Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Oldenburg (NSB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Niedersachsen-Bremen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 11 AL 111/99 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Oktober 1999 wird zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die Klägerin bezog seit 15. Februar 1992 Alhi. Für die Zeit ab 1. Juli 1992 wurde ihr von der Universität Hannover ein Promotionsstipendium nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (GradFöG) in Höhe von 1.200 DM monatlich bewilligt. Dieses Stipendium erhielt die Klägerin bis einschließlich 16. Juni 1993.
Im Dezember 1991 hatte die Klägerin gegenüber dem zuständigen Arbeitsamt angegeben, sie beziehe voraussichtlich ab April 1992 ein Stipendium, werde sich aber vorher noch abmelden. Tatsächlich erfolgte eine "Abmeldung" jedoch nicht. Von der Bewilligung des Stipendiums und dem Beginn der Zahlungen ab Juli 1992 erfuhr die Beklagte erst am 8. Februar 1993. Sie lehnte daraufhin einen Antrag der Klägerin auf Weiterbewilligung von Alhi für die Zeit ab 15. Februar 1993 ab (Bescheid vom 3. Dezember 1993); auf Antrag bewilligte sie erst wieder Alhi für die Zeit ab 17. Juni 1993, nachdem die Klägerin auf das Stipendium verzichtet hatte. Die im Februar 1992 verfügte Alhi-Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt 15. Februar 1992 bis 14. Februar 1993 hob die Beklagte nach Anhörung der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 auf und forderte Rückerstattung des überzahlten Betrages von 12.508,60 DM (Bescheid vom 31. Januar 1994). Die gegen die genannten Bescheide gerichteten Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996).
Das Sozialgericht (SG) hat die ergangenen Bescheide insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Aufhebung der Alhi nebst Rückforderung für mehr als 7.433,33 DM angeordnet hatte; es hat die Beklagte ferner zur Zahlung von Alhi ab 15. Februar 1993 unter Berücksichtigung von Einkommen in Höhe von 1.000 DM monatlich verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Januar 1999). Das SG hat angenommen, die Klägerin sei verfügbar gewesen, weil das GradFöG kein Beschäftigungsverbot aufstelle; das Stipendium sei jedoch abgesehen von einem anrechnungsfreien Betrag von 200 DM leistungsmindernd zu berücksichtigen. Das Landessozialgericht (LSG) hat dagegen auf Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 1999). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte habe die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 zu Recht mangels objektiver Verfügbarkeit aufgehoben. Diese setze voraus, daß der Arbeitslose die gesuchte Beschäftigung auch ausüben dürfe. Die Klägerin habe sich mit der Beantragung und dem Bezug des Promotionsstipendiums den diesen Sachverhalt regelnden Normen unterworfen. § 7 GradFöG bestimme, daß eine Förderung während einer Berufstätigkeit, die einen Umfang von vier Wochenstunden übersteige, ausgeschlossen sei. Zweck dieser Regelung wie auch der anderer Bestimmungen des GradFöG sei es, daß die Stipendiaten bei Alimentierung zwecks Promotion ihre gesamte Arbeitskraft der Dissertation widmeten. Diese rechtliche Bindung der Klägerin werde nicht dadurch aufgehoben, daß sie nach ihren Angaben bereit gewesen sei, im Falle eines Arbeitsangebots die Promotion und das Stipendium zu beenden, was allerdings nach ihrem Verhalten ab 8. Februar 1993 zweifelhaft erscheine. Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung sei § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG); die Klägerin habe ihre Anzeigepflicht, die ihr ebenso bekannt gewesen sei wie der leistungsrechtliche Zusammenhang zwischen dem Stipendium und dem Alhi-Bezug, schuldhaft verletzt, wie sich im einzelnen aus ihrem Verhalten ergebe. Nach rechtmäßiger Aufhebung der Leistungsbewilligung innerhalb der Jahresfrist (§ 48 Abs 4, § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X) sei die überzahlte Alhi gemäß § 50 Abs 1 SGB X in der von der Beklagten zutreffend berechneten Höhe zu erstatten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 103 AFG; zusätzlich macht sie eine Verletzung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend. § 7 GradFöG könne nicht im Sinne eines Verbots der Aufnahme einer über vier Wochenstunden hinausgehenden Beschäftigung verstanden werden; die Vorschrift normiere lediglich als Konsequenz einer solchen Beschäftigung, daß die Förderung entfalle. Eine Verpflichtung, eine vier Wochenstunden übersteigende Beschäftigung zu unterlassen, bestehe nicht. Die Promotion und ihre staatliche Förderung dienten neben dem wissenschaftlichen Aspekt auch der Verbesserung der Vermittlungschancen der Geförderten auf dem Arbeitsmarkt. Die Universität habe ausdrücklich bestätigt, daß ein Abbruch des Stipendiums oder eine Unterbrechung für einen längeren Zeitraum möglich und zB die Aufnahme einer zwischenzeitlich gefundenen Erwerbstätigkeit durchaus üblich sei. Dies unterstreiche, daß der Stipendiat durch den Bezug der Förderung nicht gehindert sein solle, sich eine Erwerbstätigkeit zu suchen. Das LSG habe auch den Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in keiner Weise gewürdigt. In regelmäßigen Besprechungsterminen habe die Klägerin mit Mitarbeitern der Beklagten erörtert, ein Stipendium für eine Promotion beantragen zu wollen. Sie sei aber zu keiner Zeit darauf hingewiesen worden, daß mit der Bewilligung des Stipendiums der Anspruch auf Alhi entfalle. Zu diesem Hinweis seien die Mitarbeiter der Beklagten verpflichtet gewesen. Wäre sie pflichtgemäß aufgeklärt worden, hätte sie das Stipendium nicht in Anspruch genommen. Der durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden sei in der Rückerstattungsforderung sowie der Nichtbewilligung von Alhi für die Zeit ab 15. Februar 1993 zu sehen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 14. Januar 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des LSG enthält keine Verletzung revisiblen Rechts. Ausgehend vom GradFöG hat das LSG zu Recht entschieden, daß die Klägerin in der Zeit ab 1. Juli 1992 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi nicht erfüllt waren (§ 134 Abs 4 Satz 1, §§ 100, 103 AFG).
Die Voraussetzung der Verfügbarkeit erfüllt nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG nur, wer eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Nach den Ausführungen des LSG durfte die Klägerin nach dem GradFöG in der zu beurteilenden Zeit ab 1. Juli 1992 wegen der Inanspruchnahme des Promotionsstipendiums eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nicht ausüben. Da das GradFöG niedersächsisches Landesrecht ist und sein Geltungsbereich sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, kann die Revision nach § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht darauf gestützt werden, daß das LSG dieses Gesetz unrichtig angewendet habe. Vielmehr ist die Entscheidung des LSG über Bestehen und Inhalt der Vorschriften dieses Gesetzes für den Senat gemäß § 202 SGG, § 562 Zivilprozeßordnung bindend (vgl BSGE 56, 259, 262 = SozR 2200 § 385 Nr 8). Das LSG hat ausdrücklich festgestellt, daß Stipendiaten wie die Klägerin nach Sinn und Zweck der Bestimmungen des GradFöG ihre volle Arbeitskraft der Vorbereitung der Promotion zu widmen hatten. Der Senat hat deshalb davon auszugehen, daß es der Klägerin - solange sie das Stipendium in Anspruch nahm - unmöglich war, neben der Promotionstätigkeit noch mehr als kurzzeitig und damit beitragspflichtig beschäftigt zu sein (vgl §§ 168, 169a AFG) bzw sich insoweit auf Arbeitssuche zu begeben und sich aktuell der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen (vgl BSG Urteil vom 5. November 1998, B 11 AL 35/98 R, DBlR 4502 AFG § 103).
Unerheblich ist demgegenüber, ob die Klägerin - wie sie behauptet - bereit gewesen wäre, bei Unterbreitung eines Arbeitsangebotes die Promotion abzubrechen und ab diesem Zeitpunkt auf das Stipendium zu verzichten. Denn im Sinne der Verfügbarkeit ist eine Situation nicht ausreichend, die gegenwärtig berufliches Tätigsein ausschließt und auf die Herbeiführung der bislang fehlenden Vermittelbarkeit erst zu dem Zeitpunkt abstellt, an dem ein Arbeitsangebot unterbreitet wird (vgl BSGE 62, 166, 170 = SozR 4100 § 103 Nr 39; BSG SozR 4100 § 103 Nr 46).
Nicht zu beanstanden ist das angefochtene Urteil auch, soweit es die mit Bescheid vom 31. Januar 1994 vorgenommene rückwirkende Aufhebung der im Februar 1992 verfügten Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 sowie die der Aufhebung entsprechende Rückerstattungsforderung als rechtmäßig angesehen hat. Zutreffend hat das LSG insoweit § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X, § 152 Abs 3 AFG und § 50 Abs 1 SGB X herangezogen.
Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN). Eine solche Änderung ist ab 1. Juli 1992 mit dem Bezug des Stipendiums eingetreten. Eine (rückwirkende) Aufhebung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse kommt in Betracht, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin gewußt, gemäß § 60 Abs 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zur unverzüglichen Mitteilung des Eintritts der Änderung verpflichtet zu sein. Ebenso war der Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG der leistungsrechtliche Zusammenhang zwischen dem Stipendium und dem Alhi-Bezug bekannt, weshalb die Klägerin auch wußte, daß die Änderung für sie im Hinblick auf den Alhi-Anspruch nachteilig war. Das LSG hat damit die vorsätzliche Verletzung einer Mitteilungspflicht festgestellt (vgl Steinwedel in KassKomm, § 48 SGB X RdNr 43) mit der Folge der Berechtigung der Beklagten zur Aufhebung der Alhi-Bewilligung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (1. Juli 1992) nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob eine Aufhebung für die Vergangenheit auch auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 oder Nr 4 SGB X hätte gestützt werden können.
Die Aufhebung der Alhi-Bewilligung hatte nach § 152 Abs 3 AFG idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, ohne Ausübung von Ermessen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen. § 152 Abs 3 AFG - in der vorgenannten Fassung in Kraft ab 1. Januar 1994 - ist auf alle Aufhebungsbescheide anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1993 ergangen sind, also auch auf den hier zu beurteilenden Bescheid vom 31. Januar 1994 (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13; SozR 3-4100 § 152 Nr 8). Der vorgenannte Aufhebungsbescheid ist auch innerhalb der Jahresfrist nach § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X - entsprechend anwendbar über § 48 Abs 4 SGB X - ergangen, da die Beklagte erst am 8. Februar 1993 Kenntnis von den eine Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertigenden Tatsachen erhalten hat. Ist somit die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung der Alhi-Bewilligung rechtmäßig, ist die Klägerin gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X auch zur Erstattung des überzahlten Betrages in der bindend festgestellten Höhe von 12.508,60 DM verpflichtet.
Entgegen dem Vortrag der Revision läßt sich ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieser hat zur Voraussetzung, daß der Sozialleistungsträger eine ihm obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSGE 71, 17, 22 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8; 76, 84, 90 = SozR 3-8825 § 2 Nr 3 mwN). Ob eine Pflicht der Beklagten nach den vom LSG festgestellten tatsächlichen Umständen überhaupt verletzt ist, kann dahinstehen; denn jedenfalls fehlt es am ursächlichen Zusammenhang. Das LSG hat im Rahmen seiner Ausführungen zu § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X festgestellt, daß die Klägerin den leistungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Stipendium und dem Bezug von Alhi kannte, und zwar von Anfang an. Dann aber kann auf eine unterbliebene Belehrung der Klägerin nicht zurückzuführen sein, daß sie infolge der Inanspruchnahme des Stipendiums den Alhi-Anspruch verlor.
Die Revision muß deshalb erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe:
I
Der Rechtsstreit betrifft die Aufhebung der Bewilligung und die Rückforderung von Arbeitslosenhilfe (Alhi).
Die Klägerin bezog seit 15. Februar 1992 Alhi. Für die Zeit ab 1. Juli 1992 wurde ihr von der Universität Hannover ein Promotionsstipendium nach dem Niedersächsischen Gesetz zur Förderung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses (GradFöG) in Höhe von 1.200 DM monatlich bewilligt. Dieses Stipendium erhielt die Klägerin bis einschließlich 16. Juni 1993.
Im Dezember 1991 hatte die Klägerin gegenüber dem zuständigen Arbeitsamt angegeben, sie beziehe voraussichtlich ab April 1992 ein Stipendium, werde sich aber vorher noch abmelden. Tatsächlich erfolgte eine "Abmeldung" jedoch nicht. Von der Bewilligung des Stipendiums und dem Beginn der Zahlungen ab Juli 1992 erfuhr die Beklagte erst am 8. Februar 1993. Sie lehnte daraufhin einen Antrag der Klägerin auf Weiterbewilligung von Alhi für die Zeit ab 15. Februar 1993 ab (Bescheid vom 3. Dezember 1993); auf Antrag bewilligte sie erst wieder Alhi für die Zeit ab 17. Juni 1993, nachdem die Klägerin auf das Stipendium verzichtet hatte. Die im Februar 1992 verfügte Alhi-Bewilligung für den Bewilligungsabschnitt 15. Februar 1992 bis 14. Februar 1993 hob die Beklagte nach Anhörung der Klägerin für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 auf und forderte Rückerstattung des überzahlten Betrages von 12.508,60 DM (Bescheid vom 31. Januar 1994). Die gegen die genannten Bescheide gerichteten Widersprüche wies die Beklagte zurück (Widerspruchsbescheid vom 24. Juni 1996).
Das Sozialgericht (SG) hat die ergangenen Bescheide insoweit aufgehoben, als die Beklagte die Aufhebung der Alhi nebst Rückforderung für mehr als 7.433,33 DM angeordnet hatte; es hat die Beklagte ferner zur Zahlung von Alhi ab 15. Februar 1993 unter Berücksichtigung von Einkommen in Höhe von 1.000 DM monatlich verurteilt; im übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 14. Januar 1999). Das SG hat angenommen, die Klägerin sei verfügbar gewesen, weil das GradFöG kein Beschäftigungsverbot aufstelle; das Stipendium sei jedoch abgesehen von einem anrechnungsfreien Betrag von 200 DM leistungsmindernd zu berücksichtigen. Das Landessozialgericht (LSG) hat dagegen auf Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen (Urteil vom 28. Oktober 1999). In den Entscheidungsgründen hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte habe die Leistungsbewilligung für den Zeitraum 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 zu Recht mangels objektiver Verfügbarkeit aufgehoben. Diese setze voraus, daß der Arbeitslose die gesuchte Beschäftigung auch ausüben dürfe. Die Klägerin habe sich mit der Beantragung und dem Bezug des Promotionsstipendiums den diesen Sachverhalt regelnden Normen unterworfen. § 7 GradFöG bestimme, daß eine Förderung während einer Berufstätigkeit, die einen Umfang von vier Wochenstunden übersteige, ausgeschlossen sei. Zweck dieser Regelung wie auch der anderer Bestimmungen des GradFöG sei es, daß die Stipendiaten bei Alimentierung zwecks Promotion ihre gesamte Arbeitskraft der Dissertation widmeten. Diese rechtliche Bindung der Klägerin werde nicht dadurch aufgehoben, daß sie nach ihren Angaben bereit gewesen sei, im Falle eines Arbeitsangebots die Promotion und das Stipendium zu beenden, was allerdings nach ihrem Verhalten ab 8. Februar 1993 zweifelhaft erscheine. Rechtsgrundlage für die rückwirkende Aufhebung der Alhi-Bewilligung sei § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 152 Abs 3 Arbeitsförderungsgesetz (AFG); die Klägerin habe ihre Anzeigepflicht, die ihr ebenso bekannt gewesen sei wie der leistungsrechtliche Zusammenhang zwischen dem Stipendium und dem Alhi-Bezug, schuldhaft verletzt, wie sich im einzelnen aus ihrem Verhalten ergebe. Nach rechtmäßiger Aufhebung der Leistungsbewilligung innerhalb der Jahresfrist (§ 48 Abs 4, § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X) sei die überzahlte Alhi gemäß § 50 Abs 1 SGB X in der von der Beklagten zutreffend berechneten Höhe zu erstatten.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 103 AFG; zusätzlich macht sie eine Verletzung der Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs geltend. § 7 GradFöG könne nicht im Sinne eines Verbots der Aufnahme einer über vier Wochenstunden hinausgehenden Beschäftigung verstanden werden; die Vorschrift normiere lediglich als Konsequenz einer solchen Beschäftigung, daß die Förderung entfalle. Eine Verpflichtung, eine vier Wochenstunden übersteigende Beschäftigung zu unterlassen, bestehe nicht. Die Promotion und ihre staatliche Förderung dienten neben dem wissenschaftlichen Aspekt auch der Verbesserung der Vermittlungschancen der Geförderten auf dem Arbeitsmarkt. Die Universität habe ausdrücklich bestätigt, daß ein Abbruch des Stipendiums oder eine Unterbrechung für einen längeren Zeitraum möglich und zB die Aufnahme einer zwischenzeitlich gefundenen Erwerbstätigkeit durchaus üblich sei. Dies unterstreiche, daß der Stipendiat durch den Bezug der Förderung nicht gehindert sein solle, sich eine Erwerbstätigkeit zu suchen. Das LSG habe auch den Gesichtspunkt des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in keiner Weise gewürdigt. In regelmäßigen Besprechungsterminen habe die Klägerin mit Mitarbeitern der Beklagten erörtert, ein Stipendium für eine Promotion beantragen zu wollen. Sie sei aber zu keiner Zeit darauf hingewiesen worden, daß mit der Bewilligung des Stipendiums der Anspruch auf Alhi entfalle. Zu diesem Hinweis seien die Mitarbeiter der Beklagten verpflichtet gewesen. Wäre sie pflichtgemäß aufgeklärt worden, hätte sie das Stipendium nicht in Anspruch genommen. Der durch die Pflichtverletzung verursachte Schaden sei in der Rückerstattungsforderung sowie der Nichtbewilligung von Alhi für die Zeit ab 15. Februar 1993 zu sehen.
Die Klägerin beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. Oktober 1999 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 14. Januar 1999 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend.
II
Die Revision ist unbegründet. Das Urteil des LSG enthält keine Verletzung revisiblen Rechts. Ausgehend vom GradFöG hat das LSG zu Recht entschieden, daß die Klägerin in der Zeit ab 1. Juli 1992 der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, weshalb die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi nicht erfüllt waren (§ 134 Abs 4 Satz 1, §§ 100, 103 AFG).
Die Voraussetzung der Verfügbarkeit erfüllt nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG nur, wer eine zumutbare, nach § 168 AFG die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes ausüben kann und darf. Nach den Ausführungen des LSG durfte die Klägerin nach dem GradFöG in der zu beurteilenden Zeit ab 1. Juli 1992 wegen der Inanspruchnahme des Promotionsstipendiums eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung nicht ausüben. Da das GradFöG niedersächsisches Landesrecht ist und sein Geltungsbereich sich nicht über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt, kann die Revision nach § 162 Sozialgerichtsgesetz (SGG) nicht darauf gestützt werden, daß das LSG dieses Gesetz unrichtig angewendet habe. Vielmehr ist die Entscheidung des LSG über Bestehen und Inhalt der Vorschriften dieses Gesetzes für den Senat gemäß § 202 SGG, § 562 Zivilprozeßordnung bindend (vgl BSGE 56, 259, 262 = SozR 2200 § 385 Nr 8). Das LSG hat ausdrücklich festgestellt, daß Stipendiaten wie die Klägerin nach Sinn und Zweck der Bestimmungen des GradFöG ihre volle Arbeitskraft der Vorbereitung der Promotion zu widmen hatten. Der Senat hat deshalb davon auszugehen, daß es der Klägerin - solange sie das Stipendium in Anspruch nahm - unmöglich war, neben der Promotionstätigkeit noch mehr als kurzzeitig und damit beitragspflichtig beschäftigt zu sein (vgl §§ 168, 169a AFG) bzw sich insoweit auf Arbeitssuche zu begeben und sich aktuell der Arbeitsvermittlung zur Verfügung zu stellen (vgl BSG Urteil vom 5. November 1998, B 11 AL 35/98 R, DBlR 4502 AFG § 103).
Unerheblich ist demgegenüber, ob die Klägerin - wie sie behauptet - bereit gewesen wäre, bei Unterbreitung eines Arbeitsangebotes die Promotion abzubrechen und ab diesem Zeitpunkt auf das Stipendium zu verzichten. Denn im Sinne der Verfügbarkeit ist eine Situation nicht ausreichend, die gegenwärtig berufliches Tätigsein ausschließt und auf die Herbeiführung der bislang fehlenden Vermittelbarkeit erst zu dem Zeitpunkt abstellt, an dem ein Arbeitsangebot unterbreitet wird (vgl BSGE 62, 166, 170 = SozR 4100 § 103 Nr 39; BSG SozR 4100 § 103 Nr 46).
Nicht zu beanstanden ist das angefochtene Urteil auch, soweit es die mit Bescheid vom 31. Januar 1994 vorgenommene rückwirkende Aufhebung der im Februar 1992 verfügten Alhi-Bewilligung für die Zeit vom 1. Juli 1992 bis 13. Februar 1993 sowie die der Aufhebung entsprechende Rückerstattungsforderung als rechtmäßig angesehen hat. Zutreffend hat das LSG insoweit § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X, § 152 Abs 3 AFG und § 50 Abs 1 SGB X herangezogen.
Nach § 48 Abs 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlaß vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Wesentlich ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (BSGE 78, 109, 111 = SozR 3-1300 § 48 Nr 48 mwN). Eine solche Änderung ist ab 1. Juli 1992 mit dem Bezug des Stipendiums eingetreten. Eine (rückwirkende) Aufhebung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse kommt in Betracht, soweit der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist (§ 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X). Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG hat die Klägerin gewußt, gemäß § 60 Abs 1 Nr 2 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) zur unverzüglichen Mitteilung des Eintritts der Änderung verpflichtet zu sein. Ebenso war der Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG der leistungsrechtliche Zusammenhang zwischen dem Stipendium und dem Alhi-Bezug bekannt, weshalb die Klägerin auch wußte, daß die Änderung für sie im Hinblick auf den Alhi-Anspruch nachteilig war. Das LSG hat damit die vorsätzliche Verletzung einer Mitteilungspflicht festgestellt (vgl Steinwedel in KassKomm, § 48 SGB X RdNr 43) mit der Folge der Berechtigung der Beklagten zur Aufhebung der Alhi-Bewilligung zum Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (1. Juli 1992) nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X. Unter diesen Umständen bedarf es keiner Entscheidung darüber, ob eine Aufhebung für die Vergangenheit auch auf § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 oder Nr 4 SGB X hätte gestützt werden können.
Die Aufhebung der Alhi-Bewilligung hatte nach § 152 Abs 3 AFG idF des Ersten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms vom 21. Dezember 1993, BGBl I 2353, ohne Ausübung von Ermessen mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse zu erfolgen. § 152 Abs 3 AFG - in der vorgenannten Fassung in Kraft ab 1. Januar 1994 - ist auf alle Aufhebungsbescheide anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 1993 ergangen sind, also auch auf den hier zu beurteilenden Bescheid vom 31. Januar 1994 (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13; SozR 3-4100 § 152 Nr 8). Der vorgenannte Aufhebungsbescheid ist auch innerhalb der Jahresfrist nach § 45 Abs 4 Satz 2 SGB X - entsprechend anwendbar über § 48 Abs 4 SGB X - ergangen, da die Beklagte erst am 8. Februar 1993 Kenntnis von den eine Aufhebung für die Vergangenheit rechtfertigenden Tatsachen erhalten hat. Ist somit die von der Beklagten vorgenommene Aufhebung der Alhi-Bewilligung rechtmäßig, ist die Klägerin gemäß § 50 Abs 1 Satz 1 SGB X auch zur Erstattung des überzahlten Betrages in der bindend festgestellten Höhe von 12.508,60 DM verpflichtet.
Entgegen dem Vortrag der Revision läßt sich ein für die Klägerin günstigeres Ergebnis auch nicht aus dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch herleiten. Dieser hat zur Voraussetzung, daß der Sozialleistungsträger eine ihm obliegende Pflicht, insbesondere zur Auskunft und Beratung (§§ 14, 15 SGB I), verletzt hat und zwischen der Pflichtverletzung und dem Nachteil des Betroffenen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (BSGE 71, 17, 22 = SozR 3-4100 § 103 Nr 8; 76, 84, 90 = SozR 3-8825 § 2 Nr 3 mwN). Ob eine Pflicht der Beklagten nach den vom LSG festgestellten tatsächlichen Umständen überhaupt verletzt ist, kann dahinstehen; denn jedenfalls fehlt es am ursächlichen Zusammenhang. Das LSG hat im Rahmen seiner Ausführungen zu § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 2 SGB X festgestellt, daß die Klägerin den leistungsrechtlichen Zusammenhang zwischen Stipendium und dem Bezug von Alhi kannte, und zwar von Anfang an. Dann aber kann auf eine unterbliebene Belehrung der Klägerin nicht zurückzuführen sein, daß sie infolge der Inanspruchnahme des Stipendiums den Alhi-Anspruch verlor.
Die Revision muß deshalb erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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