L 2 RJ 44/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Potsdam (BRB)
Aktenzeichen
S 14 RJ 426/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RJ 44/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Januar 2002 wird zurückgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten auch für das Berufungsverfahren zu erstatten. Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen die Aufhebung der Bewilligung von Übergangszuschlag für die Zeit vom 01. April 1998 bis 30. Juni 1998 und die Rückforderung dieser Leistung in Höhe von 1087,56 DM (556,06 Euro).

Die im ... 1957 geborene Klägerin, Witwe des am 11. März 1996 verstorbenen G. N. (Versicherter), beantragte im April 1996 Witwenrente und Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets.

Mit Bescheid vom 06. Juni 1996 bewilligte die Beklagte ab 11. März 1996 kleine Witwenrente. Sie verfügte, dass diese ab 01. Juli 1996 nicht gezahlt werde und stellte eine Nachzahlung für die Zeit vom 11. März 1996 bis 30. Juni 1996 in Höhe von 4701,69 DM fest. Dazu ist im Bescheid ausgeführt, dass die Rente wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen sei. Außerdem heißt es auf Seite 2 des Bescheides:

"Anspruch auf einen Rentenzuschlag bzw. Übergangszuschlag besteht nicht. Die Voraussetzung für eine Übergangshinterbliebenenrente des Beitrittsgebietes ist nicht erfüllt, weil der Verstorbene die finanziellen Aufwendungen für die Familie nach den uns bekannten Einkommensverhältnissen im letzten Jahr vor dem Tod nicht überwiegend erbracht hat (Art. 2 § 13 i. V. m. § 11 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe a RÜG). Sollten Sie davon ausgehen, dass diese Voraussetzung in den letzten 10 Jahren oder 20 Jahren vor dem Tod des Versicherten erfüllt ist, bitten wir um Übersendung Ihrer Versicherungsunterlagen und Angaben zu den Kosten der gemeinsamen Haushaltsführung."

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch wies die Klägerin darauf hin, dass sie in den letzten 19 Jahren überwiegend von ihrem Mann unterhalten worden sei, und fragte an, wo die eingezahlten Beiträge blieben. Außerdem fügte sie Kopien ihres Sozialversicherungsausweises und die ihres verstorbenen Ehemannes bei.

Mit Bescheid vom 13. November 1996 verfügte die Beklagte, dass die kleine Witwenrente neu festgestellt werde. Sie beginne am 11. März 1996. Für die Zeit vom 11. März bis 31. Dezember 1996 betrage die Nachzahlung 2189,34 DM. Ab 01. Januar 1997 würden 364,89 DM monatlich gezahlt. Als Grund für die Neufeststellung wird angegeben: Die Rente werde unter Berücksichtigung der Vorschriften des SGB VI neu festgestellt. Auf Seite 3 des Bescheides heißt es:

"Durch diesen Bescheid wird die Ihnen zunächst mit Bescheid vom 06. Juni 1996 berechnete Rente unter Berücksichtigung der Vorschriften des Rentenüberleitungsgesetzes endgültig festgestellt ...Anspruch auf einen Renten- oder Übergangszuschlag nach §§ 319 a, 319 b des Sozialgesetzbuches Sechstes Buch (SGB VI) kann nur solange bestehen, wie eine Leistung nach dem Übergangsrecht für Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes zusteht. Die Voraussetzungen für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG erfüllen sie wegen der zeitlichen Begrenzung dieser Leistung nur bis zum 31. März 1998. Damit kommt die Gewährung eines Renten- oder Übergangszuschlages über diesen Zeitpunkt hinaus nicht in Betracht."

Auf Seite 2 der Anlage 1 des Bescheides heißt es u. a.:

"Für die Zeit ab 01. Juli 1996 beträgt der aktuelle Rentenwert (Ost) monatlich 38,38 DM, beträgt der Rentenartfaktor für die kleine Witwenrente 0,25 und ändert sich das auf die Rente anzurechnende Einkommen. Daraus ergibt sich eine monatliche Rente von 347,48 DM. Die Rente ist nicht zu zahlen, weil das anzurechnende Einkommen von 599,52 DM - Anlage 8 - höher ist als die monatliche Rente. Der Rentenzuschlag ist jedoch zu zahlen. Die monatliche Rente beträgt daher 394,47 DM."

Anlage 8 des Bescheides enthält die Ermittlung des auf die Rente anzurechnenden Einkommens. Anlage 17 des Bescheides weist die Berechnung der Monatsrente nach dem Übergangsrecht für das Beitrittsgebiet aus.

Mit Bescheiden vom 23. Juni 1997, 14. Juli 1997 und 21. Mai 1998 berechnete die Beklagte die Rente jeweils neu, weil sich der Beitragsanteil zur Kranken-/Pflegeversicherung bzw. sich das auf die Rente anzurechnende Einkommen geändert habe. Der Zahlbetrag reduzierte sich infolge des veränderten Beitragsanteils zur Kranken-/Pflegeversicherung von ursprünglich 364,89 DM auf 362,52 DM.

Am 18. Juni 1998 wurde maschinell für die Monate April bis Juni 1998 eine Überzahlung von jeweils 362,52 DM monatlich festgestellt.

Mit Bescheid vom 20. Juli 1998 in der berichtigten Fassung vom 18. August 1998 verfügte die Beklagte, dass der Bescheid vom 13. November 1996 mit Wirkung vom 01. April 1998 an hinsichtlich der Gewährung des Übergangszuschlages gemäß § 319 b SGB VI aufgehoben werde und die für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 zu Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 1087,56 DM zu erstatten seien. Zugleich wurde das Ruhen der Rentenzahlung ab 01. Juli 1998 angeordnet. Zur Begründung ist ausgeführt: Der Bescheid werde nach § 48 SGB X aufgehoben, weil ab 01. April 1998 kein Anspruch auf einen Übergangszuschlag mehr bestehe, denn die Voraussetzungen für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG lägen wegen der zeitlichen Begrenzung für die Dauer von zwei Jahren nicht mehr vor. Die Klägerin habe Kenntnis von den Wegfallgründen gehabt, so dass eine Aufhebung mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse vorzunehmen sei.

Mit dem dagegen eingelegten Widerspruch machte die Klägerin geltend, ihr Einkommen sei keineswegs so hoch, dass dadurch der Anspruch auf Witwenrente erlösche. Sie habe das Geld gutgläubig verbraucht. Da die Leistungen über den 01. April 1998 hinaus gezahlt worden seien, habe sie auf die Rechtmäßigkeit vertraut. Außerdem habe die Beklagte kein Ermessen ausgeübt. Weil die Leistungen nicht von einem Verwaltungsakt begründet gewesen seien, komme eine Rückzahlungsforderung ausschließlich nach § 50 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 45 SGB X in Betracht.

Mit Bescheid vom 17. März 1999 verfügte die Beklagte, dass der Bescheid vom 20. Juli 1998 in der Fassung vom 18. August 1998 nach § 43 SGB X in einem Bescheid nach § 50 Abs. 2 SGB X umgedeutet werde. Der Bescheid vom 13. November 1996 habe als Nebenbestimmung eine Befristung des Renten- bzw. Übergangszuschlages bis zum 31. März 1998 enthalten. Die mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommene Aufhebung sei diesbezüglich nicht mehr erforderlich gewesen und habe deswegen ins Leere gehen müssen. Maßgebende Rechtsgrundlage sei somit § 50 Abs. 2 SGB X i. V. m. § 45 SGB X. Die Voraussetzungen des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X seien erfüllt, da die Klägerin die Rechtswidrigkeit der Zahlung gekannt bzw. diese infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt habe. Auf Vertrauensschutz könne sie sich daher nicht berufen. Im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung könne nicht von der Erstattung abgesehen werden. Aufgrund ihrer Erwerbstätigkeit sei der Klägerin keine andere Sozialleistung entgangen. Die Höhe ihres Einkommens lasse nicht darauf schließen, dass die Erstattung zu wirtschaftlichen Konsequenzen bzw. sogar zum Eintritt von Sozialhilfebedürftigkeit führen könnte. Daher überwiege das öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft, die zu Unrecht gezahlten Leistungen zurückzufordern.

Dagegen hat die Klägerin vorgetragen, sie treffe keine grobe Fahrlässigkeit. Ihr sei nicht zuzumuten, jeden einzelnen Punkt des Rentenbescheides nachzuvollziehen und so zu der Erkenntnis zu gelangen, dass die Rentenzahlungen zu März 1998 einzustellen seien.

Mit Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück: Im Bescheid vom 13. November 1996 sei unmissverständlich mitgeteilt worden, dass die Voraussetzungen für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG nur bis zum 31. März 1998 bestünden, so dass von grober Fahrlässigkeit auszugehen sei. Die Ermessenserwägungen begründeten die Erstattung.

Dagegen hat die Klägerin am 21. Juli 2000 beim Sozialgericht Potsdam Klage erhoben und vorgetragen:

Die Beklagte habe ihren Ermessensspielraum nicht wahrgenommen. Dem Bescheid vom 13. November 1996 sei eine zeitliche Begrenzung der Witwenrente nicht zu entnehmen gewesen. Lediglich in den umfangreichen Anlagen sei diesbezüglich ausgeführt, dass die Voraussetzungen für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente nur bis März 1998 erfüllt seien. Die Klägerin habe nicht erkennen können, dass der Übergangszuschlag nicht zustehe, da nach dem bewilligenden Bescheid unklar gewesen sei, welche Leistung überhaupt gewährt worden sei. Die Klägerin habe den Unterschied zwischen Witwenrente und Übergangszuschlag nicht erkannt.

Mit Urteil vom 17. Januar 2002 hat das Sozialgericht entsprechend dem Antrag der Klägerin den Bescheid vom 20. Juli 1998 in der Fassung vom 18. August 1998 und 17. März 1999, in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2000 aufgehoben. Die Voraussetzungen der in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage des § 50 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X seien nicht erfüllt. Der Betrag von 1087,56 DM sei ohne Verwaltungsakt erbracht worden, da der Bescheid vom 13. November 1996 eine Befristung auf den 31. März 1998 enthalten habe. Die Leistung über diesen Zeitpunkt hinaus sei auch zu Unrecht erfolgt, da ein Anspruch auf Übergangshinterbliebenenrente bzw. den entsprechenden Zuschlag nach Art. 2 § 13 Abs. 1 Satz 2 RÜG nur für zwei Jahre nach dem Tod des Ehemannes bestanden habe. Zwar sei jeder Empfänger einer Leistung verpflichtet zu überprüfen, ob die ihm gezahlte Leistung zustehe. Die Klägerin hätte möglicherweise bei exaktem Lesen jeder einzelnen Passage des bewilligenden Bescheides und seiner Anlagen und - bei Zweifeln an der Bedeutung bestimmter Begriffe oder Ausführungen - durch Einholung rechtskundigen Rats oder Aufsuchen einer Auskunfts- und Beratungsstelle erkennen können, dass der Anspruch auf den Übergangszuschlag nach dem 31. März 1998 endete. Insoweit sei unstreitig, dass sie die wohl gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen habe. Dies sei jedoch nicht grob fahrlässig der Fall gewesen. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 13. November 1996 sehr umfangreich gewesen sei und sich der Hinweis, dass die Leistungen bis zum 31. März 1998 zeitlich begrenzt seien, erst am Ende der dritten Seite befunden habe. Zudem sei der Aufbau des Bescheides verwirrend. Zum einen heiße es am Anfang, der Klägerin werde eine kleine Witwenrente gewährt. Diese werde auch im Einzelnen beziffert. Erst im weiteren heiße es dann, die Rente werde wegen Einkommensanrechnung ab 01. Juli 1996 nicht gezahlt. Gezahlt werde aber eine Übergangshinterbliebenenrente nach den Vorschriften des Beitrittsgebiets. Um diese Ausführungen verstehen zu können, sei ein genaueres Studium der Anlage 1, in der sich die Berechnung der gewährten Leistung befunden habe, erforderlich gewesen. In Zusammenschau mit den Berechnungen der Anlage 8 und der Anlage 17 habe sich ein Betrag von 394,47 DM ergeben, der als monatliche Zahlung auf Seite 1 des Bescheides erschienen sei. Dass die Klägerin nach dem 31. März 1998 allein wegen Zeitablaufs und nicht wegen der Anrechnung ihres Einkommens keinen Anspruch auf die bis dahin erhaltene Leistung mehr gehabt habe, sei für sie nach alledem nicht schon anhand der Umstände und aufgrund ganz naheliegender Überlegungen erkennbar gewesen.

Gegen das ihr am 14. März 2002 zugestellte Urteil richtet sich die am 22. März 2002 eingelegte Berufung der Beklagten.

Sie ist der Ansicht, die Klägerin habe die Rechtswidrigkeit der Zahlung des Übergangszuschlages infolge grober Fahrlässigkeit nicht gekannt. Im Bescheid vom 13. November 1996 sei ausdrücklich ausgeführt, dass die Zahlung des Renten- bzw. Übergangszuschlages bis zum 31. März 1998 befristet gewesen sei. Diese Mitteilung sei aufgrund des Schriftbildes auch besonders hervorgehoben gewesen. Die Klägerin treffe die Obliegenheit, Bewilligungsbescheide zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Gerade unter Berücksichtigung der individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit der Klägerin, die als Sachbearbeiterin bei der AOK tätig gewesen sei, müsse diese Sorgfalt von ihr erwartet werden.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 17. Januar 2002 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, nachdem sie die Bescheide vom 20. Juli 1998, 18. August 1998 und 17. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2000 nicht mehr angreift, soweit Übergangs- bzw. Rentenzuschlag ab 01. Juli 1998 entzogen wird,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend. So seien auch die konkreten Rechtsfolgen nicht erkennbar, die sich für die Klägerin nach Wegfall der Voraussetzungen für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente ergeben sollten.

Sie sei von Februar 1991 bis 31. Dezember 1999 als Sachbearbeiterin bei der AOK Brandenburg für die Bewilligung von Zahnersatz, Rollstühlen und anderen Hilfsmitteln zuständig gewesen. Der Antrag auf Hinterbliebenenrente sei von ihr persönlich ausgefüllt worden. Lediglich die Angaben der Anlage nach Art. 2 RÜG seien von einem Mitarbeiter der Auskunfts- und Beratungsstelle eingetragen worden. Dies sei wohl zu dem Zeitpunkt geschehen, als sie den Antrag abgegeben habe. Sie habe keine Vorstellungen dazu gehabt, warum diese Anlage notwendig gewesen sei. Den Rentenbescheid vom 06. Juni 1996 habe sie sich im Wesentlichen vollständig angeschaut. Sie sei damals davon ausgegangen, dass ihr die Witwenrente abgelehnt worden sei, weil ihr verstorbener Ehemann nicht den überwiegenden Lebensunterhalt bestritten habe. Sie habe zwar auch auf Seite 2 dieses Rentenbescheides gelesen, dass die Rente wegen der Höhe des zu berücksichtigenden Einkommens nicht zu zahlen sei. Dies sei für sie jedoch nicht einleuchtend gewesen, weil sie nicht habe erkennen können, dass ihr Einkommen für die Witwenrente Bedeutung haben könnte. Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass es sich bei der Witwenrente bzw. bei dem dort ausgewiesenen Anspruch auf einen Rentenzuschlag bzw. Übergangszuschlag um verschiedene Dinge gehandelt haben könnte.

Als sie den Rentenbescheid vom 13. November 1996 bekommen habe, habe sie festgestellt, dass ihr aufgrund ihres Widerspruches nunmehr Rente gewährt werde. Deswegen habe sie sich die weiteren Seiten dieses Rentenbescheides beginnend ab Seite 2 nicht mehr angeschaut. Bevor ihr der Rentenbescheid vom 13. November 1996 bekannt gegeben worden sei, habe sie sich allerdings in ihrem Bekanntenkreis darüber informiert, dass für die Witwenrente das Einkommen tatsächlich Bedeutung habe. Bei Erhalt des Rentenbescheides vom 13. November 1996 sei sie davon ausgegangen, dass die dort ausgewiesene Rente sich wohl unter Berücksichtigung ihres Einkommens ergeben würde. Sie habe seinerzeit gewusst, dass vom Arbeitgeber Einkommensnachweise seitens der Beklagten abgefordert würden. Welche Vorstellungen sie seinerzeit bei Erhalt der nachfolgenden Bescheide über die Neuberechnung der Rente gehabt habe, könne sie jetzt nicht mehr sagen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten ( ...), die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist zulässig. Sie ist insbesondere nicht nach § 144 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschränkt. Sie betrifft zwar nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt jedoch den Betrag von 500 EUR.

Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Bescheide vom 20. Juli 1998, 18. August 1998 und 17. März 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2000 zu Recht aufgehoben, soweit darüber nach der Erklärung der Klägerin im Erörterungstermin vom 18. Oktober 2002 noch zu entscheiden ist, nämlich für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998. Die Voraussetzungen für die Aufhebung des Bescheides vom 13. November 1996 liegen insoweit nicht vor.

Als maßgebliche Rechtsgrundlagen kommen entweder § 48 Abs. 1 Sätze 1 und 2 Nr. 4 SGB X oder § 50 Abs. 2 i. V. m. § 45 Abs. 1, 4 und 2 Satz 3 Nr. 3 SGB X in Betracht.

Nach erstgenannter Vorschrift gilt: Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.

Nach der anderen Regelung sind, soweit Leistungen ohne Verwaltungsakt zu Unrecht erbracht worden sind, diese Leistungen zu erstatten, wobei diese Erstattung mit Wirkung für die Vergangenheit nur dann im Wege der Ermessensentscheidung verfügt werden darf, wenn der Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Leistung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte.

Welche Rechtsgrundlage heranzuziehen ist, hängt davon ab, ob die Klägerin den Übergangszuschlag mit oder ohne Verwaltungsakt erhalten hat. Dies wiederum entscheidet sich danach, ob der Bescheid vom 13. November 1996 insoweit als Nebenbestimmung eine Befristung (§ 32 Abs. 2 Nr. 1 SGB X) enthält. Ist dies der Fall, so endet die Wirksamkeit dieses Verwaltungsaktes durch Zeitablauf (§ 39 Abs. 2 SGB X), so dass die über die Befristung hinaus gezahlte Leistung ohne Verwaltungsakt erbracht ist.

Der Senat neigt zu der Auffassung, ohne dass dies entschieden werden müsste, dass der Bescheid vom 13. November 1996 eine Befristung nicht enthält.

Nach § 33 Abs. 1 SGB X muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies gilt auch für Nebenbestimmungen nach § 32 SGB X (von Wulffen, SGB X, Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz, 4. Auflage, Engelmann, § 32 Rdnr. 31). § 33 Abs. 1 SGB X ist Ausprägung des verfassungsrechtlichen Rechtsstaatsprinzips und dient der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit. Der Adressat des Verwaltungsaktes muss in der Lage sein zu erkennen, was Inhalt des Verfügungssatzes ist. Der Verfügungssatz muss daher für den Adressaten vollständig, klar und unzweideutig sein. Abzustellen ist hierbei auf die Erkenntnismöglichkeit eines verständigen, objektiven Erklärungsempfängers. Unklarheiten gehen daher zu Lasten der Behörde (vgl. von Wulffen-Engelmann, a.a.O. § 33 Rdnrn. 2 bis 4).

Werden diese Maßstäbe an den Bescheid vom 13. November 1996 angelegt, dürfte ihm eine Befristung nicht mit hinreichender Sicherheit zu entnehmen sein. Dieser Bescheid weist aus, dass die Rente am 11. März 1996 beginnt. Dass die Rente zu einem bestimmten Zeitpunkt endet, wird in diesem Zusammenhang nicht festgestellt. Soweit in diesem Bescheid ein Anspruch auf einen Renten- oder Übergangszuschlag erwähnt ist, erfolgt dies mit der Belehrung, dass dieser nur solange bestehen "kann", wie eine Leistung nach dem Übergangsrecht für Renten nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes zustehe; darüber hinaus komme die Gewährung dieses Zuschlages nicht in Betracht. Der Zeitpunkt des 31. März 1998 wird hierbei lediglich mit einem zeitlich begrenzten Anspruch auf Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG erwähnt.

Diese auf S. 3 des Bescheides vom 13. November 1996 gemachten Ausführungen erscheinen zum einen deswegen nicht als Regelung im Sinne einer Befristung, weil sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Verfügung über den Beginn der Leistung stehen, sondern zum anderen auch deswegen, weil es sich nach dem Eingangssatz der Seite 3 dieses Bescheides um "Hinweise zur Zahlung der Rente" handelt. Verwendet die Beklagte jedoch selbst den Begriff des Hinweises, bringt sie dadurch zum Ausdruck, dass keine Regelung gewollt wird. Zumindest drängt sich eine solche Auslegung für einen verständigen objektiven Erklärungsempfänger nicht auf. Soweit die Beklagte daher trotz des Begriffes "Hinweis" tatsächlich eine Regelung bezweckt haben sollte, so ist diese im Hinblick auf die Wortwahl und die inhaltliche Stellung erst auf Seite 3 des Bescheides dermaßen unklar, dass eine solche mögliche Regelung als Nebenbestimmung im Sinne einer Befristung wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der inhaltlichen Bestimmtheit keine Rechtswirkung entfalten kann.

Außerdem ist, ohne dass dies für die Auslegung des Bescheides vom 13. November 1996 von wesentlicher Bedeutung ist, die Beklagte bei ihrem Verwaltungshandeln nach Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz (GG) an Recht und Gesetz gebunden ist, wonach für die Befristung eines Übergangszuschlages aber keine Rechtsgrundlage besteht. In § 319 b SGB VI wird die Befugnis zur Befristung nicht eingeräumt. Art. 2 § 44 RÜG verweist hinsichtlich Beginn, Änderung und Ende von Renten auf die entsprechenden Vorschriften des SGB VI. Nach § 102 Abs. 2 und 3 SGB VI ist zwar eine Befristung von großen Witwenrenten, die wegen Minderung der Erwerbsfähigkeit oder wegen Kindererziehung gewährt werden, vorgesehen. Da es bei Erlass des Bescheides vom 13. November 1996 eine der Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG vergleichbare Rente nach dem SGB VI jedoch nicht gab, konnte das Gesetz insoweit auch keine Regelung über eine Befristung enthalten.

Weist der Bescheid vom 13. November 1996 keine Befristung aus, richtet sich seine Aufhebung nach § 48 SGB X, wovon die Beklagte im Bescheid vom 20. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 18. August 1998 ausgegangen ist. Dies wirft zugleich die Frage auf, welche Bedeutung die von der Beklagten im Bescheid vom 17. März 1999 vorgenommene Umdeutung hat. Nach § 43 Abs. 1 SGB X kann ein fehlerhafter Verwaltungsakt in einen anderen Verwaltungsakt umgedeutet werden, wenn er auf das gleiche Ziel gerichtet ist, von der erlassenden Behörde in der geschehenen Verfahrensweise und Form rechtmäßig hätte erlassen werden können und wenn die Voraussetzungen für dessen Erlass erfüllt sind. Eine Entscheidung, die nur als gesetzlich gebundene Entscheidung ergehen kann, kann nicht in eine Ermessensentscheidung umgedeutet werden (§ 43 Abs. 3 SGB X).

Für die weiteren Rechtsfolgen kommt es hierbei nicht wesentlich darauf an, dass der Bescheid vom 17. März 1999 wohl schon deswegen rechtswidrig ist, weil die Voraussetzungen für eine Umdeutung nicht vorliegen, falls § 48 SGB X die richtigerweise in Betracht kommende Rechtsgrundlage ist. Entscheidend ist auch nicht so sehr, dass die mit diesem Bescheid vorgenommene Umdeutung dazu führt, dass eine gesetzlich gebundene Entscheidung in eine Ermessensentscheidung umgedeutet wird. Während die Aufhebung eines Verwaltungsaktes nach § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X in der Regel als gebundene Entscheidung ebenso wie die darauf gestützte Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X ergeht, erfordert die Erstattung nach § 50 Abs. 2 i. V. m. § 45 SGB X regelmäßig die Ausübung von Ermessen. Die Rechtswidrigkeit des Bescheides vom 17. März 1999 könnte sich gegenüber der Klägerin vielmehr aus einem anderen Grund als vorteilhaft erweisen.

Wie die Beklagte im Bescheid vom 17. März 1999 zutreffend erkannt hat, führt eine Aufhebung nach § 48 SGB X ins Leere, wenn Leistungen über das Ende einer Befristung hinaus erbracht wurden. Daher liegt nahe anzunehmen, dass die Beklagte zugleich mit der vorgenommenen Umdeutung die als nicht erforderlich erkannte - im Bescheid vom 20. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 18. August 1998 jedoch verfügte - Aufhebung des Bescheides vom 13. November 1996 bezüglich des streitigen Zeitraumes bezogen auf die Gewährung von Übergangszuschlag wieder zurückgenommen hat. Der Verfügungssatz im Bescheid vom 17. März 1999 erscheint eindeutig, wenn dort geregelt ist, dass der Bescheid vom 20. Juli 1998 in der Fassung des Bescheides vom 18. August 1998 in einen Bescheid nach § 50 Abs. 2 SGB X umgedeutet wird. Ein Bescheid nach § 50 Abs. 2 SGB X enthält nämlich nicht die Verfügung, dass ein anderer Bescheid geändert wird. Ist somit die Gewährung von Übergangszuschlag für die Zeit von April bis Juni 1998 überhaupt nicht aufgehoben, kommt bei einer tatsächlich wohl erforderlichen Aufhebung nach § 48 SGB X wegen § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X die Erstattung von Leistungen nicht in Betracht, da diese dann nicht zu Unrecht erbracht sind.

Dies kann letztlich jedoch dahinstehen, denn nach beiden o. g. maßgeblichen Rechtsgrundlagen ist jedenfalls erforderlich, dass die Klägerin die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes bzw. die Rechtswidrigkeit der Leistung kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt.

Der Senat verweist insoweit auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die während des Berufungsverfahrens bekannt gewordenen weiteren Tatsachen, insbesondere das Eingeständnis der Klägerin, den Bescheid vom 13. November 1996 nicht mehr weiter gelesen zu haben, führt zu keiner anderen Bewertung. Dies folgt daraus, dass der Bescheid vom 13. November 1996 schon für Personen, die juristisch bzw. rentenrechtlich vorgebildet sind, schwer verständlich ist und letztendlich nur nachvollzogen werden kann, wenn zugleich die rechtlichen Grundlagen dieses Bescheides bekannt sind. Für einen Laien hingegen hätte sich selbst bei sorgfältigem Lesen dieses Bescheides nicht aufdrängen müssen, dass für die Zeit von April bis Juni 1998 eine Leistung nicht zusteht. Die Behauptung der Beklagten, die Klägerin sei in der Lage gewesen, den Bescheid vom 13. November 1996 in seinem Wesen zu erkennen, weil sie bei der AOK Brandenburg als Sachbearbeiterin tätig war, ist nicht belegt. Allein die Tatsache, dass sie für die Bewilligung von Zahnersatz, Rollstühlen und anderen Hilfsmittel zuständig war, bedeutet nicht, dass sie zugleich über weitergehende Rechtskenntnisse im Rentenrecht verfügt, die über die hinausgehen, die andere insoweit rechtsunkundige Laien haben. Die Verletzung der der Klägerin aufgebürdeten Obliegenheit, den Rentenbescheid vom 13. November 1996 inhaltlich zur Kenntnis zu nehmen, ist damit nicht kausal dafür, dass die Klägerin die Unrechtmäßigkeit infolge von grober Fahrlässigkeit nicht erkannt hat.

Nach dem Verfügungssatz des Bescheides vom 13. November 1996 wurde die kleine Witwenrente mit einer laufenden Zahlung ab 01. Januar 1997 und mit einer Nachzahlung für die Zeit vom 11. März bis 31. Dezember 1996 neu festgestellt. Dies trifft jedoch ersichtlich nicht zu, denn die Berechnungselemente dieser Rente sind im Vergleich zum Bescheid vom 06. Juni 1996 unverändert geblieben. Tatsächlich hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 13. November 1996 einen Übergangszuschlag in der genannten Höhe bewilligt. Ein solcher Zuschlag ist, wie aus der Überschrift des 8. Unterabschnittes hervorgeht, eine Zusatzleistung, die neben einem Anspruch auf eine Rente nach dem SGB VI besteht. Als Zusatzleistung kann sie schon begrifflich Berechnungselemente einer nach den Vorschriften des SGB VI berechneten Rente nicht verändern, so dass deswegen eine Neufeststellung einer solchen Rente nach den Vorschriften des SGB VI nicht möglich ist. Dass die Beklagte entgegen ihres eingangs genannten Verfügungssatzes keine Neufeststellung der kleinen Witwenrente vorgenommen, sondern einen Übergangszuschlag gewährt hat, erschließt sich allerdings auch nicht aus ihren Ausführungen auf Seite 3 des Bescheides. Dort ist zwar mitgeteilt, dass durch diesen Bescheid, die zunächst mit Bescheid vom 06. Juni 1996 berechnete Rente unter Berücksichtigung der Vorschriften des Rentenüberleitungsgesetzes endgültig festgestellt werde. Worin diese endgültige Feststellung besteht, kann diesen Ausführungen jedoch nicht entnommen werden. Im Anschluss daran folgen Mitteilungen dazu, wie lange ein Renten- oder Übergangszuschlag zustehen kann. In diesem Zusammenhang wird auf eine zeitliche Begrenzung für den Bezug einer Übergangshinterbliebenenrente nach Art. 2 § 13 RÜG bis zum 31. März 1998 Bezug genommen. Selbst an dieser Stelle wird nicht definitiv verfügt, dass überhaupt ein solcher Renten- oder Übergangszuschlag mit diesem Bescheid bewilligt wird; es bleibt schon offen, ob ein Rentenzuschlag oder ein Übergangszuschlag gemeint ist. Insbesondere wird auch nicht klargestellt, dass es sich bei den auf Seite 1 des Bescheides vom 13. November 1996 genannten Beträgen gerade nicht um die Zahlung der kleinen Witwenrente, sondern um die Zahlung eines Übergangszuschlages handelt.

Erst aus Anlage 1 Seite 2 des Bescheides vom 13. November 1996 wird gerade noch hinreichend ersichtlich, dass entgegen dem Verfügungssatz auf Seite 1 dieses Bescheides die monatliche Rente, nämlich die kleine Witwenrente, von 347,48 DM wegen eines anzurechnenden Einkommens von 599,52 DM ab 01. Juli 1996 nicht und stattdessen der "Rentenzuschlag" zu zahlen ist (bei einem monatlichen Zahlbetrag von 364,89 DM). Damit enthält erst Anlage 1 Seite 2 als 9. Seite des Bescheides überhaupt erstmals die eigentliche Regelung des Bescheides vom 13. November 1996. Die an dieser Stelle getroffene Verfügung eines "Rentenzuschlages" genügt im Hinblick auf die auf Seite 1 des Bescheides ausgesprochene, überhaupt nicht vorgenommene, Neufeststellung der kleinen Witwenrente gerade noch den Anforderungen, die an die inhaltliche Bestimmtheit eines Verwaltungsaktes zu stellen sind. Dabei wird auch erst im Wege der weiteren Auslegung hinreichend klar, dass die Beklagte keinen Rentenzuschlag, sondern einen Übergangszuschlag gewährt hat. Ein Rentenzuschlag scheidet nach § 319 a SGB VI ersichtlich aus, da der Rentenbeginn nicht in der Zeit vom 01. Januar 1992 bis 31. Dezember 1993 liegt.

Allerdings wird für einen Adressaten des Bescheides vom 13. November 1996 auch aus Anlage 1 Seite 2 dieses Bescheides nicht ohne weiteres deutlich, dass der mit 394,47 DM ausgeworfene Betrag den Übergangszuschlag darstellt. Nach dem Satz "Der Rentenzuschlag ist jedoch zu zahlen." folgt als nächster Satz "Die monatliche Rente beträgt daher 394,47 DM". Insoweit erschließt sich einem Adressaten dieses Bescheides nicht zweifelsfrei, dass der Betrag von 394,47 DM entgegen den dortigen Ausführungen nicht die "monatliche Rente", sondern den "Übergangszuschlag" bezeichnet. Dies wird erst dann klar, wenn darüber hinaus Anlage 17 (Seiten 30 und 31 als die beiden letzten Seiten des Bescheides) durchgearbeitet werden. In dieser Anlage wird die Berechnung der Übergangshinterbliebenenrente und letztendlich die Summe der Monatsbeträge nach Übergangsrecht mit 394,47 DM ausgewiesen.

Um die Regelung des Bescheides vom 13. November 1996 erkennen zu können, muss ein objektiver Erklärungsempfänger nicht nur innerhalb des Bescheides an verschiedenen Stellen nachforschen, sondern er muss sich darüber hinaus über den falschen Verfügungssatz auf Seite 1 dieses Bescheides hinwegsetzen, auf dem üblicherweise die maßgebliche Regelung enthalten ist, um letztlich kraft eigenen besseren (Rechts)Wissens die Unzulänglichkeit des Bescheides und seinen wahren Inhalt zu erfassen.

Wie das Sozialgericht zutreffend dargestellt hat, muss dem Begünstigten anhand der Umstände und ganz naheliegender Überlegungen einleuchten und auffallen, dass die Leistung rechtswidrig erbracht wurde. Der Begünstigte muss unter Berücksichtigung seiner individuellen Einsichts- und Urteilsfähigkeit seine Sorgfaltspflicht in außergewöhnlich hohem Maße verletzt haben, wobei die Frage, ob dies der Fall ist, unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Persönlichkeit des Betroffenen und seines Verhaltens zu entscheiden ist.

Eine rechtskundige Person, insbesondere eine solche, die über Kenntnisse im Rentenrecht verfügt, wird den eigentlichen Regelungsgehalt des Bescheides vom 13. November 1996 erkennen können. Die Klägerin jedoch hätte ihn, auch wenn sie den Bescheid vom 13. November 1996 gelesen hätte, nicht erfassen können. Ihre Obliegenheitsverletzung ist daher nicht kausal gewesen.

Die Klägerin mag zwar über Kenntnisse verfügen, die für die Bewilligung von Zahnersatz, Rollstühlen und anderen Hilfsmitteln nötig sind. Es ist jedoch nicht ersichtlich, dass sie spezielle Kenntnisse des Rentenrechts besitzt.

Der Klägerin ging es nach dem Tod ihres Ehemannes um die Gewährung einer deswegen zu gewährenden Rente. Wie sie im Erörterungstermin am 18. Oktober 2002 dargelegt hat, machte sie sich keine besonderen Vorstellungen über möglicherweise bestehende verschiedene Ansprüche. Ihr war offensichtlich auch unklar, was sich hinter der Rente nach den Vorschriften des Beitrittsgebietes verbirgt, denn die entsprechende Anlage wurde, wie nicht nur ihrem Vortrag, sondern auch dem Schriftbild zu entnehmen ist, nicht von ihr selbst, sondern von einem Mitarbeiter der Beklagten ausgefüllt.

Nach Erhalt des ersten Bescheides vom 06. Juni 1996 musste der Klägerin klar sein, dass ihr kleine Witwenrente wegen ihres Einkommens nicht gezahlt wurde. Es mag für sie zunächst nicht einleuchtend gewesen sein, dass ihr Einkommen für die Witwenrente Bedeutung haben könnte, wie sie im Termin am 18. Oktober 2002 dargelegt hat und was ihrem Vorbringen im Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 06. Juni 1996 zu entnehmen ist. Von dieser falschen Vorstellung löste sie sich jedoch, nachdem sie sich in ihrem Bekanntenkreis informiert hatte. Sie wusste nach ihrem Vorbringen seinerzeit auch, dass vom Arbeitgeber Einkommensnachweise seitens der Beklagten abgefordert werden. Die vorgetragene Ansicht, sie sei bei Erhalt des Bescheides vom 13. November 1996 davon ausgegangen, dass die dort ausgewiesene Rente sich wohl unter Berücksichtigung ihres Einkommens ergeben würde, ist angesichts dessen nachvollziehbar. Sie konnte sich gerade wegen des auf Seite 1 des Bescheides vom 13. November 1996 ausgesprochenen Verfügungssatzes, dass die kleine Witwenrente neu festgestellt und (deswegen jetzt) gezahlt werde, in ihrer Vorstellung bestärkt sehen. Im Hinblick darauf erscheint nicht einmal die Tatsache, dass sie den Bescheid vom 13. November 1996 nicht im Einzelnen zur Kenntnis nahm, den Vorwurf von grober Fahrlässigkeit zu begründen.

Da der Klägerin bei Erhalt des Bescheides vom 13. November 1996 die rechtliche Relevanz des eigenen Einkommens bewusst war, ist zudem nachvollziehbar, dass ihre ursprüngliche Vorstellung, Witwenrente sei abgelehnt worden, weil ihr verstorbener Ehemann nicht den überwiegenden Lebensunterhalt bestritten habe, zu diesem Zeitpunkt bedeutungslos geworden war.

Der Vortrag der Klägerin im Termin am 18. Oktober 2002, ihr sei weder bei Erhalt des Bescheides vom 06. Juni 1996 noch zu einem späteren Zeitpunkt bewusst gewesen, dass es sich bei der Witwenrente bzw. dem Anspruch auf einen Rentenzuschlag bzw. Übergangszuschlag um verschiedene Dinge handeln könnte, erscheint glaubhaft. Dafür spricht insbesondere der Bescheid vom 13. November 1996 selbst, mit dem die Beklagte den Eindruck erweckt hat, dass es sich bei den dort ausgewiesenen Beträgen um die Zahlung der kleinen Witwenrente handelt.

Wenn somit die Klägerin aufgrund ganz naheliegender Überlegungen nicht davon ausgehen musste, dass es sich bei der gezahlten Leistung nicht um kleine Witwenrente, sondern um Übergangszuschlag handelte, kann ihr insoweit ein außergewöhnlich hohes Maß an Sorgfaltspflichtverletzung nicht vorgeworfen werden, dass sie den im Bescheid vom 13. November 1996 auf einen Übergangs- oder Rentenzuschlag bezogenen Hinweis nicht auf die - scheinbar als kleine Witwenrente - gezahlte Leistung bezog.

Mangels so genannter Bösgläubigkeit durfte daher die Beklagte den Bescheid vom 13. November 1996 nicht für die Zeit vom 01. April bis 30. Juni 1998 zurücknehmen, so dass gleichzeitig auch nicht die Voraussetzungen der Erstattung nach § 50 Abs. 1 SGB X erfüllt sind, bzw., falls davon ausgegangen wird, dass für diesen Zeitraum Übergangszuschlag ohne Verwaltungsakt erbracht wurde, eine Erstattung nach § 50 Abs. 2 SGB X verfügen.

Damit muss die Berufung erfolglos bleiben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Abs. 1 SGG und entspricht dem Ergebnis des Rechtsstreits.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen hierfür (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) nicht vorliegen.
Rechtskraft
Aus
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