetz an-zuwenden. Zwar handelt es sich bei der Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung um "dieselbe Ange-legenheit" im Sinne des § 16 Nr. 12 RVG; gleichwohl war in demselben Rechtszug das Verfahren mit Urteil vom 07.04.2004 am 01.07.2004 nicht mehr anhängig. Mithin gilt § 61 Abs. 1 Satz 1 RVG, wonach die BRAGO weiter anzuwenden ist, wenn der unbedingte Auftrag zur Erledigung derselben Angelegenheit im Sinne des § 15 vor dem 01. Juli 2004 erteilt oder der Rechtsanwalt vor diesem Zeitpunkt gerichtlich bestellt oder beigeordnet worden ist.
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