L 10 AL 109/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 51 Ar 2391/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 10 AL 109/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Verpflichtung der Beklagten, den Antrag des Klägers auf eine Arbeitserlaubnis (AE) neu zu bescheiden.

Der ... geborene Kläger ist staatenloser Palästinenser aus dem Libanon. Er reiste im Juli 1976 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte erfolglos einen Asylantrag. Nach einer Verurteilung (vom 13. November 1985) zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln (Urteil der 12. Großen Strafkammer des Landgerichts Berlin) und seiner Haftentlassung im Oktober 1987 erhielt der Kläger von März 1988 an vom Landeseinwohneramt Berlin (LEA) eine Duldung. Eine im September 1988 geschlossene Ehe mit einer tunesischen Staatsangehörigen, aus der zwei Kinder hervorgegangen sind, wurde im Februar 1994 geschieden. Die Beklagte erteilte dem Kläger vom 19. September 1989 an mehrmals, zuletzt am 13. Dezember 1990, eine bis zum 12. Dezember 1995 gültige allgemeine AE auf der Grundlage der dama-ligen Härteregelung des § 2 Abs. 6 Arbeitserlaubnisverordnung (AEVO).

Nachdem das LEA die Wirkung einer Ausweisungsverfügung vom 10. Januar 1983 im Termin zur mündlichen Verhandlung am 19. Juli 1994 vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin auf drei Jahre ab Ausreise befristet hatte, reiste der Kläger zunächst aus, kehrte aber am 6. September 1995 unerlaubt nach Berlin zurück. Das LEA erteilte dem Kläger am 17. November 1995 eine zunächst auf sechs Monate befristete Duldung, weil für Palästinenser aus dem Libanon die Erteilung eines Rückkehrvisums erforderlich geworden war, das der Kläger ohne gültige Personalpapiere auf absehbare Zeit nicht erhalten konnte. Die Duldung wurde in der Folgezeit jeweils um sechs Monate verlängert. Sie enthielt seit dem 23. April 1996 den Zusatz “Arbeitsaufnahme erlaubt, wenn AE vom zuständigen Arbeitsamt erteilt worden ist”.

Am 26. April 1996 beantragte der Kläger eine AE jeder Art. Durch Bescheid vom 14. Mai 1996 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der Kläger sei weder im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis oder Aufenthaltsbefugnis (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 AEVO) noch seien Härtegesichtspunkte erkennbar (§ 2 Abs. 7 AEVO).

Mit dem Widerspruch verwies der Kläger auf die zuletzt erteilte AE vom 13. Dezember 1990 (bis 12. Dezember 1995) und machte u.a. geltend, er sei für seine beiden Kinder, die im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis seien, unterhaltspflichtig. Er habe bislang wegen der bestandskräftigen Ausweisung aus dem Jahre 1983 keinen Anspruch auf eine Aufenthaltsbefugnis. Sein Aufenthalt werde wegen der fehlenden Einreisemöglichkeit in den Libanon geduldet. Es sei nicht absehbar, wann er in den Libanon zurückkehren könne.

Durch Widerspruchsbescheid vom 11. Juli 1996 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger werde durch die Versagung der AE gegenüber anderen ausländischen Arbeitslosen in einer vergleichbaren Lage nicht unbillig hart getroffen.

Während des dagegen vor dem Sozialgericht Berlin (SG) anhängigen Klageverfahrens wurde eine zwischenzeitlich versagte Duldung am 29. Januar 1998 bis zum 29. Juli 1998 erteilt und in der Folgezeit verlängert. Diese Duldung ist mit der Auflage versehen, dass u.a. eine Erwerbstätigkeit nicht gestattet sei. Gegen die Auflage ist nach erfolglosem Widerspruchsverfahren eine Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin (VG-10 A 99.98) anhängig. Der Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 Abs. 4 Ausländer-gesetz (AuslG) blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 18. Januar 1999).

Das SG hob durch Urteil vom 30. Oktober 1998 den Bescheid vom 14. Mai 1996 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11. Juli 1996 auf und verurteilte die Beklagte, dem Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts einen neuen Bescheid zu erteilen. Der Kläger erfülle die besonderen Voraussetzungen für eine arbeitsmarktunabhängige AE, deren Erteilung auch nicht ausländerrechtlich ausgeschlossen sei. Ihm könne nach § 5 Nr. 5 Arbeitsgenehmigungsverordnung (ArGV) trotz fehlender Aufenthaltsgenehmigung eine AE erteilt werden. Dem stehe nicht entgegen, dass die Duldung mit der Auflage “Erwerbstätigkeit nicht gestattet” versehen sei. Die dagegen noch anhängige Klage habe nach § 80 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) aufschiebende Wirkung. Die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG - 7 RAr 120/89 - = SozR 3-4100 § 103 AFG Nr. 1), nach der Widerspruch und Klage gegen die Auflage “Erwerbstätigkeit nicht gestattet” keine aufschiebende Wirkung haben sollten, sei durch die Neuregelung des AuslG überholt. § 72 AuslG lasse einen entsprechenden Schluss nicht mehr zu. Selbst wenn durch die aufschiebende Wirkung der Anfechtung eines Verwaltungsaktes nicht seine Wirksamkeit, sondern nur sein Vollzug aufgeschoben sei, untersage die aufschiebende Wirkung jedermann, aus dem angefochtenen Verwaltungsakt unmittelbare oder mittelbare tatsächliche oder rechtliche Folgerungen zu ziehen.

Dem Kläger könne eine arbeitsmarktunabhängige AE erteilt werden. Nach § 1 Abs. 2 ArGV könne eine AE erteilt werden, wenn die Versagung unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falls eine besondere Härte bedeuten würde. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG zur AE habe sich die Auslegung zur Härteregelung am Zweck der besonderen AE auszurichten. Insoweit entspreche die arbeitsmarktunabhängige AE nach § 1 Abs. 2 ArGV der besonderen AE nach § 2 Abs. 7 AEVO, indem Ausländern aus besonderen sozialen Gründen die Arbeitsaufnahme ermöglicht werde, obwohl dies dem Vorrang deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer widerspreche. Die für eine Härte erheblichen besonderen Verhältnisse des Klägers seien vor allem darin zu sehen, dass er schon 1976 im Alter von 16 Jahren in die Bundesrepublik eingereist sei, sich seitdem - mit einer Unterbrechung von weniger als einem Jahr bis September 1995 - hier aufgehalten habe und staatenlos sei. Zwar begründe allein ein langjähriger Inlandsaufenthalt im Allgemeinen keine Härte, sondern die Anerkennung einer Härte setze in einem solchen Fall voraus, dass der Aufenthalt des Ausländers im Inland zu einem geregelten Dauerzustand geworden sei und dass die Dauer des Aufenthalts den in anderen Fällen gestellten Anforderungen entspreche. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht, da sein Aufenthalt bis zum 6. September 1995 unterbrochen gewesen sei. Zudem sei ihm nach Ablauf der bis zum 17. April 1997 befristeten Duldung erst - wenn auch möglicherweise rechtswidrig - vom 29. Januar 1998 an eine Duldung erteilt worden. Der Rechtsbegriff der Härte habe aber eine Auffangfunktion. Soweit im Einzelfall Härtegründe grundrechtsrelevant seien, sei von Verfassungs wegen bei der Abwägung mit dem allgemein geltenden Vorrang deutscher und gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit heranzuziehen; insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass durch eine AE eine weit schwächere Rechtsposition eingeräumt werde als durch eine Arbeitsberechtigung, die in etwa der bisher in Härtefällen erteilten besonderen AE entspreche. Wenn Ausländer, denen in absehbarer Zeit eine Rückkehr in ihr Herkunftsland nicht möglich sei und die daher darauf angewiesen seien, sich an ihrem Aufenthaltsort eine Existenzgrundlage zu schaffen, anhaltend von staatlicher Fürsorge abhängig blieben, sei die nach Artikel 1 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) vom Staat zu schützende Menschenwürde betroffen (BSG, Urteil vom 8. Juni 1989 - 7 RAr 114/88 - SozR 4100 § 19 Nr. 22). Im Fall des Klägers träten weitere besondere Umstände hinzu. Er habe wegen der Straftaten, aufgrund derer er in den Jahren 1981 und 1985 zu Freiheitsstrafen verurteilt worden sei, trotz seines mehr als 20 Jahre langen Aufenthaltes in der Bundesrepublik noch keinen gesicherten ausländerrechtlichen Status erlangt. Wenn ein wegen einer Straftat ausgewiesener Ausländer weder abgeschoben werden noch freiwillig ausreisen könne, wachse ihm mit der Dauer seines Aufenthalts fortschreitend der Schutz des Artikel 1 Abs. 1 GG zu. Diese verfassungsrechtlichen Gesichtspunkte seien bei der Beurteilung einer Härte nach § 1 Abs. 2 ArGV in Betracht zu ziehen. Sogar nach seiner Ausweisung habe der Kläger eine bis Ende 1995 befristete besondere AE erhalten, die ihre Gültigkeit verloren habe, weil er der Ausweisung durch eine freiwillige Ausreise nachgekommen sei. Nachdem nun die Haftentlassung 11 Jahre zurückliege, müsse er im Rahmen des Möglichen von den mittelbaren Folgen der Verurteilung entlastet werden. Da seine ausländerrechtliche Position jedoch noch labil sei, solle bei der Entscheidung über die AE dem Ergebnis des Verfahrens gegen die Auflage und wegen der Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nicht weiter vorgegriffen werden als zur Vermeidung einer Härte erforderlich sei. Dem könne jedoch im Rahmen des § 1 Abs. 2 ArGV deshalb Rechnung getragen werden, weil die Beeinträchtigung des Vorrangs deutscher und gleichgestellter Ausländer dadurch verringert werden könne, dass eine AE mit Beschränkungen und Nebenbestimmungen erlassen werde. Wegen der in mehrfacher Hinsicht noch unsicheren ausländerrechtlichen Position des Klägers komme eine Ermessensreduzierung auf Null nicht in Betracht.

Mit der Berufung macht die Beklagte geltend, durch die gegen die Auflage erhobene Klage werde lediglich der Vollzug des Verwaltungsaktes, nicht jedoch seine Rechtswirkung aufgehoben. Der Strafvollzug des Klägers liege so lange Zeit zurück, dass hierdurch keine besonderen Verhältnisse des Einzelfalles begründet würden. Es lägen keine besonderen Verhältnisse vor, die eine besondere Härte bei der Versagung der AE begründeten und “damit die Erteilung (einer AE) rechtfertigen würden”. In die aufenthaltsrechtliche Problematik solle nicht präjudizierend durch eine AE eingegriffen werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er macht geltend, die Auffassung der Beklagten stehe im Widerspruch zu der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts und des OVG Berlin. Es gehe nicht um die Resozialisierung eines straffällig gewordenen Ausländers, sondern darum, dass einem inzwischen 40-jährigen, der als Minderjähriger eingereist sei, der nicht abgeschoben werden und der auch nicht freiwillig ausreisen könne, die Möglichkeit eröffnet werde, durch eigene Arbeit für sich und seine Kinder zu sorgen. Die Frage des zukünftigen Status der Palästinenser, die derzeit im Ausland lebten, sei völlig ungeklärt.

Durch Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 25. Februar 1999 ist entsprechend dem Willen der Eltern das Sorgerecht für beide Kinder den Eltern gemeinsam übertragen worden. Gegenwärtig ist die Duldung bis zum 17. Juli 2000 verlängert worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten (einschließlich der Akten des SG - S 51 Ar 2391/96 -), der Sachakten der Beklagten ( ...) und der Gerichtsakten des VG Berlin (10 A 328.91) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist unbegründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags auf Erteilung einer Arbeitserlaubnis (AE). Maßgeblich ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung, da der Anspruch auf die AE im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen ist (vgl. BSG, Urteil vom 8. Juni 1998 - 7 RAr 114/88 - = SozR 4100 § 19 Nr. 22). Dieser Anspruch richtet sich nach §§ 284 ff Sozialgesetzbuch (SGB) III in Verbindung mit der am 25. September 1998 in Kraft getretenen ArGV vom 17. September 1998 (Bundesgesetzblatt I S. 2899). Nach § 284 Abs. 1 Satz 1 SGB III dürfen Ausländer eine Beschäftigung nur mit Genehmigung des Arbeitsamtes ausüben. Nach § 284 Abs. 4 SGB III wird die Genehmigung als AE erteilt, wenn nicht Anspruch auf die Erteilung als Arbeitsberechtigung besteht.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Arbeitsberechtigung. Sie setzt gemäß § 286 Abs. 1 SGB III eine Aufenthaltserlaubnis oder -befugnis voraus. Der Kläger ist aber nur im Besitz einer Aufenthaltsgestattung nach § 55 Abs. 2 AuslG.

Das SG hat aber zutreffend entschieden, dass der Kläger diejenigen Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt, bei deren Vorliegen eine AE erteilt werden kann. Nach § 285 Abs. 1 und 2 SGB III in Verbindung mit § 1 Abs. 2 ArGV kann eine AE auch dann erteilt werden, wenn die Versagung unter Berücksichtigung der besonderen Verhältnisse des einzelnen Falles eine besondere Härte bedeuten würde.

Diese Voraussetzungen sind erfüllt, obwohl die Aussetzung der Abschiebung mit der Auflage “Erwerbstätigkeit nicht gestattet” versehen ist. Die gegen diese Auflage erhobene Klage vor dem VG hat aufschiebende Wirkung, so dass der Vollzug der Auflage aufgeschoben wird. Das hat das SG zutreffend dargelegt. Dem steht die Entscheidung des BSG (Urteil vom 9. August 1990 - 7 RAr 120/89 - = SozR 3-4100 § 103 Nr. 1) nicht entgegen. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Auflage “Erwerbstätigkeit nicht gestattet” keine aufschiebende Wirkung. Diese Auffassung wird jedoch von der für die Rechtsbehelfe des Klägers zuständigen Verwaltungsgerichtsbarkeit Berlin nicht geteilt (vgl. VG Berlin, Beschluss vom 25. März 1998 - VG 8 F 18.98 -, bestätigt durch Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 15. Mai 1998 - OVG 3 SN 21.98 -).

Für die Auslegung des Begriffs “besondere Härte” ist zunächst auf die Rechtsprechung des BSG zum Begriff “Härte” in § 2 Abs. 7 AEVO zurückzugreifen. Danach müssen Umstände des Einzelfalls vorliegen, die eine über die für ausländische Arbeitnehmer allgemein gültigen Verhältnisse hinausgehende besondere Härte darstellen. Besondere Verhältnisse begründen nach der Rechtsprechung zur AEVO eine Härte nur dann, wenn ihnen stärkeres Gewicht als dem Schutz deutscher und ihnen gleichgestellter ausländischer Arbeitnehmer zukommt. Bei der Abwägung sind vor allem die Grundrechte und die in ihnen zum Ausdruck kommende Wertordnung zu beachten (BSG, Urteil vom 23. Juni 1982 - 7 RAr 106/81 - = SozR 4100 § 19 Nr. 16).

Auch ist zu bedenken, dass bei Vorliegen einer Härte im Sinne der AEVO im Regelfall eine unbeschränkte AE für fünf Jahre zu erteilen war (§ 4 Abs. 3 AEVO), mithin für fünf Jahre die Rechte der Bevorrechtigten zurückstehen mussten; die Anforderungen an den Begriff “Härte” waren dementsprechend hoch. Bei der Abwägung der besonderen Verhältnisse des Ausländers mit dem Schutz der bevorrechtigten Arbeitnehmer ist nunmehr einerseits zu beachten, dass durch § 285 Abs. 1 Satz 2 SGB III eine Stärkung der Bevorrechtigten eingetreten ist. Danach stehen nämlich für eine Beschäftigung deutscher Arbeitnehmer und diesen gleichgestellte Ausländer auch dann zur Verfügung, wenn sie nur mit Förderung des Arbeitsamtes vermittelt werden können. Andererseits gewährt § 1 Abs. 2 ArGV als Ausnahme hiervon nicht etwa einen Anspruch auf eine Arbeitsberechtigung, sondern räumt lediglich dann, wenn eine besondere Härte vorliegt, eine Ermessensentscheidung über eine AE ein. Diese kann wiederum gemäß § 1 Abs. 1 Ziffer 1 ArGV auf eine bestimmte berufliche Tätigkeit in einem bestimmten Betrieb beschränkt werden und wird gemäß § 4 Abs. 1 ArGV auf die Dauer der Beschäftigung, längstens auf drei Jahre befristet.

Dieser geringere Eingriff in die geschützten Rechte der Bevorrechtigten führt dazu, dass die besonderen Verhältnisse des Ausländers, soweit sie grundrechtlich bzw. durch die Wertordnung des Grundgesetzes geschützt sind, in stärkerem Maße berücksichtigt werden können.

Die Verhältnisse des Klägers, die in ihrem Zusammenwirken eine besondere Härte begründen, sind von verschiedenen Faktoren geprägt. Zum einen hält sich der Kläger seit 1976 mit einer Unterbrechung von nur einem Jahr in der Bundesrepublik Deutschland auf. Die Inlandsaufenthalts-Zeiten vor seiner Ausreise wirken nur deswegen nicht “anspruchsbegründend”, weil nach § 2 Abs. 6 ArGV ein Inlandsaufenthalt rechtlich für den Erwerb einer Arbeitsgenehmigung nur durch Zeiten eines Auslandsaufenthalts von weniger als sechs Monaten nicht unterbrochen wird. Gleichzeitig ist jedoch wiederholt die Vollstreckung der Ausreiseverfügung durch Abschiebung an einer fehlenden Ausreisemöglichkeit des Klägers gescheitert. Dies wiederum hat zur Folge, dass die vom Kläger erstrittene Befristung der Wirkung der Ausreiseverfügung nicht zum Tragen kommt, weil diese Frist wegen der fehlenden Ausreisemöglichkeit nicht abläuft.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass die Beklagte in der Vergangenheit dem Kläger von 1989 an, also zu Zeiten, als der Kläger ausreisepflichtig und schon lange nicht mehr mit einer Deutschen verheiratet war, eine AE für eine berufliche Tätigkeit jeder Art unter Härtegesichtspunkten erteilt hat. Gesichtspunkte, die zwischenzeitlich das Vorliegen einer Härte hätten entfallen lassen können, sind nicht ersichtlich. Vielmehr haben sich die rechtlichen Bindungen des Klägers an seine Kinder zwischenzeitlich dadurch verfestigt, dass er mit seiner geschiedenen Frau gemeinsam sorgeberechtigt ist.

Dem von der Beklagten hervorgehobenen Umstand, dass durch die AE nicht präjudizierend in die aufenthaltsrechtliche Problematik eingegriffen werden solle, kann durch eine Befristung der AE auf die Dauer der Duldung Rechnung getragen werden. Dieser Umstand steht daher dem Vorliegen einer besonderen Härte nicht entgegen.

Die Kostenentscheidung nach § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entspricht dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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