B 6 KA 53/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 6 KA 53/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juli 2002 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat dem Beklagten die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Zulassung des Klägers zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Der Kläger ist als Psychologischer Psychotherapeut approbiert und seit April 1999 im Arztregister eingetragen. Er beantragte am 30. April 1999 beim Zulassungsausschuss seine (bedarfsabhängige) Zulassung in H (Planungsbereich Waldshut). Der Zulassungsausschuss lehnte den Antrag mit Bescheid vom 16. November 1999 ab. Der Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen Baden-Württemberg habe am 27. Oktober 1999 für den Landkreis Waldshut die Zulassungsbeschränkung für Psychotherapeuten wegen Überversorgung angeordnet. Den Widerspruch des Klägers wies der beklagte Berufungsausschuss zurück. Für die Zulassungsentscheidung komme es nicht auf die Versorgungsverhältnisse zum Zeitpunkt der Stellung des Zulassungsantrages, sondern auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Entscheidung der Zulassungsinstanzen an. Danach sei die vom Landesausschuss angeordnete Zulassungsbeschränkung zu berücksichtigen gewesen. Der Planungsbereich Waldshut weise einen Versorgungsgrad von 278,8 % auf.

Mit seiner Klage hat der Kläger geltend gemacht, die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte (im Folgenden: Bedarfsplanungs-RL) des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (KKn) seien bei der Ermittlung des sog "allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades" für die einzelnen Planungsbereiche nicht rechtmäßig angewandt worden. Bei richtiger Berechnung des Versorgungsbedarfs sei keine Überversorgung festzustellen. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17. Juli 2002). Zur Begründung hat es ausgeführt, der Beklagte habe wegen der für den Planungsbereich Waldshut angeordneten Zulassungsbeschränkung zutreffend die Zulassung des Klägers abgelehnt. Die insoweit zu Grunde zu legenden Bedarfsplanungs-RL seien rechtmäßig. Sie differenzierten zu Recht zwischen verschiedenen Regionstypen. Der Bedarf an Ärzten oder Therapeuten werde nicht nur durch die Häufigkeit des Auftretens von Erkrankungen beeinflusst, sondern sei auch von der tatsächlichen Nachfrage abhängig. Insoweit bestünden Unterschiede im Verhalten der Bevölkerung städtischer und ländlicher Regionen.

Mit der Sprungrevision rügt der Kläger, die Bedarfsplanungs-RL sowie die Maßstäbe zur Feststellung der Über- bzw Unterversorgung hätten bei der Ermittlung des sog "allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades" zu fehlerhaften Ergebnissen geführt. Der Landkreis Waldshut gehöre zu einem ländlichen Kreis mit Verdichtungsansatz. Für diese Gruppe von Kreisen solle ein Psychotherapeut für je 16.615 Einwohner zur allgemeinen bedarfsgerechten psychotherapeutischen Versorgung ausreichen. Demgegenüber betrage für die Stadt Freiburg der bedarfsgerechte Versorgungsgrad bei der psychotherapeutischen Versorgung 3.203 Einwohner je Psychotherapeut. Diese ersichtlich sachwidrigen Unterschiede in der Festlegung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades beruhten darauf, dass bei der Ermittlung des psychotherapeutischen Versorgungsgrades die gleichen Maßstäbe wie für die Ermittlung des medizinischen Versorgungsgrades angewandt worden seien. Dies führe zu unsinnigen Ergebnissen und schließe eine angemessene psychotherapeutische Versorgung der Bevölkerung aus. Auf Grund sinnwidriger Verhältniszahlen könne eine Überversorgung nicht rechtswirksam festgestellt werden. Deshalb sei die angeordnete Zulassungsbeschränkung für Psychotherapeuten im Planungsbereich Waldshut rechtswidrig. Das führe dazu, dass er, der Kläger, zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen werden müsse.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 17. Juli 2002 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Widerspruchsbescheids vom 12. September 2000 zu verpflichten, ihn, den Kläger, als Psychologischen Psychotherapeuten in H zuzulassen, hilfsweise, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Freiburg zurückzuverweisen.

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält die Revision für unbegründet. Es gebe keine Hinweise, dass die Bedarfsplanung nach § 101 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sowie die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung im Planungsbereich Waldshut rechtswidrig seien.

Die Beigeladene zu 1. beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.

Nach ihrer Auffassung sind die Bedarfsplanungs-RL des Bundesausschusses der Ärzte und KKn rechtmäßig. Nach § 101 Abs 4 SGB V habe der Bundesausschuss den Versorgungsstand vom 1. Januar 1999 zu Grunde legen müssen. Die Methode, welche das Gesetz und die es ausfüllenden Bedarfsplanungs-RL hierfür angewandt hätten, sei grundsätzlich nicht zu beanstanden und auch von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) akzeptiert worden.

II

Die (Sprung-)Revision des Klägers ist nicht begründet. Zutreffend hat das SG entschieden, dass er die bedarfsabhängige Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung im Planungsbereich Waldshut nicht beanspruchen kann, da dieser Planungsbereich wegen Überversorgung für die Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten gesperrt ist.

Durch das Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des SGB V und anderer Gesetze vom 16. Juni 1998 (BGBl I 1311) sind Psychologische Psychotherapeuten in das vertragsärztliche Versorgungssystem des SGB V einbezogen und zur unmittelbaren vertragspsychotherapeutischen Versorgung der Versicherten der gesetzlichen Krankenkassen zugelassen worden (dazu im Einzelnen Urteile des Senats vom 8. November 2000 - ua BSGE 87, 158, 159 ff = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 106 ff). Demgemäß bestimmt § 72 Abs 1 Satz 2 SGB V, dass die Vorschriften des SGB V über die Beziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern (§§ 69 ff SGB V; sog Leistungserbringungsrecht) für Psychologische Psychotherapeuten entsprechend gelten, sofern nichts Abweichendes bestimmt ist (vgl auch § 1 Abs 3 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV), nach dem die Ärzte-ZV für Psychotherapeuten entsprechend gilt). Da Letzteres nicht der Fall ist, folgt aus der entsprechenden Geltung der genannten Vorschriften, dass die Regelungen des SGB V über die Bedarfsplanung (§§ 99 ff SGB V) auch auf die Zulassung Psychologischer Psychotherapeuten anzuwenden sind (zur Geltung s BSGE 87, 158, 160 = SozR 3-2500 § 95 Nr 25 S 106 f). Danach besteht für Psychologische Psychotherapeuten bei Erfüllung der Voraussetzungen des § 95 Abs 2 iVm § 95c SGB V zwar grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf - bedarfsabhängige - Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung. Die Zulassung kann jedoch nur in Planungsbereichen erfolgen, für die keine Zulassungsbeschränkungen angeordnet sind.

Die Regelungen über die Zulassungsbeschränkungen und die ihr zu Grunde liegende Bedarfsplanung ergeben sich aus den §§ 99 ff SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) iVm §§ 12 ff Ärzte-ZV und aus den auf Grund der § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9, § 101 Abs 1 und 2 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2003 geltenden Fassung) erlassenen Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und KKn über die Bedarfsplanung (Bedarfsplanungs-RL vom 9. März 1993, BAnz Nr 110a vom 18. Juni 1993, mit späteren Änderungen; abgedruckt auch bei Engelmann (Hrsg), Gesetzliche Krankenversicherung/Soziale Pflegeversicherung, Nr 430). Einschlägig ist in diesem Zusammenhang die Vorschrift des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V. Nach ihr hat der Bundesausschuss der Ärzte und KKn in Richtlinien Bestimmungen über einheitliche Verhältniszahlen für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung zu beschließen. Wird der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad um 10 vH überschritten, ist Überversorgung anzunehmen (§ 101 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 16b Abs 1 Ärzte-ZV iVm Bedarfsplanungs-RL aaO Nr 13 bis 15, 20, 21, mit Modifizierungen nach Nr 16 bis 19). Damit kommt dem "allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung" zentrale Bedeutung für die Bestimmung von Überversorgung zu. Er wird nicht anhand abstrakter Kriterien bestimmt, sondern ist "zu ermitteln", und zwar für Kassen- bzw Vertragsärzte erstmals einheitlich zum 31. Dezember 1990 (§ 101 Abs 1 Satz 3 SGB V). Es handelt sich um eine rein rechnerische Ermittlung des arztgruppenspezifischen Versorgungsstandes (Hencke in: Peters, Handbuch der Krankenversicherung, SGB V, Stand September 2000, § 101 RdNr 4), der als Maßstab für eine bedarfsgerechte Versorgung zu Grunde gelegt wird. Der Bundesausschuss der Ärzte und KKn hat die einheitlichen Verhältniszahlen unter bestimmten Voraussetzungen anzupassen oder neue Verhältniszahlen festzulegen (§ 101 Abs 2 SGB V).

Die regionalen Planungsbereiche, auf die bei der Ermittlung des Versorgungsgrades abzustellen ist, hat der Bundesausschuss abschließend vorzugeben. Dabei sollen die regionalen Planungsbereiche den Stadt- und Landkreisen entsprechen (§ 101 Abs 1 Satz 5 SGB V, § 12 Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV iVm den Bedarfsplanungs-RL aaO Nr 5 und 11 iVm Anlage 3). Die Übertragung der Kompetenz zur Festlegung der Planungsbereiche auf den Bundesausschuss ist, wie der Senat bereits entschieden hat, rechtmäßig (BSGE 86, 242, 246 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 29).

Liegt nach den oben angeführten Kriterien in einem oder mehreren Planungsbereichen für eine Arzt- bzw Behandlergruppe Überversorgung vor, hat der Landesausschuss der Ärzte und KKn für den jeweiligen Planungsbereich und die betroffene Arzt- bzw Behandlergruppe Zulassungsbeschränkungen anzuordnen (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V, § 16b Abs 2 und 4 Ärzte-ZV). Die mit der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen verbundenen Einschränkungen des Grundrechts der betroffenen Ärzte und Psychotherapeuten aus Art 12 Abs 1 Grundgesetz sind nach der Rechtsprechung des Senats mit dem Grundgesetz vereinbar (vgl BSGE 82, 41 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr 3 S 16; BVerfG - Kammer -, Beschluss vom 27. April 2001 - 1 BvR 1282/99 = DVBl 2002, 400 = MedR 2001, 639). Die Beteiligten stellen dies nicht in Frage.

Nach den den Senat gemäß § 163 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bindenden Feststellungen des SG hat der zuständige Landesausschuss der Ärzte und KKn im Planungsbereich Waldshut am 27. Oktober 1999 bei der Gruppe der ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten Überversorgung festgestellt und dementsprechend eine Zulassungsbeschränkung angeordnet. Der Versorgungsgrad für den Planungsbereich betrug 278,8 % und überstieg damit den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad iS des § 101 Abs 1 Satz 2 iVm Abs 4 Satz 2 SGB V von 110 %.

Die Zulassungsbeschränkung wegen Überversorgung steht der Zulassung des Klägers in dem gesperrten Planungsbereich entgegen. Er hat den Antrag auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zwar vor der Anordnung der Zulassungsbeschränkung im Oktober 1999 - nämlich im April 1999 - gestellt. Anders als bei der Rechtslage nach § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV (vgl dazu BSGE 79, 152, 153 = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 2) führt dies nicht dazu, dass auf Grund der vorherigen Antragstellung die später angeordnete Zulassungsbeschränkung nicht zu berücksichtigen wäre. Zum einen bestimmt § 95 Abs 12 SGB V (eingefügt durch Art 2 Nr 11 des Gesetzes vom 16. Juni 1998 - BGBl I 1311) in Satz 1, dass der Zulassungsausschuss über Zulassungsanträge von Psychotherapeuten, die nach dem 31. Dezember 1998 gestellt werden, erst dann entscheiden kann, wenn der Landesausschuss der Ärzte und KKn die Festsstellung nach § 103 Abs 1 Satz 1 SGB V und damit zur Frage, ob Überversorgung vorliegt, getroffen hat. Auf diese Weise sollte sichergestellt werden, dass bedarfsabhängige Zulassungen nur dann erfolgen können, wenn keine Überversorgung besteht. Zum anderen sind gemäß § 95 Abs 12 Satz 2 SGB V - nach dem 31. Dezember 1998 gestellte - Anträge von Psychotherapeuten auf Zulassung wegen Zulassungsbeschränkungen auch dann abzulehnen, wenn diese bei Antragstellung noch nicht angeordnet waren. Ausweislich der Gesetzesmaterialien (Begr des Gesetzentwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und der F.D.P., BT-Drucks 13/8035, S 22, zu § 95 Abs 12) sollte damit gerade die Geltung des § 19 Abs 1 Satz 2 Ärzte-ZV ausgeschlossen und eine Regelung entsprechend der Übergangsvorschrift zur Überversorgung bei Vertragsärzten im Gesundheitsstrukturgesetz (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266; dort Art 33 § 3 Abs 2 Satz 2) getroffen werden. Auch dies dient dazu, bedarfsabhängige Zulassungen in überversorgten Gebieten dadurch auszuschließen, dass Zulassungsanträgen, die vor der Feststellung von Überversorgung gestellt worden sind, keine privilegierende Wirkung zukommt. Der Senat hat die in der Gesetzesbegründung in Bezug genommene Übergangsvorschrift des Art 33 § 3 Abs 2 Satz 2 GSG als verfassungsgemäß beurteilt (BSGE 79, 152, 156 f = SozR 3-2500 § 103 Nr 1 S 6; ebenso BSGE 81, 207, 212 = SozR 3-2500 § 101 Nr 2 S 12). Dies gilt entsprechend, ohne dass das hier zu vertiefen wäre, für die Vorschrift des § 95 Abs 12 SGB V.

Gegenüber der vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen getroffenen Feststellung, nach der eine Überversorgung für Psychotherapeuten im Planungsbereich Waldshut besteht, wendet die Revision ein, diese sei rechtswidrig, weil die ihr zu Grunde gelegten Verhältniszahlen - insbesondere im Vergleich zu den für benachbarte Planungsbereiche maßgeblichen Verhältniszahlen - nicht zutreffend sein könnten, insbesondere nicht dem tatsächlichen Bedarf entsprächen. Dem ist nicht zu folgen.

Die nach § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V vorzunehmende Ermittlung des allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades und die Festlegung der einheitlichen Verhältniszahlen muss nicht für das Bundesgebiet als Ganzes erfolgen. Im Hinblick auf den Zweck der Regelung, den allgemeinen Bedarf an ärztlichen Leistungen im Bundesgebiet zuverlässig widerzuspiegeln, ist auch die Festlegung von Verhältniszahlen, die nach regionalen Versorgungsstufen differenzieren und je Versorgungsstufe jeweils einheitliche Festsetzungen treffen, rechtlich zulässig (ebenso Hess in: Kasseler Komm, Stand Dezember 2000, § 101 SGB V RdNr 5). Dem hat der Bundesausschuss der Ärzte und KKn dadurch entsprochen, dass er die Bedarfsplanung auf einzelne Planungsbereiche bezogen hat, die auf der Grundlage der Zuordnung der verschiedenen Kreise in der Bundesrepublik Deutschland nach raumordnungsspezifischen Kriterien je nach ihrem Verdichtungsgrad festgelegt worden sind. Diese zunächst für Kassen- bzw Vertragsärzte normierten Regelungen (Nr 3 bis 6 Bedarfsplanungs-RL) beziehen auch die vertragspsychotherapeutische Versorgung mit ein. Nach Nr 6a Satz 1 Bedarfsplanungs-RL gelten nämlich die Nr 3 bis 6 aaO entsprechend für die Bedarfsplanung der psychotherapeutischen Versorgung durch Vertragsärzte und Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten iS des § 101 Abs 4 SGB V.

Im Einzelnen hatte der Bundesausschuss der Ärzte und KKn in den Bedarfsplanungs-RL vom 9. März 1993 für die Festlegung von Planungsbereichen unter Nr 5 zunächst bestimmt: "Räumliche Grundlage für die Ermittlungen zum allgemeinen Stand der vertragsärztlichen Versorgung und zum jeweiligen örtlichen Stand der vertragsärztlichen Versorgung sowie für die Feststellungen zur Überversorgung oder Unterversorgung ist die kreisfreie Stadt oder der Landkreis (Planungsbereich)." Durch Änderung vom 18. Februar 1998 (BAnz Nr 115 a vom 26. Juni 1998) ist die Definition des Planungsbereichs in Nr 5 Satz 1 aaO folgendermaßen modifiziert worden: " ... ist die kreisfreie Stadt, der Landkreis oder die Kreisregion in der Zuordnung des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung (Planungsbereiche)". Außerdem ist zusätzlich ein Satz 2 eingefügt worden: "Die Planungsbereiche sind aus der Anlage 3.1 ersichtlich."

Der Bundesausschuss hat für die Feststellung der allgemeinen Verhältniszahlen die Planungsbereiche bestimmten raumordnungsspezifischen Planungskategorien zugeordnet und als maßgebliches Kriterium für die nähere Aufgliederung der regionalen Planungsbereiche die vom Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung entwickelten Siedlungsstrukturtypen zu Grunde gelegt (Nr 9, 10 Bedarfsplanungs-RL). Für die Einzelzuordnung der Kreise, kreisfreien Städte und der Kreisregionen - und damit auch der Planungsbereiche - wird auf die Zusammenstellung der Kreiszuordnungen nach den Analysen des Bundesamtes für Bauwesen und Raumordnung abgestellt (vgl Nr 11 Bedarfsplanungs-RL). Diese Vorgehensweise hält sich innerhalb des dem Bundesausschuss als Normgeber zustehenden Gestaltungsspielraums (hierzu BSGE 86, 242, 246 = SozR 3-2500 § 101 Nr 5 S 29) und erweist sich als sachgerecht. Sie ermöglicht eine differenzierte Bestimmung des Versorgungsgrades je nach dem Verdichtungsgrad der Bevölkerung in den einzelnen Regionen der Bundesrepublik und entspricht damit den Zielvorgaben der Regelungen über Unter- und Überversorgung im SGB V und in der Ärzte-ZV (§§ 99 ff SGB V, §§ 12 ff Ärzte-ZV), eine bedarfsgerechte Versorgung der Versicherten zu gewährleisten.

Der Landkreis Waldshut ist auf der dargestellten Grundlage dem Regionstyp 2 (verstädterte Räume) zugeordnet worden. Dieser umfasst Regionen mit Oberzentren über 100.000 Einwohner oder einer Bevölkerungsdichte von über 150 Einwohner/qkm bei einer Mindestdichte von 100 Einwohner/qkm, die nicht Agglomerationsräume sind. Der Regionstyp 2 wird in drei unterschiedliche Bereiche gegliedert. Der Ordnungs-Nr 7 (ländliche Kreise im Regionstyp 2) sind Kreise und Kreisregionen mit einer Dichte von unter 150 Einwohner/qkm zugeteilt (vgl Nr 9 Bedarfsplanungs-RL). Nach der Anlage 3.1 der Bedarfsplanungs-RL fällt der Landkreis Waldshut im Regionstyp 2 unter die Ordnungs-Nr 7.

Bei dem zweiten Parameter für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad in der vertragsärztlichen Versorgung handelt es sich, wie schon erwähnt, um die arztgruppenspezifischen allgemeinen Verhältniszahlen (Nr 6 Bedarfsplanungs-RL), die vom Bundesausschuss in Richtlinien zu beschließen sind (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB V). Das geschieht in der Weise, dass die Zahl der Einwohner in der Bundesrepublik jeweils aus allen denjenigen Planungsbereichen, welche derselben raumordnungsspezifischen Planungskategorie zugeordnet sind, zur Zahl der dort zugelassenen Vertragsärzte - jeweils nach Arztgruppen differenzierend - in Beziehung gesetzt wird. Das Ergebnis sind die - je nach Versorgungsregion und Arztgruppe ermittelten - allgemeinen Verhältniszahlen (Nr 7 und 8 Bedarfsplanungs-RL). Gemäss § 101 Abs 4 Satz 2 SGB V ist für die Gruppe der psychotherapeutisch tätigen Ärzte und Psychotherapeuten der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad erstmals zum Stand des 1. Januar 1999 zu ermitteln. Zu zählen sind die zugelassenen Ärzte sowie die Psychotherapeuten, die nach § 95 Abs 10 SGB V zugelassen werden (§ 101 Abs 4 Satz 3 SGB V). Damit soll gewährleistet werden, dass die so ermittelte allgemeine Verhältniszahl den allgemeinen Bedarf an psychotherapeutischen Leistungen möglichst zielgenau abbildet (Begr des Entwurfs der Fraktionen der CDU/CSU und F.D.P. zum Gesetz über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten ua, BT-Drucks 13/8035, S 22, zu § 101 Abs 4 SGB V).

In Anwendung der aufgezeigten Grundsätze ergibt sich für Kreise der Ordnungs-Nr 7, der der Landkreis Waldshut zugeordnet ist, gemäß der Tabelle zu Nr 12 Bedarfsplanungs-RL eine Einwohner/Arztrelation (allgemeine Verhältniszahl) von 16.615 Einwohner auf einen Psychotherapeuten.

Entgegen der Auffassung der Revision sind bei dem nach generellen Maßstäben zu bestimmenden allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad der vertragsärztlichen bzw -psychotherapeutischen Versorgung etwaige lokale Besonderheiten auf der normativen Ebene nicht gesondert zu berücksichtigen. Ihnen wird bereits ausreichend dadurch Rechnung getragen, dass die Planungsbereiche auf Grund der jeweiligen Siedlungs- und Bevölkerungsstruktur bestimmten Versorgungstypen zugeordnet werden. Möglichen Besonderheiten gerade der psychotherapeutischen Versorgung ist dadurch entsprochen worden, dass der Versorgungsgrad zum 1. Januar 1999 ermittelt worden ist und dabei die zugelassenen Ärzte und die gemäss § 95 Abs 10 SGB V bedarfsunabhängig zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung zugelassen Psychologischen Psychotherapeuten gezählt worden sind (§ 101 Abs 4 Satz 2 und 3 SGB V). Hinzu kommt, dass nach den maßgeblichen Bestimmungen des SGB V und der Bedarfsplanungs-RL (§ 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB V iVm Nr 24 Bedarfsplanungs-RL) bei einem nachweislich bestehenden lokalen oder qualitativen Versorgungsbedarf trotz der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen Sonderbedarfszulassungen erteilt werden können, sodass auf diese Weise Versorgungslücken durch Zulassungen geschlossen werden können.

Nach allem steht das vom Bundesausschuss der Ärzte und KKn festgelegte Verfahren über die Feststellung von Überversorgung mit der Ermächtigungsgrundlage des § 101 Abs 1 SGB V in Einklang und erweist sich insgesamt als rechtmäßig. Die auf dieser Grundlage getroffene Feststellung der Überversorgung für den Planungsbereich Waldshut bei der Gruppe der Psychotherapeuten verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Der Kläger hat in dem wegen Überversorgung gesperrten Planungsbereich keinen Anspruch auf Zulassung zur vertragspsychotherapeutischen Versorgung.

Die Kostenentscheidung ergeht in entsprechende Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG in der bis zum 1. Januar 2002 geltenden und hier noch anzuwendenden Fassung (vgl BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24 S 115 ff).
Rechtskraft
Aus
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