L 8 AL 17/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
8
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 62 AL 1889/01
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 8 AL 17/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2002 wird als unzulässig verworfen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit ist die Gewährung von Insolvenzgeld.

Der 1968 geborene Kläger beantragte am 11. Mai 2000 bei der Beklagten Insolvenzgeld für offene Entgeltansprüche für die Monate September und Oktober 1999 und bezog sich zur Begründung auf einen Beschluss des Amtsgerichts C vom 18. Januar 2000 (), mit dem der Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen seines früheren Arbeitgebers zurückgewiesen worden war, da nach den angestellten Ermittlungen eine den Kosten des Verfahrens entsprechende Masse nicht festzustellen war. Zu dem von seinem Prozessbevollmächtigten unter Vorlage einer Vollmacht eingereichten Antrag teilten diese auf Hinweis der Beklagten zur Nichteinhaltung der zweimonatigen Ausschlussfrist des § 324 Abs. 3 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) mit, dass der Antrag wegen seinerzeit fehlender Belege - die Einkommensbelege hätten mangels Kopierbarkeit im Rahmen eines Familienrechtsstreits vorgelegt werden müssen - nicht in der Lage gewesen sei, den Antrag früher einzureichen. Nach weiterem Schriftwechsel lehnte die Beklagte schließlich den Antrag auf Insolvenzgeld ab und berief sich zur Begründung auf § 183 SGB III und hielt dem Kläger vor, dass er die Ansprüche auf Arbeitsentgelte nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach dem maßgebenden Tarifvertrag gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend gemacht hätte (Bescheid vom 1. Februar 2001, Widerspruchsbescheid vom 25. April 2001).

Zu der dagegen von den Bevollmächtigten erhobenen Klage hat das Sozialgericht (SG) Berlin mehrfach die Vorlage einer Vollmacht gemäß § 73 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) angefordert und schließlich mit gerichtlichem Schreiben vom 5. September 2001 unter Fristsetzung erneut die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zu den Gerichtsakten gefordert; gleichzeitig hat es darauf hingewiesen, dass der Mangel der nicht vorgelegten Vollmacht in der Berufungsinstanz nicht geheilt werden könne. Außerdem hat das SG die Beteiligten auf die Möglichkeit einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG hingewiesen.

Sodann hat das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2002 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Klage unzulässig sei, weil die nach § 73 Abs. 2 SGG schriftlich zu den Akten zu reichende Vollmacht nicht vorgelegt worden sei, obwohl der Kläger dazu unter Fristsetzung aufgefordert worden sei.

Hiergegen haben die Bevollmächtigten fristwahrend Berufung eingelegt, ohne sich in der Folge trotz gerichtlicher Aufforderung noch in irgendeiner Form zu äußern.

Der Berufungseinlegung entnimmt der Senat den Antrag,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 24. Januar 2002 sowie den Bescheid der Beklagten vom 1. Februar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. April 2001 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Insolvenzgeld für die Monate September und Oktober 1999 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung als unzulässig zu verwerfen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegte Verwaltungsakte, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG Berlin ist - ebenso wie die gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten erhobene Klage - unzulässig, weil die für den Kläger im Rechtsstreit auftretenden anwaltlichen Prozessbevollmächtigten bis zur gerichtlichen Entscheidung keine schriftliche Prozessvollmacht zu den Gerichtsakten eingereicht haben.

Gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 SGG können sich die Beteiligten eines sozialgerichtlichen Verfahrens in jeder Lage des Verfahrens durch prozessfähige Bevollmächtigte vertreten lassen. Wie § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG bestimmt, ist die Vollmacht schriftlich zu erteilen und bis zur Verkündung der Entscheidung zu den (Gerichts-)Akten einzureichen. Mit Rücksicht auf den Inhalt der gesetzlichen Regelung des § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG bestehen keine Bedenken dagegen, dass ein Richter nach Klageeingang oder später auf einer zu den Gerichtsakten bis zur Verkündung der instanzabschließenden Entscheidung einzureichenden schriftlichen Vollmacht für das sozialgerichtliche Verfahren besteht und diese vom Bevollmächtigten anfordert. Das gilt selbst für den Fall, dass dies routinemäßig geschieht oder dass sich in den Akten des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens bereits eine auf denselben Bevollmächtigten lautende, wie auch immer formulierte Vollmacht des Klägers befinden sollte (BSG, Urteil vom 13. Dezember 2000 - B 6 KA 29/00 R in SozR 3-1500 § 73 Nr. 9 m.w.N.). Mithin ist eine ohne schriftliche Prozessvollmacht eingereichte Klage unzulässig. Auf diese Rechtsfolge sind die vollmachtlos auftretenden Prozessvertreter bereits vom SG in der gebotenen Form hingewiesen worden, ohne darauf in irgendeiner Weise im Klage- oder Berufungsverfahren zu reagieren. Daher kann auch nicht, was die Prozessvertreter möglicherweise mit ihrem beharrlichen Schweigen bewirken wollten, auf die im Verwaltungsverfahren vorgelegte Vollmacht abgestellt werden. Denn nach dem auf das Erfordernis der Einreichung zu den Gerichtsakten abstellenden Wortlaut des § 73 Abs. 2 Satz 1 SGG kann nur derjenige für das Verwaltungsverfahren Bevollmächtigte als zugleich für das Klage- und gegebenenfalls auch Berufungsverfahren bevollmächtigt angesehen werden, der im Sozialgerichtsverfahren selbst eine Verklammerung zwischen Verwaltungs- und Gerichtsakten herstellt, indem er sich - zur Einreichung einer Prozessvollmacht richterlich aufgefordert - gegenüber dem Gericht auch ausdrücklich darauf beruft und aufzeigt, dass die in den Verwaltungsakten befindliche Vollmacht die Vertretung im Gerichtsverfahren mit abdeckt. Verhält sich der für den Kläger auftretende Bevollmächtigte demgegenüber auch auf eine richterliche Aufforderung zur Nachreichung der Prozessvollmacht fortlaufend passiv und äußert sich (weiterhin) nicht, ist es auch aus prozessrechtlichen Gründen nicht geboten, in eine genauere Prüfung der Vertretungsbefugnis des Bevollmächtigten im Sozialgerichtsverfahren einzutreten. Ein Bevollmächtigter kann nur dann eine Auseinandersetzung des Gerichts mit seinem Anliegen beanspruchen und mit einer Rücksichtnahme auf die Interessen des Vertretenen rechnen, wenn dem Gericht zumindest die individuellen Bevollmächtigungsverhältnisse und die dabei gegebenenfalls in Bezug auf den Streitgegenstand bestehenden Besonderheiten deutlich gemacht werden (BSG, a.a.O.).

Mithin fehlt es an der Zulässigkeitsvoraussetzung des § 73 Abs. 2 SGG, sowohl für das Berufungs- als auch für das Klageverfahren, so dass der Senat in jedem Fall an einer sachlichen Prüfung des geltend gemachten Anspruchs gehindert ist und es insofern dahinstehen kann, dass dem Sachverhalt Anhaltspunkte für eine fristgemäße Antragstellung im Sinne des § 324 Abs. 3 SGB III nicht entnommen werden können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Hauptsache.

Gründe zur Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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