L 16 RA 53/02

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 9 RA 2889/00
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 16 RA 53/02
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. April 2002 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Festsetzung eines höheren monatlichen Wertes ihres Rechts auf Altersrente nach dem Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) auf der Grundlage eines besonderen Steigerungsfaktors für die im Gesundheits- und Sozialwesen der früheren Deutschen Demokratischen Republik (DDR) erzielten Arbeitsverdienste.

Die 1932 geborene Klägerin war in der DDR vom 15. April 1951 bis 31. August 1954, vom 23. Juli 1956 bis 7. Mai 1958, vom 5. Juli 1965 bis 31. Juli 1965 und seit dem 1. September 1965 im staatlichen Gesundheitswesen als Hilfsschwester, Krankenschwester, audiologische Assistentin bzw. Audiometrie-Assistentin versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1. November 1978 war sie der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) beigetreten. Die Klägerin bezieht von der Beklagten seit 1. Juli 1992 Altersrente nach Artikel 2 § 4 Renten-Überleitungsgesetz (RÜG; Bescheide vom 22. September 1994 und 12. September 1997), bei der zuletzt auch ein besonderer Steigerungssatz in Höhe von 1,5 % für die Beschäftigungen im Gesundheitswesen berücksichtigt worden ist.

Mit Bescheid vom 31. Oktober 1995 gewährte die Beklagte der Klägerin Altersrente für Frauen nach Maßgabe des SGB VI für die Zeit ab 1. Januar 1995. Im Widerspruchsverfahren, in dem die Klägerin im Wesentlichen die Berücksichtigung eines erhöhten Steigerungsbetrages für ihre Beschäftigungen im Gesundheitswesen begehrte, stellte die Beklagte die Rente mit Bescheiden vom 19. Februar 1996 und 4. September 1997 neu fest (monatlicher Zahlbetrag ab 1. November 1997 = 1.157,34 DM). Mit Bescheid vom 31. Mai 2000 wies die Beklagte den Widerspruch zurück, soweit ihm nicht durch die Bescheide vom 19. Februar 1996 und 4. September 1997 abgeholfen worden sei. Der besondere Steigerungssatz nach Artikel 2 § 35 Nr. 1 RÜG könne im Rahmen der Rentenberechnung nach dem SGB VI nicht berücksichtigt werden, da es eine entsprechende Vorschrift im SGB VI nicht gebe.

Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die auf Gewährung höherer Rente unter Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsfaktors von 1,5 für die Beschäftigungszeit im Gesundheitswesen der DDR gerichtete Klage mit Urteil vom 16. April 2002 abgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt: Die Klage sei nicht begründet. Eine Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin sei nicht ersichtlich. Nach § 67 Nr. 1 SGB VI betrage der Rentenartfaktor für persönliche Entgeltpunkte bei Renten wegen Alters 1,0. Die Beklagte habe die Altersrente für Frauen unter Berücksichtigung eines zutreffenden Rentenartfaktors bzw. Zugangsfaktors berechnet. Die Beklagte habe den besonderen Steigerungsfaktor in Höhe von 1,5 bei der Rente der Klägerin nach Artikel 2 RÜG berücksichtigt. Für eine entsprechende Berücksichtigung bei der Rentenberechnung nach dem SGB VI sei kein Raum. Dies sei auch kein Verstoß gegen Verfassungsrecht, wie das Bundessozialgericht (BSG) bereits entschieden habe (Urteil vom 10. November 1998 - B 4 RA 25/98 R - nicht veröffentlicht).

Mit der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trägt vor: Ihre im Recht der ehemaligen DDR vorgesehene - fiktive - Erhöhung ihrer in der DDR auf Grund einer Beschäftigung im Gesundheitswesen erzielten Verdienste sei vom Grundgesetz (GG) eigentumsrechtlich geschützt.

Sie beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 16. April 2002 aufzuheben und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 31. Oktober 1995 in der Fassung der Bescheide vom 19. Februar 1996 und 4. September 1997, alle in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31. Mai 2000 zu verurteilen, die Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 1995 neu festzustellen und dabei für Zeiten der Beschäftigung im Gesundheits- und Sozialwesen der DDR die in dieser Zeit tatsächlich erzielten Arbeitsentgelte vor der Multiplikation mit den Faktoren der Anlage 10 des SGB VI mit einem Steigerungsfaktor von 1,5 zu Grunde zu legen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und verweist ergänzend auf das Urteil des BSG vom 30. Januar 2003 (B 4 RA 16/02 R).

Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die zum Verfahren eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Die Rentenakten der Beklagten (2 Bände) und die Gerichtsakte haben vorgelegen und sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Neufeststellung ihrer Altersrente für Frauen für die Zeit ab 1. Januar 1995 unter Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsfaktors von 1,5 für die im Gesundheitswesen der DDR erzielten versicherten Arbeitsentgelte vor der Hochwertung nach Maßgabe der Anlage 10 zum SGB VI.

Die Beklagte hat den Wert der monatlichen Altersrente der Klägerin für Rentenbezugszeiten ab 1. Januar 1995 unter Berücksichtigung der Beitragszeiten nach § 248 Abs. 3 Satz 1 SGB VI zutreffend festgesetzt. Rechtsgrundlage für die Feststellung der persönlichen Entgeltpunkte des Rechts der Klägerin auf Altersrente ist für die vorliegend streitbefangenen Zeiträume von Beschäftigungen der Klägerin im Gesundheitswesen der DDR § 256a Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 SGB VI. Entgeltpunkte für die Wertfestsetzung des Rechts auf Rente sind danach zu ermitteln, indem der nach Aufwertung auf DM-Beträge ermittelte Verdienst durch Vervielfältigung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI auf Westniveau hochgewertet und durch das Durchschnittsentgelt (West) für denselben Zeitraum geteilt wird. Als Verdienst zählen der "tatsächlich erzielte" Arbeitsverdienst und die tatsächlich erzielten Einkünfte, für die jeweils Pflichtbeiträge gezahlt worden sind, sowie der Verdienst, für den Beiträge zur FZR gezahlt worden sind. Unter Zugrundelegung dieser Rechtsvorschriften hat die Beklagte den in der ehemaligen DDR rentenwirksam versicherten Verdienst der Klägerin bei der Festsetzung des Rentenrechts im Sinne des SGB VI beanstandungsfrei bestimmt. Eine Rechtsgrundlage für das Begehren der Klägerin, ihre im Gesundheitswesen der DDR erzielten Arbeitsentgelte vor der Hochwer-tung mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI noch mit dem Steigerungsfaktor 1,5 zu multiplizieren, diesen also insoweit fiktiv um die Hälfte anzuheben, ist im Rahmen der Berechnung ihrer SGB VI-Rente nicht ersichtlich.

Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch, ihr höhere Rente unter Berücksichtigung eines besonderen Steigerungsfaktors von 1,5 nach Maßgabe des als partielles und sekundäres Bundesrecht im Beitrittsgebiet bis 31. Dezember 1991 weiter geltenden § 5 der Verordnung über die Gewährung und Berechnung von Renten der Sozialpflichtversicherung der DDR vom 23. November 1979 (GBl. I S. 401) zu gewähren, entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2003 - B 4 RA 16/02 R - zur Veröffentlichung vorgesehen). § 256a Abs. 1 SGB VI sieht eine Hochwertung des tatsächlich erzielten und nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 dieser Vorschrift zu ermittelnden Verdienstes mit den Werten der Anlage 10 zum SGB VI vor. Einen weiteren Steigerungsbetrag, Steigerungssatz oder Steigerungsfaktor von 1,5, der vor der Hochwertung der tatsächlich erzielten Arbeitsverdienste auf die Werte der Anlage 10 zum SGB VI in Ansatz zu bringen wäre, kennt diese Vorschrift nicht. Sie knüpft - was die Klägerin verkennt - auch bei den Bediensteten der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR im Rahmen von § 256a Abs. 2 Satz 2 und Satz 3 SGB VI ausschließlich an tatsächlich erzielte Arbeitsverdienste an. Die Klägerin begehrt hingegen mit der gewünschten Einführung eines besonderen Steigerungsfaktors von 1,5 die Berücksichtigung von fiktiven, von ihr nie erzielten Entgelten und damit sogar eine Besserstellung nicht nur im Vergleich zu den Bediensteten in der Deutschen Reichsbahn und der Deutschen Post der DDR, sondern gegenüber allen Versicherten sowohl in den neuen wie auch alten Bundesländern. Es liegt auf der Hand, dass eine derartige Besserstellung weder verfassungsrechtlich geboten sein kann noch einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz von Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) zu begründen vermag.

Auch ein Verstoß gegen die Eigentumsgarantie des Artikels 14 Abs. 1 GG ist nicht ersichtlich. In die durch Artikel 30 Abs. 5 Einigungsvertrag (EV) geschützten Eigentumsrechte der Klägerin ist niemals eingegriffen worden. Im Rahmen ihrer seit 1. Juli 1992 nach Artikel 2 § 4 RÜG bezogenen Altersrente wurde der besondere Steigerungssatz in Höhe von 1,5 % für die Beschäftigungen im Gesundheitswesen berücksichtigt. In das Recht auf diese Altersrente, dessen Geldwert sich zum 1. Juli 1992 auf 1.031,00 DM belief, ist zu keiner Zeit eingegriffen worden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe für eine Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor. Die von der Klägerin aufgeworfene Rechtsfrage ist höchstrichterlich geklärt.
Rechtskraft
Aus
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