L 11 B 17/00 SB

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 44 SB 300/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 B 17/00 SB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2000 wird zurückgewiesen. Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Die Beteiligten des Festsetzungsverfahrens streiten darüber, ob der Antragsgegner dem Antragsteller Kosten im Rahmen der Prozesskostenhilfe zu erstatten hat.

Der Antragsteller ist Rentenberater und zugelassener Rechtsbeistand, verfügt aber nicht über eine Zulassung als Rechtsanwalt. In einem am 26. Februar 1996 durch Klage bei dem Sozialgericht begonnenen Rechtsstreit vertrat er die Klägerin, nachdem er durch rechtskräftigen Beschluss des Sozialgerichts vom 10. November 1997 der Klägerin im Zusammenhang mit der Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) beigeordnet worden war. Der Rechtsstreit endete durch Erledigungserklärung der Klägerin vom 11. November 1998, nachdem der Beklagte ein Teilanerkenntnis abgegeben hatte. Mit Beschluss vom 28. Januar 1999 legte das Sozialgericht dem Beklagten die Erstattung der Kosten zur Hälfte auf. Durch Beschluss des Urkundsbeamten vom 16. Juli 1999 wurde der von dem Beklagten zu erstattende Betrag auf den Wert von 645,20 DM festgesetzt. Mit rechtskräftigem Beschluss vom 15. Oktober 1999 wies das Sozialgericht die Erinnerung des Beklagten gegen den Beschluss vom 16. Juli 1999 zurück.

Am 2. November 1999 beantragte der Antragsteller bei dem Sozialgericht Berlin, die von dem Antragsgegner im Wege der Prozesskostenhilfe zu erstattenden Kosten auf insgesamt 645,20 DM festzusetzen. Mit Beschluss vom 14. Dezember 1999 wies der Urkundsbeamte des Sozialgerichts Berlin diesen Antrag zurück. Zur Begründung führte er aus, zwar seien der Urkundsbeamte und die im Festsetzungsverfahren entscheidenden Gerichte an die Bewilligung der Prozesskostenhilfe und die Beiordnung gebunden, sie hätten diese nicht auf ihre Zulässigkeit hin zu überprüfen. Jedoch sei der Antrag zurückzuweisen, da nur einem beigeordneten Rechtsanwalt und nicht einem beigeordneten Rechtsbeistand ein Antragsrecht gemäß § 128 Abs. 1 Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung (BRAGO) zustehe. Gegen diesen ihm am 5. Januar 2000 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 10. Januar 2000 Erinnerung eingelegt. Mit Beschluss vom 27. Januar 2000 hat das Sozialgericht den Beschluss des Urkundsbeamten vom 14. Dezember 1999 aufgehoben, die dem Antragsteller von dem Antragsgegner zu gewährende Vergütung auf den Betrag von 617,70 DM festgesetzt und im Übrigen die Erinnerung zurückgewiesen: Der Urkundsbeamte sei an die Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe gebunden. Die Verweigerung eines Antragsrechtes gemäß § 128 Abs. 1 BRAGO würde zu einer Unterhöhlung und einem ausgesprochenen Widerspruch zur vorangegangenen rechtskräftigen Entscheidung des Gerichts des Rechtzuges führen. Dieses Ergebnis könne jedoch im Hinblick auf die Bedeutung der Rechtskraft der vorangegangenen Entscheidung nicht hingenommen werden.

Gegen diesen ihm am 2. März 2000 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner am 8. März 2000 Beschwerde bei dem Sozialgericht Berlin eingelegt, das diesem nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landessozialgericht vorgelegt hat. Der Antragsgegner meint, die Beiordnung eines Rechtsbeistandes im Wege der Prozesskostenhilfe sei nicht möglich, deshalb sei der angefochtene Beschluss aufzuheben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Beschluss des Sozialgerichts Berlin vom 27. Januar 2000 aufzuheben und den Antrag zurückzuweisen.

Der Antragsteller beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend und meint, es sei auch vertretbar gewesen, einen Rechtsbeistand anstelle eines Rechtsanwaltes im Wege der Prozesskostenhilfe beizuordnen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Verfahrensbeteiligten gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 128 Abs. 4 Satz 1 Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO), weil der Beschwerdegegenstand den Wert von 100,00 DM übersteigt. Zwar handelt es sich bei dem Antragsteller nicht um einen zugelassenen Rechtsanwalt, die BRAGO findet keine unmittelbare Anwendung. Gemäß Artikel IX Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. Juli 1957 (BGBl. I S. 861), neugefasst durch Gesetz vom 18. August 1980 (BGBl. I S. 153) gilt die BRAGO für die Vergütung von Personen, denen die Erlaubnis zur geschäftsmäßigen Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten erteilt worden ist, sinngemäß. Diese persönlichen Voraussetzungen erfüllt der Antragsteller, bei §128 BRAGO handelt es sich auch um eine solche Vergütungsvorschrift, weil sie dem 13. Abschnitt der BRAGO über die Vergütung bei Prozesskostenhilfe zugeordnet ist.

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet. Zu Recht hat das Sozialgericht den Antragsteller in dem angefochtenen Beschluss vom 27. Januar 2000 eine Kostenerstattung zugebilligt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO, der aus den vorgenannten Gründen auf den vorliegenden Fall sinngemäße Anwendung findet. Nach dieser Vorschrift wird die aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung auf Antrag des Prozessbevollmächtigten von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt. Dieser Verpflichtung hätte der Urkundsbeamte, wie das Sozialgericht in seinem Beschluss vom 27. Januar 2000 zutreffend ausgeführt hat, entsprechen müssen. Hieran ändert sich auch nichts durch die Tatsache, dass die Beiordnung des Antragstellers im Wege der Prozesskostenhilfe durch Beschluss des Sozialgerichts vom 10. November 1997 möglicherweise rechtswidrig war. Denn die Vergütung gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 BRAGO setzt keine rechtmäßige, sondern allein eine rechtskräftige Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten voraus. Dies ergibt sich aus § 122 Abs. 1 BRAGO, der ebenfalls aus den bereits genannten Gründen auf den vorliegenden Fall entsprechend anzuwenden ist. Nach dieser Vorschrift bestimmt sich der Anspruch des Prozessbevollmächtigten nach den Beschlüssen, durch die die Prozesskostenhilfe bewilligt und der Prozessbevollmächtigte beigeordnet worden ist. Nach dem ausdrücklichen Wortlaut und dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift kommt es dabei allein auf eine rechtskräftig ausgesprochene Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Beiordnung eines Prozessbevollmächtigten an. Eine Anknüpfung an eine zu fordernde Rechtmäßigkeit dieser Beschlüsse ist in dieser Vorschrift ausdrücklich unterblieben, weil darin ansonsten eine Durchbrechung der üblicherweise geltenden Rechtskraftgrundsätze zu sehen wäre. Der Senat lässt ausdrücklich offen, ob der Fall anders zu beurteilen wäre, wenn der Beiordnungsbeschluss nichtig gewesen sein sollte, denn vorliegend sind Nichtigkeitsgründe des Beschlusses vom 10. November 1997 nicht einmal im Ansatz erkennbar.

Im Übrigen erscheint es dem Senat äußerst bedenklich, wenn der Antragsgegner die Wiederherstellung eines Beschlusses des Urkundsbeamten begehrt, in dem sich dieser ausdrücklich darauf gestützt hat, dass die Vorschrift des § 128 BRAGO auf den vorliegenden Fall schon deswegen keine Anwendung finde, weil der Antragsteller kein zugelassener Rechtsanwalt ist. Denn andererseits hat der Antragsgegner selbst ein Rechtsmittel eingelegt, welches ausdrücklich und abschließend allein in § 128 BRAGO vorgesehen ist. Hätte die Rechtsauffassung des Urkundsbeamten zugetroffen, wäre wegen Nichtanwendbarkeit des § 128 BRAGO die Beschwerde bereits unzulässig gewesen.

Die Kosten des Verfahrens über die Erinnerung und über die Beschwerde sind entsprechend § 128 Abs. 5 Satz 2 BRAGO nicht zu erstatten.

Dieser Beschluss ist entsprechend § 128 Abs. 4 Satz 3 BRAGO unanfechtbar.
Rechtskraft
Aus
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