L 14 AL 141/98

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 53 AL 2178/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 141/98
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. September 1998 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger auch die ihm für das Berufungsverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Arbeitslosengeld, insbesondere darüber, ob der Kläger die Anwartschaftszeit für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt hat.

Das Land Berlin beschäftigte den jetzt 61 Jahre alten Kläger seit dem 9. April 1990 als nicht vollbeschäftigten Tierarzt („nv Tierarzt“), zunächst auf der Grundlage eines befristeten, ab 1. Juli 1991 auf der Grundlage eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Arbeitsvertrages. Für das Arbeitsverhältnis war u.a. der Tarifvertrag über die Regelung der Rechtsverhältnisse der nicht vollbeschäftigten amtlichen Tierärzte und Fleischkontrolleure in öffentlichen Schlachthöfen und in Einfuhruntersuchungsstellen (TV Ang iöS) maßgebend; danach war Vergütung nur für angeordnete und geleistete Arbeit zu zahlen. Eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit - auch eine Mindest- oder Höchstarbeitszeit - war nicht vereinbart.

Das Land setzte den Kläger - zusammen mit anderen (voll- bzw. nicht vollbeschäftigten) Tierärzten bis zum 31. März 1996 zur amtlichen Fleischbeschau im Schlachthof Beusselstraße ein, der nicht vom Land selbst, sondern einer Gesellschaft des Privatrechts betrieben wurde. Der Arbeitsanfall richtete sich nach den jeweiligen Schlachtviehanmeldungen des Betreibers, die dem Land in der Regel einen bis zwei Tage vor der Schlachtung bekannt gegeben wurden. Die Dienste der nv Tierärzte wurden jeweils nach der Höhe des Schlachtviehaufkommens festgesetzt und nach Möglichkeit gleichmäßig auf die zur Verfügung stehenden nv Tierärzte verteilt, wobei persönliche Wünsche möglichst berücksichtigt wurden. Bei einem Arbeitseinsatz arbeitete ein nv Tierarzt durchschnittlich sieben Stunden. Hinzu kam eine Rüstzeit von höchstens einer Stunde pro Arbeitseinsatz, die nicht von allen Tierärzten voll in Anspruch genommen wurde. Im Juli 1991 beschäftigte das Land zwölf nv Tierärzte, davon drei auf der Grundlage bis zum 30. September 1991 befristeter Arbeitsverträge. 1991 wurden im Schlachthof Beusselstraße insgesamt 209.665 Tiere (vorwiegend Schweine und Rinder) geschlachtet. In den folgenden Jahren nahm die Zahl der Schlachtungen ständig ab, ebenso die Zahl der vom Kläger tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden. Ab April 1993 arbeitete der Kläger zunehmend und schließlich überwiegend weniger als 18 Stunden in der Woche. Zum 31. März 1996 schloss der Betreiber, der weitere Schlachthöfe in Kasel-Golzig, Neustrelitz und Dessau eröffnet hatte, den Schlachthof Beusselstraße. Vom 1. April bis zum 30. September 1996 beschäftigte das Land Berlin den Kläger stundenweise mit Kontrolltätigkeiten der bezirklichen Veterinär- und Lebensmittelaufsicht im Zusammenhang mit amtlichen Schutzmaßnahmen gegen die Tierseuche BSE. Ab dem 1. Oktober 1996 wurde der Kläger nicht mehr beschäftigt und erhielt kein Arbeitsentgelt mehr.

Am 22. Oktober 1996 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte, ihm Arbeitslosengeld zu gewähren.

Am 24. Oktober 1996 schloss er mit dem Land Berlin einen Aufhebungsvertrag, wonach das Arbeitsverhältnis zum 31. März 1997 endete und das Land Berlin ihm eine Abfindung in Höhe von 9.000,- DM zahlte.

Mit Bescheid vom 28. Februar 1997 lehnte die Beklagte die Zahlung von Arbeitslosengeld ab, da der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe; er habe innerhalb der letzten drei Jahre vor der Arbeitslosmeldung nicht mindestens 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden.

Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren (Widerspruchsbescheid vom 23. Mai 1997) hat der Kläger am 11. Juni 1997 Klage erhoben.

Das Sozialgericht hat nach Vernehmung eines Beamten der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin zur Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse nicht vollbeschäftigter Tierärzte durch Urteil vom 29. September 1998 den Bescheid vom 28. Februar 1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 1997 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, Arbeitslosengeld ab 22. Oktober 1996 zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Voraussetzungen für einen Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllt seien. Insbesondere habe der Kläger die Anwartschaftszeit erfüllt. Er habe in der vom 22. Oktober 1993 bis zum 21. Oktober 1996 reichenden Rahmenfrist mehr als 360 Tage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden. Das Beschäftigungsverhältnis sei bis zum Zeitpunkt der Schließung des Schlachthofs Beusselstraße nicht kurzzeitig (mit der Folge der Beitragsfreiheit gemäß § 169 a des Arbeitsförderungsgesetzes [AFG]) gewesen. Kurzzeitig sei eine Beschäftigung, die auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach oder im Voraus durch einen Arbeitsvertrag begrenzt sei, wobei gelegentliche Abweichungen von geringer Dauer unberücksichtigt blieben. Ob eine Beschäftigung kurzzeitig sei, sei aufgrund einer vorausschauenden Betrachtung zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme zu beurteilen (Hinweis auf Urteile des BSG vom 17. März 1981 - 7 RAr 19/80 -, vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 12/87 - sowie vom 28. Oktober 1987 - 7 RAr 28/86 -). Nach den Ausführungen des vom Sozialgericht gehörten Zeugen seien der Kläger und sein Arbeitgeber bei der Einstellung 1990 übereinstimmend davon ausgegangen, dass die wöchentliche Arbeitsbelastung bei ungefähr 20 bis 25 abgerechneten Wochenstunden liegen würde, also in einem Bereich über der Grenze der Kurzzeitigkeit. Allerdings könne auch ohne ausdrückliche Vereinbarung eine mehr als kurzzeitige Beschäftigung dann zu einer kurzzeitigen werden, wenn sich der Umfang der Arbeitszeit völlig abweichend von den ursprünglichen Vorstellungen der Arbeitsvertragsparteien entwickele und diese deshalb übereinstimmend von einer dauerhaft geringeren Arbeitszeit ausgehen müssten. Ein Anlass für eine solche Neubewertung liege nicht schon darin, dass sich die Erwartungen des Arbeitsumfangs im Nachhinein nicht erfüllt hätten und die wöchentliche Arbeitszeit die Grenze der Kurzzeitigkeit teilweise unterschritten habe. Vielmehr müsse eine entsprechend geringere Arbeitszeit dauerhaft für die Zukunft zu erwarten sein. Die Erwartung einer dauerhaft weniger als 18 Stunden umfassenden Arbeitszeit sei erst durch die Schließung des Schlachthofes Beusselstraße gerechtfertigt gewesen. Ab diesem Zeitpunkt sei offenkundig gewesen, dass wegen des für die Arbeitsvertragsparteien ersichtlichen Personalüberhangs mit einer Beschäftigung der nicht vollbeschäftigten Tierärzte in nennenswertem Umfang auf Dauer nicht mehr zu rechnen sei.

Dieses Urteil ist der Beklagten am 20. November 1998 zugestellt worden, die am 9. Dezember 1998 Berufung eingelegt hat. Zu deren Begründung trägt sie - unter Berücksichtigung der dem Senat vom Land Berlin erteilten Auskünfte - vor, dass lediglich bis zum 30. Juni 1994 eine beitragspflichtige Beschäftigung angenommen werden könne, so dass der Kläger die Anwartschaftszeit nicht erfüllt habe, da er innerhalb der vom 21. Oktober 1996 bis zum 22. Oktober 1993 reichenden Rahmenfrist nur 252 Kalendertage in einer beitragspflichtigen Beschäftigung gestanden habe. Die Beschäftigungszeiten im Jahr 1994 lägen sämtlich unter 78 Stunden. Damit sei die Grenze der Kurzzeitigkeit nicht erreicht. Bereits 1994 sei ein drastischer Rückgang der Arbeitseinsätze des Klägers zu verzeichnen. Da er 1994 nur acht Wochen und 1995 nur eine Woche mindestens 18 Stunden beschäftigt gewesen sei, könne der Auffassung nicht gefolgt werden, die Arbeitsvertragsparteien seien gleichwohl von einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis ausgegangen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 29. September 1998 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er meint, dass auf der Grundlage der dem Senat erteilten Auskünfte nicht angenommen werden können, dass er und die Senatsverwaltung bereits Anfang 1994 damit rechneten, dass er künftig nur noch geringfügig beschäftigt werden würde. Auf die tatsächlichen Beschäftigungszeiten komme es nicht an.

Der Senat hat Beweis erhoben über den voraussichtlichen bzw. erwarteten Umfang der Beschäftigung nicht vollbeschäftigter Tierärzte, insbesondere des Klägers, in den Jahren 1991 bis 1996 durch Vernehmung des damaligen Leiters der Arbeitsgruppe Fleischhygiene in der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Oberveterinärrat Dr. F, und des damaligen Leiters der Abteilung IV der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales, Ltd. Senatsrat a.D. Prof. Dr. R; wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift vom 19. September 2000 verwiesen.

Im Übrigen wird wegen der Einzelheiten des Sachverhalts auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, insbesondere die Anlagen zum Schriftsatz des Klägers vom 18. September 1997, die Sitzungsniederschrift vom 29. September 1998, die dem Senat von der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales des Landes Berlin erteilten Auskünfte vom 12. August und 22. Oktober 1999 sowie auf die von der Beklagten vorgelegte Leistungsakte - Stamm-Nr. - verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige (§§ 143, 144 Abs. 1, 151 Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) Berufung erweist sich als unbegründet.

Das Sozialgericht hat zu Recht den Bescheid der Beklagten vom 28. Februar 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Mai 1997 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld ab 22. Oktober 1996 zu gewähren; die gesetzlichen Voraussetzungen dafür (§ 100 AFG) sind erfüllt.

Der Kläger, der ungeachtet des zu dieser Zeit noch fortbestehenden Arbeitsverhältnisses nicht mehr beschäftigt wurde, war arbeitslos (§ 101 Abs. 1 Satz 1 AFG), hatte sich persönlich arbeitslos gemeldet (§ 105 AFG) und Arbeitslosengeld beantragt. Anhaltspunkte dafür, dass er ab dem Tag seiner Arbeitslosmeldung der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung stand, insbesondere für das Arbeitsamt nicht erreichbar war (§ 103 Abs. 1 AFG), ergeben sich weder aus dem Vorbringen der Beteiligten noch aus den Akten, so dass der Senat keinen Anlass hat, nach § 103 SGG weitere Ermittlungen zur Verfügbarkeit anzustellen und ausdrücklich tatsächliche Feststellungen zu unstreitigen Anspruchsvoraussetzungen zu treffen (BSG, Urteil vom 29. Januar 1997 - 11 RAr 21/96 -, SozR 3-4220 § 6 Nr. 4).

Der Kläger hat schließlich die Anwartschaftszeit erfüllt (§ 104 Abs. 1 AFG). Er hat in der hier vom 22. Oktober 1993 bis zum 21. Oktober 1996 reichenden Rahmenfrist (§ 104 Abs. 2 u. 3 AFG) 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden. Er war in dieser Zeit nicht lediglich „kurzzeitig“ im Sinne des § 102 AFG beschäftigt, so dass er beitragsfrei gewesen wäre (§ 169 a Abs. 1 AFG in der bis zum 31. März 1997 geltenden Fassung).

Die Frage, ob eine Beschäftigung auf weniger als 18 Stunden wöchentlich der Natur der Sache nach beschränkt zu sein pflegt oder im Voraus durch einen Arbeitsvertrag beschränkt und damit „kurzzeitig“ (§ 102 Abs. 1 AFG) ist, ist aufgrund einer vorausschauenden Betrachtung zum Zeitpunkt ihrer Aufnahme zu beantworten (BSG, Urteile vom 17. März 1981 - 7 RAr 19/80 -, USK 8159, vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 12/87 -, Die Beiträge 1988, 286 sowie vom 15. Dezember 1999 - B 11 AL 53/99 R - m.w.Nw.). Hier war die Beschäftigung nicht durch einen Arbeitsvertrag im Voraus auf weniger als 18 Stunden wöchentlich beschränkt worden. Auch der einschlägige, auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifvertrag (TV Ang iöS) beschränkt die Arbeitszeit eines nv Tierarztes nicht auf weniger als 18 Stunden wöchentlich. Danach ist entscheidend, ob die Beschäftigung „der Natur der Sache nach“ auf weniger als 18 Stunden wöchentlich „beschränkt zu sein pflegte“. Dies hängt davon ab, ob bei normalem Ablauf der Ereignisse ein Beschäftigter mit durchschnittlichen Fähigkeiten unter den üblichen Bedingungen die fraglichen Arbeitsaufgaben in mehr oder weniger 18 Arbeitsstunden wöchentlich erledigen konnte. Da hier der Arbeitsanfall - in Abhängigkeit von der Zahl der geschlachteten Tiere und damit der zu untersuchenden Tierkörper - schwankte, ist die voraussichtliche durchschnittliche Arbeitszeit zugrunde zu legen.

Jedenfalls bei Aufnahme der unbefristeten Beschäftigung des Klägers im Sommer 1991 war damit zu rechnen - und konnten sowohl der Kläger wie auch das ihn beschäftigende Land aufgrund ihrer Erfahrungen in der Vergangenheit erwarten -, dass der Kläger durchschnittlich mehr als 18 Stunden wöchentlich - nämlich durchschnittlich 20 bis 25 Stunden wöchentlich - beschäftigt sein würde. Der Senat verweist hierzu auf die Erwägungen des Sozialgerichts in dessen Urteil vom 29. September 1998, wogegen die Beklagte mit ihrer Berufung auch nichts erinnert hat. Hinzuzufügen ist lediglich, dass auch die Vernehmung der beiden Zeugen durch den Senat bestätigt hat, dass die Zahl der vom Land beschäftigten nv Tierärzte so bemessen wurde, dass jeder nv Tierarzt nach Möglichkeit durchschnittlich 20 bis 25 in der Woche eingesetzt werden sollte. Gegen diese Erwartung spricht auch nicht, dass bereits 1991 die Zahl der Schlachtungen im Schlachthof Beusselstraße wieder deutlich abgenommen hatte; diesem Rückgang hatte das Land durch eine entsprechende Verringerung der Zahl der von ihm beschäftigten nv Tierärzte (durch Nichtverlängerung befristeter Arbeitsverträge) Rechnung getragen und demzufolge ab Januar 1992 nur noch neun, ab Januar 1993 sogar nur noch acht nv Tierärzte beschäftigt (gegenüber zeitweilig - von Juni 1990 bis Februar 1991 - 17 nv Tierärzten).

Richtig ist freilich, dass ein von der Erwartung völlig abweichender tatsächlicher Verlauf ab dem Zeitpunkt der endgültigen Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse Anlass zu einer neuen - wiederum vorausschauenden - Beurteilung gibt (BSG, Urteil vom 17. März 1981, a.a.O.), wie das Sozialgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat. Ob - wie das Sozialgericht angenommen hat - erst nach der Schließung des Schlachthofs im März 1996 die Annahme gerechtfertigt war, der Kläger werde auf Dauer nicht mehr als 18 Stunden wöchentlich beschäftigt werden, mag zweifelhaft sein; der Senat kann dies hier aber unentschieden lassen. Denn jedenfalls lässt sich nicht feststellen, dass vor Ende 1994/Anfang 1995 abzusehen war, dass der Kläger (bzw. ein Tierarzt mit durchschnittlichen Fähigkeiten) die zu erwartenden Arbeitsaufgaben dauerhaft und endgültig in weniger als 18 Stunden wöchentlich bewältigen würde. Zwar hatte die Zahl der vom Kläger geleisteten Arbeitsstunden abgenommen und lag seit dem Frühjahr 1993 in zunehmendem Maße unter 18 Stunden wöchentlich, wobei diese Arbeitszeit allerdings teilweise nur geringfügig unterschritten wurde. Entscheidend ist indes, dass weder das Land noch gar der Kläger absehen konnten und mussten, dass der dem Rückgang der Arbeitszeit zugrundeliegende Rückgang der Schlachtungen im Schlachthof Beusselstraße nicht nur vorübergehend, sondern von Dauer sein werde. Denn ungeachtet des möglicherweise unwirtschaftlichen Betriebes dieses Schlachthofes in einem dessen Kapazitäten nicht ausschöpfenden Umfang hatte dessen Betreiber - wie beide vom Senat gehörten Zeugen übereinstimmend bekundet haben - jedenfalls bis Ende 1994/Anfang 1995 nicht zu erkennen gegeben, dass er den Schlachthof schließen oder nur geringfügig (und vermutlich unwirtschaftlich) betreiben werde, sondern vielmehr - möglicherweise aufgrund von Erwägungen ganz anderer Art, worauf es hier jedoch nicht ankommt - den Eindruck erweckt, den Berliner Schlachthof weiter bzw. wieder in einem wirtschaftlichen Umfang zu betreiben, so dass dementsprechend auch wieder ein höherer Arbeitsanfall zu erwarten war. Hinzu kommt, dass andere nv Tierärzte, für die die Arbeit auf dem Schlachthof nur eine Nebenbeschäftigung war, zumindest teilweise (auch) zugunsten des Klägers, für den diese Beschäftigung die ausschließliche Lebensgrundlage bildete, auf einen Einsatz verzichteten, was ebenfalls bei der anzustellenden Prognose zu berücksichtigen ist.

Nach alledem ist die Beschäftigung des Klägers jedenfalls bis Ende 1994/Anfang 1995 nicht als kurzzeitig (und damit beitragsfrei), sondern als beitragspflichtig anzusehen. Demgemäß hat der Kläger zwischen dem 22. Oktober 1993 und dem 21. Oktober 1996 mehr als 360 Kalendertage, nämlich mindestens 456 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gestanden und damit die Anwartschaftszeit erfüllt.

Der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld ruht auch nicht wegen des Entritts einer Sperrzeit (§ 119 Abs. 1 AFG). Zwar hat der Kläger durch den am 24. Oktober 1996 geschlossenen Aufhebungsvertrag sein Arbeitsverhältnis zum 31. März 1997 gelöst, nicht jedoch sein Beschäftigungsverhältnis. Das Beschäftigungsverhältnis hatte vielmehr bereits Ende September 1996 geendet; ab dem 1. Oktober 1996 hatte sein Arbeitgeber ihn nicht mehr beschäftigt. Damit war der Kläger bereits vor Abschluss des Aufhebungsvertrages arbeitslos und hat dadurch seine Arbeitslosigkeit nicht herbeigeführt, sondern lediglich die arbeitsrechtlichen Folgerungen aus der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses und der eingetretenen Arbeitslosigkeit gezogen.

Die den Ausgang des Rechtsstreits berücksichtigende Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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