S 11 AY 10/19 ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Landshut (FSB)
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
11
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 11 AY 10/19 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Es muss aus dem feststellenden Verwaltungsakt eindeutig hervorgehen, welche konkrete Pflichtverletzung Grundlage der Leistungskürzung nach § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG ist.
Eine Leistungsabsenkung nach § 1 a AsylbLG kann nur für die Zukunft erfolgen.
I. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, den Antragstellern zu 1. und 2. vorläufig Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz für die Zeit vom 01.02.2019 bis zum 31.05.2019 ohne Einschränkungen nach 1 a Abs. 4 AsylbLG zu gewähren. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

II. Der Antragsgegner trägt 2/3 der notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1. und 2.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten im Rahmen eines Eilverfahrens um die Gewährung von Grund-leistungen gemäß § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) ohne Einschränkung des Anspruches gemäß § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG.

Der 1968 geborene Antragsteller zu 1. ist der Ehemann der 1968 geborenen Antragstellerin zu 2. Sie sind die Eltern des am 01.01.2002 geborenen Antragstellers zu 3. Die Antragsteller sind syrische Staatsangehörige und reisten am 02.03.2018 in die Bundes-republik ein. Der Antrag auf Gewährung von Asyl wurde am 05.03.2018 gestellt. Der Asylantrag wurde mit Bescheid vom 20.04.2018 als unzulässig zurückgewiesen und es wurde die Abschiebung nach Italien angedroht. Hiergegen erhoben die Antragsteller am 27.04.2018 Klage beim Verwaltungsgericht Ansbach, über die, soweit ersichtlich, noch nicht entschieden ist.

Seit dem 11.12.2018 sind die Antragsteller dem Landkreis Passau zur Unterbringung zugewiesen.

Die Antragsteller sind Inhaber einer Aufenthaltsgestattung für Italien. Diese besteht bis zum 28.12.2021 fort.

Mit Schreiben vom 27.12.2018 hörte der Antragsgegner die Antragsteller zu 1. und 2. zur beabsichtigten Leistungskürzung an. Aus den Unterlagen gehe hervor, dass Italien den Antragstellern internationalen Schutz gewähre. Der Antragsgegner sehe daher den Tatbestand des § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG als erfüllt an.

Eine Stellungnahme der Antragsteller erfolgte nicht.

Mit Bescheid vom 25.01.2019 gewährte der Antragsgegner den Antragstellern zu 1. und 2. ab dem 11.12.2018 bis 31.05.2019 Leistungen nach dem AsylbLG nur eingeschränkt. Die Antragsteller zu 1. und 2. erhalten jeweils nunmehr Leistungen in Höhe von mtl. 148,55 EUR zzgl. Leistungen für Unterkunft, Gesundheits- und Körperpflege durch Sachleistungen. Die Antragsteller zu 1. und 2. seien Inhaber einer Aufenthaltsgestattung für Italien. Dort werde den Antragstellern bereits internationaler Schutz gewährt. Deshalb lägen die Voraussetzungen des § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG vor.

Dem Antragsteller zu 3. hingegen gewährte der Antragsgegner mit Bescheid vom 17.12.2018 bis auf weiteres ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG.

Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 01.02.2019 legten die Antragsteller Widerspruch ein. Gründe für die Kürzung der Leistungen gemäß § 1 a AsylbLG bestünden nicht. Über den Widerspruch wurde bisher noch nicht entschieden.

Mit ihrem Antrag vom 01.02.2019 auf einstweiligen Rechtsschutz haben sich die Antragsteller, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, an das Sozialgericht Landshut gewandt. Die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung seien nicht erfüllt. Die unterbliebene Ausreise beruhe nicht auf Gründen, die die Antragsteller zu vertreten hätten. Solange die Antragsteller nicht vollziehbar ausreisepflichtig seien, dürften Leistungen nach dem AsylbLG nicht eingeschränkt werden.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig für den Zeitraum 11.12.2018 bis 31.05.2019 Leistungen nach § 3 AsylbLG ohne Einschränkungen nach § 1 a AsylbLG zu gewähren.

Der Antragsgegner beantragt, den Antrag abzulehnen.

Die Antragsteller seien im Wissen um den bereits in Italien gewährten internationalen Schutz in das Bundesgebiet eingereist. Dies sei den Antragstellern als Fehlverhalten zuzurechnen. Der Antragsteller zu 3. habe ohnedies die vollen Leistungen erhalten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes sowie des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Akte des Gerichts und die beigezogene Akte des Antragsgegners verwiesen.

II.

Bezogen auf die Antragsteller zu 1. und 2. ist der Antrag als Antrag auf Erlass einer Regelungsanordnung statthaft und überwiegend begründet (dazu 2.). Der Antrag des Antragstellers zu 3. ist bereits unzulässig (dazu 1).

1. Der Antrag des Antragstellers zu 3. auf einstweiligen Rechtsschutz ist bereits unzu-lässig.

Das Gericht hat in jeder Phase des Verfahrens von Amts wegen das Bestehen der Zulässigkeitsvoraussetzungen zu prüfen (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, vor § 51 Rn 20). Zu diesen Zulässigkeitsvoraussetzungen zählt auch, dass es für das an das Gericht gerichtete Begehren ein Rechtsschutzbedürfnis gibt (vgl. Keller, a. a. O., vor § 51 Rn. 16a m. w. N.); dies gilt auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Keller, a. a. O., § 86b Rn. 7a). Es ist gegeben, wenn die erstrebte gerichtliche Entscheidung der Antragsteller einen rechtlichen oder tatsächlichen Vorteil bringen kann. An diesem Rechtsschutzbedürfnis fehlt es hier. Der Antragsteller zu 3. bezieht bereits ungekürzte Leistungen nach § 3 AsylbLG. Durch den gestellten Antrag kann der Antragsteller zu 3. keinen Vorteil er-langen.

2. Der Antrag der Antragsteller zu 1. und 2. hat überwiegend Erfolg.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 25.01.2019. Maßgebend für die Bestimmung, in welcher Weise vorläufiger gerichtlicher Rechtsschutz zu gewähren ist, ist der im Hauptsacheverfahren statthafte Rechtsbehelf. Der Eilantrag ist als Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da kein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt. Die Antragsteller zu 1. und 2. können ihr Rechtsschutzziel - die (vorläufige) Gewährung höherer Leistungen - nicht mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 25.01.2019 nach § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG erreichen. Zwar hat der Widerspruch gegen die Feststellung einer Einschränkung des Leistungsanspruchs nach § 1a AsylbLG gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG iVm § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG keine aufschiebende Wirkung. Aus der Anordnung der aufschiebenden Wirkung würde sich aber nur dann die Verpflichtung des Antragsgegners zur Gewährung höherer Leistungen ergeben, wenn zuvor für den streitigen Zeitraum höhere Leistungen bewilligt worden wären. Dies ist jedoch vorliegend nicht der Fall.

Der Antrag der Antragsteller zu 1. und 2. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist auch überwiegend begründet. Die Antragsteller haben sowohl einen Anordnungsanspruch als auch einen Anordnungsgrund hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen glaubhaft gemacht. Der Anspruch der Antragsteller zu 1. und 2. auf Gewährung höherer Leistungen nach § 3 AsylbLG ergibt sich vorliegend aus einer verfassungsrechtlich gebotenen teleologischen Reduktion des § 1 a Abs. 4 Satz 2 AsylbLG.

Die Antragsteller haben einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie gehören, da sie sich tatsächlich im Bundesgebiet aufhalten und wegen des anhängigen Asylverfahrens über eine Aufenthaltsgestattung verfügen, zum Kreis der Leistungsberechtigten gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylbLG, die Anspruch auf Grundleistungen nach §§ 3 ff. AsylbLG haben.

In Betracht kommt allein eine Anspruchseinschränkung nach § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG. Nach dieser mit dem Integrationsgesetz vom 31.07.2016 eingefügten und zum 06.08.2016 in Kraft getretenen Regelung gilt § 1 a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 oder 5 AsylbLG, denen bereits von einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union oder einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1 internationaler Schutz oder aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist, wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Der Zweck der Regelung besteht in der Begrenzung der Sekundärmigration insbesondere aus anderen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union nach Deutschland. Nach dem Gesetzentwurf vom 31. Mai 2016 dient sie der Vervollständigung der Regelung nach § 1 a Abs. 4 Satz 1 AsylbLG (BT-Druck-sache 18/8615, Seite 35), wonach eine Anspruchseinschränkung für bestimmte Fälle vorgesehen ist, in denen ein anderer Mitgliedsstaat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Bereits im Gesetzgebungsverfahren zu § 1 a Abs. 4 AsylbLG in der ab dem 24. Oktober 2015 geltenden Fassung war gefordert worden, dass eine Leistungseinschränkung auch ("erst recht") bei Personen erfolgt, deren Asylverfahren in einem anderen Mitgliedsstaat durch Gewährung eines Schutzstatus bereits positiv abgeschlossen worden sind (Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 07. Februar 2018 - L 8 AY 23/17 B ER -, m. w. N.).

Unter Berücksichtigung des dargestellten Normzwecks und des Regelungszusammenhangs hält die Kammer eine teleologische Reduktion von § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG für geboten. Eine teleologische Reduktion ist dadurch gekennzeichnet, dass eine Vorschrift entgegen ihrem Wortlaut hinsichtlich eines Teils der von ihr erfassten Fälle nicht zur Anwendung kommt, weil der Sinn und Zweck, die Entstehungsgeschichte und der Gesamtzusammenhang der einschlägigen Regelungen gegen eine uneingeschränkte Anwendung sprechen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 04. Dezember 2014 - B 2 U 18/13 R -, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RE 2/16 R -).

Nur diese Auslegung der Norm ermöglicht eine verfassungskonforme Auslegung. Mit Blick hierauf ist auch für die Anspruchseinschränkung nach § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG - im Wege der normerhaltenden, teleologischen Reduktion - zu fordern, dass dem Leistungsberechtigten ein pflichtwidriges Verhalten vorzuwerfen ist. Dafür, dass der Gesetzgeber auch bei § 1 a Abs. 4 AsylbLG nur ein pflichtwidriges Verhalten sanktionieren wollte, spricht die systematische Verortung dieser Anspruchseinschränkung in § 1 a AsylbLG. Hintergrund aller Leistungseinschränkungen in dieser Norm ist - wie sich aus der Gesamtzusammenschau der verschiedenen Tatbestände des § 1 a AsylbLG ergibt - ein konkretes, selbst zu vertretendes (ausländerrechtliches) Fehlverhalten, als Folge dessen die Leistungseinschränkung greift. Dass der Gesetzgeber dies bei allen Tatbestandsvarianten im Sinn hatte, zeigt auch der Wortlaut des § 14 Abs. 2 AsylbLG, der eine Verlängerung der Anspruchseinschränkung bei "fortbestehender Pflichtverletzung" vorsieht. Auch für die Leistungseinschränkung nach § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG ist daher zu fordern, dass ein Fehlverhalten des Leistungsberechtigten vorliegen muss (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. September 2018 - L 8 AY 13/18 B ER -, m. w. N.)

Ob ein pflichtwidriges Fehlverhalten der Antragsteller zu 1. und 2. vorlag, kann hier dahinstehen. Weder der Anhörung vom 27.12.2018, noch dem Bescheid vom 25.01.2019 ist zu entnehmen, welches konkrete Fehlverhalten der Antragsteller sanktioniert werden soll. Scheinbar wurde vom Antragsgegner sanktioniert, dass die Antragsteller bereits über ein Aufenthaltsrecht in Italien verfügen. Das Aufenthaltsrecht stellt für sich indes kein Fehlverhalten dar. Schon aufgrund von § 14 AsylbLG ist eine hinreichende Bestimmtheit der Pflichtverletzung zu fordern. Es muss aus dem feststellenden Verwaltungsakt eindeutig hervorgehen, welche konkrete Pflichtverletzung Grundlage der Leistungskürzung nach § 1 a Abs. 4 S. 2 AsylbLG ist. Aus § 14 Abs. 2 AsylbLG folgt, dass die Behörde spätestens nach Ablauf von sechs Monaten in eine neue Prüfung eintreten muss. Inhalt dieser Prüfung ist es, ob die Pflichtverletzung nach § 1 a AsylbLG weiterhin besteht oder nicht. Die Gesetzesmaterialien beziehen sich auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, der es gebiete, dass ein nicht mehr änderbares, zurückliegendes Fehlverhalten oder sogar ein bereits korrigiertes Fehlverhalten in einer Sanktion nicht unbegrenzt fortwirkt (Oppermann in: Schlegel/ Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Aufl. 2014, § 14 AsylbLG 1. Überarbeitung, Rn. 10). Der Antragsgegner stellt in der Antragserwiderung vom 08.02.2019 erstmals auf die Einreise der Antragsteller ab. Mit dem Bescheid vom 25.01.2019 korrespondiert dies jedoch nicht.

Es kann hier somit ebenfalls dahinstehen, ob für das Beispiel Italien im einstweiligen Rechtsschutz existenzsichernde Leistungen in vollem Umfang bereits deshalb zu gewähren sind, weil die Abschiebung in einen anderen EU-Staat wegen einer dort drohenden unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art 3 EMRK nicht möglich ist (so für Italien SG Lüneburg, Beschluss vom 06. Juni 2017 - S 26 AY 10/17 ER -).

Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Leistungsabsenkung, zumindest soweit sie auch für die Vergangenheit eine Absenkung regelt, rechtswidrig ist. Eine Leistungsabsenkung nach § 1 a AsylbLG kann nur für die Zukunft erfolgen. Für eine Einschränkung der Leistungsansprüche nach den § 3 AsylbLG aufgrund des § 1 a AsylbLG ist Voraussetzung, dass eine solche Anspruchseinschränkung durch Verwaltungsakt festgestellt wird. Zwar ließe es der Wortlaut des § 1 a AsylbLG auch möglich erscheinen, bei Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen eine Anspruchseinschränkung kraft Gesetzes ohne weitere Umsetzung durch einen Verwaltungsakt eintreten zu lassen. Allerdings ergibt sich im systematischen Zusammenhang mit den weiteren Regelungen in § 11 Abs. 4 Nr. 2 und § 14 Abs. 1 AsylbLG, dass ein feststellender Verwaltungsakt über das Vorliegen einer Anspruchseinschränkung nach § 1 a AsylbLG für den Eintritt der vorgesehenen Rechtsfolgen erforderlich ist (Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. März 2018 - L 18 AY 2/18 B ER -, m. w. N.). Hinzu kommt, dass der Betroffene die Möglichkeit der Abwendung der Kürzung durch Verhaltensanpassung haben muss. Somit scheidet es aus, dass eine rückwirkende Feststellung der Leistungsabsenkung erfolgt.

Auch ein Anordnungsgrund liegt vor. An diesen sind bereits wegen des oben geschilderten funktionalen Zusammenhangs von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund keine hohen Anforderungen zu stellen, da eine große Erfolgsaussicht in der Hauptsache besteht. Im Übrigen ergibt sich die Eilbedürftigkeit auch aus der Tatsache, dass die Antragsteller zu 1. und 2. sonst längere Zeit unterhalb des (soziokulturellen) Existenzminimums leben müssten.

Der Antragsgegner war daher vorläufig zu verpflichten, den Antragstellern zu 1. und 2. für die Zeit ab 01.02.2019 (Tag der Antragstellung bei Gericht) ungekürzte Leistungen zu gewähren. Dauer und Höhe der zuzusprechenden Leistungen liegen gemäß § 86b Abs. 1 Satz 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts. Die Dauer der vorläufigen Bewilligung orientiert sich an dem Bewilligungszeitraum des Bescheids vom 25.01.2019. Bezüglich der Leistungshöhe erscheint eine Verpflichtung "dem Grunde nach" sachgerecht und entsprechend dem Antrag der Antragsteller sinnvoll, da auch bei einer solchen Grundverpflichtung für den Antragsgegner die Berechnung der jeweils konkreten Leistungshöhe möglich ist. Wenn, wie hier, nur eine Leistungsabsenkung, nicht aber die Höhe des Anspruchs strittig ist, ist eine bloße Verpflichtung "dem Grunde nach" möglich (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 01. Juli 2016 - L 7 AS 350/16 B ER -). Eine Verpflichtung dem Grunde nach im Sinne des § 130 Abs. 1 SGG ist zulässig, wenn mit Wahrscheinlichkeit von einem (zumindest geringfügig höheren) Leistungsanspruch ausgegangen werden kann (vgl. SG Hannover, Beschluss vom 14. Juli 2017 - S 48 AS 1951/17 ER -, m. w. N.). Dies ist hier der Fall.

Das Gericht weist ausdrücklich darauf hin, dass Leistungen, die mittels einstweiligen Rechtsschutzes erlangt werden, lediglich vorläufig gewährt werden. Wenn sich im Hauptsacheverfahren herausstellen sollte, dass die Leistungen tatsächlich nicht zustehen, sind die erlangten Leistungen zurückzuzahlen.

Das einstweilige Rechtsschutzbegehren ist in Bezug auf den vor der Beantragung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung bei Gericht liegenden Zeitraum (vorliegend vor dem 01.02.2019) ausgeschlossen (vgl. etwa Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 07. Mai 2009 - L 9 AS 763/08 ER -), weil die vorläufige Verpflichtung zu Leistungen nach § 3 AsylbLG im Wege einer einstweiligen Anordnung in der Regel nur zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu erfolgen hat und nicht rückwirkend zu bewilligen ist, wenn nicht ein Nachholbedarf plausibel und glaubhaft gemacht ist (vgl. hierzu bereits Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Beschluss vom 17. September 2003 - 4 B 39/03 -). Aus dem Tatbestandsmerkmal der "Abwendung eines wesentlichen Nachteils" im Sinne des § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG ist zu schließen, dass die Beeinträchtigung noch nicht eingetreten sein darf, sondern zukünftig noch bevorstehen muss. Abzustellen ist dabei grundsätzlich auf den Zeitpunkt des Eilantrags bei Gericht. Für Leistungen für die Vergangenheit sind Antragsteller daher grundsätzlich auf den Rechtsweg in der Hauptsache zu verweisen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht, Beschluss vom 06. März 2007 - L 7 B 884/06 AS ER -).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG und berücksichtigt den Ausgang des Verfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss ist gemäß §§ 172 Abs. 1, 173 SGG Beschwerde zum Bayer. Landessozialgericht statthaft. Die Beschwerde ist binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses beim Sozialgericht Landshut, Seligenthaler Straße 10, 84034 Landshut, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Sozialgericht Landshut in elektronischer Form einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayer. Landessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder beim Bayer. Landessozialgericht in elektronischer Form eingelegt wird. Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und - von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist oder - von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird. Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung.
Rechtskraft
Aus
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