B 1 KR 31/02 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Gelsenkirchen (NRW)
Aktenzeichen
-
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 1 KR 31/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. September 2002 wird zurückgewiesen. Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten um die Höhe des dem Kläger zustehenden Krankengeldes.

Der Kläger ist selbstständig erwerbstätiger Getränkekaufmann und bei der beklagten Ersatzkasse freiwillig mit Anspruch auf Krankengeld ab dem 22. Tag der Arbeitsunfähigkeit versichert. Bei der Beitragsbemessung im Jahr 2000 ging die Beklagte entsprechend dem Einkommensteuerbescheid des Klägers von Gesamteinkünften in Höhe von 3.733,55 DM monatlich aus, die sich aus einem durchschnittlich erzielten Arbeitseinkommen von 1.352,50 DM (= 44,59 DM täglich) sowie Miet- und Pachteinnahmen von 2.381 DM (= 78,51 DM täglich) zusammensetzten (insgesamt 123,10 DM täglich).

Nach Eintritt von Arbeitsunfähigkeit gewährte die Beklagte dem Kläger vom 17. Oktober bis 28. November 2000 Krankengeld in Höhe von 31,65 DM kalendertäglich. Bei der Krankengeldberechnung legte sie allein die Einnahmen aus dem Gewerbebetrieb (44,59 DM täglich) zu Grunde und lehnte es ab, das Krankengeld ausgehend von dem der Beitragsbemessung unterliegenden Gesamtbetrag (123,10 DM) oder jedenfalls nach dem für die Mindestbeitragsbemessung hauptberuflich selbstständig Erwerbstätiger geltenden Betrag (im Jahr 2000: 112 DM) zu berechnen (Bescheid vom 9. Februar 2001; Widerspruchsbescheid vom 6. April 2001).

Das dagegen angerufene Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 23. August 2001). Die Berufung des Klägers ist ohne Erfolg geblieben: Zwar scheine der Wortlaut des § 47 Abs 4 Satz 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zu seinen Gunsten zu sprechen; danach sei das für die Krankengeldhöhe entscheidende Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, welcher zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebend gewesen sei. Damit werde allerdings kein Regelentgelt in Höhe der beitragspflichtigen Einnahmen fingiert, sondern nur ein zeitlicher Bezugspunkt für die Bemessung des Krankengeldes aus Arbeitseinkommen geschaffen. Das Regelentgelt iS von § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V umfasse dagegen nur beitragspflichtiges Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen (§§ 14, 15 SGB IV). Für diese Auslegung spreche auch die Begründung zum früheren § 182 Abs 6 Reichsversicherungsordnung (RVO), der Renten und Versorgungsbezüge bei der Krankengeldberechnung unberücksichtigt lasse und in § 47 Abs 4 Satz 5 SGB V klarstellend übernommen worden sei. Gleiches ergebe der Entgeltersatzcharakter des Krankengeldes, das nur den Verlust von Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen ausgleichen und so der wirtschaftlichen Absicherung des Versicherten dienen solle und damit grundsätzlich eine wirtschaftliche Einbuße voraussetze. Die anderenfalls eintretende Besserstellung eines Krankengeldbeziehers gegenüber einem vergleichbaren arbeitsfähigen Versicherten widerspräche dem versicherungsrechtlichen Bereicherungsverbot. Das Grundgesetz (GG) verlange bei der Bemessung kurzfristiger Lohnersatzleistungen ohnehin keine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen Beitrags- und Leistungshöhe. Die unterschiedliche Behandlung von Beitragserhebung und Leistungsbemessung sei gerechtfertigt, weil Arbeitsunfähigkeit nicht zum Verlust der Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung führe. Dass der Kläger für seine Versicherung mangels Entgeltfortzahlungsanspruchs den erhöhten Beitragssatz (§ 242 SGB V) zu zahlen habe, sei unerheblich, weil das individuelle Risiko insoweit grob typisierend berücksichtigt werde. Die Beklagte habe auch nicht - wie näher ausgeführt wird - mit einem "Mindestkrankengeld" von 78,40 DM je Tag geworben. Krankengeld nach der beitragsrechtlichen Mindestbemessungsgrundlage (§ 240 Abs 4 Satz 2 SGB V) stehe dem Kläger nicht zu, weil er Beiträge nach seinen tatsächlichen Einnahmen entrichtet habe. Die Mindesteinnahmen seien zudem keine geeignete Grundlage für die Krankengeldberechnung, da sie unabhängig von der individuellen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Betroffenen seien und Vorteile der Selbstständigen bei der Beitragsbemessung ausglichen; auch diese Versicherten sollten angemessen zur finanziellen Absicherung des Krankheitsrisikos beitragen (Urteil des Landessozialgerichts -LSG- vom 3. September 2002).

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V. Der Wortlaut der Regelung spreche dafür, bei der Krankengeldberechnung die gesamten der Beitragsbemessung zu Grunde gelegten Einnahmen zu berücksichtigen. Eine Beschränkung auf die Einnahmen aus selbstständiger Arbeit lasse die Äquivalenz zwischen Sozialversicherungsbeitrag und Sozialleistungshöhe außer Acht. Da gerade bei ihm (dem Kläger) die Differenz zwischen Beitrags- und Krankengeldhöhe besonders groß sei, führe die Auffassung des LSG zu einer Verfehlung des mit der freiwilligen Krankenversicherung verfolgten Sicherungszwecks. Die Arbeitsunfähigkeit von Selbstständigen sei zwangsläufig mit wirtschaftlichen Einbußen bis hin zu einer Existenzgefährdung verbunden.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Aufhebung der Urteile des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. September 2002 und des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23. August 2001 sowie unter Aufhebung ihres Bescheides vom 9. Februar 2001 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. April 2001 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 17. Oktober bis 28. November 2000 Krankengeld in Höhe von kalendertäglich 44,54 EUR (= 87,11 DM), hilfsweise in Höhe von 40,09 EUR (= 78,41 DM) zu zahlen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit unter Aufhebung des Urteils des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 3. September 2002 zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an dieses Gericht zurückzuverweisen.

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und weist darauf hin, dass die Einkünfte des Klägers aus Vermietung und Verpachtung im Falle der Arbeitsunfähigkeit nicht entfielen und somit nicht durch Krankengeld ersetzt werden müssten. Eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen Beitrags- und Leistungshöhe sei verfassungsrechtlich bei kurzfristigen Entgeltersatzleistungen nicht geboten.

II

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.

Das LSG hat zutreffend entschieden, dass die Beklagte das vom Kläger in der Zeit vom 17. Oktober bis 28. November 2000 bezogene Krankengeld lediglich auf der Grundlage seines Arbeitseinkommens iS von § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V (= 44,59 DM täglich) berechnen durfte. Er hat weder Anspruch auf eine Berechnung unter zusätzlicher Berücksichtigung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (= zusätzlich 78,51 DM, insgesamt 123,10 DM täglich) noch auf die hilfsweise geltend gemachte Bemessung des Krankengeldes ausgehend von den für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige beitragsrechtlich maßgeblichen Mindesteinnahmen iS von § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V (hier für das Jahr 2000: 112 DM täglich).

Nach § 44 Abs 1 iVm § 46 Abs 1 Satz 2 SGB V haben Versicherte ua Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht, und zwar von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Das war hier der 17. Oktober 2000, wie zwischen den Beteiligten nicht im Streit ist. Die Arbeitsunfähigkeit endete am 28. November 2000.

Das Krankengeld beträgt nach § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V 70 vom Hundert (vH) des erzielten regelmäßigen Arbeitsentgelts und Arbeitseinkommens, soweit es der Beitragsberechnung unterliegt. Das "erzielte regelmäßige Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen" in diesem Sinne wird vom Gesetz in einer Klammerdefinition als "Regelentgelt" bezeichnet, wegen dessen Höhe § 47 Abs 1 Satz 3 SGB V auf die näheren Bestimmungen in Absatz 2, 4 und 6 der Vorschrift verweist, in denen verschiedene Personenkreise von Versicherten angesprochen werden. Für Versicherte, die nicht Arbeitnehmer sind, gilt nach § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V als Regelentgelt der kalendertägliche Betrag, der zuletzt vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebend war.

Aus diesen Regelungen schließt der Kläger zu Unrecht, dass sich das Krankengeld aus seinem der Beitragsberechnung zu Grunde gelegten Einkommen bzw einem fiktiven Mindesteinkommen errechnet. Dem steht die Rechtsprechung des Senats zur Bedeutung der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes entgegen. Danach haben Teilnehmer an Trainingsmaßnahmen in einer Werkstatt für Behinderte im Falle der Arbeitsunfähigkeit keinen Anspruch auf Krankengeld, weil sie kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen beziehen. Denn Krankengeld kann grundsätzlich nur als Ersatz für diejenigen Einkünfte beansprucht werden, die der Versicherte vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bzw vor Beginn der stationären Behandlung als Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen bezogen hat und die wegen der Erkrankung entfallen. Das zur Beitragserhebung heranzuziehende fiktive Einkommen (im damaligen Fall nach § 235 Abs 3 SGB V) ist nicht zu berücksichtigen, selbst wenn Versicherte betroffen sind, die - wie der Kläger - keine Arbeitnehmer sind, sodass § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V auf die Beitragsbemessung verweist. Der aufgezeigte Grundsatz hat auch insoweit Ausdruck im Gesetz gefunden, als § 44 Abs 1 Satz 2 SGB V diejenigen Versichertengruppen pauschal vom Anspruch auf Krankengeld ausschließt, die mangels einer entgeltlichen Tätigkeit im Falle der Arbeitsunfähigkeit regelmäßig kein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen einbüßen (zum Ganzen BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 8 S 19 f). Weitere Bestätigungen für das Entgeltersatzprinzip sind darin zu sehen, dass § 47 Abs 1 Satz 2 SGB V das Regelentgelt für Arbeitnehmer auf 90 vH des Nettoarbeitsentgelts begrenzt und dass § 47 Abs 3 SGB V die den Krankenkassen für Sonderfälle eingeräumte Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der Zahlung und Berechnung des Krankengeldes mit der ausdrücklichen Auflage verbindet, die Erfüllung der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes sicherzustellen; eine entsprechende Regelung findet sich hier zusätzlich in der Satzung der Beklagten.

Im Falle des Klägers spricht nichts für eine Ausnahme von dem im genannten Urteil entwickelten Grundsatz. Die anzuwendenden Vorschriften sind dieselben. Für die Anwendung des Grundsatzes bedeutet es keinen Unterschied, ob Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen wie in der damaligen Fallgestaltung überhaupt nicht erzielt (und der Krankengeldanspruch dadurch ganz ausgeschlossen) wird oder ob die tatsächliche Höhe des durch die Arbeitsunfähigkeit entgehenden Arbeitseinkommens den Krankengeldanspruch begrenzt. Ebenso wenig wie im damaligen Fall rechtfertigt der Wortlaut von § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V ein anderes Ergebnis. Zwar scheint die Vorschrift neben der Verweisung auf die Beitragsbemessungsvorschriften des § 240 SGB V durch die Verwendung des Wortes "gilt" zusätzlich anzudeuten, dass es sich beim angesprochenen Regelentgelt nicht um einen tatsächlich festzustellenden, sondern um einen normativ festgelegten Betrag handeln könnte. Diese Interpretation verkennt jedoch den systematischen Zusammenhang mit der Grundnorm des § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V, der eine isolierte Betrachtung von Absatz 4 Satz 2 ausschließt. Die Definition des Regelentgelts als das erzielte regelmäßige Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen in § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V steckt den Rahmen ab, der bei allen in § 47 SGB V getroffenen Regelungen vorrangig zu beachten ist. Nur in diesem Rahmen trifft § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V ergänzende Bestimmungen zur Höhe des Regelentgelts; die darin enthaltene Verweisung bezieht sich infolgedessen nicht auf das der Beitragsberechnung zu Grunde liegende Einkommen insgesamt, sondern lediglich auf denjenigen Teil der Einkünfte, der als erzieltes Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen für die rechtliche Zuordnung zu den verschiedenen Alternativen der Beitragsbemessung nach § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V maßgebend ist. Nur in dieser Weise bleibt der Sinn und Zweck der Krankengeldleistung gewahrt, dem arbeitsunfähigen Versicherten einen Ausgleich für den durch die Arbeitsunfähigkeit entfallenden Verdienst zu bieten.

Diesem Ergebnis lässt sich nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Senat habe im Urteil vom 7. Mai 2002 einen Anspruch auf Krankengeld bejaht, obwohl der Versicherte dadurch finanziell besser gestellt worden sei als er ohne die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit gestanden hätte (BSGE 89, 254, 258 f = SozR 3-2500 § 19 Nr 5 S 26 ff). Denn bereits darin wird unter Hinweis auf vorangegangene Rechtsprechung (BSG SozR 3-2500 § 44 Nr 8 S 19) betont, dass die Bindung des Krankengeldes an das Lohnersatzprinzip allenfalls bei der Frage des Anspruchsgrundes und nicht bei der Bestimmung der Leistungshöhe in den Hintergrund treten könne; trotz dieser Lockerung der Entgeltersatzfunktion führe ein völliges Fehlen von Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen vor dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit in jedem Fall zum Ausschluss des Krankengeldanspruchs. Da es im vorliegenden Fall um die Anknüpfung an das vor der Arbeitsunfähigkeit erzielte Arbeitseinkommen geht und nicht der Anspruchsgrund, sondern die Höhe streitig ist, sind Vorbehalte gegen das Lohnersatzprinzip schon nach den seinerzeit angestellten Erwägungen hier nicht einschlägig. Im Übrigen kann aus jenem Urteil für die jetzige Entscheidung auch deshalb nichts hergeleitet werden, weil es dort um Pflichtversicherte ging, denen das Gesetz in der Phase nach dem Ausscheiden aus einem Beschäftigungsverhältnis eine einmonatige Überlegungsfrist gewährt, um ihnen Zeit zu geben, sich auf die neuen Verhältnisse einzustellen, ohne den Versicherungsschutz sofort zu verlieren. Dieser "Vorteil" im Vergleich zum freiwillig versicherten Kläger knüpft an die mit der Übergangsphase zwischen zwei Lebensabschnitten verbundene Unsicherheit an und ist zudem zeitlich begrenzt. Mit einer solchen Fallgestaltung hat die Situation des Klägers nichts zu tun.

Die demnach wegen der Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes gebotene einschränkende Auslegung der in § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V enthaltenen Verweisung auf das Beitragsrecht wird durch den Zweck der darin in Bezug genommenen Regelungen bestätigt, der einer Übernahme in das Leistungsrecht entgegensteht.

Das gilt zum einen hinsichtlich der im Falle des Klägers erfolgten Beitragsbemessung eines freiwillig versicherten Mitglieds nach seinen tatsächlich erzielten Gesamteinnahmen. Insoweit fordert das Beitragsrecht gemäß § 240 Abs 1 Satz 2 SGB V, dass bei der satzungsmäßig geregelten Beitragsbemessung die "gesamte" wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Versicherten berücksichtigt wird. Danach sind bei der Beitragsgestaltung alle Einnahmen und Geldmittel, die das Mitglied zum Lebensunterhalt verbraucht oder verbrauchen könnte und Ausdruck seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit sind, ohne Rücksicht auf ihre steuerliche Behandlung zu Grunde zu legen (so BT-Drucks 11/2237 S 225). Das Beitragsrecht der freiwillig Versicherten hat damit gerade nicht nur - wie das Krankengeld gemäß § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V - isoliert das entfallende und daher durch eine Sozialleistung zu ersetzende Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen im Blick, sondern ist Ausprägung der Finanzierung des Krankenversicherungsschutzes durch eine Solidargemeinschaft insgesamt. Wegen der unterschiedlichen Funktion des Beitragsrechts im Verhältnis zu den Vorschriften über die Höhe des Krankengeldes kann daher nicht außer Betracht bleiben, dass die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung unabhängig davon erzielt werden, ob er arbeitsunfähig krank oder gesund ist. Eine Berücksichtigung dieser Einnahmen bei der Bestimmung der Krankengeldhöhe ist mit § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V als der Grundnorm für die Krankengeldberechnung unvereinbar.

Der Gesichtspunkt der Entgeltersatzfunktion greift zum anderen ebenso durch, soweit der Kläger auf die Bestimmungen über die Mindestbeitragsbemessung für freiwillig Versicherte verweist. Das beitragsrechtlich maßgebliche Mindesteinkommen für diese Versichertengruppe nach § 240 Abs 4 Satz 1 SGB V soll mit der darauf beruhenden Mindestbeitragshöhe nämlich nur verhindern, dass sich freiwillige Kassenmitglieder mit geringen Einkünften zu Lasten der Solidargemeinschaft der Pflichtversicherten Krankenversicherungsschutz zu unangemessen niedrigen Beiträgen verschaffen können (vgl BT-Drucks 8/338 S 60 zu § 180 Abs 4 RVO in der Fassung des Krankenversicherungs-Kostendämpfungsgesetzes vom 27. Juni 1977 - BGBl I 1069; dazu: BSGE 52, 32, 33 = SozR 2200 § 385 Nr 5 S 14; zur Verdoppelung des Mindestbeitrags ab dem 1. Januar 1989 und ihrer verfassungsrechtlichen Beurteilung: BSGE 70, 13, 19 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 6 S 15 f; BSG SozR 3-1300 § 40 Nr 2; BVerfG SozR 3-1300 § 40 Nr 3). Der Zweck der Mindestbeitragshöhe liegt somit gerade nicht darin, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der freiwillig Versicherten genauer zu erfassen.

Die zum 1. Januar 1993 eingeführte besondere Mindesteinnahmen-Grenze für freiwillig versicherte hauptberuflich Selbstständige beruht im Verhältnis zu den Pflichtversicherten auf demselben Grundgedanken wie diejenige für die übrigen freiwillig Versicherten (BSGE 79, 133, 141 = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 106). Sie soll außerdem vermeiden, dass Selbstständige deshalb ungerechtfertigt begünstigt werden, weil die Beitragsbemessung bei ihnen nicht wie bei anderen Versicherten am Bruttoeinkommen, sondern an dem um die Betriebsausgaben bereinigten Gewinn aus selbstständiger Erwerbstätigkeit anknüpfen kann (BSGE 79, 133, 142 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 27 S 107 f; BVerfGE 103, 392, 398 f = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 194). Auch dieser besondere Gesichtspunkt lässt jedoch nicht die Annahme zu, die Regelung des § 240 Abs 4 Satz 2 SGB V sei vor allem von dem Bestreben getragen, die wahren Einkommensverhältnisse der hauptberuflich Selbstständigen abzubilden. Denn das festgestellte Arbeitseinkommen wird nicht durch einen pauschalen Zuschlag als Ausgleich für den Abzug von Betriebsausgaben erhöht. Vielmehr mindert sich der Zuschlag, je näher das tatsächliche Arbeitseinkommen an die Mindestbemessung heranreicht; ein höheres Arbeitseinkommen bleibt trotz fehlenden Bruttoprinzips ohne Zuschlag für die Beitragsbemessung maßgebend. Deshalb muss bei der Regelung für hauptberuflich Selbstständige - ebenso wie bei derjenigen für die übrigen freiwillig Versicherten - das Bemühen um ein finanzielles Gleichgewicht zwischen Ausgaben und Beitragsaufkommen im Vordergrund gestanden haben. Dieser Aspekt wird bei selbstständig Erwerbstätigen noch durch die Überlegung verstärkt, dass bei zu niedrig bemessenen Beiträgen das Unternehmerrisiko partiell auf die Solidargemeinschaft überwälzt würde (BVerfGE 103, 392, 399 = SozR 3-2500 § 240 Nr 39 S 194 f).

Schließlich steht die Entstehungsgeschichte des § 47 SGB V der Annahme entgegen, dass der Berechnung des Krankengeldes fiktive Beträge an Stelle des tatsächlich erzielten Einkommens zu Grunde zu legen sein könnten. In ihrer wesentlichen Struktur ist die Vorschrift aus den bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Regelungen der RVO hervorgegangen. Bereits diese hatten die Krankengeldhöhe an die Beitragsbemessung geknüpft. Bis 1961 war der sog Grundlohn Berechnungsgrundlage für die Beiträge und das Krankengeld aller Versicherten - auch der abhängig beschäftigten Arbeitnehmer. Der Grundlohn war in der Satzung nach dem wirklichen Arbeitsverdienst oder nach Lohnstufen festzusetzen; bis Ende 1982 waren auch Mitgliederklassen zulässig (vgl § 180 Abs 2 RVO in der bis zum 31. Dezember 1982 bzw 31. Dezember 1988 geltenden Fassung). Entsprechendes galt zunächst in der Regel für die freiwillig bei den Primärkassen versicherten Selbstständigen (zur weitergehenden Satzungsautonomie bei den Ersatzkassen vgl BSG SozR 3-2500 § 240 Nr 22 S 84 f); nach der Rechtsprechung war für die Berechnung des Grundlohns das tatsächliche Brutto-Arbeitseinkommen abzüglich Werbungskosten und Betriebsausgaben zu Grunde zu legen (BSGE 30, 61, 64 = SozR Nr 5 zu § 385 RVO). Im selben Sinne interpretierte das Bundessozialgericht (BSG) die "sonstigen Einnahmen zum Lebensunterhalt" eines Selbstständigen, die der zum 1. Juli 1977 geänderte § 180 Abs 4 RVO für maßgeblich erklärte (BSGE 57, 235, 237 ff = SozR 2200 § 180 Nr 19 S 59 ff unter Berufung auf BT-Drucks 8/338 S 60). Außerdem betonte das BSG die Bindung an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse im Zusammenhang mit den damals noch zulässigen Mitgliederklassen: In derselben Beitragsklasse durften keine Versicherten zusammengefasst werden, die über sehr unterschiedlich hohe Einkünfte verfügten (BSG SozR 2200 § 180 Nr 11 S 33). Der Gesetzgeber hielt am Grundsatz nur insoweit nicht fest, als er zum 1. Juli 1977 einen später wiederholt veränderten Mindestgrundlohn einführte, dessen Hintergründe jedoch einer Übernahme in die Krankengeldberechnung entgegenstehen, wie oben aufgezeigt wurde.

Die Berechnung des Krankengeldes für Arbeitnehmer wurde 1961 von den Bestimmungen über den Grundlohn abgekoppelt und auf den "Regellohn" umgestellt, der jedenfalls seit 1983 dem heutigen Regelentgelt des § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V im Wesentlichen entspricht. Ursprünglich verwies die Definition des Regellohns ausschließlich auf das Arbeitsentgelt; im Zusammenhang mit der Ermöglichung eines Krankengeldanspruchs für Rentner wurde mit Wirkung vom 1. Januar 1983 das Arbeitseinkommen einbezogen (§ 182 Abs 4 Satz 1 RVO in der Fassung des Rentenanpassungsgesetzes 1982 vom 1. Dezember 1981 - BGBl I 1205), weil bei Rentnern das Arbeitseinkommen den Grundlohn und somit die Beitragsbemessungsgrundlage erhöhte (vgl die Gesetzesbegründung in BT-Drucks 9/458 S 35). Für die "sonstigen Versicherten" bzw die "Versicherten, die nicht Arbeitnehmer sind" wurde die Verknüpfung zum Grundlohn seit der Einführung des Regellohns im Jahre 1961 dadurch hergestellt, dass der Grundlohn bzw (seit dem Rehabilitations-Angleichungsgesetz - RehaAnglG - vom 7. August 1974, BGBl I 1881) der zuletzt vor der Arbeitsunfähigkeit für die Beitragsbemessung maßgebende Grundlohn als Regellohn galt (§ 182 Abs 6 Satz 1 RVO).

Abgesehen vom Wegfall des Begriffs des Grundlohns und der Ersetzung von "Regellohn" durch "Regelentgelt" hat der heutige § 47 SGB V in den hier interessierenden Absätzen 1 und 4 die Bestimmungen der RVO übernommen; allerdings hatte die Definition des Regellohns in der RVO schon immer auf die "wegen Arbeitsunfähigkeit entgangenen" Einkünfte abgehoben, während § 47 Abs 1 Satz 1 SGB V die "erzielten" Einkünfte zu Grunde legt. Da eine Rechtsänderung damit nicht beabsichtigt war (BT-Drucks 11/2237 S 181: § 46 des Entwurfs entspreche dem geltenden Recht), bestätigt die Entstehungsgeschichte die Auffassung der Beklagten, dass der Krankengeldanspruch dem Versicherten grundsätzlich kein höheres Einkommen verschaffen darf als er ohne Arbeitsunfähigkeit regelmäßig erzielt, denn nur insoweit kann der Verdienst im Sinne der früheren Vorschriften "entgehen". Gleichzeitig belegt die Auslegung des Begriffs des Grundlohns durch die Rechtsprechung eine enge Bindung an die tatsächlichen Einkommensverhältnisse, die es ohne eindeutigen Gesetzesbefehl nicht erlaubt, an Stelle der tatsächlichen Einkünfte auf fiktive abzustellen. Diesen Grundsatz hat das BSG unter der Geltung des SGB V aufrechterhalten. Demzufolge war die satzungsrechtliche Festlegung von Mindesteinnahmen zur Beitragsbemessung bei freiwillig versicherten Selbstständigen nicht mit § 240 SGB V in der bis zum 1. Januar 1993 geltenden Fassung vereinbar (BSGE 71, 137 = SozR 3-2500 § 240 Nr 9 mwN zur früheren Rspr ua das oben bereits zitierte Urteil BSG SozR 2200 § 180 Nr 11).

Die dargestellte Rechtslage schließt höheres Krankengeld für den Kläger auch mit Rücksicht auf die Grundsätze des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs aus. Zwar hält der Senat eine unmissverständliche Aufklärung des Versicherten über die Rechtslage anlässlich der erstmaligen Beitragsfestsetzung auf Grund eines fiktiven Mindesteinkommens für geboten, weil ein freiwillig Versicherter nicht ohne weiteres damit zu rechnen braucht, dass der Berechnung des Krankengelds ein niedrigerer Wert zu Grunde zu legen ist. Auch im Falle einer - vom LSG hier gerade nicht festgestellten - unzureichenden oder missverständlichen Information durch die Beklagte, würde dies für den Kläger im Ergebnis jedoch nichts ändern. Denn bei ausreichender Aufklärung und Beratung hätte er allenfalls die Möglichkeit gehabt, weitergehende Vorsorge außerhalb der gesetzlichen Krankenversicherung zu treffen. Dadurch wären aber keine höheren Leistungsansprüche gegen die Beklagte begründet worden.

Die Beschränkung des Krankengeldanspruchs des Klägers verstößt nicht gegen Verfassungsrecht.

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen um die leistungs- und beitragsrechtliche Behandlung einmaliger Lohnzahlungen den Grundsatz aufgestellt, dass gleich hohe Beiträge keine unterschiedlich hohen Ansprüche auf Krankengeld begründen dürfen (BVerfGE 92, 53 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6). Dieser Grundsatz ist im Falle des Klägers unter dem Blickwinkel der Mindestbeitragsregelungen (vgl dazu das Urteil des Senats vom 30. März 2004 - B 1 KR 32/02 R) nicht berührt, weil bei ihm die Beiträge nach seinen tatsächlichen Einnahmen bemessen wurden; er musste aus einem Einkommen von 123,10 DM täglich Beiträge zahlen, während das für hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige maßgebliche Mindesteinkommen bei 112 DM täglich lag. Dass er Krankengeld trotz dieser Beitragsbemessung nur aus dem Betrag beanspruchen kann, der sein Arbeitseinkommen abbildet (44,59 DM täglich), führt zu keinem Verstoß gegen das Grundgesetz. In der erwähnten Entscheidung hat das BVerfG nämlich auch ausgesprochen, dass es von Verfassungs wegen nicht geboten ist, bei der Bemessung einer kurzfristigen Lohnersatzleistung, wie sie das Krankengeld darstellt, eine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen den entrichteten Beiträgen und der Höhe der Leistungen zu erzielen (BVerfGE 92, 53, 71 = SozR 3-2200 § 385 Nr 6 S 21 mwN). Unabhängig davon ist der für Äquivalenzabweichungen bei Versichertengruppen mit gleicher Beitragsleistung erforderliche hinreichende sachliche Grund indessen vorhanden. Zwar bekäme ein Selbstständiger mit Gesamteinnahmen in Höhe derjenigen des Klägers, die allein aus Erwerbstätigkeit erzielt wurden, höheres Krankengeld als der Kläger, bei dem sich die Gesamteinnahmen aus der selbstständigen Erwerbstätigkeit und zusätzlich aus Vermietung und Verpachtung zusammensetzen. Diese unterschiedliche Behandlung auf der Leistungsseite ist jedoch gerechtfertigt, weil das BVerfG (BVerfGE aaO S 72 = SozR aaO S 21 f) auch gefordert hat, dass der Versicherte durch die Berechnung von Lohnersatzleistungen nicht besser gestellt werden darf, als er ohne Eintritt des Versicherungsfalls stünde. Unter diesem Blickwinkel ist eine den Sinn und Zweck der Regelung in den Vordergrund stellende einschränkende Auslegung von § 47 Abs 4 Satz 2 SGB V nicht nur verfassungsrechtlich erlaubt, sondern sogar geboten. Da die Einnahmen des Klägers aus Vermietung und Verpachtung unabhängig davon anfielen, ob er arbeitsfähig oder arbeitsunfähig war, wäre es nicht hinnehmbar, dass im Falle der Arbeitsunfähigkeit durch zusätzlich an den Miet- und Pachteinnahmen orientierte Krankengeldleistungen letztlich eine planmäßige Übersicherung im Krankenversicherungsschutz des Klägers herbeigeführt würde.

Zusätzlich ist in Betracht zu ziehen, dass Krankenversicherungsbeiträge für die Finanzierung der Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung insgesamt und nur zu einem geringen Teil für Krankengeldzahlungen (in den letzten Jahren etwa 6%: vgl Statistisches Taschenbuch Gesundheit 2000, hrsg BMGS, Tabelle 10.12; Statistisches Handbuch 2002, hrsg AOK-Bundesverband, S 161) aufgebracht werden müssen und dass der Zusammenhang zwischen Arbeitsunfähigkeit und Verdiensteinbuße bei Selbstständigen ohnehin weniger zwingend ist als bei abhängig Beschäftigten. Das vom Kläger geforderte Mindest-Krankengeld wird auch verfassungsrechtlich durch die oben dargestellte besondere Funktion der Regelungen über das Mindesteinkommen beim Schutz der Solidargemeinschaft vor der ungerechtfertigten Begünstigung freiwilliger Mitglieder nicht gestützt.

Das Verfassungsrecht eröffnet zudem einen umso weiteren Spielraum für Differenzierungen, als das Gesetz Personen in der Situation des Klägers die Art ihres Krankenversicherungsschutzes nicht verbindlich vorschreibt, sondern ihnen weitgehend die Möglichkeit eröffnet, die Vor- und Nachteile des privaten und gesetzlichen Krankenversicherungssystems gegeneinander abzuwägen und sich für dasjenige System zu entscheiden, das ihnen in ihrer konkreten Situation am besten geeignet erscheint. In diesem Zusammenhang sind die möglichen verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den geforderten Bezug zwischen Krankengeldhöhe und tatsächlicher Einkommenseinbuße auch deshalb unbegründet, weil sogar die private Krankenversicherung eine entsprechende Begrenzung des (dortigen) Krankentagegeldes kennt (Musterbedingungen des Verbandes der privaten Krankenversicherung für die Krankentagegeldversicherung - MB/KT 1994 - § 4 Abs 2 und Abs 4). Obwohl der rechtliche Gesichtspunkt der "Summenversicherung" bzw der Privatautonomie diese Beschränkung insbesondere im Versicherungsfall in den Hintergrund drängt (vgl BGH LM VVG § 178a Nr 1 = VersR 2001, 1100 sowie BGH VersR 2002, 881 = NJW-RR 2002, 1179; dazu auch Prölss/Martin, VVG, 26. Aufl 1998, § 4 MB/KT RdNr 2), bestätigt selbst dieser Befund die Rechtfertigung für die in der gesetzlichen Krankenversicherung besonders betonte Entgeltersatzfunktion des Krankengeldes.

Da die Beklagte demnach die Höhe des Krankengeldes zutreffend berechnet hat, musste die Revision des Klägers ohne Erfolg bleiben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Rechtskraft
Aus
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